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Dem Wahnsinn so nah

By: Elbenstein
folder German › Books
Rating: Adult ++
Chapters: 47
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Disclaimer: I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
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17. Kap. Erkenntnisse

17. Kapitel
Erkenntnisse

Am nächsten Morgen gab es ein seltsames Erwachen für den Waffenmeister. Zaknafein öffnete die Augen und merkte, dass er nicht alleine in seinem Bett lag. Jemand umklammerte seinen rechten Arm und krallte sich dort fest. Verdutzt wandte er den Kopf zur Seite und entdeckte den jungen Halbdrow in seinem Bett. Als erstes wollte er seine Stimme heben und schreien, was der Sklave hier zu suchen hatte, doch im nächsten Moment hielt er bereits inne. Er zog die Decke vollständig von sich und erkannte, dass der Junge wie ein kleines Knäuel sich neben ihn gelegt hatte und schien friedlich zu schlafen. Instinktiv erinnerte ihn der Junge erneut an seinen eigenen Sohn und eine wunde Stelle tief im Inneren von Zaknfafein tat sich auf. Drizzt war gerade mal 12 Jahre alt und er bekam ihn nur selten zu sehen. Und wenn es einmal geschah, dann versetzte ihm die Begegnung meist einen Stich ins Herz. Der einzige Trost für den Krieger in dieser Hinsicht war, dass sich Vierna, ebenfalls eine Tochter von seinem Blut, die Erziehung des Jungen übernommen hatte und er nicht unter Brizas boshafte Hand kam. Denn wie Zaknafein erst vor kurzem erfuhr, war die älteste Tochter des Hauses nur allzu gerne bereit, Drizzt als dritten Sohn zu opfern, obwohl dies zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr nötig war. Zum Glück für alle Beteiligten schien Vierna in der Vergangenheit und dem Jetzt in vielerlei Hinsicht nach dem Vater zu kommen und wohlmöglich auch sein heranwachsender Sohn. Ein leiser Seufzer entwich Zaknafein bei den Erinnerungen und er fragte sich, ob die Zukunft für Drizzt schrecklich sein würde. Doch erst die Zeit konnte es offenbaren und ihm selbst als Vater waren die Hände gebunden. Wenn er sich so den jungen Halbdrow betrachtete, dann wusste er, dass dieser Junge es schwerer hatte und das wohl bereits sein ganzes Leben lang. Aber bevor er sich jetzt in weitere melancholische Gedanken verlor, musste etwas erledigt werden. Der stolze Krieger hatte beschlossen Rizzen einen Besuch abzustatten. Die unbekannte Herkunft und der eigentliche Grund, wieso der junge Sklave vom Patron des Hauses ihn hier herbrachte, lastete ungewollt schwer auf seiner Seele, besonders wo der Junge gerade so friedlich neben ihm schlief. Wenigstens wusste der Waffenmeister, dass er den jüngeren Lehnsherrn der Oberin Malice in Angst und Schrecken versetzen konnte, da er mehr Einfluss auf die Mutter Oberin besaß.
„Mal sehen, welche Informationen es von dir gibt, Shar“, flüsterte Zak leise und entwand vorsichtig seinen Arm aus der krampfhaften Umklammerung des Jungen.
Schlaf einfach weiter, dann gibt es in dieser Zeit auch keinen Ärger, dachte der Drow und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
Nach einigen Minuten war Zaknafein vollständig angezogen und mit einem letzten Blick auf den schlafenden Halbdrow machte er sich aus seinen Privatgemächern davon. Die Tür schloss er hinter sich, jedoch verzichtete er darauf, diesmal abzuschließen. Immerhin schlief der Sklave und so schnell würde er wohl nicht erwachen und erneut schwerwiegende Fehler begehen, sagte sich Zak. Ob dies letztendlich eine gute Idee war, konnte er nicht sagen. Er vertraute auf den Jungen. Dann begab er sich auf dem schnellsten Weg zu Rizzens Räume.
„Wach auf, Feigling“, schrie Zaknafein und schwang dabei die Tür zu Rizzens Schlafgemach weit auf. Er trat ein und ließ die Tür mit einem lauten Krachen wieder ins Schloss zurück fallen.
Vor ihm schrak der Patron des Hauses Do’Urden auf und richtete sich augenblicklich in seinem Bett auf. Als der Waffenmeister dabei einen Drow neben dem Lehnsherrn entdeckte, schnaubte er verächtlich.
„Wie ich sehe habt ihr einen Ersatz für die Nacht gefunden“, spie Zaknafein voller Hass gegen den jüngeren Dunkelelfen aus.
Rizzen brauchte einige Momente, um sich von dem Schrecken und dem ungewollten Besucher zu erholen und setzte dann zu einer Antwort an. „Raus hier, ihr habt hier nichts zu suchen.“ Dabei versuchte er seine Nacktheit durch das Laken zu verdecken.
Zak jedoch schritt geradewegs auf das Bett zu, ging herum und fischte unter der Decke den jungen Dunkelelfen hervor, der ebenfalls unbekleidet war. Der Waffenmeister zerrte den überraschten Drow aus dem Bett, warf ihn etwas unsanft zu seinen Kleidern am Boden und rief ihm zu. „Zieh dich an und verschwinde, augenblicklich!“
Der Junge, Zak kannte ihn vom Haushalt, tat wie ihm geheißen und keine Minute später waren Waffenmeister und Patron alleine im Raum.
