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Begabung

By: RihaijdeRih
folder German › Originals
Rating: Adult +
Chapters: 11
Views: 4,613
Reviews: 24
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Disclaimer: This is a work of fiction. Any resemblance of characters to actual persons, living or dead, is purely coincidental. The Author holds exclusive rights to this work. Unauthorized duplication or commercial use is prohibited
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Gefangen

Zitternd wachte Arlyn in der Nacht auf. Es war sehr kalt geworden.
Über ihm waren die Sterne durch das spärliche Blätterdach klar am Himmel zu sehen.
Fröstelnd rieb er sich heftig die Hände und die Arme, doch die Kälte ließ sich nicht so leicht vertreiben.
Zitternd veränderte er immer wieder seine Postion, schlief nur kurz ein, um immer wieder vor Kälte schlotternd aufzuwachen.
Merkwürdige Geräusche um ihn her ließen ihn immer wieder erschrocken zusammen zucken. Die Nacht war voll davon.
Was war gefährlich, was konnte er unbeachtet lassen? Arlyn wusste es nicht. Er hatte nie in einem Wald übernachten müssen.
Arlyns Herz schlug schnell und hart. Der nächtliche Wald war voller ihm gänzlich unbekannter Gefahren. Tiere bewegten sich raschelnd und knackend durchs Unterholz. Irgendwo schrien Eulen ihre unheimlichen Rufe.
Später in der Nacht war der Himmel bedeckt und erlaubte ihm kein Mondlicht um seine Umgebung genauer wahrzunehmen.
Eng drückte er sich gegen seinen Baum, versuchte, seine Magie einzusetzten, um sich zu wärmen, um ein Licht herbei zurufen, doch rasch wurde ihm wieder klar, das sein Meister ja seine Magie gebunden hatte. Er konnte sie nicht benutzen. So lag er bibbernd vor Kälte mehr oder weniger wach und lauschte aufmerksam in die Dunkelheit hinein
Mehrmals sprang er auf, wenn ein Geräusch so nahe kam, dass sein Herz vor Aufregung laut schlug und er vor Angst starr wurde, doch nichts näherte sich ihm. Als es nach vielen, vielen Stunden endlich dämmerte, tastete sich der Junge den Weg zurück zur Straße.
Zitternd vor Kälte begann er zu laufen. um endlich wieder warm zu werden, die klamme Steifheit aus seinem Körper zu bekommen. Er ging erst wieder in einen ruhigen Schritt über, als das diesige Grau um ihn her sich in den ersten Strahlen der Sonne in Nichts auflöste.
Nebel zog in flüchtigen Bahnen über die Straße, die Luft war kühl und voller intensiver Gerüche nach Erde und Pflanzen. Tief sog Arlyn sie ein, genoss die freidliche Stimmung um ihn her, als die Vogelstimmen immer lauter und zahlreicher wurden, den Tag begrüßend.
Die Sonne gewann rasch an Kraft und Arlyn fühlte sich zwar müde und zerschlagen von der unruhigen Nacht, aber die Sonne wärmte endlich seine Knochen und gab ihm Kraft.

Leider meldete sich nun auch sein Magen zu Worte, der ja seit gestern nichts mehr zu essen bekommen hatte. Suchend blickte sich der Junge um, aber es gab am Wegessrand nichts, was er essen konnte. Oder von dem er wusste, das er es essen konnte. Einfach so zu probieren traute er sich dann doch nicht.

Irgendwann würde die Straße ja mal auf ein Dorf treffen müssen, dachte sich Arlyn zuversichtlich, ignorierte das zunehmend bohrende Gefühl in seinem Magen.
Leise seufzend dachte er daran, dass es jetzt in der Burg ein gutes Frühstück für alle Schüler geben würde. Warmes Brot, Käse, Milch, Äpfel. Arlyn verspürte fast den Geschmack des frischen Brotes im Mund und schluckte mehrmals schwer, bei dieser Vorstellung.
Fast sehnte er sich zurück, aber dann kamen die Bilder von seinem Kampf mit Farjin wieder in sein Bewusstsein.
Arlyn verzog kurz den Mund. Er würde schon etwas zu essen finden. Diese Straße musste ihn ja irgendwohin führen. Bestimmt gab es hier irgendwo ein Dorf oder einen Bauernhof in der Nähe.
Er konnte sich nicht dran erinnern, ob er mit seinem Meister, damals vor fünf Jahren, mit der Kutsche diese Straße entlang gekommen war. Daran erinnerte er sich nicht mehr. Viel zu aufgeregt war er gewesen bei dem was ihn alles erwarten würde. Zu verschüchtert, von dem großen Mann bei ihm, der meistens geschwiegen hatte, ihn nur hin und wieder nachdenklich musternd. Fünf Jahre lang hatte er Farjins Burg nicht verlassen, wusste nicht, was außerhalb der dicken Mauer vor sich ging.
Ja, er wusste nicht einmal, in welchem Teil des Landes er sich befand. Nun, zum ersten Mal außerhalb der burg fehlte ihm jegliche Orientierung.

