Dem Wahnsinn so nah
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German › Books
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Disclaimer:
I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
13. Kap. Ein schlimmer Fehler
13. Kapitel
Ein schlimmer Fehler
Shar wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Sekunden schienen zu Minuten geworden zu sein und Minuten zu Stunden. Aber in Wirklichkeit waren gerade mal zwei Stunden vergangen. Der junge Halbdrow hatte allerdings das Gefühl, dass mindestens zwei ganze Tage verstrichen wären. Sein leerer Magen knurrte vor Hunger und seine Kehle schien wie ausgetrocknet zu sein. Der schale Beigeschmack von der Tortur der letzten Nacht hatte er immer noch im Mund und er wünschte sich im Moment nichts sehnlicher als einen Schluck Wasser. Der Junge kauerte zusammengerollt in der hinteren Ecke des Käfigs, während die eisernen Stangen beständig in seinen Fleisch schnitten. Da er kaum etwas auf den Knochen hatte, war dies eine recht schmerzhafte Art einfach nur warten zu müssen. Vergessen schien auch die Angst vor dem unberechenbaren Dunkelelfen. Jedoch verabscheute Shar, nein hasste sogar mittlerweile den Waffenmeister des Hauses Baenre und wünschte sich Nhaundar herbei. Obwohl ihm beide Pein und Qual bereiteten, so behandelte Nhaundar ihn besser und sorgsamer als Dantrag Baenre. Sein Herr wollte ihn stets hübsch und unscheinbar an seiner Seite haben und verhinderte in den letzten Tagen, vor der Zeit mit dem Waffenmeister, dass niemand anderer, außer dem Sklavenhändler selbst, den Jungen anfassen durfte. Während Shar im Halbschlaf in seinem Gefängnis abwartete, sah er vor seinem inneren Auge ständig diesen grausamen und unbeugsamen Drow vor sich und er stellte sich dabei vor, wie er diesen mit den eigenen Methoden foltern und danach mit einem Messer erstechen wollte. Seine Phantasie ging sogar noch weiter, dass er sich seinen Vater Handir herbei sehnte, der Dantrag letzten Endes im Kampf besiegen und ihn auf erbarmungsloseste Weise töten würde. Stumm flehte er Handir um Hilfe, doch es kam keine Antwort. Weitere Minuten verstrichen und noch immer versuchte Shar mit seinem Vater zu reden, da ertönte plötzlich dessen Stimme im Kopf des jungen Halbdrow. „Deine Rache wird kommen. Habe Zeit und Geduld und eines Tages wirst du dich an Dantrag Baenre rächen.“
Im ersten Moment erschrak Shar, doch dann erkannte er Handirs Stimme wieder. Er hörte sie laut und deutlich. So öffnete er seine Augen und blickte vorsichtig durch den Raum. Aber er konnte ihn nirgendwo entdecken. Nochmals ließ der Junge seinen Blick schweifen bis er verstand, dass Handir zwar zu ihm sprach, er ihn aber wie die letzten Male nicht sehen konnte. Nun schien Shar sich ein wenig zu beruhigen. Die Erinnerungen an seinen Vater kehrten allmählich zurück und erneut vernahm er dessen Stimme. „Sei stets brav und folgsam.“
„Aber … aber er ist so grausam, viel schlimmer als Nhaundar“, flüsterte der Junge heiser und musste augenblicklich husten. Seine Kehle war immer noch trocken und er hielt inne. Er wollte etwas trinken, aber in diesem Käfig gab es nichts um seinen Mund zu befeuchten und so verfiel er wieder in Gedanken. „Ich tue doch das, was du mir immer sagst, aber der Mann ist schrecklich und macht mir Angst.“
Shar wartete, aber es kam keine Antwort.
„Vater? Handir? Wo bist du?“, flehte der Junge stumm und er spürte dabei, wie ihm allmählich erneut die Tränen in die Augen traten.
Der junge Halbdrow lauschte und dachte sich, vielleicht war er zu laut und hätte deswegen die Antwort von Handir nicht verstanden, aber es kam wieder keine. Er spitze nochmals seine Ohren und versuchte verzweifelt zu lauschen, aber nichts war zu hören. Jetzt schien die Trauer zurück zukehren und der Junge weinte nun vom ganzen Herzen. Die Tränen rannen über seine Wangen und er kauerte sich zurück in die Ecke.
Auf dem Gang draußen schritt zur gleichen Zeit ein junger Drow vorbei und verharrte plötzlich vor der Tür zu Dantrags Privatgemächern. Der Dunkelelf schaute sich leicht irritiert um, dann lief er zu der geschlossenen Tür und legte ein Ohr darauf. Von drinnen vernahm er ein Jammer und leises Geflüster, danach verstummte alles und das Weinen kehrte zurück. Leicht überrascht schweifte der Blick des jungen Dunkelenelfen den Gang auf und ab. Niemand war zu entdecken und auch kein Sklave, der ihn sehen würde, dass er hier stand. Eigentlich hatte Bergin’yon Baenre vor, sich in die eigenen Gemächern zurück zu ziehen, doch diese Geräusche reizten den jüngsten Sohn des Hauses und Bruder des Waffenmeisters ihnen nach zugehen und zu erforschen. Er wusste, dass Dantrag mit den Soldaten im Hof zu Gange war und ihn somit auch nicht erwischen konnte. Denn wenn dies geschah, dann hätte Bergin’yon – der als Schützling des Waffenmeisters galt - keine Sicherheit, dass er das verbotene Eintreten in die Privatgemächer seines älteren Bruders rechtfertigen musste. Geschweige denn den Schutz der Oberin Mutter des Hauses genießen zu können, wenn Dantrag an Bergin’yon bei ihr kein gutes Haar lassen würde. Aber vielleicht würde sogar noch etwas Schlimmeres geschehen und bei dem Gedanken schüttelte sich der junge Drow, um diesem Gedankengang Einhalt zu bieten. Der Bergin’yon konnte seine Neugierde jedoch nicht abstreifen und wollte unbedingt wissen, was der zweite Sohn des Hauses in seinen Gemächern tat. So hob er die Hand und öffnete die Tür zuerst vorsichtig. Er spähte zu aller erst durch einen kleinen Spalt und erkannte dort lediglich das Bett, einen Tisch mit Speisen und all die anderen Habseligkeiten von Dantrag, aber ansonsten nichts Ungewöhnliches. Wieder ertönte das Schluchzen und Bergin’yon öffnete nun die Tür ganz. Mit einem Schritt trat er die Privatgemächer seines Bruders ein. Sein Interesse an dem Unbekannten nahm nun vollends von dem jungen Drow Besitz. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und jetzt stand er im Zimmer des Waffenmeisters. Er lauschte und sofort hörte er wieder das Weinen. Leicht verdutzt runzelte er die Stirn und begann selbstsicher durch den Raum auf das Geräusch zu zulaufen. Sein Blick wanderte dabei aus Wissbegierde hin und her, denn er hatte sich noch niemals in diesen Räumen aufgehalten. Er war schon fast am Ende angekommen, da entdeckte er zu seiner Linken eine Tür und diese stand offen. Doch er wollte nicht einfach hineinlaufen, dass war einst eine Lektion, die ihm der Waffenmeister des Hauses beigebracht hatte und die er stets versuchte zu berücksichtigen. Zucht und Ordnung bestimmten den Tagesablauf und so hielt sich selbst jetzt Bergin’yon an die Regeln. Geschickt presste er seinen Rücken gegen die Wand und lauschte wieder. Lediglich das Jammern war zu vernehmen und der junge Dunkelelf konnte sich nicht vorstellen, was sein Bruder hier trieb. Er dachte an ein Drow, der hier gefangen gehalten wurde, doch gab es für den jüngsten Sohn des Hauses keinen Sinn, denn Folterungen wurden doch stets im Kerker vorgenommen. So zog er vorsichtshalber sein Schwert, wobei er darauf achtete, sich nicht mit dem kleinsten Geräusch zu verraten und damit seinen Aufenthaltsort preiszugeben. Mit aller ihm gebotenen Vorsicht spähte Bergin’yon jetzt um die Ecke und hinein in den angrenzenden Raum und öffnete leicht überrascht den Mund. Er erkannte einen Käfig, der mitten im Zimmer an vier eisernen Ketten gehalten von der Decke hing und darin saß lediglich ein weinender Sklave. Irritiert über diese Entdeckung gab jetzt der jüngste Sohn sein sicheres Versteck auf und stand einen Atemzug später mitten im Türrahmen, seine Augen streng auf den weinenden Sklaven gerichtet, der seine Anwesenheit nicht bemerkt zu haben schien. Bergin’yon musterte jetzt genauer den Jammernden und erkannte, dass es sich um einen Halbdrow handelte und bei genauerem Hinsehen wirkte dieser nicht viel älter als er selbst, kaum erwachsen. Erstaunt über diese Tatsache steckte der jüngste Bruder von Dantrag sein Schwert zurück in die Scheide und trat einen Schritt auf den gefangenen Sklaven zu. Beim Näher kommen erkannte er ein kleines Detail, dass ihn ein wenig mehr neugierig machte. Denn die langen Spitzohren deuteten auf eine Verbindung zweier Elfen hin, ein Drow mit einer der verhassten Feen der Oberfläche. Er überlegte kurz, wie sich ein Drow nur an einer Elfe mit weißer Haut vergehen konnte, wo sie doch den Feinden angehörte, die seine Rasse einst in die Verbannung des Unterreiches trieb. Aber auch diesen Gedanken versuchte er abzuschütteln und sich stattdessen auf den eigentlichen Aufenthalt des Sklaven im Käfig zu konzentrieren und das auch noch in den Privatgemächern seines älteren Bruders.
Shar vernahm wie von weit her ein Geräusch und blickte auf. Er dachte, dass dies nur der Waffenmeister sein könnte, der gekommen war, um ihn weiter zu quälen. Doch als er genauer hinsah, erkannte er durch einen Tränenschleier einen jungen Drow, der ihn mit rot glühenden Augen einfach nur anstarrte. Erschrocken hörte er auf zu weinen und versuchte sich im gleichen Moment weiter in die Ecke des Käfigs zu drängen.
Als sich Bergin’yon vor Überraschung gefasst hatte, beäugte er schaulustig den Sklaven und merkte auch augenblicklich, dass dieser Angst hatte. Doch es gab nichts, was ihn in Furcht hätte versetzen können. Aber der junge Drow wusste auch über die mächtige Autorität, die sein Bruder ausstrahlte, der grob, skrupellos und grausam sein konnte, selbst ihm gegenüber. Dem jüngsten Sohn kam nur eine Tatsache seltsam vor, wieso sich der Waffenmeister einen Sklaven im Käfig hielt und dazu noch einen nackten Halbdrow. Er vermutete, dass diese Situation nur eines bedeuten konnte, dieser Junge war ein Lustsklave. Der Rest der Familie schien wohl nichts davon zu wissen, sonst hätte es bestimmt einer seiner Schwestern verboten oder vielleicht auch etwas anderes dagegen unternommen. Besonders wenn er an Vendes oder Bladen’Kerst dachte, die nichts lieber taten, als einem Qualen in einer unbeschreiblichen Folter anzutun. Dieser Gedanke konnte aber das Interesse von Bergin’yon nicht stillen und er kam dem Käfig näher.