„So, jetzt erzählt ihr mir möglichst genau wer der Sklave von gestern Abend ist und ich warne euch, keine Lügen. Ich könnte sonst dazu geneigt sein Oberin Malice einen Besuch abzustatten.“
Rizzen schluckte merklich und zog sich das Laken noch höher und versuchte grimmig und voller Hass zu dem Krieger aufzuschauen.
„Wird es jetzt bald oder soll ich …“, warnte ihn Zaknafein erneut und wurde jäh von dem Patron unterbrochen. „Ich habe ihn von Nhaundar Xarann, dem Sklavenhändler.“
„Von wem?“, wollte der Drowkrieger neugierig wissen.
„Von Nhaundar Xarann. Er ist einer der größten Sklavenhändler in Menzoberranzan und er hat mir den Halbdrow für fünf Tage überlassen“, verteidigte sich Rizzen und wurde wütend darüber, dass er sein ganzes Geld in diese Vereinbarung gesteckt hatte.
„Er ist vermutlich teuer gewesen …“, begann Zaknafein in schroffem Ton und wollte gerade noch erwidern, dass er es widerlich fand, entschied sich doch kurzfristig diese Tatsache nicht zu erwähnen. Er konnte jetzt den Patron des Hauses verärgern und jede Gelegenheit nutzen, den Drow zu Recht zuweisen und sprach hastig weiter. „… Ich werde ihn für diese fünf Tage bei mir behalten. Ich wäre euch eigentlich zu Dank verpflichtet, aber solch ein Kompliment scheint mir zu gut für jemanden wie euch. Ich werde ihn nach der abgelaufenen Zeit in eure Obhut zurück bringen.“
Daraufhin konnte der Waffenmeister ein siegessicheres Grinsen nicht unterdrücken und erkannte, wie Rizzen vor Wut über seine Demütigung ihm am liebsten an den Hals gesprungen wäre.
„Vergesst niemals, ich könnte jederzeit die Mutter Oberin auf eure Eskapaden aufmerksam machen, mir würde dabei wenig passieren“, drohte der Drowkrieger ein letztes Mal und rauschte augenblicklich aus den Privatgemächern. Er hätte sich gerne noch ein letztes Mal umgeschaut, nur um das zur Fratze verzogenen Gesicht von Rizzen zu beobachten, aber das wäre zu viel des Guten gewesen. Freudestrahlend über seinen kleinen, errungenen Sieg stolzierte der Waffenmeister zurück zu seinen eigenen Gemächern und wollte die letzten Informationen von dem Jungen persönlich erfahren. Vielleicht würden die Erklärungen aus dem Mund des Sklaven wohl mit größter Wahrscheinlichkeit mehr Wahrheit beinhalten, als die Ausführungen des Patrons. Vorher würde er jedoch noch versuchen einige alte, abgetragene Kleidung zu finden, die der Junge während seines Aufenthaltes im Haus Do’Urden tragen konnte. So halbnackt fühlte sich selbst Zaknfafein bei dessen Anblick nicht wohl. Vielleicht könnte er auch in der Küche noch etwas an Essen abstauben, dass der junge Halbdrow durchaus gebrauchen könnte. Seine schlanke Figur machte nicht gerade den Eindruck auf den Krieger, als würde der Junge reichlich zu Essen bekommen. Zumindest gerade soviel, wie er zum Überleben benötigte.

Kaum dass Zaknafein Do’Urden sein Zimmer verließ erwachte auch Shar aus seinem Schlaf. Verwirrt öffnete er die Augen und erkannte augenblicklich, dass er in dem Bett des Kriegers lag. Doch er war alleine. Dann kamen allmählich die Erinnerungen an den vergangenen Abend und die Nacht zurück. Der Junge hatte versucht in der Ecke auf dem Boden zu schlafen, aber er fühlte sich dort viel zu alleine. Schon jahrelang verbrachte er die Nächte in den Armen von Dunkelelfen. Wenn es nicht sein eigener Herr war, dann Freier. So wachte er mitten in der Nacht auf und eine ungewohnte Panik ergriff von seinem Körper besitzt. Lange musste Shar nicht überlegen und er beschloss sich zu dem Krieger ins Bett zu schleichen. Die Angst vor eventuellen Strafen schien zwar groß, aber er wollte vor dem Erwachen des Drow sich schnell wieder in die Ecke zurückziehen, ehe dieser von der Tat Shars etwas mitbekommen hätte. Als der junge Halbdrow nun jedoch im Bett erwachte und der Fremde nirgendwo zu sehen war, bekam Shar Furcht. Vielleicht war der muskulöse Dunkelelf gerade auf dem Weg sich eine geeignete Strafe für seinen Ungehorsam auszudenken oder sogar Nhaundar davon zu berichten. Bei diesem Gedanken fing der Junge automatisch an zu zittern und er konnte bereits die unerbittlichen Schläge auf seinem Körper spüren. Das durfte aber nicht sein. Allmählich begann Shar sich noch an etwas anderes zu erinnern und der Gedanke an eine Flucht nahm erneut von ihm besitz. Jetzt wäre die beste und vielleicht auch einzige Möglichkeit von hier zu fliehen. Ganz egal wohin, nur weg von den bösen und hinterhältigen Drow und vor allem weit weg von seinem Herrn Nhaundar. Er würde sich verstecken und niemand würde ihn finden. Ohne einen weiteren Gedanken an jedwede Konsequenzen zu verschwenden, wand er sich aus dem Bett, schaute sich ein letztes Mal um und schlich dann heimlich zur Tür hinüber. Eigentlich hatte selbst Shar damit gerechnet, dass sie verschlossen war, aber der Fremde hatte sie diesmal nicht verriegelt. Ein freudiges Lächeln huschte über das Gesicht des jungen Halbdrow und er schlich sich leise hinaus. Endlich schien im das Glück hold zu sein.
