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Dem Wahnsinn so nah

By: Elbenstein
folder German › Books
Rating: Adult ++
Chapters: 47
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Disclaimer: I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
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18. Kap. Bestrafung & der Retter i.d. Not

18. Kapitel
Bestrafung und der Retter in der Not

Die restlichen Tage verliefen für Zaknafein und Shar recht ereignislos. Zaknafein Do’Urden erfuhr noch einige Details aus Shars Leben und vor allem viele Informationen über Dantrag Baenre und den bis dahin für ihn unbekannten Nhaundar.
Vielleicht waren diese Berichte noch so einiges wert, dachte sich Zak immer wieder und erfreute sich an den Erzählungen des Jungen.
Shar dagegen blühte regelrecht auf. Er verstand allmählich, wie der Waffenmeister in diesem Haus wirklich war. Der Vergleich mit seinem Vater und Sorn, brachte den jungen Halbdrow dazu, Zaknafein zu mögen, als wäre dieser Handir selbst. Shar verstand auch die Aufgaben des Waffenmeister, denen dieser nachging, während der Junge zur gleichen Zeit im Zimmer von Zaknafein verweilen musste und nervös auf dessen Rückkehr wartete, dabei jedoch keinen Mucks von sich geben durfte. Die meiste Zeit verbrachte er daher mit schlafen oder mit dem erforschen von einigen Messern und Dolchen, die Zak nur aus einem Grund da gelassen hatte, damit Shar sich mit den Waffen vertraut machen konnte. Dass der Junge einen weiteren Fluchtversuch oder eine erneute Bedrohung sein könnte, verwarf der Krieger. Denn in Zaknafeins Augen schien Shar wie ein zweiter Sohn zu sein und schlicht und einfach ein ahnungsloser Sklave.
Auf der anderen Seite stellte sich für den jungen Halbdrow der stolze Krieger als jemand heraus, der ihm vermutlich niemals ein Leid antun wollte, sondern ihn etwas lehrte. Da Zak auch keinerlei hinterhältige oder gewaltsame Absichten hegte, freute sich Shar umso mehr, hier in diesem Haus und in den Privatgemächern des Waffenmeisters zu leben. Für seinen braven Gehorsam bekam Shar reichlich zu Essen, sogar mehr als bei Nhaundar selbst und so merkte er auch nicht, wie die Zeit verflog. Viel zu schnell für jemanden, der sich wohl fühlt.
Zaknafein entging in diesen Tagen nicht, wie der Junge auflebte. Die Angst schien fast gänzlich von ihm gewichen zu sein und er empfand die Gesellschaft des Halbdrow als angenehm. Eine nette Abwechslung im gewohnten Alltagstrott. Mit all den neuen Informationen war es auch für den stolzen Krieger eine schöne Zeit ohne unnötige Gedanken an die Zukunft zu verschwenden. In dieser Zeit hatte der ältere Drow sogar dem Jungen gestattet, dass beide sich nur noch mit Vornamen ansprachen. Der junge Halbdrow sah darin und in dessen Handlungen so etwas wie einen Freund in Zaknafein, der er vermutlich auch war. Der Krieger selbst fand es mehr als Recht, da er sich nicht zum Adel zählte und so geschah es aus gegenseitigem Respekt vor dem anderen, soweit es zwischen einem Verhältnis eines Dunkelelfen und Sklaven möglich zu sein schien. Doch als der Waffenmeister am heutigen Morgen erwachte, wusste er, dass der Sklave heute gehen musste.