„Wer bist du, Sklave? Gehörst du dem Waffenmeister des Hauses Baenre?“, fragte der jüngste Sohn ruhig, wobei er das Wort Baenre besonders betonte. Er war stolz darauf ein Sohn des ersten Hauses der Stadt Menzoberranzan zu sein, wo er in ferner Zukunft selbst den Platz des Waffenmeisters einnehmen würde, wenn das Glück oder auch sein Geschick im Kampf ihm hold sein würden.
Shar war immer noch verängstig und gleichzeitig so überrascht einen jungen Drow vor sich zu sehen, dass er im ersten Moment nicht antworten konnte. Doch die Stimme und die Worte verrieten ihm, dass dieser ihm wohl vorerst nichts antun wollte. So schluckte er einmal kurz bevor er antwortete.
„Shar, mein Herr“, piepste der Junge und musste gleich darauf husten, als er merkte, dass ihm das Sprechen mit ausgetrockneter Kehle sehr schwer fiel.
„Shar?“, wiederholte Bergin’yon den Namen und schien zu überlegen. Den Namen kannte er nicht.
„Gehörst du dem Waffenmeister?“, wollte jetzt der jüngste Sohn wissen, weil dieser ihm den zweiten Teil seiner Frage noch nicht beantwortet hatte.
Shar schüttelte den Kopf, denn das Sprechen fiel ihm immer noch schwer. Doch dem Jungen kam eine Idee. Wenn er zeigte, dass er gehorsam war und sich brav verhielt, vielleicht könnte ihm der Unbekannte etwas zu trinken geben. Erneut schluckte er Speichel hinunter und setzte zum reden an. „W… Wa… sser“, stammelte Shar leise und musste wieder husten.
Bergin’yon erkannte im gleichen Moment das Brandzeichen an Shars Oberarm und wusste, dass dieser Sklave nicht zu den ihren gehörte. Ein großes N deutete eher auf einen Sklavenhändler der Stadt hin. Wobei er noch verblüffter über die Tatsache war, dass der junge Halbdrow, der nicht älter als er selbst zu sein schien, nicht dem Haus gehörte. Seit wann umgab sich sein Bruder mit fremden Sklaven? Er konnte sich darauf keinen Reim machen und während er noch überlegte, hörte er die geflüsterten Worte des Sklaven der nach Wasser verlangte. Erstaunt musterte er den Halbdrow genauer und erkannte, dass dieser wohl schon längere Zeit nichts getrunken haben musste und seine tiefblauen Augen schienen förmlich darum zu betteln, etwas trinken zu dürfen. Bergin’yon überlegte welchen Grund es gab, um einem eingesperrtem Sklaven überhaupt etwas zum trinken zu geben. Doch seine Neugier siegte und mit dem freundlichen Verhalten konnte er sich die Zuversicht des fremden Halbdrow erkaufen und gleichzeitig vielleicht mehr Informationen über dessen Aufenthalt hier und seinen Bruder zu erfahren. Der junge Drow lief zurück in das Schlafgemach seines Bruders und schaute sich um. Doch von einem Wasserkrug keine Spur. Dann entdeckte er den gedeckten Tisch und einen Krug darauf. Er ging darauf zu und schaute hinein. Wein, Rotwein um genauer zu sein. Nun ja, besser als gar nichts, dachte sich der Drow. Schüttete den Rotwein in einen Becher und lief zurück zum Käfig.
Shar bedachte den Drow mit großen Augen und konnte erkennen, dass dieser mit einem Becher in der Hand zurückkehrte. Der Junge kroch vorsichtig durch den Käfig, wobei dieser an den verankerten Ketten in der Decke hin und her schwankte um am anderen Ende flehentlich eine Hand heraus zustrecken und um den Becher bettelte.
Bergin’yon kam noch näher und reichte dem Sklaven den Becher, der ihn sogleich gierig aus seiner Hand riss. Er konnte beobachten, wie der Halbdrow ihn augenblicklich ansetzte und anfing zu trinken.
Shar war so dankbar, wie noch niemals zuvor in seinem Leben und als er den gefüllten Weinbecher in der Hand hielt, setzte er ihn auch gleich an. Doch er erkannte sofort, dass es sich nicht um Wasser handelte, sondern um etwas anders. Es war ihm jedoch egal, er hätte jetzt alles getrunken, Hauptsache seine Kehle würde nass werden. Nach dem ersten Schluck musste der junge Halbdrow husten und hätte beinahe den Becher fallen gelassen. Er wunderte sich über den Geschmack, denn Wein kannte er nicht. Dann überkam ihm ein seltsames Gefühl. Sein Bauch fühlte sich warm an und noch ungewöhnlicher war, dass es ihm gefiel. So leerte er den restlichen Inhalt mit einem Zug. Zufrieden setzte er den Becher ab und spürte in seinem Kopf plötzlich leichter Schwindel. Aber nicht, dass es sich schlecht anfühlte, sondern eher angenehm.
Bergin’yon musterte den nackten Sklaven im Käfig und mit einem Mal kam ihm eine Idee, die schon des Öfteren in seinem Geist spukte. Er schaute sich einige Momente später in dem kleinen Raum um und erspähte den Schlüssel an der Wand, der wohl offensichtlich zum Schloss am Käfig gehörte. Er nahm ihn ohne Umschweife von der Wand und ging direkt zurück. Der Schlüssel passte und der Drow konnte mit Leichtigkeit den Käfig öffnen. Bergin’yon stand sogleich vor einer offnen Käfigtür und beobachtete den Sklaven ganz genau. Aber eigentlich rechnete er nicht mit Ärger, denn der Halbdrow sah mitgenommen aus und würde es wohl nicht wagen einen Fluchtversuch zu starten.
Shar sah mit weit aufgerissenen Augen dem jungen Dunkelelfen zu, der jetzt vor der offenen Tür des Käfigs stand und ihn einfach nur anschaute. Der Junge wusste nicht, was dies bedeutete und noch weniger, was dieser für den Dienst verlangen würde. Wahrscheinlich schien ihm jedoch, dass dieser Drow wohl das Gleiche wünschte, wie Nhaundar und Dantrag vor ihm. Angst und Ekel vor dem gewaltsamen Sexualakt griffen von seinem hageren Körper besitz und er konnte ein Zittern nicht unterdrücken. Wieso musste ausgerechnet er immer das tun, was er doch gar nicht wollte. Er mochte es kein einziges Mal. Nur wenn er sich ruhig verhielt und tat, was die Männer von ihm verlangten, dann bestand die Chance, dass die Schmerzen nicht so heftig wurden. In den letzten Tagen hatte er sich zwar daran gewöhnt, nur vor Dantrag und dessen grausame Art, schauderte der Junge zurück. Das war mehr, als er aushielt. Besonders, da ihm der Waffenmeister gestern seine Göttin gezeigt hatte und diese ihn beim kleinsten Vergehen bestrafen oder gar auffressen würde. Dieses Erlebnis steckte noch so tief in ihm, dass er es in den nächsten Jahren nicht vergessen würde. Dantrag hatte den Zwischenfall so echt aussehen lassen, dass Shar die Tatsache nicht erkannte, dass es sich in der Hauskapelle letztendlich um eine Illusion handelte. Doch der zweite Sohn des Hauses spielte so gerne mit den Ängsten anderer und das Verhalten des Jungen hatte ihn gestern mehr als nur beflügelt.
„Los, komm da raus, Sklave“, unterbrach der Befehl von Bergin’yon Shars Gedanken und der Drow ging dabei einen Schritt zurück, um Platz zu machen.
Der junge Halbdrow schaute verwirrt auf die geöffnete Tür und dann auf den jungen Dunkelelfen und wurde sich klar darüber, dass ihn nun keine Gitterstäbe vor Qual und Schmerzen schützen würden.
„Mach’ endlich, der Waffenmeister wird bald kommen“, knurrte Bergin’yon und wollte so den Sklaven weiter unter Druck setzen.
Bei dem Wort „Waffenmeister“ begann Shar jetzt noch mehr zu zittern und konnte sich keinen Zentimeter bewegen. Die Angst vor dem grausamen Mann saß so tief, dass alleine das Wort ausreichte, ihn zu erschrecken.
Der jüngste Sohn des Hauses Baenre bemerkte augenblicklich die Reaktion und fragte sich, was sein Bruder mit dem Sklaven angestellt haben könnte, dass er sich nicht von der Stelle bewegte. Je mehr er doch darüber nachdachte, desto weniger wollte er es wissen. Er kannte Dantrag als autoritären, strengen und ganz von sich eingenommenen Waffenmeister, dass selbst er auf der Hut sein musste. Was er dann mit Sklaven anstellte, die kein Wort des Widerwillens gegen ihn äußern konnten, trieb Bergin’yon einen kalten Schauer über den Rücken. Doch zum Glück für beide, war Dantrag noch einige Zeit mit den Soldaten und den Eidechsenreitern beschäftigt, so dass das Vorhaben des Jüngsten nicht entdeckt werden würde. Aber auch nur so lange, wie das Glück ihm Hold war.
„Los Sklave, komm’ da raus!“, schnauzte jetzt Bergin’yon wütender und ging wieder auf den Käfig zu, nur um die Eisenkette von Shar zu ergreifen und daran zu ziehen.
Shar konnte nicht anderes, als jetzt auf den Ausgang nach vorne zu kriechen und dem Befehl des fremden Drow nachzukommen. Er kletterte aus dem Käfig heraus und schwankte einige Momente, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Der Junge blickte demütig nach unten und fragte sich, was dieser Drow mit ihm vorhatte. Aber lang musste er nicht warten, als auch schon der nächste Befehl ertönte.
„Knie dich nieder, Sklave“, meinte Bergin’yon mit strenger Stimme, wobei er darauf achtete, die Kette gut in Händen zu halten. Er wollte immerhin auf Nummer Sicher gehen, dass ihm dieser verängstige Halbdrow nicht doch weglaufen würde. Die Reaktion seines Bruders wollte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Stattdessen wuchs das Interesse an dem Jungen vor ihm, der ihn unerwarteter Weise Befriedigung schenken konnte, ohne das Bergin’yon selbst etwas Großartiges dafür tun musste. Immerhin handelte es sich hierbei wohl um einen Lustsklaven. So ging seine Hand an seine Hose, öffnete sie langsam und ließ sie schließlich zu Boden fallen. Mit den Augen bewachte er den Sklaven vor ihm, der kniend und still abwartete.
Aus den Augenwinkeln schaute Shar zu dem fremden Dunkelelfen auf und wusste nun seinen Verdacht bestätigt. Ein leiser Seufzer konnte er dabei nicht unterdrücken, als er sich bereits auf das einstellte, was der Drow von ihm verlangen würde. Er wollte es nicht und verabscheute es gleichzeitig zutiefst und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass dieser junge Herr niemals aufgetaucht wäre. Vielleicht wäre er bis dahin schon längst verdurstet und hätte bereits alles hinter sich. Dann spürte er eine kräftige Hand in seinem Nacken, die seinen Kopf unvermittelt nach vorne drückte, direkt auf die nackte Männlichkeit des jungen Drow zu.
