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Imaginations from the other Side

By: Zakal
folder German › Books
Rating: Adult ++
Chapters: 13
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Reviews: 22
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Disclaimer: I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
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Das Fest der Toten

Kapitel 13
- Das Fest der Toten-

Kaum das es die bunt gewürfelte Gruppe wahrnahm schritten weitere zwei Wochen ins Land. Der Herbst kam schnell und das Laub der Bäume nahm die wildesten Farben an. Die Tage wurden kürzer und kälter. Verwundert fiel Drizzt diese Tatsache zum ersten Mal richtig auf, als er morgens aus dem Zelt kam und sein Atem in der Luft kleine weiße Wölkchen bildete. Ihm war schon bewusst geworden, dass das Laub der Bäume sich verfärbte und Despina hatte ihm auch erklärt, das dies im Herbst vollkommen normal sei. Doch jetzt fiel ihm zum ersten Mal auf, was es wohl hieß wenn die Natur in die Todesschlafzeit überging. Er liebte das Farbenspiel der Bäume, doch was er von der Kälte zu halten hatte, dass wusste er noch nicht. Er hörte ein Lachen von der Seite und sah Nerdanel, die mit ihrem Wolf spielte. Die kleinen Monster hatten sich schnell in das Lager eingelebt. Und mittlerweile waren sie die liebsten Gefährten geworden. Jeder hatte auch mittlerweile einen Namen erhalten. Despinas Kleiner hieß „Wulfi“, während hingegen Elfara seinen „Hannibal“ genannt hatte, nur Nerdanel hatte bei der Namensgebung ihres kleinen Lieblings nicht viel mitzureden gehabt. Eigentlich hatte sie ihn Soreel genannt, doch da der kleine Wolf eine schwarze Pfote hatte riefen ihn sämtliche Bewohner des Lagers „Schmutzfuß“, zum großen Ärgernis von Nerdanel, da sich der Wolf mittlerweile so sehr an den Namen gewöhnt hatte, dass er nur noch darauf hörte. Drizzt beobachtete seinen Vater, der sich während der vergangenen beiden Wochen häufig an Nerdanels Seite aufgehalten hatte. Der junge Drow wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, denn sein Vater war gut und gerne 300 Jahre älter als die Priesterin, doch er sagte sich, dass die beiden das für sich entscheiden mussten und es ihn eigentlich nichts anginge. Er hatte ganz andere Sorgen, denn er wusste nicht so recht wie er mit Despina umgehen sollte. Sie hatte sich seit diesem missglückten Annäherungsversuch von ihm zurückgezogen und es seither nicht wieder versucht. Das Einzige was ihm noch schleierhaft war, war die Art und Weise, wie man eine Frau ansprechen und für sich gewinnen konnte. Er hatte gehofft, dass sie es noch einmal versuchen würde, denn dann hatte er sich vorgenommen ihre Zärtlichkeiten zu erwidern, doch sie hatte es nicht wieder getan. Das war jetzt alles gut und gern zwei Wochen her, er fragte sich, ob er nicht doch den ersten Schritt tun sollte. Und so beschloss er mit seinen Freunden darüber zu reden.

Währenddessen kochte seit zwei Wochen unentwegt die Eifersucht in Dinin. Seit Zaknafein Nerdanel den kleinen Wolf geschenkt hatte, waren die beiden sich immer näher gekommen. Sie hatte ihn geküsst und er hatte es mit ansehen müssen. Der Waffenmeister würde für seine Frechheiten bezahlen, dass hatte Dinin sich geschworen, er würde es noch bereuen. Auch hatte der junge Drow angefangen, den kleinen weißen Wolf zu hassen. Denn Nerdanel widmete diesem Tier mehr Aufmerksamkeit als jedem anderen. Überall hin folgte ihr der Welpe, selbst wenn sie baden ging tapste das kleine Vieh hinter ihr her. Er durfte am Fußende im Zelt schlafen und wenn es nachts sehr kalt wurde, dann holte sie die kleine Kreatur sogar unter ihre Decke. Heute Morgen hatte er das Biest dann endgültig hassen gelernt, denn der Wolf hatte ihn in die Zehe gebissen. Die Zähne waren zwar noch sehr klein und der Schmerz hielt sich in Grenzen, doch er war dadurch zum Gespött von Zaknafein geworden. Er kam aus dem Zelt heraus und musste gleich wieder mit ansehen, wie Nerdanel mit dem Kleinen spielte, als sei es ihr Kind. Er würde schon geeignete Maßnahmen dagegen ergreifen.

