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Christopher und Ich

By: SummoningIsis
folder German › Originals
Rating: Adult ++
Chapters: 31
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Reviews: 20
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Disclaimer: This is a work of fiction. Any resemblance of characters to actual persons, living or dead, is purely coincidental. The Author (being obviously ME) ;) holds exclusive rights to this work. Unauthorized duplication is prohibited.
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Vielleicht wäre es leichtsinnig von mir fortzufahren… Andererseits ist mein Kopf zu gefüllt mit diesen zum Teil beschwerenden, zum Teil beflügelnden Gedanken, die wie ein Transrapid durch die Wirrungen meines mentalen Zentrums rasen und eine unverkennbare Spur hinterlassen, einen Nachhall, der nicht verklingen will und mich immer wieder dazu zwingt, bestimmte Erinnerungen abermals zu durchleben, sie zu genießen. Und dennoch mutmaße ich, dass ihr Christophers Fehlverhalten, seine minimalen Ausrutscher, die der Vergangenheit angehören, nicht verstehen könntet, wüsstest ihr nicht mehr über uns, über unseren Anfang, unseren Weg.

Ja, natürlich; am Abend meines 21. Geburtstages hatte er mir gesagt, was er von mir verlangte, wie er sich unsere Zukunft vorstellte und was ich tun müsste, damit diese real werden könnte. Aber nein, es ist nicht einfach das Gesagte in Taten umzusetzen. Es ist kein simpler Übergang, bei dem die Grenzen in einem unsichtbaren Korridor verschwinden, vom Nichts aufgefressen werden. Das Leben ist kein Film. In der Realität gibt es keine Ausblendungen, keine Verkürzungen der harten Arbeit, welche die Schwere dieser untergraben. Es gibt keine Blenden, die das Hässliche verdecken und man kann keinen Cut dann setzen, wenn es am Schönsten ist. Die Story geht weiter und es gibt nichts, was man tun kann, es gibt keinen Plan B, keine Fernbedienung und niemanden, der das Skript so verändern könnte, dass es immer nur gut läuft, dass alles eine einzige, gerade Linie ist.

Man kann sein Leben nicht über Nacht verändern, keine 180°-Wendung vollführen.



Als ich als 21-Jähriger erwachte, verspürte ich zum ersten Mal eine Ungewissheit über meinen eigenen Sinneszustand: Die Schwere des Schlafes lastete noch immer auf mir, nur langsam sammelte sich die Energie und floss in meine erwachenden Körperteile, ich rührte mich, streckte vorsichtig die Beine. Bedächtig öffnete ich meine Augen und ließ mir Zeit, mich an die Helligkeit meines Schlafzimmers zu gewöhnen. Und als ich meinen Kopf zur Seite neigte, wusste ich nicht, ob ich noch schlief und einen viel zu realen Traum erlebte, oder ob es die Wirklichkeit war, die wie ein Traum erschien.

Dort lag er, nur halb bedeckt mit der hellgrauen, weichen Decke. Christopher. In meinem Bett. Der Mann, den ich so sehr begehrte, der meine Gedanken durcheinander brachte und mich verbotene Gefühle spüren ließ. Mein Adonis. In meinem Bett...

Seine Haut war so klar. Ich ließ meinen Blick über den zum Teil entblößten Rücken wandern, diesen athletischen Rücken, über seine leicht muskulösen Arme. Ein sachter Schauer ergriff mich, als ich seine Hände ansah und sich Erinnerungen der vergangenen Nacht in mein Bewusstsein drängten. Mit unseren Fingern hatten wir den Körper des anderen erkundet, mit so viel Zärtlichkeit und aufkeimender Leidenschaft hatten wir uns angefasst, gestreichelt, geneckt. Hatte ich ihn so überzeugt, hier zu übernachten, oder hatte er es von Anfang an geplant?

Bei diesem Mann konnte ich mir einfach nicht sicher sein. Zu oft hatte er mich bereits wie ein offenes Buch lesen können. Zu sehr hatte er meine Antworten und mein gesamtes Vorgehen kalkulieren können. Und was mich am meisten verwunderte war die Tatsache, dass es mir nichts ausmachte; dass es mir sogar eine Art Sicherheitsgefühl vermittelte. Vielleicht stachelte mich diese Sache auch nur weiter an. Wer kann das schon mit Sicherheit definieren?