Shar betrat einen großen Raum und gleich auf der rechten Seite entdeckte er einen großen Vorhang, der die ganze Wand verhüllte. Ansonsten wirkte alles recht kahl. Nur mehrere, recht ungewöhnlich aussehende Figuren standen einfach verteilt im Raum da und der Junge wusste nicht, dass diese Übungspuppen darstellten. Er beachtete sie jedoch nicht weiter und auf leisen Sohlen schlich er quer durch das Zimmer auf eine Tür zu. Der Junge erschrak jedoch plötzlich, als diese weit aufgerissen wurde und ein junger Drow mit schnellen Schritten hinein eilte. Shar blieb wie angewurzelt stehen und starrte mit angsterfülltem Ausdruck zu dem Fremden hinüber. Dabei handelte es sich nicht um den Krieger, bei dem er die Nacht verbrachte und auch nicht um den Dunkelelfen, der ihn erst in dieses Haus gebracht hatte. Aber dessen rot glühenden Augen funkelten gefährlich auf und mit einer hasserfüllten Miene schritt er geradewegs auf den jungen Halbdrow zu. Shar bekam es augenblicklich mit der Angst zu tun und konnte sich keinen Millimeter mehr regen.
„Wer bist du?“, erklang zur gleichen Zeit die herrschende Stimme des Fremden der Shar entgegen kam und direkt vor ihm stehen blieb. Mit weit aufgerissenen Augen betrachtete Dinin Do’Urden den jungen Sklaven von oben bis unten, während er anschließend den verlassenen Raum musterte und nach dem Waffenmeister Ausschau hielt. Innerlich gratulierte Dinin dem auserlesenen Geschmack des älteren Kriegers und ging gedanklich auch über die Tatsache hinweg, dass der plötzlich auftauchende Sklave ein Halbdrow war.
„Sag’ mir, wer bist du? Wo ist der Waffenmeister?“, fragte Dinin und ließ seinen Blick nicht von dem Halbdrow ab.
Shar fing im gleichen Moment wieder an am ganzen Körper zu zittern. So hatte er sich seine Flucht nicht vorgestellt und dieser Dunkelelf machte auf ihn keineswegs den Eindruck auf einen wohl gestimmten Krieger. Wo der andere Soldat von heute Nacht geblieben war, wusste der Junge selbst nicht, kannte er ja nicht einmal dessen Namen. Doch die Erkenntnis, dass der fremde Dunkelelf diesen als Waffenmeister betitelte, gefiel Shar noch weniger. Die Erinnerungen an Dantrag waren bereits so fest in ihm verankert, dass der Schauder zunahm.
„Antworte mir gefällst, Sklave!“, schrie Dinin und funkelte ihn erneut mit rot glühenden Augen an.
„Mein Name ist Shar, mein Herr“, flüsterte Shar leise und senkte respektvoll seinen Kopf, während er nur den ersten Teil der Fragen beantworten konnte. Er wartete nun auf die Schläge, die folgen würden. Lange musste er auch nicht warten und er spürte die Faust des anderen auf seinem Kopf. Der Junge musste sich zusammenreißen, dass ihm nicht schwarz vor den Augen wurde und so schwankte er einige Sekunden, bis er das Gleichgewicht wieder fand. Bevor jedoch der Fremde erneut seiner Wut Ausdruck verlieh, begann Shar zu stammeln. „Ich … ich weiß nicht … wo der Waffenmeister ist.“
„Hmmmm“, meinte Dinin daraufhin und beobachtete den jungen Halbdrow jetzt genauer. Er fragte sich gleichzeitig, wo dieser Junge so plötzlich herkam und was der stolze Zaknafein mit diesem unscheinbaren Etwas zu tun gedachte oder bereits getan hatte. Aber eigentlich interessierte es ihn nicht wirklich, sollte sein ehemaliger Lehrer tun und lassen was er wollte, solange er für die Konsequenzen nicht den Kopf hinhalten musste. Dinin war schon immer ein Feigling und das war auch der Grund, wieso er zur damaligen Zeit, beim Angriff auf das Haus DeVir, seinen älteren Bruder nur hinterrücks erstach, anstatt ihm dabei in die Augen zu schauen und sein siegessicheres Grinsen dem sterbenden ersten Sohn zu präsentieren. Doch Dinin schüttelte diesen Gedanken ab und betrachtete sich den Halbdrow genauer.
Innerlich ärgerte ihn die einfache Tatsache, dass er statt des Waffenmeisters nur diesen nichtsnutzigen Sklaven vorfand, obwohl er in dringender Angelegenheit Zaknafein sprechen musste. Des Weiteren störte ihn die Antwort des Halbdrow und augenblicklich ließ Dinin seiner Wut freien Lauf. Mit erhobener Hand holte der Dunkelelf aus und schlug Shar erneut auf den Kopf. Anschließend folgten heftige Ohrfeigen und einer der Schläge traf den Jungen an der Lippe, die daraufhin aufplatzte und ein kleines Rinnsal über dessen Kinn lief. Um die restliche Frustration loszuwerden, erhob Dinin ein Bein und trat mit voller Wucht gegen die Hüfte und Shar brach unter Stöhnen und Schnaufen auf dem Boden zusammen.