Heute war der Tag an dem der Winter das erste Mal seine Klauen nach uns ausstreckte. Die Luft war kalt geworden und wir hatten beschlossen, dass es nun besser wäre, sich in die Festung zurück zu ziehen. Aber heute war auch ein besonderer Tag auf den wir uns alle schon während der ganzen Woche mehr oder weniger vorbereitet hatten. Heute war der letzte Tag des Jahres, zumindest nach dem Kalender Ascarons, denn heute war Suralin, das Fest der Toten. Ich war schon ganz aufgeregt, denn heute Abend sollte meine erste hochoffizielle Zeremonie sein. Schmutzfuß spielte zu meinen Füßen und ich freute mich, dass sich der kleine Wolf so gut entwickelte. Ich sah zu Zaknafein und wieder stand diese unausgesprochene Tatsache zwischen uns. Wir beide wußte, dass da Gefühle waren, doch keiner von uns konnte sie definieren noch wagte es einer sie auszusprechen. Er lächelte mich an und verabschiedete sich dann, da er heute wieder mit den anderen Soldaten trainieren wollte.
So blieb ich allein zurück und begann mich innerlich schon einmal auf heute Nacht vorzubereiten. Ich hatte solch eine Zeremonie nur einmal gemacht und das war allein zur Show auf einem Rollenspiel gewesen. Doch mittlerweile fiel es mir immer schwerer mich daran zu erinnern. Das Leben als Mensch wurde immer weniger real. Ich konnte mich eigentlich kaum noch daran entsinnen, alles verblasste und wurde zu der Erinnerung an einen Traum. Allerdings musste ich bei weiterem Nachdenken zugeben, dass mich das eigentlich gar nicht störte. In meinen Erinnerungen als Drow hatte ich bereits einmal solch eine Zeremonie vollzogen und wußte, dass es eigentlich keinen Grund gab sich davor zu fürchten. Und dennoch war ein Gefühl der Unsicherheit da. Ich sah in der Ferne und musste lächeln, es würde ein schönes Fest werden.

Drizzt war derweilen mit seinen drei Freunden frühstücken. Gemeinsam saßen sie an einem kleinen Feuer und lachten. Plötzlich sah Drizzt wie Despina von der Wache zurückkehrte. Unwillkürlich musste er seufzen.
„Na los geh schon zu ihr und sag ihr, dass du was von ihr willst“, meinte Halbarat in seiner barschen Art und Weise.
Drizzt sah ihn mit großen Augen an und schaute dann in sein Essen.
„Das kann ich nicht“, gab er zu. Die anderen lachten und Drizzt merkte wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Hilfesuchend sah er zu seinem Freund Delios, denn der war der Einzige, der nicht lachte, sondern nur nachdenklich zu dem jungen Drow sah. Die anderen begannen dumme Witze über Drizzt zu machen und plötzlich sprang dieser auf und rannte weg. Er fand so was nicht witzig. Konnte er denn etwas dafür, dass er noch so jung war und ihm bisher niemand die Feinheiten im Umgang mit Frauen erklärt hatte, dachte er traurig. Die anderen hatten ja keine Ahnung was es hieß in einer Gesellschaft aufzuwachsen, in der die Frauen alles bestimmten und alles beherrschten. Ihm standen die Tränen in den Augen, als er sich zwischen den dunklen Bäumen des Waldes verbarg. Plötzlich hörte er leise Schritte neben sich.
„Drizzt?“, fragte eine Stimme.
Der junge Drow kam hinter dem Baum hervor und sah seinem Freund Delios ins Gesicht. Ohne nachzudenken, drückte er sich gegen ihn und begann zu weinen. Er spürte wie die sanften Hände des anderen ihn streichelten und so schnell wie die Tränen kamen verebbten sie auch wieder.
„Nimm es ihnen nicht übel, sie machen nur ihre dummen Witze Drizzt“, sagte Delios ruhig.
Drizzt nickte, „Ich weiß sie meinen es nicht so böse wie es sich anhört, aber im Moment hat es einfach weh getan.“
Behutsam strich Delios die Tränen von den Wangen des jungen Drow.
„Kannst du mir sagen, wie man mit einer Frau redet?“, sprudelte es plötzlich aus Drizzt heraus. Der andere begann sanft zu lächeln.
„Es wäre vielleicht gut, wenn du ein paar Komplimente machen würdest, aber eigentlich gibt es dafür wirklich kein Rezept und keine Formel, die man anwenden könnte. Sei doch einfach du selbst. Rede mit ihr als würdest du mit mir reden“, erklärte ihm der andere und Drizzt nickte.
„Danke“, flüsterte er plötzlich, drückte sich gegen Delios und gab ihm einen zaghaften Kuss. Der Ältere lächelte daraufhin und strich Drizzt eine wilde Strähne aus dem Gesicht.
Wenn Despina ausgeschlafen hatte, dann würde er zu ihr gehen und versuchen sich einfach ein wenig mit ihr zu unterhalten. Während er mit Delios zum Lager zurück ging überlegte er, was er sie wohl fragen könnte, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Mit einem Mal hatte er eine Idee, er würde mit ihr über das Fest heute Abend sprechen, denn er musste ehrlich zugeben, dass er bis jetzt eigentlich nichts darüber wusste.