Ich ließ meinen Blick erneut über seine Haut streifen und endlich sein hübsches Gesicht erfassen und zuckte unmerklich zusammen, als ich erkannte, dass er mich mit diesen verführerischen, blauen Augen bereits seit einiger Zeit betrachtete. Sein Haar hing ihm etwas fransig ins Gesicht. Das war das erste Mal, dass ich es nicht perfekt frisiert sah.

„Guten Morgen“, murmelte er plötzlich und mein Herz machte einen kleinen Sprung; seine Stimme war leicht heiser und dennoch immer noch so melodiös.

„Hey...“, brachte ich heraus und konnte meine Finger nicht zurückhalten, die sich unaufhaltsam zu seiner Stirn schlichen, um die blonden Strähnen aus seinem Gesicht zu streichen. Ich schaffte es nicht, sie wieder zurückzuziehen. Christopher hatte direkt nach meinem Handgelenk gegriffen. Mit einem Ruck lag ich auf meinem Rücken. Und er war über mir, grinste schelmisch und ließ seine Lippen auf die meinigen sinken, so zärtlich, im völligen Kontrast zu seinen Händen, die sich nun beide schmerzvoll um meine Handgelenke wanden und meine Arme in die Matratze pressten. Ich war wieder einmal gefangen.

Christopher dachte scheinbar nicht daran, mich loszulassen, während seine Zunge meine Wangenknochen nachzeichnete und sich zu meinem Ohr schlängelte, in das er wisperte: „Hast du gut geschlafen...?“ Gegen die Gänsehaut in meinem Nacken konnte ich nichts tun. Gegen den Schauer, der den Rest meines Körpers entlang schlich, ebenfalls nicht. Und gegen das leichte Kribbeln in meinem Bauch wollte ich schlicht und einfach nichts unternehmen.

„Mhm...“, schnurrte ich und schloss meine Augen, um die Begegnung mit seiner Zunge verstärkt genießen zu können. „Und... du?“

Er ließ umgehend ab von mir und als ich die Augen öffnete, betrachtete er mich lächelnd neben mir sitzend, während mein Innerstes sofort nach absolutem Körperkontakt schrie. Nur die Decke bedeckte seine Scham… Seine Haut war völlig freigelegt, nur wenige Zentimeter von mir entfernt…

„Auch wenn dein Bett eigentlich ziemlich unbequem ist, war es doch sehr angenehm…“, entgegnete er schließlich und dieses mir schon fast vertraute süffisante Grinsen umspielte seine Lippen.

„Ist nicht gerade das teuerste gewesen…“, murmelte ich und betrachtete seine makellose Brust.

„Nun, solange es noch steht, wenn wir… gewissen Aktivitäten nachgehen, werde ich mich nicht beschweren“, verkündete er dann und mein Pulsschlag beschleunigte sich bei diesen Worten. Meine Fantasie ging mit mir durch und ich erschrak ein wenig, als Christopher plötzlich wieder nach meinem Handgelenk griff und mich galant an sich presste. Sein Körper war so warm, fast schon heiß. Seine Finger verfingen sich in meinem Haar und genau an diesem zog er meinen Kopf harsch zurück. Unsere Augen trafen sich im selben Moment und in seinem Blick konnte ich Verlangen und Zärtlichkeit erkennen, mit diesem gewissen Hauch an Bedrohung, der immer von ihm ausging. Dieser süßen Bedrohung…

Ohne Vorwarnung leckte er über meine Lippen und ich keuchte auf; seine Zunge glitt umgehend in meinen Mund, unsere Lippen prallten aufeinander. Wir küssten uns leidenschaftlich und ich meinte bald durchzudrehen, als Christophers Hände währenddessen meinen nackten Rücken entlang strichen und er mir fest in die Pobacken kniff. Ich umklammerte ihn umso heftiger und er stieß mich nicht fort.

Wir blickten uns in die Augen.