Als nun Zaknafein am Abend den Jungen anwies, er solle die geliehene Hose ausziehen und wieder die Fetzen überstreifen, die er getragen hatte, als er das Haus betrat, da wusste Shar, dass die schöne Zeit bald der Vergangenheit angehören würde. Der junge Halbdrow hatte sich so wohl in der Gesellschaft des Waffenmeisters gefühlt, dass er nur widerwillig den Worten seines neuen Vertrauten nachkam und dabei wie ein geprügelter Hund den Kopf hängen ließ. Zak konnte die Traurigkeit in Shars Gesicht ablesen, aber ihm blieb keine andere Wahl. Jeder gehörte dort hin, wo er gewesen war, alles andere schien unakzeptabel. Zum Schluss half Zaknafein beim anziehen und streifte dem Jungen noch den dunklen Wollmantel über, den er zuvor von Rizzen in die Hand bekommen hatte. Zu aller letzt nahm der Krieger die Kette von Shars eisernem Halsband in die Hand und zusammen machten sich beide auf den Weg zu Rizzens Privatgemächer. Zaknafein versuchte sich dabei so gut es ging zusammen zu reißen. Der Patron des Hauses war der Letzte der adligen Familie, den er zu Gesicht bekommen wollte. Aber es half nichts, der jüngere Drow musste den Sklaven an dessen ursprünglichen Herrn übergeben.
Shar trottete mehr Schlecht als Recht hinter dem Waffenmeister her und er spürte, wie langsam die Tränen in ihm aufstiegen. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als hier bleiben zu dürfen, bei seinem Freund Zaknafein, wie er ihn nannte. Er wollte nicht zurück zu Nhaundar und all den anderen bösen Dunkelelfen. Das hieß auch gleichzeitig für ihn, dass niemand mehr ihm zuhörte. Stumm flehte er Handir in Gedanken an, er solle ihm helfen. Aber die einzige Antwort auf seine Bitte war stets die Gleiche. Shar hörte die Stimme seines Vaters im Kopf, die ihm sagte, er solle brav und gehorsam sein. So versuchte der junge Halbdrow zu gehorchen, aber es gelang ihm nur schwer. Mit jedem weiteren Schritt spürte er, dass er zurück zu seinem Herrn gebracht wurde. Letzten Endes bekam Shar mit, wie Zak die Kette an den jüngeren Dunkelelfen übergab und diese kurze Worte wechselten. Rizzen Do’Urden brachte dabei seinen Missmut zum Ausdruck, wurde aber von Zaknafein augenblicklich in seine Schranken verwiesen. Dann verabschiedete sich der Krieger von dem Sklaven und schaute den beiden beim Fortgehen hinter her. Der jüngere Adlige wandte sich von dem Waffemeister ab und lief ohne große Umschweife mit Shar im Schlepptau wieder durch unbekannte Gänge zur Hintertür zu. Jetzt konnte der Junge seine Tränen nicht mehr zurückhalten und er fing an zu weinen.
„Zaknafein, du hast gesagt du bist ein Freund“, schluchzte Shar und schaute dabei immer wieder über die Schulter, weil er hoffte, der Krieger würde ihnen folgen. Der Junge stolperte dabei und bekam kein Mitleid des Patrons, der ihn einfach weiter hinter sich her zog und so tat, als hätte er nichts vernommen. Shar musste bitterlich weinen und wünschte sich nichts mehr, als hier bleiben zu dürfen.
Von oben beobachtete Zaknafein kurze Zeit später, wie die beiden verhüllten Gestalten über das Anwesen liefen. Danach verschwanden sie durch das Tor in den dunklen Gassen der Stadt Menzoberranzans. Der Waffenmeister hatte jedoch von seinem Platz aus das Weinen des Jungen vernommen und fühlte, wie er traurig wurde. Aber nicht weil er den jungen Halbdrow vermisste, sondern weil er sich über sich selbst ärgerte. Wie konnte er nur so dumm sein und in den letzten Tagen so etwas wie Hoffnung in dem Sklaven wecken? Er wusste von Anfang an, dass Shar zurück zu seinem Herrn musste, aber durch seine freundliche Art schien er wohl eher eine Vaterfigur und Freund gewesen zu sein. Zaknafein konnte sich ohrfeigen für seine Gedankenlosigkeit und wand sich um.