Zaknafein begann heute Morgen erst einmal sein tägliches Training damit sich mit dem jungen Elfara einen heftigen Kampf im Innenhof der Ruine zu liefern. Er und der Schattenkrieger verstanden sich mittlerweile so gut, dass der Waffenmeister sogar bereit war Elfara zu seinen Freunden zu zählen. Ihre Schwerter prallten wieder mit der gewohnten Heftigkeit aufeinander, doch plötzlich kam Elfara ins Rutschen, auf dem gefrorenen Pflaster, und verlor seinen Halt. Augenblick schnitt im Zaknafeins Schwert in den Arm. Eilig trennten sich die beiden Krieger voneinander und der ältere Drow sah nach der Wunde. Glücklicherweise war es nur ein oberflächlicher Schnitt.
„Warum habt Ihr nicht Eure Schattenform angenommen?“, fragte Zaknafein, da er wusste, dass Elfara dies des Öfteren getan hatte, wenn sie sich nach getaner Arbeit in den dunklen Stunden des Abends noch einige Kämpfe geliefert hatten. Elfara sah ihn an und setzte sich erst einmal, um seine Wunde zu versorgen.
„Ich will Euch ein Geheimnis anvertrauen Zaknafein“, sagte Elfara verschwörerisch.
Der ältere Drow runzelte die Stirn und setzte sich zu seinem jungen Übungspartner.
Elfara sah ihn nochmals an und seufzte dann.
„Es mag vielleicht den Eindruck machen, dass wir Schattenkrieger unbesiegbar und unverwundbar sind, sobald wir unsere Form wechseln, aber das ist ein Irrtum. Es gibt einige Dinge, die sogar uns gefährlich werden können. Tageslicht ist unsere größte Schwäche. Unter dem hellen Strahlen des Tagessterns können wir uns zwar verwandeln, doch es bringt nichts unsere Form bleibt genauso fest und undurchdringlich, wie unser normaler Körper. Ich hätte mich also auch verletzt wenn ich die Form gewechselt hätte.“, erklärte der junge Mann ruhig.
Zaknafein schaute ziemlich ernst drein und versuchte zu verstehen, warum Elfara dennoch das große Risiko eingegangen war und seine Leute an die Oberfläche gebracht hatte. Bisher hatte der junge Anführer nie über ihre Gegner gesprochen. Er hatte lediglich vom Fall Ascarons erzählt und von mächtigen Angreifern, niemals jedoch wer diese genau waren. Nachdenklich wartete der Waffenmeister ab, was Elfara wohl noch zu berichten hatte. Er war sich wohl bewusst, dass ihm hier gerade eben die größten taktischen Schwächen einer ehemals starken Kampftruppe offenbart wurden und er fragte sich womit er als Außenstehender soviel Vertrauen verdient hatte.
„Eine weitere Schwäche sind magische Waffen. Je stärker eine Waffe verzaubert ist, desto schwerer durchdringt sie unsere Schattengestalt. Bei gesegneten Waffen ist dies sogar vollkommen unmöglich. Und genau das war es, was schließlich auch zu unserem Fall führte. Sie griffen uns mit gesegneten Waffen an und wir waren darauf nicht gefasst.“ Elfara seufzte schwer bei diesen Worten, da ihn die Erinnerungen an diesen grausamen Kampf übermannten. Zaknafein konnte sehen, wie sich all die schrecklichen Bilder vor den Augen des jungen Kriegers noch einmal abspielten. Schließlich atmete Elfara tief ein, lehnte sich zurück und schaute in den klaren blauen Himmel, ohne es zu wollen oder etwas dagegen tun zu können liefen ihm plötzlich Tränen übers Gesicht. Der Waffenmeister konnte nur zu gut verstehen, was sich grade in Elfaras Seele abspielte und welche Qualen der junge Mann durchlebte. Tröstend legte er dem Schattenkrieger die Hand auf die Schulter. Elfara sah den älteren Drow an und erkannte Verständnis in dessen Augen. Er wurde nicht verurteilt und nicht für seine Entscheidungen getadelt, nein, neben ihm saß ein Freund der ihn verstand.
„Ich will Euch erzählen was damals passiert ist“, flüsterte Elfara ruhig und Zaknafein nickte nur und wartete gespannt auf die Geschichte, die ihm sein Freund erzählen wollte.