„Du wirst jetzt aufstehen, schnell duschen und dann sofort zum Bäcker gehen, um uns frische Brötchen zu holen. Wenn dein Kühlschrank leer ist, machst du noch einen Abstecher in den Supermarkt, verstanden?“, sagte er und seine Stimme war streng. Ich nickte und sofort wurde mein Kopf abermals nach hinten gerissen, an meiner Kopfhaut ziepte es und ich blickte in kalten Stahl.

„Hast du dir das immer noch nicht gemerkt?!“, zischte er und seine Stimme schien Gift zu versprühen.

„Doch, Christopher“, wendete ich ein und er zog nur noch kräftiger an meinen Haaren.

„Keine Widerworte, Niko…“, tadelte er mich ruhig.

„E-Entschuldigung“, gelang es mir zu stottern, dieser strenge Blick machte mich ganz wirr im Kopf. Er war phänomenal.

„Also, noch mal: Hast du verstanden, was ich dir aufgetragen habe?“, wiederholt er bestimmt.

Ja, Christopher…

Ein kaltes Grinsen tauchte in seinem Gesicht auf und er ließ ab von meinen Haaren, strich mit seiner Hand gar zärtlich über meine Wange. „Gut“, bemerkte er dann vollkommen milde. „Geh jetzt.“

„Ja, Christopher”, plapperte ich völlig überflüssig, als ob unter eine leichte Dosis Drogen gesetzt, als ich aufstand und auf die Schlafzimmertür zu ging. Dass ich komplett nackt war, fiel mir erst auf, als ich bereits im Badezimmer stand. Ob er mich wohl mit seinem Blick aufgefressen hatte? Ob seine Augen mir wohl unverhohlen gefolgt waren? Ich konnte mich nicht beruhigen, als ich unter der Dusche stand, bedacht, diese Prozedur so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Darauf achtend, seine Anweisungen zu befolgen.

Anweisungen.
Anweisungen.

Ja, genau das war es, was Christopher mir gegeben hatte. Anweisungen. Das waren Anweisungen von meinem… Master…

Ich lehnte den Kopf gegen die kalten Fliesen und schloss die Augen, atmete bewusst tief ein. Und wieder aus.
Und wieder ein, und wieder aus…

Nichts war mit dem Gefühl welches ich in diesem Moment verspürte vergleichbar. Egal wie tief ich in meinem emotionalen Gedächtnis, einer mentalen Karteikarte, zu stöbern vermochte, ich wusste, dass ich absolut keine Parallele aus der Vergangenheit finden würde. Noch nie hatte eine Empfindung mich so eingenommen. Noch nie hatte ich solch eine Empfindung gespürt.

Es sich vorzustellen hatte sich bereits fantastisch angefühlt. Doch jetzt, in dem Augenblick, in dem ich mir selbst vor Augen führte, dass die wilde Fantasie Realität geworden war, das war tausendfach intensiver und aufregender. Es war fast so, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegreißen – und ich würde es genießen.

Ich erschrak.
Wie lange hatte ich meinen Kopf an den Fliesen gelehnt? Ich musste mich doch sputen!
Wieder einmal rutschte ich beinahe auf dem Badezimmerboden aus, als ich eiligst nach einem Handtuch griff und mich ebenso schnell abtrocknete. Als ich ins Schlafzimmer stürmte, saß Christopher in seiner schwarzen Boxershorts bereits an der Bettkante und schenkte mir einen überaus strikten Blick.

„Das verstehst du unter einer schnellen Dusche?“, bemerkte er ungerührt, als ich in meiner Kommode wie ein Wilder nach frischer Unterwäsche wühlte, in die ich schneller als schnell schlüpfe.

„Es tut mir Leid… Christopher“, sagte ich und er grinste daraufhin kurz.