„Befriedige mich, Lustsklave“, befahl Bergin’yon plötzlich mit einem fast so Macht gebietenden Tonfall, wie ihn auch sein Bruder an den Tag legte. Im gleichen Moment fühlte sich der jüngste Sohn des Hauses Baenre auch wie jemand, der hier das sagen hatte und er genoss das Gefühl. Jetzt schien er einmal am Zug zu sein, von niemanden beobachtet und der Herr über sich und den Sklaven. Bei diesem Gedanken huschte ein hinterhältiges Grinsen auf sein Gesicht und schon spürte er, wie der Halbdrow ihn verwöhnte. der jüngste Sohn fand sich gerade im schönsten Tagtraum aller Zeiten wieder. Nur das er nicht träumte, sondern hellwach war. So etwas hatte er bereits schon mit einigen jüngeren Soldaten und Bürgerlichen erlebt, aber hier und jetzt machte es ihm deutlich mehr Spaß. Vielleicht lag es an dem Verbotenen oder einfach nur daran, dass er jederzeit erwischt werden konnte.
Shar kam dem Befehl nach, wenn auch erst widerwillig. Doch er sagte sich stumm, sei brav und folgsam und dann wird nichts passieren. Etwas beruhigten ihn die Worte und das daran verbundene Versprechen, dass sein Vater irgendwann wieder zu ihm zurückkommen würde. Diese Aussage hielt ihn regelrecht aufrecht, während Shar, wie sooft in den vergangen Tagen das tat, was Dipree ihm mit dem Honig erklärt hatte. Der Junge stellte sich wirklich seinen Finger voll geschmiert mit der leckeren Köstlichkeit vor und versuchte zu vergessen, was er da eigentlich wirklich tat. Es funktionierte und für einen kleinen Moment hatte er das Bild von einem Glas Honig vor Augen. Dabei konnte er spüren, wie der junge Drow seinen Griff im Nacken lockerte und hin und wieder leise stöhnte.
Nach einigen Minuten fühlte sich Bergin’yon fast wirklich wie in einem Traum. Der Sklave tat seine Arbeit gut und der Dunkelelf beendete diese Zweisamkeit mit einem lauten Seufzen. Kurz darauf stieß er den Sklaven von sich weg und lehnte sich erschöpft, aber völlig zufrieden gegen die nackte Mauer hinter ihm. Als er seinen Blick auf den Jungen richtete musste Bergin’yon instinktiv lächeln und gratulierte innerlich seinem Bruder für dieses so völlig unverhoffte Zusammentreffen zwischen ihm und dem Sklaven. Währenddessen zog er rasch seine Hose nach oben.
Shar mochte es gar nicht, wenn Nhaundar, Dantrag und jetzt auch dieser Dunkelelf ihm ihre Essenz in den Mund spritzen. Es schmeckte seltsam und gleichzeitig auch abscheulich. Doch bevor der Fremde ihm etwas antun würde, was er nicht wollte, tat er das, was bisher alle von ihm verlangten. Dabei versuchte er den Gedanken an Honig nicht zu verlieren. Shar beobachtete im Augenwinkel, wie der junge Dunkelelf sich wieder anzog und ihn kurze Momente später an der eisernen Halskette nach oben zog.
„Los, geh’ wieder in den Käfig zurück“, kam der Befehl des zufrieden aussehenden Drow und gab durch einen leichten Fußtritt den Worten mehr Nachdruck.
Der junge Halbdrow kam auch sofort der Aufforderung nach, bevor dieser es sich noch anders überlegte und ihm unter Umständen mehr abverlangte. So kletterte Shar ohne Umschweife zurück in den wankenden Käfig und hörte hinter seinem Rücken wie die Tür zufiel. Während sich der Junge umdrehte erkannte er, wie der Drow mit dem Schlüssel das Eisenschloss verriegelte und anschließend diesen wieder an dem Hacken an der Wand hängte. Ein Gefühl aus Erleichterung und Angst machte sich in Shars Körper breit. Einmal aus Freude, dass nicht mehr von ihm verlangt wurde, aber auf der anderen Seite auch Furcht, dass er so wieder dem gnadenloses und brutalen Waffenmeister auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Ohne einen weiteren Blick oder ein Wort verschwand der fremde Dunkelelf aus dem kleinen Zimmer mit dem Käfig und ging durch das Schlafgemach davon. Als letztes konnte der junge Halbdrow die Tür hören, wie sie laut ins Schloss fiel. Da wusste Shar, dass er wieder alleine war und niemand sich um ihn scherte. Der Junge hatte nun erneut keine Chance etwas zu unternehmen und so entschied er sich für das, was ihm übrig blieb. Er legte sich auf den Boden des Käfigs, versuchte dabei die schmerzhaften Gitterstäbe zu ignorieren, schloss die Augen und glitt in einen traumlosen Schlaf.
Zwei Stunden später begab sich Dantrag vom Hof aus in das Gebäude der Männerquartiere. Fast schon gemächlich marschierte er durch die Gänge und Flure und levitierte am Ende nach oben. Er freute sich bereits auf den jungen Sklaven, der ihm wieder seine nötige Entspannung nach dem harten Tag bringen würde. Als er kurz darauf in seine Privatgemächer eintrat lauschte er kurz und vernahm kein einziges Geräusch. Er hätte eher darauf gewettet, dass der Halbdrow winselnd und weinend in dem Käfig lag. Stattdessen fand er Shar schlafend wieder. So war es ihm auch recht. Zu aller erst entledigte er sich seiner Lederrüstung samt Waffengürtel und Waffen. Dabei ignorierte er den Ruf von Khazid’hea – seines magischen Dämonenschwertes von der Oberfläche, dem es stets nach Töten gelüstete – und das mal wieder nach Aufmerksamkeit gierte und legte selbst seine Armschützer ab. Danach streifte er sich das Hemd ab und freute sich schon auf die genussvollen Momente mit dem jungen Halbelfen. Er trat in den kleinen Raum ein und beobachtete einige Zeit ganz in Ruhe den schlafenden Jungen und wollte ihn am liebsten aus dem Käfig zerren und sich mit ihm vergnügen. Jetzt allerdings empfand er Freude daran, dem Sklaven zu zuschauen, wie sich langsam sein Brustkorb hob und senkte und er regelmäßig atmete. Zum Glück für Dantrag lag der Junge auf dem Rücken. Leise schlich er sich näher heran und musterte den Halbdrow noch intensiver. Dessen Haut glänzte so hell wie die eines Oberflächenelfen und eine Strähne des weißen, langen Haares lag spielerisch über dem Gesicht des Jungen. Er sah so verführerisch und unschuldig aus und am liebsten hätte er ihn behalten, wenn Nhaundar ihm nicht bereits zuvor zu verstehen gab, dass der Sklave noch nicht zum Verkauf bereit stand. Bei diesem Gedanken musste Dantrag leise seufzen, denn irgendetwas an dem jungen Halbdrow zog ihn auf magische Weise an. Allerdings wusste er nicht was es war. So etwas hatte er in den Jahren davor noch niemals erlebt, bei keinem einzigen Lebewesen. Nicht einmal bei all den Liebhabern und Liebhaberinnen, die er mal hier, mal da für sich gewinnen konnten. Dieser Junge schien etwas Besonders zu sein und genau diese Kleinigkeit war es wohl auch, die der Waffenmeister so anziehend fand. Aber ganz egal was es auch war, er beschloss in diesem Moment, dass der Halbdrow in ferner Zukunft ihm gehören würde. Egal welchen Preis der Halsabschneider Nhaundar auch verlangen würde. Während Dantrag so über seine Gedanken nach grübelte, begann er langsam und gemächlich einmal um die Käfig zu laufen. Er wollte den Jungen von allen Seiten betrachten und um sich selbst wissen zu lassen, welch eine Bereicherung dieser Sklave auf einmal für den Waffenmeister darstellte. Kaum, dass er seine Runde beendete, klapperte es plötzlich laut auf dem Boden. Dantrag sah nach unten und erschrak. Dort lag einer seiner Becher, den er nicht hier hingeworfen hatte. Doch wie kam er dorthin? Irgendjemand musste in seine Privatgemächer gekommen sein, während er unten bei den Soldaten war, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf. Mit gerunzelter Stirn bückte er sich nach unten und hob den leeren Becher auf. Als er sich wieder aufrichtete stieg ihm der Geruch von Wein in die Nase. Wut kam ihn ihm auf, unsagbarer Zorn auf denjenigen, der es einfach wagte, seine Gemächer ohne Erlaubnis zu betreten. Sein Groll wuchs weiter und sein Blick ging im gleichen Moment zu dem Halbdrow im Käfig. Dantrag zählte Eins und Eins zusammen und kam zu der Erkenntnis, dass jemand hier eingebrochen war und dem Jungen im Käfig einen gefüllten Becher Wein gegeben haben musste. Die Wut darüber konnte der Waffenmeister jetzt kaum noch kontrollieren und so schrie er aus Leibeskräften. „Sklave!“
Shar erschrak augenblicklich, als er eine schreiende Stimme vernahm und er schlug die Augen auf. Er brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern wo er war. Hastig richtete er sich auf und der ganze Schlaf fiel sofort von ihm ab. Sein Herz begann automatisch wild an zu rasen und seine Augen trafen die glühend bernsteinfarbenen Augen des Waffenmeisters. Shar musste schlucken und ein kalter Schauer jagte über seinen Rücken.
„Sklave!“, schrie Dantrag erneut und sein Gesicht schien vor Zorn verzerrt. „Was war hier los? Wer war hier und hat dir Wein gegeben?“
Der junge Halbdrow wusste nicht was er antworteten sollte und spürte zur gleichen Zeit, wie Tränen ihm in die Augen traten. Woher wusste der Waffenmeister das, fragte sich Shar, doch die Antwort folgte auf dem Fuß. Dantrag wedelte aufgebracht mit dem Becher vor Shars Nase und schrie erneut. „Sag’ mir sofort die Wahrheit, du dreckiger Hund.“
Am liebsten hätte sich der Junge im gleichen Moment irgendwo weit weg in einem dunklen Loch verkrochen und war einfach nur froh, dass sich der Käfig zwischen ihm und dem sehr ärgerlich aussehenden Dantrag befand. Aber um den Waffenmeister nicht noch weiter zu verärgern versuchte er zu antworten, um die Strafe vielleicht damit zu mildern. Shar holte tief Luft und stammelte leise. „Ein … ein Mann war hier. Er hat mir …“, der Junge überlegte wie er es am besten erklären sollte und beschloss, dass er die Befriedigung des Fremden weglassen würde und meinte weiter, „… er hat mir einen Becher zu Trinken geben. Dann ist er weg …“.
Weiter kam er nicht, da fiel ihm Dantrag wütender als zuvor ins Wort. „Du dumme Ratte. Niemand kommt einfach hier her und gibt einem nichtsnutzigen Stück Made einen Becher Wein. Meine Göttin wird dich holen und bestrafen und zum Schluss zum Nachtisch fressen.“ Dantrags Stimme troff nur so vor unbändigem Zorn. Der Waffenmeister drehte sich um und wollte gerade den Schlüssel zum aufschließen vom Wandhacken nehmen, da hielt er plötzlich mitten in seiner Bewegung inne.
„Mein Bruder. Du scheinst heute wahrhaft gläubig zu sein, wobei du doch nur an deinen eigenen Stolz und deine Waffenkunst glaubst, Waffenmeister des ersten Hauses“, erklang die völlig ruhige Stimme von Gromph Baenre, der im Türrahmen stand und gelassen zu seinem jüngeren Bruder hinüber sah. Seine Arme hielt er verschränkt vor seiner Brust, während die Hände in den weiten Ärmeln seiner roten Erzmagierrobe versteckt waren.