Zaknafein war gerade im Begriff mit einer abgetragenen Hose und einer Schüssel mit Essen zu seinen Privatgemächern zu gelangen. Als er im Übungsraum ankam sah er bereits von weitem eine Gestalt, die soeben versuchte in einer Ecke sich vom Boden zu erheben. Er beschleunigte seinen Schritt und stand kurz darauf unmittelbar vor Shar, der mit seiner dürftigen Kleidung auf dem Steinboden saß und ein wenig zerstreut und mitgenommen ausschaute ohne genaueres zu erkennen. Der Waffenmeister fragte sich, was nun wieder passiert sein könnte und ob dem Jungen etwas Schlimmeres passiert sei. Die aufkommende Wut, dass der junge Halbdrow einfach ohne Erlaubnis blindlings aus seinem Zimmer geschlichen war, vergaß er augenblicklich, ebenso, dass jemand von den anderen Mitgliedern des Hauses den Jungen gesehen haben musste. Wenn irgendjemand unangenehme Fragen stellen wollte, konnte er vorgeben, dass der Junge zu Übungszwecken und für eine neue Kampftechnik sein Leben geben musste. Nun erkannte der Krieger die blauen Flecke an dessen Armen und Beinen, die nicht von ihm stammten. Es war gerade mal eine halbe Stunde vergangen, als er diesen Halbdrow allein gelassen hatte und auf eine seltsame Art begann Zaknafein ihn in sein Herz zuschließen. Der Anblick erinnerte ihn an manch einen Schüler, den er während des Trainings und den vielen Übungsstunden mit solchen kleinen Verletzungen entlassen hatte. Aber dies hier war etwas anderes als ein Kampf mit Waffen gewesen zu sein. Zaknafein wusste instinktiv, dass hier etwas stattgefunden haben musste, was er nicht gut hieß. Shar wirkte so jung und unschuldig wie Drizzt und diese Tatsache musste wohl der Auslöser für seine Gefühle sein, dachte er sich. Als Zak sich aus seinen Gedanken riss und wieder nach unten blickte, war der Junge immer noch dabei, sich langsam aufzuraffen. Zaknafein hielt ihm unbewusst einen freien Arm entgegen, wobei er mit dem anderen die Kleidung und das Essen balancierte. Die Hilfe wurde von dem Sklaven gerne angenommen, auch wenn er ihn im ersten Moment verdutzt ansah. Der Drow wollte wissen was sich hier ereignete hatte, während er bereits so früh auf den Beinen nach Antworten suchte. Der Drowkrieger nahm jedoch an, dass der junge Halbdrow mal wieder, wie schon gestern Abend, versuchte hatte, zu fliehen. Zu keinem anderen Schluss kam er, doch da entdeckte Zak etwas und sein Blick blieb starr auf dem Steinboden haften. Auf dem Boden klebte ein kleiner Fleck frischen Blutes und als er Shar auf die Beine gezogen hatte, da konnte er nur einen einzigen Schluss daraus ziehen. Jemand war hier gewesen und hatte den Halbdrow brutal geschlagen. Mitleid zeichnete sich in den Augen des Waffenmeisters ab und gleichzeitig wurde er unglaublich wütend. Sogleich sah er aber auch die blutige Lippe und die glühenden Wangen.
"Wer war das?", fragte Zaknafein mit einem Anflug von Zorn in der Stimme und musste sich zusammen reißen, damit er nicht seine Erbitterung darüber an Shar ausließ. Dieser Junge war kein freiwilliges Opfer gewesen. Doch die Reaktion des Jungen war eine ganz andere, als sich der stolze Drow vorstellte.
„Ich … ich weiß nicht .... ich kannte ihn nicht, mein Herr", antwortete der Halbdrow mit brüchiger Stimme und humpelte einfach davon, genau in die Richtung von Zaknafeins Privatgemächern, so als wäre es etwas Alltägliches.
Der Waffenmeister sah ihm leicht verdutzt hinter her und nun bekam er die Bestätigung, die er noch gebraucht hatte. Der Junge war ein Lustsklave, doch diese waren ihm eher fremd. Er kannte die Sklaven des Hauses, die als Schwertfutter oder im Haushalt eingesetzt wurden. Zak erinnerte sich aber an die Worte von Rizzen, der den Sklavenhändler Nhaundar erwähnte und nach den Reaktionen und der Kleidung zu urteilen, konnte dies nur ein Lustsklave sein. Einen anderen Schluss gab es nicht für ihn. Gleichzeitig wurde er behandelt wie alle anderen, sich schlagen lassen und alles ohne ein Wimpernzucken hinzunehmen, das war das Los eines Sklaven. So folgte Zaknafein dem jungen Halbdrow, der im Zimmer zum stehen kam und sich dann auf die Knie fallen ließ. So verharrte er ruhig und schien auf etwas zu warten. Doch der Krieger wusste nicht so genau auf was und so schloss er zunächst einmal sorgfältig die Tür hinter beiden ab. Er brauchte niemanden der sie überrascht störte oder noch jemanden, der sein kleines Geheimnis herausfand, wenn schon Rizzen und vermutlich einer der Soldaten dies nun bereits kannten. Dann begab sich Zaknafein zu dem Tisch, stellte die Schüssel mit Essen ab und setzte sich auf einen Stuhl. Die abgetragene Hose hielt er immer noch in Händen und betrachtete sich dabei den jungen Halbdrow näher. Er weinte nicht, er schrie nicht, er zeigte überhaupt keine Reaktion auf die eben stattgefundene Brutalität, erkannte der Waffenmeister. Auf ungewohnte Art und Weise entsetzte es ihn zu sehen, wie gleichgültig der Junge damit umging. Was mochte mit ihm geschehen sein, dass er so abgestumpft war, fragte sich Zaknafein. Es war etwas, was ihn plötzlich noch wütender machte. Für ihn schien es etwas anderes zu sein, andere Drow und vor allem Mütter Oberinnen und Hohepriesterinnen Lolths zu töten. Sie starben schnell, manchmal auch grausam, aber sie hatten danach ihr Leben ausgehaucht und mussten nicht mit einer Schmach weiter leben, als wäre nie etwas passiert, wenn sie überhaupt jemals über solche Dinge nachgedacht hatten.