„Brav“, sagte er dann und als ich mich nicht rührte, verschärfte sich seine Stimme und er tadelte mich barsch mit einem „Wird’s bald?!“

Umgehend schlüpfte ich in eine Jeans, schnappte mir mein Portemonnaie und die Schlüssel, die tatsächlich im Flur lagen, und eilte hinaus. Die Sonne lugte ab und an hinter den hellgrauen Wolken hervor, es war relativ mild für März und dennoch fröstelte ich leicht. Ich rannte regelrecht zum nahe liegenden Bäcker, um mich aufzuwärmen und natürlich, um nicht zu trödeln und Christopher nicht zu enttäuschen…

Eine Minute.
Zwei Minuten.
Fünf Minuten.
Wieso waren denn nur so viele Menschen auf einmal auf die glorreiche Idee gekommen, frisches Gebäck für ihr Frühstück zu besorgen? Wieso gerade jetzt, heute, genau zu dieser Uhrzeit?
Acht Minuten.
Zehn.

Mit der gut gefüllten Brötchentüte unter dem Arm stürmte ich mehr als rannte in Richtung des Supermarktes. Ich war gerade an der Fleischtheke angelangt, als mein Handy anfing zu vibrieren. Christophers Nummer stand auf dem Display.

„Ja?“, ging ich erwartungsvoll an das Gerät.

„Komm sofort wieder zurück, das dauert mir zu lange“, hörte ich seine genervte Stimme am anderen Ende.

„Gib mir noch zehn Minuten oder so, ich bin gerade schon im Supermarkt“, sagte ich, doch weiter kam ich gar nicht.

„Niko.“ Seine Stimme war ruhig, doch der strenge Unterton war deutlich präsent. „Ich habe gesagt, du kommst sofort zurück. “ Scharf betonte er die letzten Worte und ein Schauer jagte über meinen Rücken. Er hatte schon aufgelegt, als ich das Mobiltelefon noch immer gegen mein Ohr presste. Eine vorbeigehende Dame streifte mich mit ihrem gleichgültigen Blick.

Die wenigen bereits ausgesuchten Artikel – Frischkäse und Milch – legte ich zurück. Dann eilte ich hinaus. Ich rannte zurück, nahm zwei Stufen gleichzeitig. Meine Hand zitterte, als ich die Haustür aufschloss. Mit einem lauten Knall fiel sie ins Schloss und ich fand mich umgehend mit meinem Rücken gegen sie gepresst, Christophers Gesicht direkt vor meinem, seine Augen ein einziges, arktisches Meer.

Niko“, wiederholte er mit derselben kalten Stimme, die ich vor wenigen Minuten bereits über den Hörer gehört hatte. „Sieh mich an“, befahl er, als ich auf den Boden blickte. Sofort richtete ich den Blick wieder auf ihn. „Das müssen wir noch üben“, fügte er ruhiger hinzu, mein Kinn umfassend. „Wenn ich dir einen Befehl gebe, hast du ihn zu befolgen, verstanden?“, sprach er mir ruhig vor.

„Ja, Christopher“, antwortete ich direkt und er grinste minimal.

„Das Antworten scheinst du endlich kapiert zu haben“, fuhr er in dieser leicht blasierten Art und Weise fort, die mich so antörnte. „Wenn du einen Befehl befolgst, belohne ich dich. Wenn du einen Befehl missachtest, bestrafe ich dich. Kapiert?“

Ja, Christopher“, flüsterte ich, weil ich in diesem Blau versank…

„Gut. Und was hast du eben getan?“

„…deinen Befehl missachtet?“, vollendete ich den Satz und er nickte ernst.

„Und die Konsequenz wird also sein, dass ich was tue…?“

„…dass du mich bestrafst…“

„Genau“, hauchte er und führte mich immer noch am Kinn festhaltend in einen sanften Kuss, bei dem unsere Zungen vorsichtig übereinander glitten. Dann nahm er mir die Brötchentüte, die ich noch immer umklammerte ab und legte sie auf der neben uns stehenden Kommode ab. Sein Blick wanderte umgehend zurück zu mir, es prickelte förmlich auf meiner Haut. „Zieh deine Hose aus“, flüsterte er dann direkt in mein Ohr und ließ von mir ab, ging einen Schritt nach hinten, um mir Raum für Bewegung zu gewähren. Sofort tat ich, was er sagte.