„Was willst du?“, kam die schroffe Antwort von Dantrag, der jedoch leicht irritiert zu sein schien. Er fragte sich seit wann Gromph bereits hier stand und wieviel er von dem Zwischenfall und den gesprochenen Worten eben mitbekommen hatte und was dieser mit dieser Information anfangen konnte. Dann kam ihm ein weiterer Gedanke, dass es nur Gromph gewesen sein konnte, der dem jungen Sklaven den Wein gegeben hatte, da dieser eben so unvermittelt in seinen Privatgemächern aufgetaucht war.
„Die Oberin Mutter verlangt eure Anwesenheit. Ich bin lediglich der Überbringer der Nachricht“, gab Gromph zu verstehen und sein Blick wanderte nun zu dem verängstigen Sklaven im Käfig. Er erkannte, dass dieser am ganzen Körper zitterte und offensichtlich furchtbare Angst vor Dantrag zu haben schien. Der Erzmagier Menzoberranzans wollte sich gar nicht ausmalen, was der Waffenmeister bereits dem Halbdrow alles angetan, geschweige denn, was er noch mit ihm zu tun gedachte. Das ging ganz gegen seine eigenen Prinzipien und gegen seine Form von Lust und Leidenschaft. Aber dafür Dantrag in einer prekären Situation zu erwischen und ihn in Verlegenheit zu bringen, sowie in Unwissenheit zu lassen, was er denn nun alles von dem Zwischenfall wusste oder nicht, ließ Gromph schmunzeln.
„Warum?“, fragte der Waffenmeister knapp, ignorierte dabei völlig seine vorherigen Gedanken und wollte zu gerne wissen, wer und wieviel der Haushalt bereits von dem Aufenthalt des Sklaven wusste und wieso ausgerechnet seine Mutter Oberin nach ihm verlangte.
„Das kann ich euch leider nicht berichten. Ich weiß nur soviel, es handelt sich um eine Angelegenheit die Hauskapelle betreffend.“
Diese Antwort hatte bei Dantrag gesessen und aus Wut und Angst zugleich, warf er den leeren Becher scheppernd in eine Ecke. Hatte irgendjemand ihn und den jungen Sklaven gestern Nacht gesehen und ihn womöglich verraten? Vielleicht sogar Sos’Umptu selbst? Aber das konnte nicht sein, sie war viel zu beschränkt für eine Frau, die den lieben langen Tag nichts anderes tat, als die Kapelle zu reinigen und auf Hochglanz zu bringen. Doch das war der Gedanke, der ihm plötzlich den Angstschweiß auf die Stirn treten ließ. Wenn sie irgendwelche verräterischen Spuren von der nächtlichen Befriedigung gefunden hatte und diese nun anklagte? Sie musste wohl sofort zu Mutter Oberin gelaufen sein und die blasphemische Tat gemeldet haben. Die Strafe für dieses Vergehen wollte sich Dantrag gar nicht vorstellen.
„Bruder? Ihr seht aus, als ob es euch nicht gut ginge?“, meinte Gromph erneut in ruhigem Ton und fragte sich, was den Waffenmeister so plötzlich verstummen ließ, der doch sonst auch nie um ein Wort verlegen war.
„Nichts, nichts“, antwortete Dantrag lapidar, doch in seinen Geist sah es ganz anders aus. So trat er eilig auf Gromph zu und schubste diesen etwas unsanft zur Seite und schritt in sein Schlafgemach um sich anzukleiden und seine Waffen wieder anzulegen.
Der Erzmagier runzelte über das grobe Verhalten des jüngeren Bruders leicht verärgert die Stirn, aber sein eigentliches Interesse galt nun dem jungen Halbdrow im Käfig, der immer noch am ganzen Leib bebte. Gromph musterte den Jungen genauer und dann kam ihm eine Idee. Sobald sein Bruder verschwunden war wollte er diese augenblicklich in die Tat umsetzen.
Nur Momente später hörten Shar und der älteste Sohn des Hauses, wie die Tür mit einem heftigen Knall zugeschlagen wurde und danach herrschte Stille. Jetzt hatten die beiden Zeit, denn so schnell würde Dantrag nicht zurückkommen.
Gromph trat jetzt erst näher und schaute dabei dem Sklaven direkt in dessen tiefblauen Augen, die ihn auf seltsame Art und Weise in ihren Bann zogen. Der Erzmagier schüttelte kurz den Kopf und setzte mit seiner ruhigen Stimme an. „Ich kenne meinen Bruder und ich weiß die Wahrheit über die gestrige Nacht in der Kapelle, Sklave. Mein Bruder ist eine dumme Ratte.“ Dann musste Gromph lachen und fügte kichernd hinzu, „Er stolziert wie ein aufgeblasener Gockel durch die Gegend und leidet an überheblicher Selbstsicherheit und Hochmut. Wie heißt so schön das Sprichwort auf der Oberfläche „Hochmut kommt stets vor dem Fall“. Merke dir die Lektion gut.“
Shar hörte zu und verstand trotzdem kein Wort. Er fragte sich stattdessen, was dieser elegante und sehr jung wirkende Fremde in der roten Robe von ihm wollte. Doch auf ungewöhnliche Weise strahlte der Drow eine solche Ruhe aus, dass der Junge weniger Angst hatte, als vor Dantrag. Shar seufzte kurz und setzte unaufgefordert zum sprechen an und flüsterte zaghaft. „Herr? Ich kenne diesen Fremden wirklich nicht“, und beantwortete dabei die unausgesprochene Frage, die noch von dem Waffenmeister bedrohlich in der Luft hing.
Gromph schien ein wenig überrascht über die plötzliche Antwort des Jungen, aber faste sich gleich darauf wieder.
„Ist es nicht egal wer es war? Hast du Lust auf ein Spiel, Sklave?“, fragte der Erzmagier gelassen und begann dem jungen Halbdrow seine Idee zu erklären: „Ich kann meinen Bruder noch weniger leiden als du, auch wenn ich mehr Möglichkeiten besitze ihm Kontra zu geben. Wie dem auch sei, ich werde dir helfen, Sklave. Für Dantrag ist eine Zeit gekommen, wo auch er einmal lernen muss, wo seine Grenzen sind, besonders wenn ich an die Hauskapelle denke …“, dann machte Gromph eine Pause und bedachte den Jungen mit einem mitleidigen Blick, „… Schaue nicht so erschrocken, ich kenne die Wahrheit der gestrigen Nacht. Dir wird aber nichts passieren, denn diese Blasphemie ist bei mir gut aufgehoben. Ich werde dir einen Zauber geben, der dir für einen ganzen Tag die Schmerzen nehmen wird. Selbst verletzen kann er dich nicht und Dantrag wird wissen von wem die Botschaft kam. Kannst du mir soweit folgen, Sklave?“
Gromph musste dabei instinktiv schmunzeln und wusste, dass er damit seinen jüngeren Bruder ärgern konnte um ihm gleichzeitig zeigen zu können, dass Dantrag niemals ein Gegenspieler des Erzmagiers sein sollte.
Shar schaute mit weit aufgerissenen Augen den Dunkelelf an und hörte auch zu, doch nur die Hälfte dessen, was dieser sagte, konnte der Junge auch wirklich verstehen. An der Stelle mit den Schmerzen hellten sich Shars Gesichtszüge auf und nun nickte er mehrmals mit dem Kopf. Dieser Fremde wollte ihm helfen und gleichzeitig würde der Waffenmeister eine Lektion bekommen. Ja, dieser Gedanke fand der junge Halbdrow mehr als nur amüsant. Leider bedachte der Junge nicht die Konsequenzen, die daraus entstehen würden.
„Gut, dann komm’ näher, Sklave“, gab Gromph die Anweisung und lächelte verschmitzt, während er einen weiteren Schritt nach vorne trat und nun direkt vor dem Käfig stand. Er beobachtete, wie jetzt auch der Halbelf näher kam und ihn mit diesen tiefblauen Augen anstarrte. Erneut überkam den Erzmagier dieses bizarre Gefühl, dass ihn auf noch seltsame Art faszinierte. Wieder musste er den Kopf schütteln und nahm gleich darauf eine Hand aus seinem weiten Ärmel. Behutsam streckte er die zarten, feingliedrigen Finger durch die Gitterstäbe und legte diese auf den Kopf des Sklaven und schloss zur Konzentration die Augen.
Shar war viel zu aufgeregt und hoffte inständig, dass der fremde Dunkelelf ihm auch wirklich die Schmerzen nahm. Er spürte die sanfte Berührung der dünnen Hand auf seinem Kopf und beobachtete, wie der Drow die Augen schloss und plötzlich leise vor sich hinflüsterte. Seltsame Worte kamen aus dessen Mund, die der Junge nicht verstand und dann vollführte dieser mit der anderen Hand Gesten in der Luft. Augenblicklich spürte Shar wie sein ganzer Körper von einer Wärme erfüllt wurde, die sehr angenehm zu sein schien. Sie strömte durch seine Adern und seine Haut fing an zu kribbeln. Ein seltsames Gefühl machte sich am ganzen Leib des jungen Halbdrow breit und er hatte nicht einmal Angst vor dem, was der Fremde da mit ihm tat. Es folgten auch keine Schmerzen und gerade als Shar sich diesem Kribbeln hingab, war alles vorbei.
Gromph öffnete die Augen und lächelte wohlwollend den Sklaven im Käfig an. „Es ist vollbracht und für die nächsten Zyklus des Narbondel kann man dich weder verletzten, noch wirst du Schmerzen verspüren.“
Shar schmunzelte den Fremden an und freute sich. Endlich konnte Dantrag ihm kein Leid antun.
Der Erzmagier vernahm jäh ein Geräusch und er blickte über die Schultern. Er erkannte dort zwei Sklaven, die gerade dabei waren, das Essen für den Waffenmeister zu bringen und stellten dies ordentlich auf den Tisch. So gleich verschwanden sie wieder. Zuerst etwas ungehalten über diese Störung, musste Gromph aber auch erneut lächeln. Die Schmach für Dantrag sollte heute noch kein Ende finden. So wandte er sich auf dem Absatz um und lief zu dem reich gedeckten Tisch mit den Speisen. Er schnappte sich das Essen und zusätzlich den Krug Wein samt einem Becher, balancierte es auf seinen Armen und kehrte augenblicklich zurück zu dem gefangenen Sklaven.
„Dieses Essen ist für dich, Dantrag wird später wohl nicht viel Hunger verspüren. So habe ich beschlossen, dass du die Speisen nötiger haben könntest“, erklärte Gromph ruhig und reichte das Essen durch die Gitterstäbe an Shar weiter. Den Krug Wein behielt er für sich selbst und schenkte sich genüsslich einen Becher davon ein. Er roch an dem köstlichen Tropfen und nippte offensichtlich zufrieden an dem Rotwein. Dabei sah er zu, wie der Sklave das Essen geradezu verschlang. Anschließend ließ sich Gromph noch dazu hinab einen Krug Wasser zu holen und schaute zu, wie auch dieser gierig von dem Halbdrow geleert wurde.
Als der Erzmagier den satten Jungen sah und er sich sicher war, dass hier nichts mehr zu holen war, was seiner Rache und Befriedigung hätte dienlich sein können, verabschiedete sich Gromph und verließ so leise wie er gekommen war die Privatgemächer seines Bruders Dantrag. Shar blieb wieder einmal alleine zurück.