Stattdessen blieb Shar einfach in seiner Position ohne zu klagen oder zu murren, ganz so, als wäre nie etwas passiert. Zaknafein sah ihn wieder an und konnte nicht glauben, dass der Junge überhaupt keine Reaktion auf das Geschehene zeigte. Er selbst rutschte leicht nervös auf dem Stuhl hin und her und schaute den Jungen an.
"Geht es dir gut? Bist du schlimm verletzt?", fragte er den Halbdrow doch neugieriger als beabsichtigt.
Im ersten Moment machte es den Eindruck als wollte Shar überhaupt nicht antworten, doch dann wand er sich Zaknafein zu und blickte ihn mit großen, traurigen Augen an.
"Nein ... aber es ist doch normal, mein Herr", antwortete er lediglich im Flüsterton. Am liebsten hätte er noch hinzugefügt, dass er die Schmerzen aber nicht mochte und wusste nicht, wieso er dem Krieger das sagen wollte. Doch er schluckte die Worte ungesagt hinunter und schaute weiter zu dem Dunkelelfen hinüber, der seinen Blick nur unruhig erwiderte.
"Etwas Normales? So etwas ist nicht normal. Ein Drow tötet schnell und skrupellos, aber niemand hat das Recht einen Jungen, Sklave oder nicht, zu verprügeln", antwortete der Waffenmeister dröhnend und musste aufpassen, dass er diese Worte nicht schrie, um seine Aufgebrachtheit, die nun fast ihren Höhepunkt erreicht hatte, Platz zu machen. Aber sein Tonfall war laut genug gewesen, dass Shar etwas zusammen zuckte.
Wieder saß der Halbdrow einfach nur da und beobachtete Zaknafein. Er fragte sich worüber der Waffenmeister sich so aufregte, denn für ihn war das gerade Geschehene vollkommen normal in den letzten Jahren geworden. Obwohl er zugeben musste, dass der Fremde von vorhin sehr grob mit ihm ungegangen war. Innerlich ärgerte sich Shar lediglich, dass er zu dumm schien, um vorher zu fliehen.
"Wer tut dir so etwas an?", fragte Zaknafein erbittert.
"Ich … ich kannte ihn nicht und auch von den anderen Dunkelelfen kenne ich nicht alle Namen, aber einen gibt es, den ich niemals vergessen werde ... Dantrag Baenre", flüsterte Shar leise, aber laut genug, um sich erschrocken aufzurichten, da er diesen Namen nur mit Furcht aussprechen konnte.
Bei dem Namen Dantrag Baenre horchte der Waffenmeister auf. Hatte er soeben die Worte richtig verstanden oder hatte er sich nur verhört und fragte ohne Umschweife, "Hast du eben wirklich den Namen Dantrag Baenre gesagt? Meinst du den Waffenmeister des ersten Hauses Menzoberranzans?"
Der junge Halbdrow schaute leicht überrascht über diese Frage hinüber und nickte. Doch ihn brannte etwas ganz anderes auf der Seele und so nahm Shar all seinen Mut zusammen und wagte es den Blick aufrecht zu erhalten. Er wollte so gerne eine Frage stellen, auch wenn das bedeuten würde, dass er mit Schlägen für seinen Ungehorsam rechnen musste.
Zak entging während seiner Grübelei über Dantrag der Blick des Jungen nicht.
„Was willst du?“, erklang die freundliche Frage des Waffenmeisters.
„Mein Herr …“, begann Shar leise und schluckte kurz, dann setzte er von neuem an. „… Mein Herr, darf ich euch etwas fragen?“
„Natürlich, mein Junge“, kam die Antwort und ein Lächeln huschte ganz unbewusst über Zaks Gesicht, denn er begann den Sklaven zu mögen.
„Danke, mein Herr …“, setzte der junge Halbdrow an. „… Mein Herr, ist es nicht normal, was der Fremde gemacht hat?“
Diese Frage überraschte den Krieger mehr, als er zugeben wollte, obwohl sich seine Augen dabei weit öffneten. Er verkrampfte sich automatisch und so viele Gedanken auf einmal gingen ihm durch den Kopf. Eine zügellose Brutalität von seinem größten Konkurrent und selbst ernannten Feind Dantrag Baenre, machte ihn nun auch neugierig, ganz zu schweigen von all den unbekannten Drow. Des Weiteren musste er an die einfache Tatsache denken, dass der Halbdrow auch noch ein Lustsklave war. Vielleicht konnte er im Laufe des nun folgenden Gesprächs noch viele weitere Informationen in Erfahrung bringen. Der Kleine hatte wirklich keine Ahnung, sonst hätte er niemals gefragt, das wusste Zaknafein. Bevor er jedoch eine Antwort gab, stand er auf, ging langsam zu dem Sklaven hinüber und zog ihn auf die Beine. Dann nahm er ihn mit zum Tisch und ließ ihn neben sich, auf einem Stuhl Platz nehmen. Anschließend nahm Zak Platz. Der Waffenmeister spürte in der unmittelbaren Nähe des Jungen sein Zittern und so verhielt er sich recht ruhig, um den jungen Halbdrow nicht weiter zu verängstigen. Das war das Letzte was er wollte. Er wünschte sich Antworten und die konnte er durch geschicktes Fragen erhalten.