Als ich den Bund meiner Boxershorts anfasste, hielt er meine Hand auf. Ich sah ihn an und er lächelte. „Das reicht schon“, sagte er dann mit solch einer milden Stimme, die mich an süßen Honig denken ließ. „Dreh dich um“, instruierte er im selbigen Ton und ich tat es, langsam drehte ich ihm den Rücken zu. Er führte meine Hände über meinen Kopf und presste sie sanft gegen das dicke Holz der Haustür. „Bleib so“, flüsterte er in mein Ohr und ich schloss die Augen. Ganz genau konnte ich seine warme Hand spüren, die sich auf meine rechte Pobacke legte.

Es klatschte.
Und ich zuckte zusammen.
Leichter Schmerz durchfuhr meinen Hintern.
Christopher hatte mir einen Klaps verpasst.
Nun ruhte seine Hand erneut auf meine Pobacke. Dann holte er wieder aus.

Mit jedem Klaps wurde er etwas gröber, sein Schwung härter. Ich keuchte auf.
Es war so aufregend, dieser seichte Schmerz, diese minimale Tadelung. Ja, gelegentlich hatten mit meine vorherigen Sexpartner und/oder Freunde auch einen Klaps gegeben. Allerdings als Scherz, oder nur beiläufig, bevor es richtig zur Sache ging. Nicht so.

Nicht auf diese Art und Weise, mit diesem Hintergrund.
Ich schluckte.
Es schien, als würde jeder Klaps, den Christopher mir gab, Blut in mein Geschlecht pumpen.

Eins…
Zwei…
Drei…


Ich war vollends hart.
Und genau dann verließ mich Christophers Hand.
Ich öffnete die Augen und konnte mich nicht bewegen. Unschlüssig starrte ich die Haustür an.

„Dreh dich um“, drang seine sanfte Stimme zu mir und ich tat es. „Hat es dir gefallen?“, fragte er mich direkt. Und während ich nickte, antwortete ich gehorsam: „Ja, Christopher.“ Er lachte genüsslich.

„Los, zieh dich wieder an, wir gehen auswärts frühstücken“, meinte er dann und ließ von mir ab, um seine Jacke zu greifen. War ich zunächst verwirrt, mein Finger bereits auf die Bäckertüte verweisend, warf Christopher mir einen verspielt-ermahnenden Blick zu, der mich zum Schweigen brachte.

Es war nicht weit. Als wir an einer roten Ampel hielten, drehte Christopher mir den Kopf zu. „Ich hoffe, das war nicht zu viel für den Anfang?“, fragte er dann. Ich lächelte ihn an und schüttelte den Kopf. Und dann erschrak ich und korrigierte mich sofort. „Nein, Christopher“, lautete meine neu gewählte Antwort.

„Du brauchst mir jetzt nicht so zu antworten“, sagte er daraufhin ernsthaft und seufzte leicht lächelnd und ich biss mir auf die Zunge.

„Sorry“, murmelte ich.

Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. „Macht nichts, wir… sind noch ganz am Anfang von all dem… Wir kriegen das schon hin.“

Christopher parkte den Wagen in einer der Tiefgaragen in der Innenstadt. Von dort aus waren es nur fünf Minuten zu Fuß zu dem etwas größeren Bistro, an dem ich schon öfters vorbeigelaufen war. Wir bestellten die Frühstücksplatte für zwei Personen und ich genoss den heißen, frisch gebrühten Kaffee, der vor meiner Nase vor sich hindampfte. Wann immer ich Christopher anblickte, wurde mir aber noch wärmer.

Wir waren ein Paar.
Wir frühstückten als Pärchen und nicht zwei Menschen, die noch nichts Wirkliches verband.
Christopher war jetzt mein Freund.

„Na, was geht dir durch den Kopf?“, fragte er mich plötzlich.

„Na, dass wir jetzt endlich ein Pärchen sind!“, antwortete ich ihm direkt und er grinste.

„Macht dich das glücklich, ja?“, hakte er nach und ich nickte. „Mich auch“, sagte er dann und ich hätte am liebsten einen dämlichen Purzelbaum geschlagen. Wirklich, was war mit mir los?

„Musstest du denn vielen deiner Freunde absagen?“, wechselte er plötzlich das Thema.