Langsam stieg die Sonne höher. Gegen Mittag war sein Hungergefühl schon recht stark, doch noch immer hatte er kein Dorf, kein Haus gesehen. Arlyn wanderte die Straße völlig alleine entlang. Endlos begleitete ihn der Wald um ihn her, schien nie zurück zu weichen, umgab ihn ringsum, wie neue, hohe Mauern. Es gab nur wenige Lichtungen, meistens drängten sich die Bäume und das Unterholz dicht und dunkel bis an die Straße heran.
Die Sonne brach immer wieder durch das Blätterdach und schien ihn voranzutreiben. Aber nach und nach wurde Arlyn müde. Die kalte Nacht mit zu wenig Schlaf, holte ihn ein und er bemerkte mehrfach zu spät, wie er im Gehen kurz weg nickte.

Schließlich stolperte er, fiel schmerzhaft auf die Knie und blieb erstmal benommen liegen. Langsam stand er taumelnd wieder auf und suchte sich dann einen Baumstamm am Straßenrand, um sich, den Kopf dagegen gelehnt, auszuruhen und kurz die Augen zu schließen. Immerhin war es jetzt warm genug, so dass er wohl Schlaf finden würde. Die Augen fielen ihm fast sofort zu. Warme Luft umwehte ihn, ruhige Vogelstimmen lullten ihn sicher in den Schlaf.

Hufgetrappel ließ ihn aufschrecken. Die Geräusche näherten sich ihm rasch. Benommen stemmte er sich hoch und sah die Straße entlang, die hinter ihm einen Bogen schlug. Plötzlich bogen vier Männern zu Pferde um die Ecke und zügelten sofort ihre Pferde, als sie seine, im Schatten verborgene Gestalt erblickten. Der Junge trat vom Straßenrand weg auf sie zu, musterte sie aus dem Schatten seines Baumes hervor. Er sah sich vier, nicht unbedingt Vertrauen erweckenden Gestalten gegenüber. Die Männer verhielten ihre schwitzenden Pferde vor dem Jungen.
Arlyns Blick glitt über die Männer. Sie waren wie Söldner gekleidet, trugen dunkle Kleidung, Messer am Gürtel und Schwerter. Weitere Waffen waren auf ihren Rücken geschnallt oder hingen an ihren Sätteln.Ihre schmutzigen, ungepflegten und bärtigen Gesichter, musterten ihn unverhohlen neugierig.

Arlyn war zu überrascht und auch erleichtert, anderen Menschen zu begegnen, um ängstlich zu reagieren. Er trat noch weiter vor, verließ nun ganz den Schatten und blickte die Männer freundlich lächelnd an: „Verzeiht meine Herren“, begann er unsicher. „Wie weit ist es wohl bis zur nächsten Ansiedlung? Könnt ihr mir bitte sagen, wohin diese Straße führt?“
Die Männer sahen ihn sichtlich überrascht an, ihre Blicke glitten über seine ungewöhnliche Erscheinung mit der hellen Haut.
Der größte von ihnen drängte sein Pferd etwas nach vorne, sah ihn mit einem merkwürdigen Blick von Kopf bis Fuß an und stieß plötzlich hervor: „Bei den Göttern, du bist ja ne echte Schönheit, Kleiner.“
Die Männer sahen sich an und lächelten.