Langsam ging er den Flur entlang, während er gedankenversunken zu seinen Privatgemächern gelangte. Dort setzte er sich auf sein Bett und grübelte lange über das Geschehene nach. Er hatte Shar gegenüber Vertrauen geweckt. Er hatte ihm die Angst genommen, die der Junge jedoch haben musste, um bei seinem eigenen Herrn stets auf der Hut zu sein. Vermutlich würde dieser Drow namens Nhaundar die Furcht in Shar auf brutale Art wieder erwecken und dies alleine ließ den Krieger sich erneut gedanklich ohrfeigen. Instinktiv ahnte er, dass der Sklavenhändler sehr gefährlich und rücksichtslos sein würde. Zaknafein fragte sich, was er nun tun sollte. Dann kam ihm eine Idee. Langsam nahm sie Gestalt an und nach über einer Stunde selbstquälerischem Überlegen hatte der Krieger einen Plan. Bei der sich ihm nächst besten Gelegenheit wollte er einem alten Freund einen Besuch abstatten und ihn um einen Gefallen bitten. Denn Zak brauchte für seine Idee Geld, Geld das er nicht besaß, welches seinem Freund jedoch im Übermaß gehörte. Das einzige Problem war nur an ihn heran zu kommen. Aber auch dafür wusste der Drow einen Ausweg. Jetzt zahlte es sich doch aus, dass er jeden einzelnen Soldaten im Haus Do’Urden kannte und er wusste auch, dass einer davon ein Spion von Bregan D’aerthe war. Ab morgen würde Tebryn, ein noch recht junger aber kämpferisch begabter Soldat sich mit Jarlaxle in Verbindung setzten müssen. Ganz egal ob er sich damit Ärger mit Jarlaxle einheimste oder nicht. Nicht umsonst lohnte sich nun die jahrelange Freundschaft Zaknafeins mit dem Ränke schmiedenden und gewieften Söldnerführer.

Rizzen Do’Urden und Shar kamen nur kurze Zeit später bei Nhaundar an. Der Sklavenhändler schien hocherfreut zu sein, denn der Patron hatte sich an die Abmachung gehalten und der junge Halbdrow kam unversehrt zurück. Nur einen Kritikpunkt beanstandete Nhaunder, Shars Kleidung. Oder besser gesagt, dass was von der Kleidung noch übrig geblieben war. Rizzen kommentierte es lediglich mit einem Knurren und verschwand auf schnellstem Wege wieder in den Straßen der Stadt.
„Ich habe wohl gut daran getan, die Unversehrtheit meines Eigentums ausdrücklich zu erwähnen“, schmeichelte sich Nhaundar selbst, als er seinen liebsten Schatz wieder bei sich hatte. Mit einem Wink zu Dipree signalisierte er dem älteren Sklaven, er solle sich um den Jungen kümmern und für die kommende Nacht fertig machen.
„Solange habe ich jetzt auf dich gewartet“, flüsterte der Sklavenhändler Shar hinterher und rieb sich bereits vor Gier die Hände.
Kaum eine halbe Stunde später wurde der junge Halbdrow von Dipree zurück zu seinem Herrn gebracht. Die Tränen über den Verlust seines Freundes Zaknafein waren aus Shars Gesicht verschwunden, aber er vermisste ihn. Der Junge verstand einfach nicht, wieso er wieder nach Hause musste und das, obwohl ihm der Krieger vor einigen Tagen erst erzählte, dass es falsch von Nhaundar und den anderen Dunkelelfen wäre, ihn so zu behandeln. Diese Worte schwirrten in seinem kleinen Kopf herum und gaben ihm keine Ruhe.
Nhaundar bekam zuerst gar nichts davon mit, er freute sich viel zu sehr, dass diese Nacht ihm und seinem liebsten Lustsklaven galt. Er nahm Shar mit sich in sein Schlafgemach und augenblicklich machte er sich mit heißen Küssen, intimen Berührungen und unflätigen Bemerkungen über den jungen Körper her. Doch dann erschrak der Sklavenhändler. Der junge Halbdrow zierte sich plötzlich und versuchte sich aus dem Griff seines Herrn zu entziehen. Erschrocken riss Nhaundar seine Augen auf und bedachte den unter ihm liegenden Sklaven argwöhnisch.