Lange war Ascaron schon im Klinsch mit den Städten Lloths, doch niemals haben wir uns mit ihnen angelegt. Sie waren weit in den Tiefen des Unterreichs verborgen und daher für uns nicht von Interesse. Wie Ihr wisst, lag Ascaron direkt unter der Oberfläche. Viele Jahrhunderte lang lebten wir nebeneinander her, getreu dem Motto „Tust du mir nichts, tu ich dir auch nichts“. Wir ließen ihre Stoßtrupps an die Oberfläche unbehelligt an uns vorbei ziehen und sie ignorierten dafür unsere Karawanen zu den Städten der Tiefengnome. Es hätte auch noch weiterhin viele Jahrhunderte so bestehen können, da wir keinerlei Interesse an den Städten Lloths hatten und sie auch kaum an uns. Wir handelten nicht miteinander und wir bekriegten einander nicht. Genau genommen hatten wir bis auf die Tatsache, dass wir alle Drow waren, überhaupt nichts miteinander gemein und zu tun. Doch in der Stadt Ssach’margel gab es einen Machtwechsel im ersten und dritten Haus. Die jungen Oberinnen, die danach an die Macht kamen hatten schon immer ein gieriges Auge auf die Reichtümer und die Schönheit, aber auch auf die Macht Ascarons geworfen und so begannen sie in jahrzehntelanger Kleinarbeit die anderen Häuser gegen uns aufzuwiegeln. Schließlich griff uns die Stadt an, doch wir schlugen sie zurück. Dies nahmen die Oberinnen zum Anlass sich Hilfe bei zwei weiteren großen Städten zu holen. Sie belogen die anderen Drow und behaupteten wir hätten einen Beutezug ihrer Armee auf die Oberfläche verhindert und wir seien mit den Lichtelfen verbündet. Sie waren überzeugend und daher hatten sie nun eine gigantische Armee zur Verfügung, die der unseren bei weitem überlegen war. Doch das reichte den beiden wohl noch nicht, sie wollten auf der sicheren Seite sein und fanden Mittel und Wege selbst unsere geheimsten Waffen und Pläne auszuspionieren. Wie wir viel zu spät rausfanden benutzten sie kleine Dämonen, die sich wie ein Parasit im Körper einer Person einnisteten und diese dann vollkommen übernahmen. Der Armee, der wir uns dann stellen mussten, war das Schlimmste was ich jemals erblickte. Sie beschworen die Mächte der neun Höllen herauf. Wir wussten, dass der Kampf aussichtslos sein würde und versuchten zumindest unsere Kinder und Familie, all jene die nicht kämpften, in Sicherheit zu bringen. Wir schickten sie nach Urundin, einer Festung an der Oberfläche, weit entfernt von Ascaron. Diese Festung war geheim und nur die Kampflords wussten wo sie zu finden war. Doch selbst dieses Geheimnis war ausspioniert worden und als unsere Leute dort ankamen, wurden sie bereits von einer Armee in Empfang genommen und restlos abgeschlachtet. Nur Wenigen gelang die Flucht zurück durch die Portale und zurück nach Ascaron. Ich war einer von jenen jungen Kriegern, die nach Urundin geschickt wurden, ebenso wie meine Leute. Wir waren gefangen und dezimiert, der Kampf aussichtslos. Sie boten uns an, dass wir uns ergeben könnten, um als Sklaven zu dienen, doch dies war für uns etwas Undenkbares und so nahmen wir den Kampf mit einer Übermacht auf. In jenen Tagen haben wir so viele verloren ... so viele. Quetana und Arrhae beschlossen einen letzten verzweifelten Fluchtversuch zu starten um zumindest Einigen das Überleben zu ermöglichen. Sie wussten nicht wer von den anderen Kampflords noch am Leben war oder wer überhaupt noch da war, da unsere Armee von den Angreifern vollkommen in der Stadt verstreut worden war. Sie schickten mich und meine Leute fort. Helion zauberte aufs gerade Wohl und wir landeten auf der Oberfläche und wieder in einer Schlacht. Dort verlor ich erneut einen Teil meiner Leute. Jene Menschen und Elfen, die bei uns sind, waren ebenfalls in dieser Schlacht beteiligt. Plötzlich wurden wir von einem weiteren Zauber erfasst und alles wurde schrecklich durcheinander geschüttelt. Als wir wieder erwachten lagen wir in jenem Wald in dem Dinin schließlich Nerdanel entführt hat. Den Rest der Geschichte kennt ihr ja.

Nachdem Elfara seine Erzählung beendet hatte sah er Zaknafein an. Dem Waffenmeister war mit einem Mal klar, dass diese doch so jungen Drow ein grausames Schicksal erlebt hatten, etwas das er nicht mal seinen ärgsten Feinden wünschen wollte.
„Ich habe in Urundin meinen kleinen Bruder und meine Mutter in den Flammen der Dämonen sterben sehen“, flüsterte Elfara plötzlich. Vor sich sah der junge Krieger wieder die Flammen auflodern. Er hörte die Schreie seines Bruders als ihn das Feuer erfasste und er sah den letzten Blick, dem ihm seine Mutter zuwarf, bevor sie von Schwertern durchbohrt wurde. Es war alles viel zu entsetzlich, als das es ein Lebewesen allein hätte ertragen können. Sein Blick starrte ins Leere und in dem Moment wusste Zaknafein nicht welchen Trost er dem jungen Anführer geben sollte. Eine Weile saßen sie schweigend da und der Waffenmeister dachte über die eben gefallenen Worte nach. Schließlich stand Elfara auf und schwang gelassen seine Schwerter, während er über den Hof schlenderte, auf der anderen Seite nahm er dann eine Kampfhaltung an.
„Kommt Zaknafein, üben wir weiter, es bringt nichts wenn ich in der Trauer über Vergangenes vergehe, davon werde ich auch nicht besser. Außerdem weiß ich, dass ich sie irgendwann alle wiedersehen werde.“ Die Worte Elfaras waren zwar immer noch von Schmerz durchzogen, doch nun hörte man in seiner Stimme wieder die Autorität heraus, die man von ihm gewöhnt war. Der Waffenmeister wusste, dass es noch ein Weile dauern würde, bis sich der junge Mann erholt haben und sich seine Gedanken wieder beruhigt haben würden, doch bis dahin wollte er ihm die Aufmerksamkeit und Beschäftigung geben, die er brauchte. Ruhig erhob er sich und zog in einer ausladenden Geste seine beiden Langschwerter, nur um sich dann mit einem herausfordernden Schrei auf seinen Gegner zu stürzen.