Der Mann, der ihm am nächsten war, grinste ihn an, musterte den Jungen von oben nach unten mit einem, Arlyn unbekannte Ausdruck.
„Schätze diese Straße führt dich nirgendwo mehr hin, Bürschchen. Du brauchst nicht weiter suchen, denn nun haben wir dich ja gefunden“, grinste er den Jungen an.
Die Anderen lachten bei seinen Worten rau auf, blickten nun eindeutig begierig auf den schlanken Jungen vor ihnen.
Arlyn durchlief ein Schauer, die Männer wirkten mit einem mal sehr bedrohlich auf ihn und ihre Blicke schienen ihn abzuschätzen. Der große Mann, den er angesprochen hatte, stieg vom Pferd und trat auf Arlyn zu. Er strahlte eine so unmittelbare Bedrohung aus, das Arlyn instinktiv seine Magie sammelte und... Nichts geschah.

Die Bänder! Erschrocken erinnerte er sich daran, was Farjin getan hatte. Er konnte keine Magie wirken. Er hatte keinen Schutz. Sein Meister hatte seine Magie gebunden.
Angst stieg in dem Jungen auf, als sich ihm der Mann weiter grinsend näherte.

Er war groß und sehr breitschultrig, sehr kurzes, ungepflegtes dunkles umrahmte sein hartes Gesicht und sein stoppeliger Bart wirke ebenso ungepflegt, voller fettiger Flecken darin.
„Du kommst am besten einfach mit uns, Jungchen“, meinte er, „Bevor du dich noch weiter verirrst.“

Er streckte die Hand nach Arlyn aus. Erschrocken trat der einen Schritt zurück.
„Ja, Jungchen. Wir haben ein nettes Plätzchen für dich. Da ist es warm und kuschelig. Glaub mir, uns wird allen dort schön warm werden“, warf einer der anderen ein und er sah den hellhaarigen Jungen auf eine sonderbare Art an, leckte sich dann demonstrativ die Lippen. Die anderen lachten auf bei seinen Worten.

Arlyns Blick glitt unsicher von einem zum Anderen. Er wusste nicht, was er von ihnen halten sollte, nur dass sie ihm Angst machten.

„Götter!“ warf ein anderer, schlankerer, jüngerer Mann ein, „Dieser Junge ist so schön, so etwas habe ich noch nie gesehen. Schaut euch nur mal diese helle Haut und diese schimmernden Haare an. Und dieser Körper! Das wird ja ein echtes Vergnügen werden. Wenn das keine verdiente gute Bezahlung ist!“

Wieder lachten sie.
Arlyns Angst nahm zu. Er verstand nicht was hier vor sich ging, schluckte schwer, wich weiter zurück, handelte dann instinktiv, drehte sich um und rannte los.
Er hörte, wie die Männer kurz hinter ihm fluchten, aber er blickte sich nicht mehr um, sondern rannte einfach so schnell er konnte die Straße hinunter.
Der Wald war dicht, überall verfilztes Unterholz. Arlyn vernahm Geräusche hinter sich und wagte es, im Laufen über die Schulter zu blicken. Sie folgten ihm! Er hörte den donnernden Hufschlag, als sich die Pferde ihm näherten. Direkt neben ihm tauchte plötzlich einer der Männer auf, drängte sein braunes Pferd an ihn.

Arlyn wich aus, stieß dabei fast mit dem nächsten Reiter zusammen, der sich ihm von der anderen Seite näherte. Sie nahmen ihn bewusst zwischen sich, versuchten ihn abzudrängen. Verzweifelt suchte Arlyn nach einer Lücke im Gebüsch, durch die er ihnen entkommen könnte.
Abrupt stoppte er ab, rannte zurück. Die zwei Männer zügelten ihre Pferde grob, aber hinter ihm waren noch die zwei anderen, die nun aufschlossen hatten, ihm so auch diesen Weg versperrten.
Verzweifelt nach einem Fluchtweg suchend, drehte sich der schlanke Junge im Kreis und wurde von einem Pferd hinter ihm grob umgestoßen, fiel unsanft zu Boden. Noch bevor er sich wieder hoch rappeln konnte, sprang einer der Männer direkt neben ihm aus dem Sattel, ergriff seinen Arm und drehte ihn herum.

Arlyn schrie auf vor Schreck und Schmerz, reagierte, indem er versuchte, ihm seine Magie entgegen zu schleudern, Magie, die er nicht mehr hatte, doch die Wucht der Bewegung seiner Hand versetzte dem grobschlächtigen Mann, der ihn festhielt, immerhin einen heftigen Schlag ins Gesicht.