„Absagen? Ach, ja! Wegen Geburtstag meinst du?“

„Genau.“

„Ich hab Frank versprochen, dass wir dann sehr bald ein Bier trinken werden.“

„Frank…“, sinnierte er kurz. „Das war dein Schulfreund, richtig?“

„Ja, genau“, antwortete ich und war sogar ein bisschen glücklich, dass er sich etwas über mich gemerkt hatte.

„Und du sagtest auch mal etwas von zwei Kommilitonen…?“

„Paul und Markus“, erwiderte ich und erinnerte mich daran, auch auf deren SMS zu antworten, denn auch die beiden wollten noch ein wenig mit mir „nachfeiern“.

„Sonst niemand, mit dem du dich gut verstehst?“, hakte er weiterhin interessiert nach.

„Naja, es gibt noch diese Mareike, die ist irgendwie mal kurz mir Paul zusammen gewesen und die sind jetzt mehr gute Freunde als alles andere, die kommt halt manchmal mit. Wenn wir denn mal weggehen…“, erläuterte ich.

„Aber du verkriechst dich gern und verbringst das ganze Wochenende gerne mal allein in deiner Bude…“, sagte er daraufhin süffisant und grinste mich an. Schlagartig wurde mir bewusst, dass dies genau die Worte waren, die ich ihm bei einem Long Island Ice Tea, bei der Ausstellung in der Energieleitzentrale, gesagt hatte. Er hatte sie sich absolut gemerkt. Ich konnte gar nicht antworten, konnte nur dämlich grinsen.

Er aß die letzten Bissen seines Croissants mit der wirklich guten Himbeermarmelade auf und nahm einen Schluck seines Kaffees.

„Hast du gar keinen Kontakt zu deinen Stiefgeschwistern?“, fragte er dann. Ich schnaubte.

„Ich sehe die nicht mal als Stiefgeschwister an“, meinte ich dann. „Ich hab die vielleicht ein oder zwei Mal gesehen, die interessieren mich nicht.“

„Hm“, machte er und musterte mich. „Wie sieht es denn mit der Offenheit in deinem Mini-Freundeskreis aus?“, lautete seine folgende Frage.

„Hm?“, machte nun ich, weil ich nicht genau verstand, was er mit Offenheit meinte… Wollte er… Dass alle wussten, was wir… hinter verschlossenen Türen machen würden…?

„Wissen deine Freunde, dass du schwul bist?“, erklärte er dann ruhig.

„Achso…“ Ich ließ die Luft aus meinen Lungen und musste etwas beschämt grinsen. „Äh, ja. Tun sie. Frank natürlich länger als die anderen, weil, äh, wir uns natürlich länger kennen. Aber… Paul und Markus sind da auch ziemlich offen, nicht so, wie der ganze Spießerrest da…“

Christopher lachte kurz. Und dann sah er mir tief in die Augen.

„Ich will, dass du ihnen erzählst, dass du mit mir zusammen bist“, erklärte er dann, ohne den Augenkontakt mir mit zu brechen. „Du gehörst mir, Niko, verstanden?“ Seine Stimme war erneut hart, hatte diesen süffisanten Unterton angenommen und ließ mich erneut leicht erschaudern. Und irgendetwas an seinem härter werdenden Blick sagte mir, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt war mir „Ja, Christopher“ zu antworten; als ich dies tat lächelte er zufrieden und mein Herz raste wie wild.

„Gut“, sagte er dann knapp. „Was für eine Art der Beziehung wir führen, geht nur uns etwas an“, fuhr er mit leicht gesenkter Stimme fort. „Aber ich will, dass wir klare Verhältnisse schaffen. Ich fordere absolute Loyalität von dir. Und ich kann dich auch versprechen, dass auch ich dir absolut treu sein werde, verstanden?“

Ja, Christopher“, wisperte ich.

„Ich will, dass du unsere Beziehung nicht verheimlichst und ich möchte die Leute, mit denen du dich abgibst, auch schon sehr bald kennen lernen. Was hältst du davon, deinen Geburtstag am kommenden Samstag nachzufeiern?“, schlug er mir vor.