Dinin verbrachte den ganzen Tag damit zusammen mit Helion durch die Wälder zu streifen und auf Bäume zu klettern, da der Magier unbedingt Misteln brauchte und man diese am besten sehen konnte, wenn kaum noch Blätter auf den Bäumen waren. Obwohl einer der Elfen im Lager mittlerweile aus den Fellen und Häuten der gefangenen Tiere Kleidung hergestellt hatte, kam es Dinin trotz Fellumhang verdammt kalt vor. Er hasste die Oberfläche, er hasste das Licht und am liebsten wollte er hier wieder weg. Doch Nerdanel hatte ihm ihre Meinung über das Unterreich nur allzu sehr verdeutlicht. Sie wollte nicht wieder zurück und schon gar nicht nach Menzoberranzan. Resigniert fügte er sich in sein Schicksal. Da er so sehr wieder einmal mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, merkte er nicht das Helion stehen geblieben war. Er zuckte leicht zusammen als der schlanke Magier plötzlich vor ihm stand. Verwirrt sah er ihn an. Helion lächelte und plötzlich schnappte er sich mit einer Hand Dinins Kinn und küsste den total perplexen Krieger leidenschaftlich auf den Mund. Die Lippen des Magiers waren unglaublich warm und sehr weich. Es war Dinin schon häufiger aufgefallen, dass der Magier seine Lippen regelmäßig eincremte um zu verhindern, dass sie rau wurden und aufsprangen. Für einen Moment genoss er die zärtliche Berührung, denn schon lange hatte er nicht mehr so eine leidenschaftliche Zuneigung auskosten dürfen. Nerdanel verwehrte ihm ja bereits seit Wochen jedwede Berührung. Er war sogar gewillt seine Lippen zu öffnen und dem Magier zu erlauben ihn intensiver zu küssen, doch als ihm die Gedanken an die kleine Priesterin in den Kopf kamen, da drückte er Helion energisch von sich weg. Nein, er würde keinen anderen an sich lassen bis er nicht bekommen hätte wonach im verlangte, dachte er sich zornig.
„Was sollte das?“, zischte Dinin leicht verärgert.
Helion lächelte ein wenig schief und zeigte mit einem Finger nach oben. Dinins Blick folgte in die Richtung und er sah, dass über ihnen beiden ein Mistelzweig im Baum hing.
„Man sagt, wenn man sich unter einem Mistelzweig küsste, dann bringt das einem Glück in der Liebe“, antwortete der Magier und lächelte.
Der junge Krieger schaute für einen Moment verdutzt und musste dann ebenfalls lächeln. Manchmal haben diese Ascaron-Drow schon komisch Sitten, dachte er nur belustigt. Ihm fiel dabei wieder ein, dass am Abend oder besser gesagt in der Nacht das Fest der Toten sein sollte. Wieder eine dieser komischen Sitten und Gebräuche unter denen sich Dinin nichts vorstellen konnte. Er hoffte einfach, dass dieses Fest nicht so langweilig werden würde wie die unendlich langen Zeremonien, die immer von Oberin Malice abgehalten worden waren. Ohne sich weiter um Helion zu kümmern kletterte Dinin auf den Baum und schnitt auch diesen Mistelzweig ab. Hoffentlich war dieser langweilige Tag bald vorbei, dachte er nur bei sich.

Es war gegen Mittag als Despina endlich aufwachte. Sie hatte die halbe Nacht im Wald unterhalb der Burg Wache halten müssen und deswegen so lang geschlafen. Ihr kleiner Wulfi lag neben ihr und döste ebenfalls. Jedes Mal, wenn sie den Kleinen sah, dann stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Wulfi, was für ein drolliger Name, auch wenn sie sich kaum daran erinnern konnte, wie sie auf selbigen gekommen war. Es hatte irgendwas mit ihrem früheren Leben zu tun, da war sie sich sicher, doch was genau es war, dass wusste sie nicht mehr, denn wie bei allen anderen hatten auch bei ihr die Erinnerungen an das Menschenleben zu verblassen begonnen. Schließlich raffte sich die junge Kriegerin auf und trat aus dem Zelt, um ihren Pflichten nachzukommen.
Sie sah, dass die anderen bereits damit begonnen hatten, ihre Zelte abzubauen. Sie würden heute Nacht das erste Mal in der Festung schlafen, da es mittlerweile fast schon zu kalt draußen war. Und so begann Despina ebenfalls damit, sich um den Abbau ihres eigenen Zeltes zu kümmern.