Zur gleichen Zeit wusste Shar nicht so recht, ob er die falsche Frage gestellt hatte oder was der Drow von ihm mit dem freundlichen Verhalten bezwecken wollte. Doch in seiner kleinen Welt, wo nur Gewalt und Vergewaltigungen stattfanden, ging er nun davon aus, dass der Waffenmeister sich jetzt das holte, was er die ganze Zeit über nicht getan hatte. Dabei bebte der Körper des Jungen leicht und er hoffte, dass die Schmerzen nicht allzu schlimm werden würden. Doch Shar erschrak auf überraschende Weise, als er die Stimme des Dunkelelfenkriegers vernahm.
"Das was gerade mit dir geschehen ist, ist nicht normal. Eigentlich darf so etwas niemals geschehen, denn es ist absolut schändlich und unter jeder Würde. Was hat Dantrag mit dir gemacht? Würdest du mir davon erzählen?", fragte Zaknafein ruhig den Jungen. Er musste wissen zu welchen Schandtaten sich der Waffenmeister des ersten Hauses hinreißen ließ und er somit etwas gegen ihn in der Hand haben konnte. Vielleicht könnte er die Information für die Zukunft nutzen.
Verwirrt über den Mann und dessen Reaktion schaute Shar zu Boden und musste die Worte erst einmal verdauen. Der Krieger hatte soeben erklärt, dass die Schmerzen nicht normal waren und es schändlich wäre, aber wieso taten es dann Nhaundar und all die anderen Drow mit ihm? Der junge Halbdrow verstand dies alles nicht und schien verstört, wollte sich jedoch nichts anmerken lassen. So versuchte er sich zusammen zu reißen und sagte sich, dass er diesem Dunkelelfen wohl Vertrauen entgegen bringen konnte, wie auch Sorn. Und während er an den Priester dachte, da wurde Shar bewusst, dass der Krieger auf gewisse Art und Weise dem jungen Drow glich. Er hatte bis jetzt nichts von ihm gewollt, außer Antworten und er redete einfach nur mit ihm. Vielleicht brauchte er vor dem Krieger wirklich keine Angst empfinden. Er musste es auf einen Versuch ankommen lassen. Wenn der Soldat etwas anderes beabsichtigte, dann würde er es sowie so tun, früher oder später. Shar holte noch einmal tief Luft und begann dann zu erzählen.
"Mein Herr … Dantrag holt mich manchmal zu sich. Dann bleibe ich bei ihm. Er sperrt mich in einen Käfig ein. Manchmal ist er sehr seltsam und spielt noch seltsamere Spiele. Mein Herr Nhaundar will aber immer, dass ich wieder gesund nach Hause komme. Dantrag behandelt mich immer sehr schlecht, er schlägt mich viel und macht immer viele Schmerzen. Es macht ihm Spaß zu sehen wenn ich schreie und Angst habe. Einmal hat er mich sogar fast seiner Göttin übergeben, dass diese mich auffrisst. Sie stand genau vor mir und sah mich an. Dabei verwandelte sie sich von einer Frau in eine Spinne, immer und immer wieder", murmelte Shar und hoffte, dass alles richtig zu erzählen. Denn Nhaundar hatte ihm stets gesagt, dass er nicht Lügen durfte. Aber der junge Halbdrow wusste nicht, dass diese einfache Drohung seines Herrn eher dazu diente, dass der Sklave ruhig blieb und nichts von den privaten Gesprächen und Handlungen von Shars Freiern preisgeben sollte. Daran dachte Shar aber nicht, er schien eher stolz darauf, soviel auf einmal erzählen zu dürfen, auch wenn die Erinnerungen schmerzten.
Die letzten Worte ließen Zaknafein aufhorchen, wusste er doch, das Dantrag nichts von Lolth hielt.
"Göttin? Meinst du Lolth, die Hure von einer Spinne?", spie der Waffenmeister voller Hass aus, wobei er sich zusammen reißen musste, wieder seine Haltung zu bewahren. Er ballte seine Hände zu Fäusten, wobei sich die Knöchel bereits deutlich abzeichneten und ließ das eben gesagte einen kurzen Moment auf sich wirken und wartete gleichzeitig auf die Antwort des Jungen.
Shar riss die Augen weit auf und starrte den Krieger mit offenem Mund an. So was konnte er doch nicht sagen, jetzt würde die Göttin kommen und ihn holen. Er musste ganz dringend etwas unternehmen und so sprang er vom Stuhl auf und drückte dem Waffenmeister zwei Finger auf die Lippen.
"Nicht mein Herr ... so etwas dürft ihr nicht sagen, sonst kommt sie und holt euch .... so wie sie mich fast geholt hat, weil ich nicht gemacht habe was Dantrag wollte", flüsterte Shar mit zittriger Stimme und begann zu lauschen, ob er verdächtige Schritte draußen wahrnehmen konnte.