„Äh, ja und wie und wo? Ich hab zwar ein bisschen Geld bekommen, von meinem Vater, aber das wollte ich lieber sparen, weil ich in letzter Zeit eh so blank war…“, murmelte ich und Christopher lächelte.

„Ich gebe die Party natürlich aus. Wie wäre es mit einer Cocktailbar? Oder deiner Lieblingsdisco?“

„Ich hab keine Lieblingsdisco…“, murmelte ich.

„Wo geht ihr denn sonst immer weg?“

„Das variiert…“

„Gut, dann frag deine Freunde, worauf sie Lust haben, verstanden?“

Ja, Christopher“, antwortete ich und er ergriff ganz zärtlich meine Hand.

„Das klappt wirklich schon sehr gut…“, säuselte er mehr dann als er es sagte und ich lächelte. Seine Finger waren so wundervoll warm…

„Komm, ich fahr dich nach Hause“, verkündete er nach einigen Minuten, in denen unser Geschirr abgeräumt wurde und er natürlich die Rechnung zahlte.

„Ähm, bleibst du dann noch…?“, fragte ich ihn erwartungsvoll und er schüttelte den Kopf, während er den Wagen bereits startete.

„Ich muss leider ein wenig Arbeit nachholen“, erklärte er mir dann.

„Schade…“

Seine Finger umfassten mein Kinn ganz vorsichtig und er drehte meinen Kopf zu sich, sodass wir uns anblicken konnten. „Keine Sorge, Kleiner“, sagte er dann mit tiefer Stimme. „Wir werden und schon noch oft genug sehen… Zum Beispiel morgen Abend. Wir haben schließlich… noch sehr, sehr viel zu klären…“

Es war seltsam still in meiner Wohnung.
Ich verspürte eine ungewöhnliche Leere, als ich mich allein aufs Sofa plumpsen ließ.
Einige Minuten verstrichen, in denen ich einfach nur dasaß und all Einzelheiten meines Geburtstages und der vergangenen Stunden in meinem Kopf erneut analysierte, mir diese extraordinären Bilder, Szenen, vor die Augen führte.
Ich fühlte ein sonderbares Kribbeln in meinem Bauch.
Ich musste grinsen.

Master…

BDSM…


Großer Gott. Was wohl noch auf mich zukam?
Ich.
Ich als Sklave.
War das nicht eigentlich ein abstruser Gedanke?

Christopher…

Ja. Ein neues Kapitel meines Lebens.
Vielleicht auch eine völlig neue Geschichte, mit mir als Protagonist.

Ich konnte mich nicht davon abhalten erneut ins Netz zu gehen, erneut auf diesen ganz bestimmten Seiten zu surfen und etliche Folterinstrumente abermals zu begutachten, von Praktiken zu lesen, die mir die Hitze ins Gesicht trieben, eine Gänsehaut verschafften und meine Gedanken in eine völlig wirre Fantasiewelt abdriften ließen…

Das würden sicherlich sehr interessante Semesterferien werden…



Ich muss seufzen, während ich daran denke. Ich hätte jetzt auch gerne wieder zwei Monate frei. Stattdessen muss ich mich mit dämlichen Projekten herumschlagen und nach einem Praktikumsplatz für das kommende Semester suchen und wenn ich ehrlich bin, verspüre ich so gar keine Lust, mich mit richtiger Arbeit zu befassen, über meine berufliche Zukunft nachzudenken. Gott sei Dank ist mit meinem Vater bereits abgeklärt, dass ich auch meinen Master nach meinem Bachelorabschluss machen kann, den ich am Horizont schon erkennen kann…

Erneut seufze ich und stehe endlich auf. Christopher ist schon längst verschwunden, irgendeinen Mandanten treffen. Meine Kleidung liegt gefaltet auf der Kommode, meine kleine Reisetasche steht auf dem Boden. Träge mache ich mich fertig, frühstücke – gewillt alles sauber zu hinterlassen, damit mein Freund nicht durchdreht – und schleppe mich dann irgendwie zur Uni, zur großen Bibliothek, um wieder einmal feststellen zu müssen, dass ich um 5 Euro ärmer bin, da die Leihfrist eines Buches bereits letzte Woche abgelaufen ist.