Ein schlimmer Fehler
Shar wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Sekunden schienen zu Minuten geworden zu sein und Minuten zu Stunden. Aber in Wirklichkeit waren gerade mal zwei Stunden vergangen. Der junge Halbdrow hatte allerdings das Gefühl, dass mindestens zwei ganze Tage verstrichen wären. Sein leerer Magen knurrte vor Hunger und seine Kehle schien wie ausgetrocknet zu sein. Der schale Beigeschmack von der Tortur der letzten Nacht hatte er immer noch im Mund und er wünschte sich im Moment nichts sehnlicher als einen Schluck Wasser. Der Junge kauerte zusammengerollt in der hinteren Ecke des Käfigs, während die eisernen Stangen beständig in seinen Fleisch schnitten. Da er kaum etwas auf den Knochen hatte, war dies eine recht schmerzhafte Art einfach nur warten zu müssen. Vergessen schien auch die Angst vor dem unberechenbaren Dunkelelfen. Jedoch verabscheute Shar, nein hasste sogar mittlerweile den Waffenmeister des Hauses Baenre und wünschte sich Nhaundar herbei. Obwohl ihm beide Pein und Qual bereiteten, so behandelte Nhaundar ihn besser und sorgsamer als Dantrag Baenre. Sein Herr wollte ihn stets hübsch und unscheinbar an seiner Seite haben und verhinderte in den letzten Tagen, vor der Zeit mit dem Waffenmeister, dass niemand anderer, außer dem Sklavenhändler selbst, den Jungen anfassen durfte. Während Shar im Halbschlaf in seinem Gefängnis abwartete, sah er vor seinem inneren Auge ständig diesen grausamen und unbeugsamen Drow vor sich und er stellte sich dabei vor, wie er diesen mit den eigenen Methoden foltern und danach mit einem Messer erstechen wollte. Seine Phantasie ging sogar noch weiter, dass er sich seinen Vater Handir herbei sehnte, der Dantrag letzten Endes im Kampf besiegen und ihn auf erbarmungsloseste Weise töten würde. Stumm flehte er Handir um Hilfe, doch es kam keine Antwort. Weitere Minuten verstrichen und noch immer versuchte Shar mit seinem Vater zu reden, da ertönte plötzlich dessen Stimme im Kopf des jungen Halbdrow. „Deine Rache wird kommen. Habe Zeit und Geduld und eines Tages wirst du dich an Dantrag Baenre rächen.“
Im ersten Moment erschrak Shar, doch dann erkannte er Handirs Stimme wieder. Er hörte sie laut und deutlich. So öffnete er seine Augen und blickte vorsichtig durch den Raum. Aber er konnte ihn nirgendwo entdecken. Nochmals ließ der Junge seinen Blick schweifen bis er verstand, dass Handir zwar zu ihm sprach, er ihn aber wie die letzten Male nicht sehen konnte. Nun schien Shar sich ein wenig zu beruhigen. Die Erinnerungen an seinen Vater kehrten allmählich zurück und erneut vernahm er dessen Stimme. „Sei stets brav und folgsam.“
„Aber … aber er ist so grausam, viel schlimmer als Nhaundar“, flüsterte der Junge heiser und musste augenblicklich husten. Seine Kehle war immer noch trocken und er hielt inne. Er wollte etwas trinken, aber in diesem Käfig gab es nichts um seinen Mund zu befeuchten und so verfiel er wieder in Gedanken. „Ich tue doch das, was du mir immer sagst, aber der Mann ist schrecklich und macht mir Angst.“
Shar wartete, aber es kam keine Antwort.
„Vater? Handir? Wo bist du?“, flehte der Junge stumm und er spürte dabei, wie ihm allmählich erneut die Tränen in die Augen traten.
Der junge Halbdrow lauschte und dachte sich, vielleicht war er zu laut und hätte deswegen die Antwort von Handir nicht verstanden, aber es kam wieder keine. Er spitze nochmals seine Ohren und versuchte verzweifelt zu lauschen, aber nichts war zu hören. Jetzt schien die Trauer zurück zukehren und der Junge weinte nun vom ganzen Herzen. Die Tränen rannen über seine Wangen und er kauerte sich zurück in die Ecke.
Auf dem Gang draußen schritt zur gleichen Zeit ein junger Drow vorbei und verharrte plötzlich vor der Tür zu Dantrags Privatgemächern. Der Dunkelelf schaute sich leicht irritiert um, dann lief er zu der geschlossenen Tür und legte ein Ohr darauf. Von drinnen vernahm er ein Jammer und leises Geflüster, danach verstummte alles und das Weinen kehrte zurück. Leicht überrascht schweifte der Blick des jungen Dunkelenelfen den Gang auf und ab. Niemand war zu entdecken und auch kein Sklave, der ihn sehen würde, dass er hier stand. Eigentlich hatte Bergin’yon Baenre vor, sich in die eigenen Gemächern zurück zu ziehen, doch diese Geräusche reizten den jüngsten Sohn des Hauses und Bruder des Waffenmeisters ihnen nach zugehen und zu erforschen. Er wusste, dass Dantrag mit den Soldaten im Hof zu Gange war und ihn somit auch nicht erwischen konnte. Denn wenn dies geschah, dann hätte Bergin’yon – der als Schützling des Waffenmeisters galt - keine Sicherheit, dass er das verbotene Eintreten in die Privatgemächer seines älteren Bruders rechtfertigen musste. Geschweige denn den Schutz der Oberin Mutter des Hauses genießen zu können, wenn Dantrag an Bergin’yon bei ihr kein gutes Haar lassen würde. Aber vielleicht würde sogar noch etwas Schlimmeres geschehen und bei dem Gedanken schüttelte sich der junge Drow, um diesem Gedankengang Einhalt zu bieten. Der Bergin’yon konnte seine Neugierde jedoch nicht abstreifen und wollte unbedingt wissen, was der zweite Sohn des Hauses in seinen Gemächern tat. So hob er die Hand und öffnete die Tür zuerst vorsichtig. Er spähte zu aller erst durch einen kleinen Spalt und erkannte dort lediglich das Bett, einen Tisch mit Speisen und all die anderen Habseligkeiten von Dantrag, aber ansonsten nichts Ungewöhnliches. Wieder ertönte das Schluchzen und Bergin’yon öffnete nun die Tür ganz. Mit einem Schritt trat er die Privatgemächer seines Bruders ein. Sein Interesse an dem Unbekannten nahm nun vollends von dem jungen Drow Besitz. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und jetzt stand er im Zimmer des Waffenmeisters. Er lauschte und sofort hörte er wieder das Weinen. Leicht verdutzt runzelte er die Stirn und begann selbstsicher durch den Raum auf das Geräusch zu zulaufen. Sein Blick wanderte dabei aus Wissbegierde hin und her, denn er hatte sich noch niemals in diesen Räumen aufgehalten. Er war schon fast am Ende angekommen, da entdeckte er zu seiner Linken eine Tür und diese stand offen. Doch er wollte nicht einfach hineinlaufen, dass war einst eine Lektion, die ihm der Waffenmeister des Hauses beigebracht hatte und die er stets versuchte zu berücksichtigen. Zucht und Ordnung bestimmten den Tagesablauf und so hielt sich selbst jetzt Bergin’yon an die Regeln. Geschickt presste er seinen Rücken gegen die Wand und lauschte wieder. Lediglich das Jammern war zu vernehmen und der junge Dunkelelf konnte sich nicht vorstellen, was sein Bruder hier trieb. Er dachte an ein Drow, der hier gefangen gehalten wurde, doch gab es für den jüngsten Sohn des Hauses keinen Sinn, denn Folterungen wurden doch stets im Kerker vorgenommen. So zog er vorsichtshalber sein Schwert, wobei er darauf achtete, sich nicht mit dem kleinsten Geräusch zu verraten und damit seinen Aufenthaltsort preiszugeben. Mit aller ihm gebotenen Vorsicht spähte Bergin’yon jetzt um die Ecke und hinein in den angrenzenden Raum und öffnete leicht überrascht den Mund. Er erkannte einen Käfig, der mitten im Zimmer an vier eisernen Ketten gehalten von der Decke hing und darin saß lediglich ein weinender Sklave. Irritiert über diese Entdeckung gab jetzt der jüngste Sohn sein sicheres Versteck auf und stand einen Atemzug später mitten im Türrahmen, seine Augen streng auf den weinenden Sklaven gerichtet, der seine Anwesenheit nicht bemerkt zu haben schien. Bergin’yon musterte jetzt genauer den Jammernden und erkannte, dass es sich um einen Halbdrow handelte und bei genauerem Hinsehen wirkte dieser nicht viel älter als er selbst, kaum erwachsen. Erstaunt über diese Tatsache steckte der jüngste Bruder von Dantrag sein Schwert zurück in die Scheide und trat einen Schritt auf den gefangenen Sklaven zu. Beim Näher kommen erkannte er ein kleines Detail, dass ihn ein wenig mehr neugierig machte. Denn die langen Spitzohren deuteten auf eine Verbindung zweier Elfen hin, ein Drow mit einer der verhassten Feen der Oberfläche. Er überlegte kurz, wie sich ein Drow nur an einer Elfe mit weißer Haut vergehen konnte, wo sie doch den Feinden angehörte, die seine Rasse einst in die Verbannung des Unterreiches trieb. Aber auch diesen Gedanken versuchte er abzuschütteln und sich stattdessen auf den eigentlichen Aufenthalt des Sklaven im Käfig zu konzentrieren und das auch noch in den Privatgemächern seines älteren Bruders.
Shar vernahm wie von weit her ein Geräusch und blickte auf. Er dachte, dass dies nur der Waffenmeister sein könnte, der gekommen war, um ihn weiter zu quälen. Doch als er genauer hinsah, erkannte er durch einen Tränenschleier einen jungen Drow, der ihn mit rot glühenden Augen einfach nur anstarrte. Erschrocken hörte er auf zu weinen und versuchte sich im gleichen Moment weiter in die Ecke des Käfigs zu drängen.
Als sich Bergin’yon vor Überraschung gefasst hatte, beäugte er schaulustig den Sklaven und merkte auch augenblicklich, dass dieser Angst hatte. Doch es gab nichts, was ihn in Furcht hätte versetzen können. Aber der junge Drow wusste auch über die mächtige Autorität, die sein Bruder ausstrahlte, der grob, skrupellos und grausam sein konnte, selbst ihm gegenüber. Dem jüngsten Sohn kam nur eine Tatsache seltsam vor, wieso sich der Waffenmeister einen Sklaven im Käfig hielt und dazu noch einen nackten Halbdrow. Er vermutete, dass diese Situation nur eines bedeuten konnte, dieser Junge war ein Lustsklave. Der Rest der Familie schien wohl nichts davon zu wissen, sonst hätte es bestimmt einer seiner Schwestern verboten oder vielleicht auch etwas anderes dagegen unternommen. Besonders wenn er an Vendes oder Bladen’Kerst dachte, die nichts lieber taten, als einem Qualen in einer unbeschreiblichen Folter anzutun. Dieser Gedanke konnte aber das Interesse von Bergin’yon nicht stillen und er kam dem Käfig näher.