"Sie holt mich?", fragte der Waffenmeister verdutzt und war kurz davor in schallendes Gelächter auszubrechen, auch wenn die Situation eigentlich schlimm genug war, um zu weinen. Er konnte das eben Gesagte kaum glauben, Dantrag hatte den Kleinen mit Religion verängstigt und gehorsam gemacht und gleichzeitig seine blasphemische Neigung zur Spinnenkönigin zum Ausdruck gebracht, Dantrag war nämlich genauso ungläubig wie Zaknafein. Aber noch was lag ihm auf der Zunge und so fragte er den Jungen, "Shar, weißt du denn überhaupt wer die Göttin ist?"
Die Ironie des Ganzen gefiel Zaknafein und jetzt konnte er nicht mehr an sich halten und musste lauthals lachen ohne auf Shars Antwort zu warten. So einen guten Witz hatte er schon lange nicht mehr gehört und dies alles sollte von Dantrag selbst eingefädelt worden sein. Leider musste Zak sich gleichzeitig selbst auch eingestehen, dass sein Konkurrent seinen Einfluss benutzte und dem unwissenden Jungen eine gute Märchengeschichte aufgetischt hatte, die wohl seine Wirkung nicht verfehlt zu haben schien. Zaknafein war niemals in seinem Leben in der Kapelle vom Haus Baenre gewesen. Aber wie die meisten adeligen Drow in der Stadt wusste er, dass es sich um die eben erwähnte Gestalt nur um das Geschenk von Sos'Umptu, einer Tochter des Hauses, handelte, die der Erzmagier Gromph mit einem Zauber belegte. So verwandelte sich das Abbild von Lolth in einem gleich bleibenden Rhythmus von Frau zur Spinne, immer und immer wieder. Als sich Zaknafein wieder einigermaßen im Griff hatte, schaute er den Jungen an, der etwas eingeschüchtert vor ihm stand und den Mund vor Angst weit geöffnet hatte, als wollte er schreien.
"Ganz ruhig, mein Junge. Setz’ dich wieder, es wird nichts passieren, das kann ich dir versprechen. Erzähl’ mir genau, was Dantrag dir gesagt hat, Shar. Denn ich glaube er hat dich angelogen", meinte der Waffenmeister beruhigend und hoffte so den Jungen dazu zu bringen etwas mehr von sich und seinem Leben zu erzählen und lächelte ihn ohne Hinterlist freundlich an.
Shar war immer noch geschockt, tat aber was der Krieger von ihm verlangte und setzte sich wieder neben ihn.
"Herr, einmal da hat mich der Waffenmeister gejagt. Das war das erste Mal als ich bei ihm war. Er sagte einfach nur ich sollte losrennen … ", und der junge Halbdrow begann alles zu erzählen, was ihm in den Sinn kam. Am Ende stockte die Stimme Shars und drohte zu versagen, wenn er sich an diese schrecklichen Abende mit Dantrag zurück erinnerte.
Zaknafein riss im gleichen Moment seine Augen vor Schreck auf. Seine Augen glühten rot vor Wut auf. Dantrag war, wie er selbst, ein tödlicher Waffenmeister und sein größter Konkurrent, aber das er zu solchen Taten im Stande war, überstieg nun auch Zaks Fassungsvermögen. Dantrag hatte mit dieser grausamen Schändung sein eigenes Leben und das unschuldige Leben des Jungen riskiert, der vollkommen ahnungslos schien. Er verstand Shar, da dieser nicht wusste was dort vor sich ging, bis auf die Schmerzen, die er wohl bei der Vergewaltigung empfunden haben musste. Bei diesen Gedanken holte der stolze Drowkrieger einmal tief Luft und schlug einen Arm über die Schultern des jungen Halbdrow, um ihm so zu zeigen, dass er in diesem Moment nicht alleine war und er keine Angst haben musste.
Verwirrt über diese Geste zuckte Shar zusammen. Sein Körper versteifte sich unter der Berührung des Kriegers. Der Junge war solche Gesten nicht gewöhnt und bekam plötzlich ein ungutes Gefühl. Vielleicht wollte dieser Drow nun doch mehr, als er am Anfang zugegeben. Doch da erklang erneut die Stimme des Waffenmeisters. "Du kannst mich Zaknafein nennen, wenn du willst, Shar. Sag nicht „Herr“ zu mir, ich mag das nicht besonders."
Mit großen Augen schaute Shar den Dunkelelfen an, denn niemals zuvor hatte ihm einer seiner Freier gestattet ihn mit Namen anzusprechen. Es gab nur eine Person und diese war Sorn. Den Vergleich, den der Junge zuvor noch gezogen hatte, schien sich in diesem Augenblick zu bestätigen und die Angst schwand.
Zaknafein neigte zur gleichen Zeit leicht den Kopf und musterte das junge Gesicht seines Gegenübers.
"Sag mal Shar, wie alt bist du eigentlich?", wollte der Krieger neugierig wissen.
Erneut blickte der junge Halbdrow überrascht zu dem Drow und versteckte seine Unsicherheit nicht. Gleichzeitig konnte er auf die Frage von Zakanafein nicht antworten. Er wusste selbst nicht wie alt er war. Unsicher sah Shar zu Boden.