Verdammt.

Die kommende Vorlesung verpasse ich fast, weil ich sie schlicht und einfach vergessen habe.
Vielleicht auch, weil mein Kopf einfach noch zu gefüllt ist mit den Erinnerungen der vergangenen zwei Tage…?
Das mit dem Ingwer… Davon hatte ich sogar schon öfters gelesen, aber es wirklich selbst (in mir) zu spüren, das war eine völlig andere Sache… Ich hoffe, Christopher wendet diese Art der leichten Bestrafung erneut an… Nein, ich weiß, dass er es tun wird. Ganz sicher.

Wenn wir etwas ausprobieren, was uns beiden äußerst gefällt, dann nehmen wir es in unser kleines Repertoire auf. Und dieses ist wirklich schon sehr groß… Christopher lässt sich dennoch immer wieder neue Dinge einfallen. Es wird einfach nie… langweilig. Es ist immer… aufregend. Ich weiß mittlerweile auch gar nicht mehr, wie ich mit meinem vorigen, völlig „normalen“ Sexleben zufrieden sein konnte… Und derweilen frage ich mich auch, ob ich es überhaupt mal gewesen bin und ob ich nicht erst Erfüllung mit Christopher an meiner Seite gefunden habe?

Kilian behauptet des Öfteren, dass viele Menschen für BDSM prädestiniert sind und erst mit der Ausübung der Praktiken, als Master oder Slave, ihre allgemeine Zufriedenheit mit ihrem Leben erlangen. Vielleicht trifft das tatsächlich auch auf mich zu? Ich habe mir schon öfters diese Frage gestellt, bereits lange darüber nachgedacht. Ich bin zufrieden. Ich bin glücklich. Vor Christopher habe ich noch nie so intensiv geliebt… Wenn ich an Marcel zurückdenke, wird mir bewusst, was für ein kaltes Arschloch ich eigentlich war, wie desinteressiert ich meinen Partnern gegenüber sein konnte, wie wenig mich tief berührte. Bis ich Christopher traf… Ja, vielleicht hat Kilian wirklich irgendwie recht…

Als ich an Kilian denke, ergreift mich plötzlich auch leichte Panik. Nächste Woche Donnerstag ist Stammtischtreffen und wenn ich das vergesse, reißt Christopher mir den Kopf ab. Ich wühle in meiner Tasche und trage es mir mit einem Rotstift in den Kalender ein. Im Handy speichere ich mir ebenfalls den Termin.

Das Stammtischtreffen… Am Anfang der Beziehung mit Christopher hatte ich geglaubt, dass wir in der Tat mit niemandem über unser spezielles Verhältnis reden würden, nicht einmal minimal. Dass das allerdings gut tut, weiß ich mittlerweile auch. Dass man sich minimal austauschen sollte, verstehe ich. Vor allem gibt so ein Stammtischtreffen mit Freunden, die diese abstrusen Gefühle und Gedanken, die man im Stillen hegt, verstehen, einem ein sehr gutes Gefühl. Man trifft auf Gleichgesinnte. Und dass dies überaus positiv ist, das versteht vermutlich jeder. Auch wenn bei solchen Treffen BDSM nicht immer das Hauptthema darstellt. Und das ist auch gut so.

Die meisten Sachen behalten wir für uns. Es geht schließlich nur uns etwas an. Es ist unser kleines Geheimnis. Und wir treffen uns schließlich auch mit Menschen, die nie etwas davon erfahren werden, die nicht im Geringsten mit dieser Szene vertraut sind. Und das ist auch gut so.

„Hey!“

Franks Stimme schreckt mich auf. Er hält mir die versprochene DVD hin, ein neuer koreanischer Horrorfilm, eine kleine Anthologie. Ich liebe diese Sammlungen noch immer. Ich grinse ihn an, wir steuern die Mensa an.

Ja, Frank gehört definitiv zu der Kategorie unserer Freunde und Bekannten, die niemals etwas davon erfahren werden. Ich muss kichern, als ich an das erste Treffen zurückdenke, welches Christopher mir damals vorgeschlagen hatte…

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