„Wer bist du, Sklave? Gehörst du dem Waffenmeister des Hauses Baenre?“, fragte der jüngste Sohn ruhig, wobei er das Wort Baenre besonders betonte. Er war stolz darauf ein Sohn des ersten Hauses der Stadt Menzoberranzan zu sein, wo er in ferner Zukunft selbst den Platz des Waffenmeisters einnehmen würde, wenn das Glück oder auch sein Geschick im Kampf ihm hold sein würden.
Shar war immer noch verängstig und gleichzeitig so überrascht einen jungen Drow vor sich zu sehen, dass er im ersten Moment nicht antworten konnte. Doch die Stimme und die Worte verrieten ihm, dass dieser ihm wohl vorerst nichts antun wollte. So schluckte er einmal kurz bevor er antwortete.
„Shar, mein Herr“, piepste der Junge und musste gleich darauf husten, als er merkte, dass ihm das Sprechen mit ausgetrockneter Kehle sehr schwer fiel.
„Shar?“, wiederholte Bergin’yon den Namen und schien zu überlegen. Den Namen kannte er nicht.
„Gehörst du dem Waffenmeister?“, wollte jetzt der jüngste Sohn wissen, weil dieser ihm den zweiten Teil seiner Frage noch nicht beantwortet hatte.
Shar schüttelte den Kopf, denn das Sprechen fiel ihm immer noch schwer. Doch dem Jungen kam eine Idee. Wenn er zeigte, dass er gehorsam war und sich brav verhielt, vielleicht könnte ihm der Unbekannte etwas zu trinken geben. Erneut schluckte er Speichel hinunter und setzte zum reden an. „W… Wa… sser“, stammelte Shar leise und musste wieder husten.
Bergin’yon erkannte im gleichen Moment das Brandzeichen an Shars Oberarm und wusste, dass dieser Sklave nicht zu den ihren gehörte. Ein großes N deutete eher auf einen Sklavenhändler der Stadt hin. Wobei er noch verblüffter über die Tatsache war, dass der junge Halbdrow, der nicht älter als er selbst zu sein schien, nicht dem Haus gehörte. Seit wann umgab sich sein Bruder mit fremden Sklaven? Er konnte sich darauf keinen Reim machen und während er noch überlegte, hörte er die geflüsterten Worte des Sklaven der nach Wasser verlangte. Erstaunt musterte er den Halbdrow genauer und erkannte, dass dieser wohl schon längere Zeit nichts getrunken haben musste und seine tiefblauen Augen schienen förmlich darum zu betteln, etwas trinken zu dürfen. Bergin’yon überlegte welchen Grund es gab, um einem eingesperrtem Sklaven überhaupt etwas zum trinken zu geben. Doch seine Neugier siegte und mit dem freundlichen Verhalten konnte er sich die Zuversicht des fremden Halbdrow erkaufen und gleichzeitig vielleicht mehr Informationen über dessen Aufenthalt hier und seinen Bruder zu erfahren. Der junge Drow lief zurück in das Schlafgemach seines Bruders und schaute sich um. Doch von einem Wasserkrug keine Spur. Dann entdeckte er den gedeckten Tisch und einen Krug darauf. Er ging darauf zu und schaute hinein. Wein, Rotwein um genauer zu sein. Nun ja, besser als gar nichts, dachte sich der Drow. Schüttete den Rotwein in einen Becher und lief zurück zum Käfig.
Shar bedachte den Drow mit großen Augen und konnte erkennen, dass dieser mit einem Becher in der Hand zurückkehrte. Der Junge kroch vorsichtig durch den Käfig, wobei dieser an den verankerten Ketten in der Decke hin und her schwankte um am anderen Ende flehentlich eine Hand heraus zustrecken und um den Becher bettelte.
Bergin’yon kam noch näher und reichte dem Sklaven den Becher, der ihn sogleich gierig aus seiner Hand riss. Er konnte beobachten, wie der Halbdrow ihn augenblicklich ansetzte und anfing zu trinken.
Shar war so dankbar, wie noch niemals zuvor in seinem Leben und als er den gefüllten Weinbecher in der Hand hielt, setzte er ihn auch gleich an. Doch er erkannte sofort, dass es sich nicht um Wasser handelte, sondern um etwas anders. Es war ihm jedoch egal, er hätte jetzt alles getrunken, Hauptsache seine Kehle würde nass werden. Nach dem ersten Schluck musste der junge Halbdrow husten und hätte beinahe den Becher fallen gelassen. Er wunderte sich über den Geschmack, denn Wein kannte er nicht. Dann überkam ihm ein seltsames Gefühl. Sein Bauch fühlte sich warm an und noch ungewöhnlicher war, dass es ihm gefiel. So leerte er den restlichen Inhalt mit einem Zug. Zufrieden setzte er den Becher ab und spürte in seinem Kopf plötzlich leichter Schwindel. Aber nicht, dass es sich schlecht anfühlte, sondern eher angenehm.
Bergin’yon musterte den nackten Sklaven im Käfig und mit einem Mal kam ihm eine Idee, die schon des Öfteren in seinem Geist spukte. Er schaute sich einige Momente später in dem kleinen Raum um und erspähte den Schlüssel an der Wand, der wohl offensichtlich zum Schloss am Käfig gehörte. Er nahm ihn ohne Umschweife von der Wand und ging direkt zurück. Der Schlüssel passte und der Drow konnte mit Leichtigkeit den Käfig öffnen. Bergin’yon stand sogleich vor einer offnen Käfigtür und beobachtete den Sklaven ganz genau. Aber eigentlich rechnete er nicht mit Ärger, denn der Halbdrow sah mitgenommen aus und würde es wohl nicht wagen einen Fluchtversuch zu starten.
Shar sah mit weit aufgerissenen Augen dem jungen Dunkelelfen zu, der jetzt vor der offenen Tür des Käfigs stand und ihn einfach nur anschaute. Der Junge wusste nicht, was dies bedeutete und noch weniger, was dieser für den Dienst verlangen würde. Wahrscheinlich schien ihm jedoch, dass dieser Drow wohl das Gleiche wünschte, wie Nhaundar und Dantrag vor ihm. Angst und Ekel vor dem gewaltsamen Sexualakt griffen von seinem hageren Körper besitz und er konnte ein Zittern nicht unterdrücken. Wieso musste ausgerechnet er immer das tun, was er doch gar nicht wollte. Er mochte es kein einziges Mal. Nur wenn er sich ruhig verhielt und tat, was die Männer von ihm verlangten, dann bestand die Chance, dass die Schmerzen nicht so heftig wurden. In den letzten Tagen hatte er sich zwar daran gewöhnt, nur vor Dantrag und dessen grausame Art, schauderte der Junge zurück. Das war mehr, als er aushielt. Besonders, da ihm der Waffenmeister gestern seine Göttin gezeigt hatte und diese ihn beim kleinsten Vergehen bestrafen oder gar auffressen würde. Dieses Erlebnis steckte noch so tief in ihm, dass er es in den nächsten Jahren nicht vergessen würde. Dantrag hatte den Zwischenfall so echt aussehen lassen, dass Shar die Tatsache nicht erkannte, dass es sich in der Hauskapelle letztendlich um eine Illusion handelte. Doch der zweite Sohn des Hauses spielte so gerne mit den Ängsten anderer und das Verhalten des Jungen hatte ihn gestern mehr als nur beflügelt.
„Los, komm da raus, Sklave“, unterbrach der Befehl von Bergin’yon Shars Gedanken und der Drow ging dabei einen Schritt zurück, um Platz zu machen.
Der junge Halbdrow schaute verwirrt auf die geöffnete Tür und dann auf den jungen Dunkelelfen und wurde sich klar darüber, dass ihn nun keine Gitterstäbe vor Qual und Schmerzen schützen würden.
„Mach’ endlich, der Waffenmeister wird bald kommen“, knurrte Bergin’yon und wollte so den Sklaven weiter unter Druck setzen.
Bei dem Wort „Waffenmeister“ begann Shar jetzt noch mehr zu zittern und konnte sich keinen Zentimeter bewegen. Die Angst vor dem grausamen Mann saß so tief, dass alleine das Wort ausreichte, ihn zu erschrecken.
Der jüngste Sohn des Hauses Baenre bemerkte augenblicklich die Reaktion und fragte sich, was sein Bruder mit dem Sklaven angestellt haben könnte, dass er sich nicht von der Stelle bewegte. Je mehr er doch darüber nachdachte, desto weniger wollte er es wissen. Er kannte Dantrag als autoritären, strengen und ganz von sich eingenommenen Waffenmeister, dass selbst er auf der Hut sein musste. Was er dann mit Sklaven anstellte, die kein Wort des Widerwillens gegen ihn äußern konnten, trieb Bergin’yon einen kalten Schauer über den Rücken. Doch zum Glück für beide, war Dantrag noch einige Zeit mit den Soldaten und den Eidechsenreitern beschäftigt, so dass das Vorhaben des Jüngsten nicht entdeckt werden würde. Aber auch nur so lange, wie das Glück ihm Hold war.
„Los Sklave, komm’ da raus!“, schnauzte jetzt Bergin’yon wütender und ging wieder auf den Käfig zu, nur um die Eisenkette von Shar zu ergreifen und daran zu ziehen.
Shar konnte nicht anderes, als jetzt auf den Ausgang nach vorne zu kriechen und dem Befehl des fremden Drow nachzukommen. Er kletterte aus dem Käfig heraus und schwankte einige Momente, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Der Junge blickte demütig nach unten und fragte sich, was dieser Drow mit ihm vorhatte. Aber lang musste er nicht warten, als auch schon der nächste Befehl ertönte.
„Knie dich nieder, Sklave“, meinte Bergin’yon mit strenger Stimme, wobei er darauf achtete, die Kette gut in Händen zu halten. Er wollte immerhin auf Nummer Sicher gehen, dass ihm dieser verängstige Halbdrow nicht doch weglaufen würde. Die Reaktion seines Bruders wollte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Stattdessen wuchs das Interesse an dem Jungen vor ihm, der ihn unerwarteter Weise Befriedigung schenken konnte, ohne das Bergin’yon selbst etwas Großartiges dafür tun musste. Immerhin handelte es sich hierbei wohl um einen Lustsklaven. So ging seine Hand an seine Hose, öffnete sie langsam und ließ sie schließlich zu Boden fallen. Mit den Augen bewachte er den Sklaven vor ihm, der kniend und still abwartete.
Aus den Augenwinkeln schaute Shar zu dem fremden Dunkelelfen auf und wusste nun seinen Verdacht bestätigt. Ein leiser Seufzer konnte er dabei nicht unterdrücken, als er sich bereits auf das einstellte, was der Drow von ihm verlangen würde. Er wollte es nicht und verabscheute es gleichzeitig zutiefst und er wünschte sich nichts sehnlicher, als dass dieser junge Herr niemals aufgetaucht wäre. Vielleicht wäre er bis dahin schon längst verdurstet und hätte bereits alles hinter sich. Dann spürte er eine kräftige Hand in seinem Nacken, die seinen Kopf unvermittelt nach vorne drückte, direkt auf die nackte Männlichkeit des jungen Drow zu.