Fluchend ließ er Arlyns Arm los. Der zögerte nicht lange, versuchte unter dem Hals des Pferdes hinweg zu tauchen und in Richtung Waldrand zu entkommen Weit kam er nicht, denn etwas Schweres traf ihn in den Rücken und ließ ihn wieder stürzen. Hart schlug er auf, spürte einen scharfen Schmerz an der Wange, als er sich an einem Stein eine Schramme zufügte. Erneut versuchte er aufzuspringen, doch sein erschöpfter Körper brauchte einen Moment und er kam nur schwankend hoch, da waren die Männer heran.

Zwei sprangen von ihren Pferden, ergriffen ihn grob und zerrten ihn hoch. Arlyn stemmte sich gegen den Griff, wand sich, trat um sich und versuchte sich zu befreien, aber die Männer waren ihm kräftemässig hoffnungslos überlegen. Sie zwangen seine Arme auf seinen Rücken, banden sie rasch mit einem Lederband fest.

Der hellhäutige Junge spürte Blut sein Gesicht hinunter laufen, als die Männer ihn erneut grob zu Boden stießen, wo ihn einer fest auf den Boden drückte. Zappelnd wehrte sich Arlyn gegen den Griff, atmete Staub ein und hustete ihn gequält wieder aus.
„So ein kleines Wildpferd“, keuchte der Mann, der ihn festhielt, „Hat Runko doch glatt nen Schlag ins Gesicht verpasst!“
„Runko, bist du okay?“, rief der andere zu dem breitschultrigen Mann hinüber, den Arlyn geschlagen hatte.

Ein Grunzen ertönte und der, mit Runko Angesprochene, näherte sich ihnen. Der jüngere Man zerrte den Jungen grob wieder auf die Füße und er sah, wie sich ihm der Mann mit den langen dunklen Haaren näherte.

Arlyn sah ihn angsterfüllt näher kommen. Sein Schlag hatte den Mann hart getroffen. Sein Gesicht war voller Blut welches ihm aus der Nase tropfte. Seine Augen waren zornig auf den Jungen mit den rotblonden Haaren gerichtet
Arlyn wand sich heftiger im Griff des Mannes, als er den wütenden Runko auf sich zukommen sah.
„Kleines Biest“, zischte Runko ihn an, betrachtete ihn wütend, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und starrte beinahe hasserfüllt auf den ängstlichen Jungen. „Niemand verpasst mir einfach so einen Schlag. Das wirst du mir teuer bezahlen!“

Er trat dicht an ihn heran, griff nach Arlyns Hemd und riss den Leinenstoff grob mit beiden Händen auseinander, legte die blanke Brust des Jungen frei.
Arlyn keuchte entsetzt auf, wand sich noch heftig, aber der Mann hinter ihm ließ ihn nicht los, hielt seine gefesselten Arme nur umso fester umklammert.

„Lass das, Runko“, rief ihn der große Mann zurück, der nicht vom Pferd gestiegen war. „Dafür ist später Zeit. Laßt uns von hier verschwinden. Margon, du nimmst den Kleinen zu dir aufs Pferd.“

Als sich Runko nicht rührte und den rotblonden Jungen weiterhin wütend anstarrte, ritt der große Mann näher und setzte hinzu: „ Runko, du Trottel! Los vorwärts, lasst uns endlich von dieser Straße verschwinden. Engas, los auf die Pferde!“
Engas war der Man, der Arlyn festhielt. Er folgte dem Befehl sofort, stieß ihn auf den anderen Mann zu, den der große Anführer Margon genannt hatte. Dann trat er zu Runko, streckte seinen Arm nach ihm aus, als ob er ihm helfen wollte.
„Das geht vorbei!“, knurrte Runko, schlug den Arm weg, wandte sich ab und stieg wieder aufs Pferd.

Margon zerrte Arlyn mit sich,, hob ihn ohne Schwierigkeiten hoch auf sein Pferd. Der Junge war wie erstarrt, begriff nicht, was mit ihm geschah. Margon stieg direkt hinter Arlyn auf, umfasste seine Taille mit einem festen Griff. Als sich das Pferd in Bewegung setzte, kämpfte Arlyn bei der ihm ungewohnten Bewegung um sein Gleichgewicht, aber der starke Arm um seine Taille verhinderte, das er hinunter fiel.
Der Mann setzte das Pferd vom stoßenden Trab in den Galopp und folgte den Anderen die Straße hinunter.