Drizzt hatte seit seiner Rückkehr aus dem Wald mit Delios zusammen aufgeräumt und abgebaut. Eigentlich waren beide fertig mit ihren Arbeiten und saßen beim Mittagessen, doch plötzlich fiel der Blick des jungen Drow auf Despina. Delios sah das und gab seinem Freund einen Stubs.
„Los geh hin. Hilf ihr, das ist der beste Anfang für ein Gespräch“, sagte sein Freund und Drizzt wusste, dass er damit wohl recht hatte.
Er ging zu Despina und diese lächelte ihn sofort freudig an als sie ihn sah.
„Kann ich dir helfen?“, fragte er freundlich und sie nickte sofort. Erst bauten beide schweigsam das Zelt ab, doch plötzlich sprudelten die Worte nur so aus Drizzt heraus.
„Darf ich dich was fragen?“, kam es von dem jungen Drow.
„Klar, sicher doch, frag einfach“, antwortete sie während sie mit einer Schnur des Zeltes kämpfte.
„Es geht um das Fest heute Abend. Welchen Sinn und Zweck hat das ganze? Was ist das für ein Fest?“
Despina sah ihn kurz an und ihr Blick wurde eine Mischung aus Trauer und Ernsthaftigkeit. Doch schließlich antwortete sie ihm.
„Suralin ... das Fest der Toten. Es ist für uns der Abschluss eines Jahres. Der letzte Tag vor der Zeit der Finsternis. Wir gedenken an diesem Tag den Toten, unseren Ahnen, unseren Freunden, all jenen, die uns etwas bedeuteten haben aber bereits von uns gegangen sind. Als wir noch in Ascaron lebten, da versammelten wir uns zu diesem Tag alle um den großen Spiegelsee und begegneten den Seelen unserer Ahnen, doch heute wird es der kleine See unten im Wald auch tun müssen. Wir verabschieden uns an diesem Tag eben von jenen die kürzlich verstorben sind und jene die schon länger Tod sind sagen wir damit, dass wir sie nicht vergessen haben. Es ist eben ein Tag des Gedenkens und auch der Trauer“, dann brach Despinas Stimme ab, denn auch sie schien großen Schmerz zu verspüren. Drizzt sah in ihre Augen und konnte sehen, wie sie sich langsam mit Tränen füllten. Instinktiv nahm er sie plötzlich in den Arm und drückte sie an sich. Gleich darauf konnte er ein leises Wimmern hören. Sie weinte. Eine Weile saßen die beiden so beieinander und als sich die Frau schließlich beruhigt hatte, sah sie wieder zu Drizzt auf.
„Tut mir leid ... ich ... ich wollte nicht mehr weinen .... aber...“, murmelte sie, doch Drizzt streichelte sanft ihre Wange und lächelte sie einfach an. Plötzlich war es wieder da, dieses Leuchten in ihren Augen. Behutsam streckte sie sich dem jungen Drow entgegen und zum ersten Mal verstand Drizzt, dass sie geküsst werden wollte. Die Lippen der beiden berührten sich und sie küssten sich scheu und zaghaft. Es war ein unausgesprochenes Verständnis zwischen den beiden. Heute Abend würden sie gemeinsam das Fest feiern, das wussten sie.

Ich hatte den ganzen Tag mit meinen Vorbereitungen verbracht. Vor allem mit dem Herstellen von Kerzensteinen. Im Prinzip waren dies nichts anders als weiße Flusskiesel auf die ein Lichtzauber gesprochen wurde. Jetzt saß ich seit mittlerweile einer Stunde in einem Raum der Ruine und wurde von einem der älteren Krieger bemalt. Dinin war mittlerweile auch wieder zurück. Er war auch bei mir und beobachtete eifersüchtig jede Geste des anderen Mannes. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, dass es ihm überhaupt nicht gefiel, dass der andere so dicht vor mir saß und einen tiefen Einblick in den Ausschnitt meiner neuen Robe werfen konnte. Doch ich hatte Dinin erklärt, dass Atalan, der Einzige war, der lange genug dem Tempel der Stadt gedient hatte, um sich an die komplexen Muster und Verzierungen zu erinnern und sie zu zeichnen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als das hinzunehmen und stumm Wache zu halten. Schließlich war Atalan fertig.
„Du kannst deine Rüstung jetzt vervollständigen Nerdanel“, sagte er ruhig zu mir und beobachtete sorgsam das Wachstum der Rüstung.
Sie bildete Armspangen aus und legte sie wie ein Korsett um meine schmale Taille. Auf meinen Schultern bildeten sich lange Dornen die meinen Kopf umrahmten. Schließlich wuchs eine Art Dornenkranz ebenso auf meinem Kopf, beginnend hinter den Ohren und nach oben hin kleiner werdend. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Dinins Augen bei diesem Anblick groß wurden. Schließlich stand ich auf und Atalan schlich um mich rum und begann meine dunkle Robe, die aus Teilen meines alten Umhangs, Lederresten und anderen Kleidungsstücken bestand zurecht zu zupfen. Man hatte die Robe ebenfalls mit weißem Fell und kleinen geschnitzten Knochenstücken verziert. Schließlich ging Atalan noch einmal um mich herum und setzte einige kleine leuchtende weiße Steine in meine Rüstung ein, die auch sofort von dieser festgehalten wurden. Dann blieb er vor mir stehen und betrachtete mich noch einmal eingehend. Doch es schien ihn immer noch etwas an dem Bild zu stören. Ich hätte vielleicht erwähnen sollten, dass Atalan ein ziemlich penibler Kerl sein kann. Er zog ein kleines Döschen aus der Tasche und verteilte eine Fingerspitze des Inhalts auf meinen Lippen. Es war eine Art Fett um zu verhindern, dass mir die Lippen in der nächtlichen Kälte aufplatzten, aber auch damit es ein wenig besser aussah. Atalan, der Perfektionist eben. Schließlich lächelte er zufrieden und verbeugte sich leicht bevor er mit der Schale voller Kerzensteine den Raum verließ. Ich atmete tief durch und versuchte mich ein wenig zu entspannen. Aus reiner Nervosität warf ich einen Seitenblick auf Dinin, der immer noch still dasaß und mich mit großen Augen musterte.
„Was ist?“, fragte ich neugierig.
Erst sagte er nichts, doch dann, „Sehen alle Priesterinnen Ascarons so wunderschön aus wie du?“, fragte er. Bei diesen Worten stand er auf und kam zu mir herüber. Zärtlich fuhr seine Hand über mein Gesicht und ich sah in seinen Augen, dass er mich am liebsten geküsst hätte, doch aus Respekt vor Atalans Werk diesmal lieber darauf verzichtete.
„Ich muss gehen, man wartet auf mich“, flüsterte ich ihm zu und er trat respektvoll zur Seite und verneigte sich sogar, als ich an ihm vorbei ging.
Draußen erwartete man mich tatsächlich schon. Alle hatten sich am Eingang der Ruine versammelt und jeder von ihnen hielt einen der leuchtenden Kerzensteine in Händen. Auch Drizzt und Zaknafein konnte ich erkennen, doch sie hielten sich dezent im Hintergrund und zogen es vor dem Kommenden lediglich zuzusehen. Ich nahm ebenfalls einen der leuchtenden Steine aus der Schale und ging an den anderen vorbei. In vollkommener Stille folgten mir die Drow Ascarons und wir schritten in einer stillen Prozession zu einem kleinen See im Wald. Jeder trug sein kleines Licht in Gedenken an seine Ahnen und Freunde vor sich her.
Es war eine sternenklare kalte Nacht, vollkommen windstill und vor uns lag der See ruhig und glatt wie ein Spiegel. Wir versammelten uns in einem Kreis um das Gewässer herum und ich stieg auf einen kleinen Felsen am Ufer. Ich warf einen Blick in die Runde und wartete ab bis jeder seinen Platz gefunden hatte. Ich sah aufs Wasser und darin spiegelten sich die Sterne. Alle warteten schweigend und in Gedanken versunken. Schließlich hob ich langsam meine Arme und hielt den leuchtenden Stein Richtung Himmel. Meine Stimme war nicht besonders laut, aber sie durchschnitt die Nacht dennoch schärfer als jedes Schwert.