„Befriedige mich, Lustsklave“, befahl Bergin’yon plötzlich mit einem fast so Macht gebietenden Tonfall, wie ihn auch sein Bruder an den Tag legte. Im gleichen Moment fühlte sich der jüngste Sohn des Hauses Baenre auch wie jemand, der hier das sagen hatte und er genoss das Gefühl. Jetzt schien er einmal am Zug zu sein, von niemanden beobachtet und der Herr über sich und den Sklaven. Bei diesem Gedanken huschte ein hinterhältiges Grinsen auf sein Gesicht und schon spürte er, wie der Halbdrow ihn verwöhnte. der jüngste Sohn fand sich gerade im schönsten Tagtraum aller Zeiten wieder. Nur das er nicht träumte, sondern hellwach war. So etwas hatte er bereits schon mit einigen jüngeren Soldaten und Bürgerlichen erlebt, aber hier und jetzt machte es ihm deutlich mehr Spaß. Vielleicht lag es an dem Verbotenen oder einfach nur daran, dass er jederzeit erwischt werden konnte.
Shar kam dem Befehl nach, wenn auch erst widerwillig. Doch er sagte sich stumm, sei brav und folgsam und dann wird nichts passieren. Etwas beruhigten ihn die Worte und das daran verbundene Versprechen, dass sein Vater irgendwann wieder zu ihm zurückkommen würde. Diese Aussage hielt ihn regelrecht aufrecht, während Shar, wie sooft in den vergangen Tagen das tat, was Dipree ihm mit dem Honig erklärt hatte. Der Junge stellte sich wirklich seinen Finger voll geschmiert mit der leckeren Köstlichkeit vor und versuchte zu vergessen, was er da eigentlich wirklich tat. Es funktionierte und für einen kleinen Moment hatte er das Bild von einem Glas Honig vor Augen. Dabei konnte er spüren, wie der junge Drow seinen Griff im Nacken lockerte und hin und wieder leise stöhnte.
Nach einigen Minuten fühlte sich Bergin’yon fast wirklich wie in einem Traum. Der Sklave tat seine Arbeit gut und der Dunkelelf beendete diese Zweisamkeit mit einem lauten Seufzen. Kurz darauf stieß er den Sklaven von sich weg und lehnte sich erschöpft, aber völlig zufrieden gegen die nackte Mauer hinter ihm. Als er seinen Blick auf den Jungen richtete musste Bergin’yon instinktiv lächeln und gratulierte innerlich seinem Bruder für dieses so völlig unverhoffte Zusammentreffen zwischen ihm und dem Sklaven. Währenddessen zog er rasch seine Hose nach oben.
Shar mochte es gar nicht, wenn Nhaundar, Dantrag und jetzt auch dieser Dunkelelf ihm ihre Essenz in den Mund spritzen. Es schmeckte seltsam und gleichzeitig auch abscheulich. Doch bevor der Fremde ihm etwas antun würde, was er nicht wollte, tat er das, was bisher alle von ihm verlangten. Dabei versuchte er den Gedanken an Honig nicht zu verlieren. Shar beobachtete im Augenwinkel, wie der junge Dunkelelf sich wieder anzog und ihn kurze Momente später an der eisernen Halskette nach oben zog.
„Los, geh’ wieder in den Käfig zurück“, kam der Befehl des zufrieden aussehenden Drow und gab durch einen leichten Fußtritt den Worten mehr Nachdruck.
Der junge Halbdrow kam auch sofort der Aufforderung nach, bevor dieser es sich noch anders überlegte und ihm unter Umständen mehr abverlangte. So kletterte Shar ohne Umschweife zurück in den wankenden Käfig und hörte hinter seinem Rücken wie die Tür zufiel. Während sich der Junge umdrehte erkannte er, wie der Drow mit dem Schlüssel das Eisenschloss verriegelte und anschließend diesen wieder an dem Hacken an der Wand hängte. Ein Gefühl aus Erleichterung und Angst machte sich in Shars Körper breit. Einmal aus Freude, dass nicht mehr von ihm verlangt wurde, aber auf der anderen Seite auch Furcht, dass er so wieder dem gnadenloses und brutalen Waffenmeister auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Ohne einen weiteren Blick oder ein Wort verschwand der fremde Dunkelelf aus dem kleinen Zimmer mit dem Käfig und ging durch das Schlafgemach davon. Als letztes konnte der junge Halbdrow die Tür hören, wie sie laut ins Schloss fiel. Da wusste Shar, dass er wieder alleine war und niemand sich um ihn scherte. Der Junge hatte nun erneut keine Chance etwas zu unternehmen und so entschied er sich für das, was ihm übrig blieb. Er legte sich auf den Boden des Käfigs, versuchte dabei die schmerzhaften Gitterstäbe zu ignorieren, schloss die Augen und glitt in einen traumlosen Schlaf.
Zwei Stunden später begab sich Dantrag vom Hof aus in das Gebäude der Männerquartiere. Fast schon gemächlich marschierte er durch die Gänge und Flure und levitierte am Ende nach oben. Er freute sich bereits auf den jungen Sklaven, der ihm wieder seine nötige Entspannung nach dem harten Tag bringen würde. Als er kurz darauf in seine Privatgemächer eintrat lauschte er kurz und vernahm kein einziges Geräusch. Er hätte eher darauf gewettet, dass der Halbdrow winselnd und weinend in dem Käfig lag. Stattdessen fand er Shar schlafend wieder. So war es ihm auch recht. Zu aller erst entledigte er sich seiner Lederrüstung samt Waffengürtel und Waffen. Dabei ignorierte er den Ruf von Khazid’hea – seines magischen Dämonenschwertes von der Oberfläche, dem es stets nach Töten gelüstete – und das mal wieder nach Aufmerksamkeit gierte und legte selbst seine Armschützer ab. Danach streifte er sich das Hemd ab und freute sich schon auf die genussvollen Momente mit dem jungen Halbelfen. Er trat in den kleinen Raum ein und beobachtete einige Zeit ganz in Ruhe den schlafenden Jungen und wollte ihn am liebsten aus dem Käfig zerren und sich mit ihm vergnügen. Jetzt allerdings empfand er Freude daran, dem Sklaven zu zuschauen, wie sich langsam sein Brustkorb hob und senkte und er regelmäßig atmete. Zum Glück für Dantrag lag der Junge auf dem Rücken. Leise schlich er sich näher heran und musterte den Halbdrow noch intensiver. Dessen Haut glänzte so hell wie die eines Oberflächenelfen und eine Strähne des weißen, langen Haares lag spielerisch über dem Gesicht des Jungen. Er sah so verführerisch und unschuldig aus und am liebsten hätte er ihn behalten, wenn Nhaundar ihm nicht bereits zuvor zu verstehen gab, dass der Sklave noch nicht zum Verkauf bereit stand. Bei diesem Gedanken musste Dantrag leise seufzen, denn irgendetwas an dem jungen Halbdrow zog ihn auf magische Weise an. Allerdings wusste er nicht was es war. So etwas hatte er in den Jahren davor noch niemals erlebt, bei keinem einzigen Lebewesen. Nicht einmal bei all den Liebhabern und Liebhaberinnen, die er mal hier, mal da für sich gewinnen konnten. Dieser Junge schien etwas Besonders zu sein und genau diese Kleinigkeit war es wohl auch, die der Waffenmeister so anziehend fand. Aber ganz egal was es auch war, er beschloss in diesem Moment, dass der Halbdrow in ferner Zukunft ihm gehören würde. Egal welchen Preis der Halsabschneider Nhaundar auch verlangen würde. Während Dantrag so über seine Gedanken nach grübelte, begann er langsam und gemächlich einmal um die Käfig zu laufen. Er wollte den Jungen von allen Seiten betrachten und um sich selbst wissen zu lassen, welch eine Bereicherung dieser Sklave auf einmal für den Waffenmeister darstellte. Kaum, dass er seine Runde beendete, klapperte es plötzlich laut auf dem Boden. Dantrag sah nach unten und erschrak. Dort lag einer seiner Becher, den er nicht hier hingeworfen hatte. Doch wie kam er dorthin? Irgendjemand musste in seine Privatgemächer gekommen sein, während er unten bei den Soldaten war, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf. Mit gerunzelter Stirn bückte er sich nach unten und hob den leeren Becher auf. Als er sich wieder aufrichtete stieg ihm der Geruch von Wein in die Nase. Wut kam ihn ihm auf, unsagbarer Zorn auf denjenigen, der es einfach wagte, seine Gemächer ohne Erlaubnis zu betreten. Sein Groll wuchs weiter und sein Blick ging im gleichen Moment zu dem Halbdrow im Käfig. Dantrag zählte Eins und Eins zusammen und kam zu der Erkenntnis, dass jemand hier eingebrochen war und dem Jungen im Käfig einen gefüllten Becher Wein gegeben haben musste. Die Wut darüber konnte der Waffenmeister jetzt kaum noch kontrollieren und so schrie er aus Leibeskräften. „Sklave!“
Shar erschrak augenblicklich, als er eine schreiende Stimme vernahm und er schlug die Augen auf. Er brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern wo er war. Hastig richtete er sich auf und der ganze Schlaf fiel sofort von ihm ab. Sein Herz begann automatisch wild an zu rasen und seine Augen trafen die glühend bernsteinfarbenen Augen des Waffenmeisters. Shar musste schlucken und ein kalter Schauer jagte über seinen Rücken.
„Sklave!“, schrie Dantrag erneut und sein Gesicht schien vor Zorn verzerrt. „Was war hier los? Wer war hier und hat dir Wein gegeben?“
Der junge Halbdrow wusste nicht was er antworteten sollte und spürte zur gleichen Zeit, wie Tränen ihm in die Augen traten. Woher wusste der Waffenmeister das, fragte sich Shar, doch die Antwort folgte auf dem Fuß. Dantrag wedelte aufgebracht mit dem Becher vor Shars Nase und schrie erneut. „Sag’ mir sofort die Wahrheit, du dreckiger Hund.“
Am liebsten hätte sich der Junge im gleichen Moment irgendwo weit weg in einem dunklen Loch verkrochen und war einfach nur froh, dass sich der Käfig zwischen ihm und dem sehr ärgerlich aussehenden Dantrag befand. Aber um den Waffenmeister nicht noch weiter zu verärgern versuchte er zu antworten, um die Strafe vielleicht damit zu mildern. Shar holte tief Luft und stammelte leise. „Ein … ein Mann war hier. Er hat mir …“, der Junge überlegte wie er es am besten erklären sollte und beschloss, dass er die Befriedigung des Fremden weglassen würde und meinte weiter, „… er hat mir einen Becher zu Trinken geben. Dann ist er weg …“.
Weiter kam er nicht, da fiel ihm Dantrag wütender als zuvor ins Wort. „Du dumme Ratte. Niemand kommt einfach hier her und gibt einem nichtsnutzigen Stück Made einen Becher Wein. Meine Göttin wird dich holen und bestrafen und zum Schluss zum Nachtisch fressen.“ Dantrags Stimme troff nur so vor unbändigem Zorn. Der Waffenmeister drehte sich um und wollte gerade den Schlüssel zum aufschließen vom Wandhacken nehmen, da hielt er plötzlich mitten in seiner Bewegung inne.
„Mein Bruder. Du scheinst heute wahrhaft gläubig zu sein, wobei du doch nur an deinen eigenen Stolz und deine Waffenkunst glaubst, Waffenmeister des ersten Hauses“, erklang die völlig ruhige Stimme von Gromph Baenre, der im Türrahmen stand und gelassen zu seinem jüngeren Bruder hinüber sah. Seine Arme hielt er verschränkt vor seiner Brust, während die Hände in den weiten Ärmeln seiner roten Erzmagierrobe versteckt waren.