Arlyn war so voller Angst, dass er nicht wagte, etwas zu sagen, geschweige denn zu fragen, was diese Männer von ihm wollten. Er kämpfte um sein Gleichgewicht, was ihn auch daran hinderte, sich gegen den festen Griff zu wehren. Sein zerrissenes Hemd flatterte um ihn her und die Bewegungen des Pferdes waren alles andere als sanft. Er wurde ziemlich durchgeschüttelt, klemmte immer wieder die Beine fest an den Sattel, um nicht hinab zu rutschen, spürte, wie der Stoff seiner Hose stellenweise seine Haut langsam auf rieb.

Mehrere Stunden waren sie so unterwegs und Arlyn spürte, dass er sich vor Erschöpfung und Muskelanspannung nicht mehr lange aufrecht halten können würde. Seine Beine fühlten sich schwer und wund an, alles tat ihm weh und er sackt immer wieder vornüber, wäre gefallen, wenn ihn Margon nicht wieder hochgerissen hätte.
Die vier Männer sprachen wenig. Engas erkundigte sich einmal nach Runko, der ihn grob anherrschte, seine Nase sei nicht gebrochen und hätte auch aufgehört zu bluten.

Als sie schon eine ganze Weile unterwegs waren, kam Runko neben sie geritten und sah grinsend zu Margon und dem Jungen hinüber.
„Na, Margon, du hast ja schon dein Vergnügen! Lass uns noch was zu tun, beim Einreiten des kleinen, blonden Wildpferdes“ lachte er grob, sah Arlyn dabei hämisch an. Der Junge wandte sofort den Kopf, wollte diesen Mann nicht ansehen, der ihm solche Angst machte.

„Runko, dass du nur immer an das eine denkst, wissen wir alle, vor allem wenn es sich um so ein schönes, schlankes und so wildes Fohlen handelt. Da tätschelt man gerne die Kruppe.“
Margon lachte zurück, zog gleichzeitig Arlyn dichter an sich heran, presste ihn kurz ganz eng an sich. „Fühlt sich sehr gut an. Oh ja!“
„Hört auf, da so rumzualbern“, brüllte der große Mann, den Arlyn für den Anführer hielt von hinten, „Ich will vor der Dunkelheit da sein!“
„Okay, okay“, beruhigte Margon den Anderen und Runko ließ sich noch immer grinsend wieder zurück fallen.

Sie kamen an eine Straßengabelung, bogen nach links ab. Arlyns Beine schmerzten von der ungewohnten Bewegung unter ihm immer mehr, sein Rücken tat ihm weh und die vielen Prellungen und Schürfwunden machten sich immer mehr bemerkbar. Und er hatte keine Magie sich zu heilen.
Schmerzhaft war er sich dessen bewusst, wie selbstverständlich die Magie für ihn geworden war. Sie war immer da, immer präsent, immer ein Teil von ihm, auch schon bevor Farjin ihn seinen Eltern abgekauft hatte. Er hatte die Magie in sich immer gespürt, auch wenn er damals nicht gewusst hatte, was es war.

Nun war sie nutzlos, unerreichbar und er in der Gewalt von vier fremden Männer. Was wollten sie nur von ihm? Warum hatten sie ihn gefangen?
Am späten Nachmittag waren sie wiederum auf einen schmalen Pfad abgebogen und erreichten irgendwann ein gedrungenes Holzhaus auf einer Lichtung mitten im Wald. Das Haus war recht groß, aus festen Holzstämmen gebaut und hatte einen Pferdepferch daneben.

Engas, der jüngste der vier, ein großer, schlanker Mann mit grünen Augen und krausem hellbraunem Haar, trat zu Margon heran, half Arlyn vom Pferd, als sie endlich vor dem Haus anhielten.
Leise seufzend glitt der Junge hinab. Seine Muskeln waren so erschöpft, das er nicht stehen konnte, sondern einfach vornüber auf den Boden fiel. Engas ergriff ihn, zog ihn wieder hoch, stützte den Jungen, der benommen schwankte.

„Runko, du kümmerst dich um die Pferde. Engas, bring den Kleinen hinten ins Zimmer. Margon, du kümmerst dich ums Feuer“, erteilte der große Mann seine Befehle.
Die anderen Männer gehorchten wortlos.