Das Jahr geht zur Neige, Suralin ist da.
Wenige sind gekommen und viele sind gegangen.
Wir gedenken den Ahnen, wir gedenken den Freunden.
Lasst uns gemeinsam Abschied nehmen.

Dann nahm ich die Arme wieder runter und hielt sie auf Bauchhöhe ein Stück von mir weg.

Ich rufe die Ahnen, ich beschwöre die Seelen
ich bitt euch herbei in der Nacht der Geister.
Teilt nun Freuden, teilt nun Leid,
teilt alles auf das eure Seele heilt.
Kommt herbei ihr Freunde und Verwandten,
geöffnet seien heute Nacht der Welten Schranken.

Plötzlich glühten die Steine blendend weiß auf und ihr Licht spiegelte sich im See. Auf der Oberfläche begann sich augenblicklich Nebel zu bilden, der schließlich den ganzen See bedeckte. Er waberte über das Ufer hinaus und verteilte sich um uns herum. Plötzlich begannen sich einzelne Rauchfäden vom Boden zu erheben, die anfingen Formen zu bilden. Erst nur wabernder Nebel, doch mit einem Mal konnte man Gesichter in den Schwaden erkennen, bis sich schließlich vollständige Personen abzeichneten. Ich hörte das Aufatmen der anderen und sah, wie die Seelen sich langsam auf einzelne Mitglieder zu bewegten. Sie verharrten vor der jeweiligen Person und schon Moment später konnte ich hören, wie lediglich im Flüsterton die ersten Gespräche begannen. Ich sah zu Elfara hinunter, der neben mir stand. Vor ihm konnte ich ein Kind erkennen, das ihn anlächelte. Er lächelte zurück, doch ich sah wie bereits die ersten Tränen über seine Wangen liefen. Ich hörte auch wie die Toten zu sprechen begannen, doch ihre Stimmen waren noch weniger als ein Flüstern, eher wie ein Windhauch, den man nur mit der Stimme des Herzens hören konnte. Ich stand weiterhin auf meinem Felsen und wartete auf sein Kommen.