„Was willst du?“, kam die schroffe Antwort von Dantrag, der jedoch leicht irritiert zu sein schien. Er fragte sich seit wann Gromph bereits hier stand und wieviel er von dem Zwischenfall und den gesprochenen Worten eben mitbekommen hatte und was dieser mit dieser Information anfangen konnte. Dann kam ihm ein weiterer Gedanke, dass es nur Gromph gewesen sein konnte, der dem jungen Sklaven den Wein gegeben hatte, da dieser eben so unvermittelt in seinen Privatgemächern aufgetaucht war.
„Die Oberin Mutter verlangt eure Anwesenheit. Ich bin lediglich der Überbringer der Nachricht“, gab Gromph zu verstehen und sein Blick wanderte nun zu dem verängstigen Sklaven im Käfig. Er erkannte, dass dieser am ganzen Körper zitterte und offensichtlich furchtbare Angst vor Dantrag zu haben schien. Der Erzmagier Menzoberranzans wollte sich gar nicht ausmalen, was der Waffenmeister bereits dem Halbdrow alles angetan, geschweige denn, was er noch mit ihm zu tun gedachte. Das ging ganz gegen seine eigenen Prinzipien und gegen seine Form von Lust und Leidenschaft. Aber dafür Dantrag in einer prekären Situation zu erwischen und ihn in Verlegenheit zu bringen, sowie in Unwissenheit zu lassen, was er denn nun alles von dem Zwischenfall wusste oder nicht, ließ Gromph schmunzeln.
„Warum?“, fragte der Waffenmeister knapp, ignorierte dabei völlig seine vorherigen Gedanken und wollte zu gerne wissen, wer und wieviel der Haushalt bereits von dem Aufenthalt des Sklaven wusste und wieso ausgerechnet seine Mutter Oberin nach ihm verlangte.
„Das kann ich euch leider nicht berichten. Ich weiß nur soviel, es handelt sich um eine Angelegenheit die Hauskapelle betreffend.“
Diese Antwort hatte bei Dantrag gesessen und aus Wut und Angst zugleich, warf er den leeren Becher scheppernd in eine Ecke. Hatte irgendjemand ihn und den jungen Sklaven gestern Nacht gesehen und ihn womöglich verraten? Vielleicht sogar Sos’Umptu selbst? Aber das konnte nicht sein, sie war viel zu beschränkt für eine Frau, die den lieben langen Tag nichts anderes tat, als die Kapelle zu reinigen und auf Hochglanz zu bringen. Doch das war der Gedanke, der ihm plötzlich den Angstschweiß auf die Stirn treten ließ. Wenn sie irgendwelche verräterischen Spuren von der nächtlichen Befriedigung gefunden hatte und diese nun anklagte? Sie musste wohl sofort zu Mutter Oberin gelaufen sein und die blasphemische Tat gemeldet haben. Die Strafe für dieses Vergehen wollte sich Dantrag gar nicht vorstellen.
„Bruder? Ihr seht aus, als ob es euch nicht gut ginge?“, meinte Gromph erneut in ruhigem Ton und fragte sich, was den Waffenmeister so plötzlich verstummen ließ, der doch sonst auch nie um ein Wort verlegen war.
„Nichts, nichts“, antwortete Dantrag lapidar, doch in seinen Geist sah es ganz anders aus. So trat er eilig auf Gromph zu und schubste diesen etwas unsanft zur Seite und schritt in sein Schlafgemach um sich anzukleiden und seine Waffen wieder anzulegen.
Der Erzmagier runzelte über das grobe Verhalten des jüngeren Bruders leicht verärgert die Stirn, aber sein eigentliches Interesse galt nun dem jungen Halbdrow im Käfig, der immer noch am ganzen Leib bebte. Gromph musterte den Jungen genauer und dann kam ihm eine Idee. Sobald sein Bruder verschwunden war wollte er diese augenblicklich in die Tat umsetzen.
Nur Momente später hörten Shar und der älteste Sohn des Hauses, wie die Tür mit einem heftigen Knall zugeschlagen wurde und danach herrschte Stille. Jetzt hatten die beiden Zeit, denn so schnell würde Dantrag nicht zurückkommen.
Gromph trat jetzt erst näher und schaute dabei dem Sklaven direkt in dessen tiefblauen Augen, die ihn auf seltsame Art und Weise in ihren Bann zogen. Der Erzmagier schüttelte kurz den Kopf und setzte mit seiner ruhigen Stimme an. „Ich kenne meinen Bruder und ich weiß die Wahrheit über die gestrige Nacht in der Kapelle, Sklave. Mein Bruder ist eine dumme Ratte.“ Dann musste Gromph lachen und fügte kichernd hinzu, „Er stolziert wie ein aufgeblasener Gockel durch die Gegend und leidet an überheblicher Selbstsicherheit und Hochmut. Wie heißt so schön das Sprichwort auf der Oberfläche „Hochmut kommt stets vor dem Fall“. Merke dir die Lektion gut.“
Shar hörte zu und verstand trotzdem kein Wort. Er fragte sich stattdessen, was dieser elegante und sehr jung wirkende Fremde in der roten Robe von ihm wollte. Doch auf ungewöhnliche Weise strahlte der Drow eine solche Ruhe aus, dass der Junge weniger Angst hatte, als vor Dantrag. Shar seufzte kurz und setzte unaufgefordert zum sprechen an und flüsterte zaghaft. „Herr? Ich kenne diesen Fremden wirklich nicht“, und beantwortete dabei die unausgesprochene Frage, die noch von dem Waffenmeister bedrohlich in der Luft hing.
Gromph schien ein wenig überrascht über die plötzliche Antwort des Jungen, aber faste sich gleich darauf wieder.
„Ist es nicht egal wer es war? Hast du Lust auf ein Spiel, Sklave?“, fragte der Erzmagier gelassen und begann dem jungen Halbdrow seine Idee zu erklären: „Ich kann meinen Bruder noch weniger leiden als du, auch wenn ich mehr Möglichkeiten besitze ihm Kontra zu geben. Wie dem auch sei, ich werde dir helfen, Sklave. Für Dantrag ist eine Zeit gekommen, wo auch er einmal lernen muss, wo seine Grenzen sind, besonders wenn ich an die Hauskapelle denke …“, dann machte Gromph eine Pause und bedachte den Jungen mit einem mitleidigen Blick, „… Schaue nicht so erschrocken, ich kenne die Wahrheit der gestrigen Nacht. Dir wird aber nichts passieren, denn diese Blasphemie ist bei mir gut aufgehoben. Ich werde dir einen Zauber geben, der dir für einen ganzen Tag die Schmerzen nehmen wird. Selbst verletzen kann er dich nicht und Dantrag wird wissen von wem die Botschaft kam. Kannst du mir soweit folgen, Sklave?“
Gromph musste dabei instinktiv schmunzeln und wusste, dass er damit seinen jüngeren Bruder ärgern konnte um ihm gleichzeitig zeigen zu können, dass Dantrag niemals ein Gegenspieler des Erzmagiers sein sollte.
Shar schaute mit weit aufgerissenen Augen den Dunkelelf an und hörte auch zu, doch nur die Hälfte dessen, was dieser sagte, konnte der Junge auch wirklich verstehen. An der Stelle mit den Schmerzen hellten sich Shars Gesichtszüge auf und nun nickte er mehrmals mit dem Kopf. Dieser Fremde wollte ihm helfen und gleichzeitig würde der Waffenmeister eine Lektion bekommen. Ja, dieser Gedanke fand der junge Halbdrow mehr als nur amüsant. Leider bedachte der Junge nicht die Konsequenzen, die daraus entstehen würden.
„Gut, dann komm’ näher, Sklave“, gab Gromph die Anweisung und lächelte verschmitzt, während er einen weiteren Schritt nach vorne trat und nun direkt vor dem Käfig stand. Er beobachtete, wie jetzt auch der Halbelf näher kam und ihn mit diesen tiefblauen Augen anstarrte. Erneut überkam den Erzmagier dieses bizarre Gefühl, dass ihn auf noch seltsame Art faszinierte. Wieder musste er den Kopf schütteln und nahm gleich darauf eine Hand aus seinem weiten Ärmel. Behutsam streckte er die zarten, feingliedrigen Finger durch die Gitterstäbe und legte diese auf den Kopf des Sklaven und schloss zur Konzentration die Augen.
Shar war viel zu aufgeregt und hoffte inständig, dass der fremde Dunkelelf ihm auch wirklich die Schmerzen nahm. Er spürte die sanfte Berührung der dünnen Hand auf seinem Kopf und beobachtete, wie der Drow die Augen schloss und plötzlich leise vor sich hinflüsterte. Seltsame Worte kamen aus dessen Mund, die der Junge nicht verstand und dann vollführte dieser mit der anderen Hand Gesten in der Luft. Augenblicklich spürte Shar wie sein ganzer Körper von einer Wärme erfüllt wurde, die sehr angenehm zu sein schien. Sie strömte durch seine Adern und seine Haut fing an zu kribbeln. Ein seltsames Gefühl machte sich am ganzen Leib des jungen Halbdrow breit und er hatte nicht einmal Angst vor dem, was der Fremde da mit ihm tat. Es folgten auch keine Schmerzen und gerade als Shar sich diesem Kribbeln hingab, war alles vorbei.
Gromph öffnete die Augen und lächelte wohlwollend den Sklaven im Käfig an. „Es ist vollbracht und für die nächsten Zyklus des Narbondel kann man dich weder verletzten, noch wirst du Schmerzen verspüren.“
Shar schmunzelte den Fremden an und freute sich. Endlich konnte Dantrag ihm kein Leid antun.
Der Erzmagier vernahm jäh ein Geräusch und er blickte über die Schultern. Er erkannte dort zwei Sklaven, die gerade dabei waren, das Essen für den Waffenmeister zu bringen und stellten dies ordentlich auf den Tisch. So gleich verschwanden sie wieder. Zuerst etwas ungehalten über diese Störung, musste Gromph aber auch erneut lächeln. Die Schmach für Dantrag sollte heute noch kein Ende finden. So wandte er sich auf dem Absatz um und lief zu dem reich gedeckten Tisch mit den Speisen. Er schnappte sich das Essen und zusätzlich den Krug Wein samt einem Becher, balancierte es auf seinen Armen und kehrte augenblicklich zurück zu dem gefangenen Sklaven.
„Dieses Essen ist für dich, Dantrag wird später wohl nicht viel Hunger verspüren. So habe ich beschlossen, dass du die Speisen nötiger haben könntest“, erklärte Gromph ruhig und reichte das Essen durch die Gitterstäbe an Shar weiter. Den Krug Wein behielt er für sich selbst und schenkte sich genüsslich einen Becher davon ein. Er roch an dem köstlichen Tropfen und nippte offensichtlich zufrieden an dem Rotwein. Dabei sah er zu, wie der Sklave das Essen geradezu verschlang. Anschließend ließ sich Gromph noch dazu hinab einen Krug Wasser zu holen und schaute zu, wie auch dieser gierig von dem Halbdrow geleert wurde.
Als der Erzmagier den satten Jungen sah und er sich sicher war, dass hier nichts mehr zu holen war, was seiner Rache und Befriedigung hätte dienlich sein können, verabschiedete sich Gromph und verließ so leise wie er gekommen war die Privatgemächer seines Bruders Dantrag. Shar blieb wieder einmal alleine zurück.