Arlyn war viel zu erschöpft und verängstigt, um jede Einzelheit wahrzunehmen. Dennoch warf er nun genauere Blicke auf die Männer, die ihn gefangen hatten. Der vierte Mann war sehr groß, breitschultrig mit ganz kurzen, dunklen Haaren, einem stoppeligem Bart, einem sehr harten Gesicht, mit scharfen Zügen und grauen Augen. Seine Nase war sehr schmal und er hatte ein starkes Kinn.

Margon war ein schmalerer Typ mit hellbraunen, langen Haaren, die aber schmutzig und ungepflegt wirkten, von einem Stirnband aus seinem Gesicht zurückgehalten wurden.
Der jüngste, Engas, hatte dunkle Haare, einen Schnurrbart und ebenfalls ein stoppeliges Kinn. Eine feine Narbe durchzog sein schmales Gesicht und gab ihm etwas verwegenes Aussehen, da die Narbe seinen Mund an einem Ende leicht anhob.
Er schob Arlyn vorwärts und stützte ihn gleichzeitig als dessen Kräfte ihn nun gänzlich zu verlassen drohten.

Der Mann schob ihn durch die Tür ins Haus, einen langen Gang hinunter. Am Ende öffnete er eine Tür, schob Arlyn hinein. Blinzelnd sah sich der blonde Junge in dem dämmerigen Raum um.
Es war ein schmaler Raum mit wenig Möbeln. Einem Tisch mit zwei Stühlen, ein Bett und ein vergittertes Fenster, durch welches die letzten Sonnenstrahlen herein fielen.

Engas stieß Arlyn Richtung Bett vorwärts, löste dann seine Handfesseln. Arlyn nahm die freien Arme erleichtert nach vorne und rieb sich mit den Händen darüber, um die angespannten Muskeln wieder zu lockern. Engas gab ihm noch einen Stoß, der ihn weiter vorwärts auf das Bett zu schob, drehte sich dann um und verließ wortlos den Raum, die Tür hinter sich zuziehend. Arlyn hörte deutlich, wie ein Riegel vorgelegt wurde.
Dann war er alleine.

Benommen wankte er aufs Bett zu. Sein Körper fühlte sich völlig zerschunden an, fast jeder Muskel tat ihm weh. Er hatte entsetzlichen Hunger und Durst, war verwirrt und verängstigt. Langsam ließ er sich auf die Bettkante nieder, massierte weiter seine tauben Arme. Dabei lauschte er auf die Geräusche die durch die Tür zu ihm drangen.
Die Männer gingen nicht leise durchs Haus, laute Stimmen riefen und antworteten, doch Arlyn vermochte nicht die Worte zu verstehen.
Vorsichtig sah er sich in dem Raum um. Er war ganz offensichtlich hier gefangen, das vergitterte Fenster machte ein Entkommen unmöglich.
Was geschah hier nur? Was wollten die Männer von ihm?

Diese Männer waren alle so grob und ungeschlacht, strahlten eine unmittelbare Bedrohung aus. Arlyn verstand einfach nicht, warum sie ihn gefangen hatten. Was konnten sie nur von ihm wollen?
Er ertappte sich dabei, dass er sich wünschte, er wäre noch in Farjins Burg. In der Wärme und in der Sicherheit, die diese ihm für die letzten fünf Jahre geboten hatte.
Schützend schlang er die Arme um sich.
Sein Zuhause, bis zu jenem schrecklichen Ereignis. Bis zu dem Moment, wo sein Meister ein so ganz anderes Gesicht von sich zeigte. Bis zu dem Moment, wo Arlyn ihn fürchten lernte.

Arlyn seufzte und Tränen glitzerten in seinen Augen, als er daran dachte, dass diese Sicherheit und Geborgenheit nie wieder da sein würde. Er würde Farjin nie wieder vertrauen können. Der Mann, der für ihn Lehrer und fast väterlicher Freund gewesen war, es gab ihn nicht mehr.
Rückwärts sank der Junge auf das Bett, drehte sich auf den Bauch, vergrub seinen Kopf in dem strohgefüllten Kissen und die Tränen rannen nun doch sein Gesicht hinunter. Er schluchzte leise, fühlte, wie dabei ein Teil der Angst von ihm abfiel, ihn nur noch völlig erschöpft und unendlich müde zurück ließ.
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