Zaknafein, Drizzt und Dinin standen ein wenig abseits und beobachteten von Anfang an neugierig das Geschehen. Sie alle waren für einen Moment zusammengezuckt als plötzlich die Steine zu glühen begannen. Doch das, was sich jetzt vor ihren Augen abspielte, war zuviel für sie alle. Keiner vor ihnen wagte es auch nur sich zu bewegen. Zu tief saß der Schreck in ihren Gliedern als sie erkannten, dass sich die Geister der Toten aus dem Nebel erhoben. Ungläubig beobachteten sie, wie die Drow Ascarons begannen mit den Verstorbenen zu reden.
Drizzt sah zu Despina, die von mehreren Seelen gleichzeitig umschwärmt wurde. Er konnte ihre Gesichter ausmachen und sah, zwei Männer und drei Frauen. Den Tränen auf ihren Wangen und ihrem intensiven Schluchzen nach zu urteilen, mussten das sehr enge Freunde, wenn nicht sogar Familienmitglieder der jungen Kriegerin sein. So gern wollte er bei ihr sein und sie trösten, doch er wagte nicht, sich diesem Szenario auch nur zu nähern. Bald darauf konnte er sehen wie Despina trotz Tränen auf den Wangen, anfing zu lächeln. Er konnte nicht hören, was sie mit ihren toten Freunden besprach oder was diese ihr erzählten, doch er bemerkte recht schnell, dass zwei der Seelen, die eines Mannes und einer Frau auch mit einem geisterhaften Lächeln in seine Richtung schauten. Er hoffte, dass sie ihm später erzählen würde, was es damit auf sich gehabt hatte.
Dinin sah zu Nerdanel hinüber und sah auch, dass sich um die junge Frau immer mehr Seelen zu sammeln begannen. Sie redete mit ihnen, doch sah nicht unbedingt glücklich aus. Er musste zugeben, dass er Angst um sie hatte. Er sah die Gesichter von vielen Frauen. Plötzlich blieb ihm fast das Herz stehen als er sah, wie eine Seele nach der anderen für kurze Zeit mit Nerdanel verschmolz und als sie sich wieder von ihr trennten, der jungen Priesterin einen leisen Schmerzensschrei entlockten. Er wunderte sich, das weder Elfara noch Helion, die beide in ihrer Nähe standen, nicht das Geringste dagegen unternahmen, sondern gelegentlich einen Blick auf sie warfen und sich dann wieder ihren eigenen Angelegenheiten zuwandten. Plötzlich konnte er sehen, dass aus der Mitte des Nebels sich neue Geister erhoben und auf die beiden Männer zuschwebten. Die Seelen ihrer Ahnen zogen sich zurück und gaben den Neuankömmlingen den Weg frei. Dann konnte Dinin auf einmal das Gleiche beobachten, wie zuvor schon bei Nerdanel. Auch die beiden Männer zuckten immer kurz vor Schmerzen zusammen, wenn sie die Seelen für einige Momente mit ihren Körper verbanden. Er fragte sich welcher Zweck damit verfolgt wurde.
Auch Zaknafein beobachtete diese Szenen, doch da er es als Teil des Rituals ansah, schreckte ihn das Geschehene weniger. Was ihn viel mehr beeindruckte war die Tatsache, dass er zum ersten Mal in seinem Leben erwachsene Drow vor Trauer weinen sah. Sie weinten und das ohne sich ihrer Tränen zu schämen. Sie weinten um jene, die sie verloren hatten und die von ihnen gegangen waren. Er hörte wie einer der jungen Krieger neben ihm leise der Seele einer Frau etwas vorsang. Er sah sogar einige der alten Krieger auf ergreifende Art und Weise ihre Gefühle zeigen und musste sich fragen, was wohl einen Drow dazu bewegen konnte solche Gefühle zu offenbaren. Er beneidete sie darum, um ihr Leben und dafür, dass sie sich einen Teil ihrer Seele erhalten hatten und nicht der Finsternis zum Opfer gefallen waren. Es erfüllte sein Herz mit Stolz, dieser Zeremonie beiwohnen zu dürfen und doch auch mit Trauer, da er wusste welch enormen Preis Ascaron für seine Einzigartigkeit bezahlt hatte. Er schwor sich, wenn er etwas tun konnte um ihnen zu helfen zu ihren Ursprüngen zurück zu kehren, dann würde er es tun.

Es verstrich viel Zeit in der jeder mit den Seinen reden konnte, doch schließlich musste ich das Tor wieder schließen. Ich nickte dem Barden zu und er hob an mit der Flöte ein Lied zu spielen. Es waren langgezogene traurige Töne. Ein Klagelied. Langsam stimmte die anderen mit ein und sangen einen Trauergesang, der die Herzen aller bewegte und selbst die drei Außenstehenden konnten sich nicht erwehren zu Tränen gerührt zu sein. Die Seelen zogen sich wieder in den Nebel zurück und dieser verschwand in den dunklen Tiefen des Sees. Die Steine in unseren Händen hörten auf zu glühen und augenblicklich zerfielen zu Staub, als der letzte Ton des Trauerliedes verklungen war. In vollkommener Stille ließen wir den Staub in den See rieseln und brachen somit dessen ruhige Oberfläche. Einige Minuten standen wir still da und verarbeiteten das gerade erlebte. Schließlich wandten wir uns um und kehrten in die Ruine zurück. Erst dort begannen wir wieder zu sprechen und uns in normaler Lautstärke zu unterhalten. Wir zogen uns an ein Lagerfeuer zurück und jeder begann von den Heldentaten der Ahnen zu erzählen. Viele trugen Geschichten vor oder aber Lieder. Einige spielten auch so manche Szene nach. Wir gedachten unseren Ahnen und Gefallenen in Liedern und Geschichten, damit sie auf ewig unvergessen sein würden.
Ich saß den ganzen Abend mehr oder weniger tief in Gedanken versunken am Feuer. Schmutzfuß lag auf meinem Schoss und schien meine nachdenkliche Stimmung zu spüren, da er sich vollkommen ruhig verhielt. Erst eine vertraute Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
„Wie geht es dir Nerdanel?“, fragte Zaknafein und setzte sich zu mir.
„Geht so, hab mich schon besser gefühlt“, antwortete ich abgehackt und sah ihn an.
„Was macht dir so großen Kummer?“, fragte er wieder und schließlich nahm er mich sogar tröstend in den Arm.
„Mein Vater war nicht dort, obwohl er hätte da sein müssen“, antwortete ich und verfiel augenblicklich wieder in ein Schweigen, das den ganzen Abend andauerte.
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