"Ich weiß nicht wie alt ich bin mein H ... Zaknafein", dann schwieg er betroffen und sah gänzlich zur Seite weil er sich für seine Dummheit schämte. Aber auf der anderen Seite, woher sollte er es denn wissen, niemand hatte ihm zählen beigebracht, geschweige denn lesen und schreiben. Doch plötzlich gab es einen Lichtblick in seinen getrübten Erinnerungen. Er erinnerte sich daran wie sein Vater einst zu ihm sagte, dass er im Jahr geboren worden war, dass sich „das Jahr der Klinge“ nannte. Ein wenig schüchtern sah er den Krieger an.
"Ich wurde im Jahr der der Klinge geboren. Das hat mir mal mein Vater erzählt", sagte der Junge ganz stolz und seine Augen fingen an zu leuchten.
Zaknafein musste bei diesem Anblick lächeln, doch dann begann er auch schon zu überlegen und zu seinem großen Entsetzen musste er erkennen, dass der Junge gerade 34 Jahre alt war. Nur knapp 20 Jahre älter als sein Sohn Drizzt. Bei dieser Erkenntnis krampfte sich alles in Zaknafein zusammen. Das hier war wahrlich ein junger Halbdrow, schoss es ihm durch den Kopf. Sein Verstand konnte es im ersten Moment nicht wirklich fassen und begreifen, dass man Freude daran empfinden sollte, ein Elf in diesem Alter zu schänden. Unbändige Wut begann ihn ihm aufzusteigen und am liebsten hätte er jetzt Dantrag und diesem Nhaundar ein Schwert für die abscheulichen Verbrechen in die Rippen gestoßen. Und ein weiterer Gedanke ging ihm durch den Kopf. Der Junge hatte soeben von seinem Vater erzählt. Er dachte an einen Drow, der wohl eine Oberflächenelfe gewaltsam genommen hatte, wie es viel zu oft der Fall war und so sagte er mehr zu sich selbst, als zu Shar. "Deine Mutter tut mir Leid bei so einem Vater."
Plötzlich wurde der Junge wütend über diese Worte und ungewollt platzte es aus ihm heraus. "Über meine Mutter könnt ihr sagen was ihr wollt, doch über meinen Vater sagt ihr nicht schlechtes. Er war ein großer Krieger der Mondelfen, ein stolzer Kämpfer und er hat immer auf mich aufgepasst", schrie Shar und ballte dabei seine Hände zu kleinen Fäusten. Sein Atem kam stoßweise und Shar überkam eine plötzlich aufwallende Wut.
Der Waffenmeister sah den Jungen mit großen Augen an und plötzlich wurde es dem Halbdrow bewusst, was er da gerade getan hatte. Aus reinem Reflex legte er sich selbst die Hand auf den Mund und starrte Zaknafein erschrocken an. Shar konnte es nicht fassen, dass er gerade diesen Drowkrieger angeschrieen hatte, sicherlich war dieser jetzt sehr zornig, dachte er ängstlich.
Verwirrt über die Aufgebrachtheit des Jungen und über die Tatsache, der Vater sei ein Kämpfer der Mondelfen, schien Zaknafein nicht richtig verstehen zu wollen. Diese Worte aus dem Mund des jungen Halbdrow zu hören, war etwas völlig anderes, als er soeben noch gedacht hatte und was er sich kaum vorstellen konnte. Normalerweise waren es doch stets die Männer, die die Väter solcher Halbdrow waren, selten umgekehrt. Doch Zaknafein nahm an, dass sich der Kleine vor ihm wichtig tun wollte, da er von einem Krieger sprach und sich wohl einen Waffenmeister als Vorbild dafür genommen hatte. Den Wutausbruch von Shar nahm er ihm auch nicht übel, immerhin wusste er nun auch, dass der Junge nicht so schüchtern war, wie er sich stets gab. So stahl sich ein Lächeln auf Zaknafeins Gesicht und er sprach ruhig. "Schon gut, Shar. Das ist eine Seltenheit, mein Junge ... du musst wohl sehr stolz auf deinen Vater sein, wenn er ein Krieger der Oberflächenelfen ist?" Doch der ironische Unterton in der Stimme des Waffenmeisters war unüberhörbar.
"Ja, er ist ein Krieger der Mondelfen...", murmelte Shar leicht verstört und dachte überhaupt nicht an die Tatsache, dass er von Handir erzählte, als wäre er noch am Leben. Doch für den Jungen selbst gab es keine andere Wahrheit als die, dass sein Vater noch lebte und sich ihm in Zukunft offenbaren würde. Ganz so, wie er es ihm bei ihren geheimen Gesprächen im Kopf versprach. Dann sah der Junge zur Seite und eine ungeahnte Trauer überkam ihn.
Nachdenklich musterte Zaknafein den Halbdrow und er erkannte, dass es eigentlich keine wirkliche Rolle spielte, ob der Kleine die Wahrheit über seinen Vater erzählte oder nicht. Behutsam legte er erneut seinen Arm um Shars Schulter, als er bemerkte, dass der Junge weinte. Die Tränen flossen aus seinen blauen Augen und auf eine seltsame Weise fühlte er plötzlich mit ihm. Nach einiger Zeit, während sich der Halbdrow wieder langsam beruhigte legte er ihn behutsam auf sein eigenes Bett und holte kurz die Decke, die der Junge in die Ecke des Raumes mitgenommen hatte, und deckte ihn damit zu. Während er zuschaute wie Shars Augen sich schlossen und er einschlief, machte sich Zaknafein gedanklich bereits auf, gleich in den Übungsraum zu gehen.
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