„Was ist los, du Dummkopf?“, schnauzte der Drow den Kleinen an und unterstrich die Frage mit einem Glühen seiner Augen.
Shar schreckte instinktiv zurück und wusste nur eines, er wollte das nicht. Noch immer erinnerte er sich an die Worte von Zaknafein und das sein Herr das nicht tun sollte. Der Junge versuchte dem Mund und den Fingern von Nhaundar zu entgehen, doch der Sklavenhändler war dem schwächeren Halbdrow haushoch überlegen.
„Hör’ auf dich zu zieren! Du bist meins und so hast du dich auch zu verhalten, kleiner Bastard“, raunte Nhaundar wütend und verpasste dem Sklaven augenblicklich eine Ohrfeige.
Shar spürte das heiße Brennen auf seiner Wange, ließ sich jedoch nicht beirren. Er fühlte tief in sich drin, dass es einfach falsch war und dass er es nicht wollte. All die Jahre über hatte er es über sich ergehen lassen, weil es sonst nichts anderes gab. Doch der Aufenthalt bei dem Waffenmeister schien den jungen Halbdrow wahrlich verändert zu haben. Die Lähmung vor dem Unvermeidlichen, die Zaknafein dem Jungen genommen hatte, schien tatsächlich verschwunden. Verschlimmert wurde das Ganze nur noch dadurch, dass der Krieger Shar einen Floh ins Ohr setze, in dem er erzählte, dass es ungerecht war, ihn auf solch schändliche Weise zu missbrauchen. Alles falsche Gedanken, die der Sklave gegenüber seinem Herrn und den Freiern nicht empfinden sollte. Shar hatte zu gehorchen, das zu tun was man ihm sagte und nicht die Autorität von Nhaundar zu untergraben. Aber genau das tat der junge Halbdrow in jenem Moment mit seinem Verhalten.
„Was ist mit dir los?“, fragte der Sklavenhändler eigentlich eher zu sich selbst und riss vor Verwunderung weit die Augen auf, als Shar ihm auf diese Frage tatsächlich eine Antwort gab. „Ihr dürft das nicht, mein Herr. Das ist F… “
Weiter kam der Junge nicht mehr, da hatte ihm Nhaundar bereits die zweite Ohrfeige verpasst und drohte mit funkelenden Augen von oben herab dem Sklaven unter ihm.
„Was hast du gesagt?“, wollte jetzt Nhaundar wissen, denn er dachte doch wirklich, er habe sich verhört.
„Das … das dürft ihr nicht, mein … mein Herr“, flüsterte Shar und merkte erst jetzt, dass er gerade einen riesigen Fehler gemacht hatte. Denn das, was Zak ihm in den letzten Tagen erzählt hatte, war etwas anderes, als dem eigenen Herrn diese Worte direkt ins Gesicht zu sagen. Doch es schien zu spät und schon im nächsten Moment landete Nhaundars Faust direkt in Shars Gesicht. Die Lippe platzte auf und der Junge fühlte sich für einige Sekunde ganz benommen.
Der Sklavenhändler richtete sich auf und ließ von dem Sklaven ab. Die Wut stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
„Was ich darf und was ich nicht darf, dass hat mir niemand zu sagen“, wetterte Nhaundar mit aufgebrachter Stimme und lief jetzt völlig vor Zorn bebend in seinem Schlafgemach auf und ab. „Ich muss mir nicht von einem Abschaum wie dir erzählen lassen, dass ich das nicht darf“, machte der Sklavenhändler seinen Aggressionen weiter Luft. Dabei überlegte er fieberhaft, was er gegen den Ungehorsam unternehmen konnte. Er fühlte sich genau so, als wäre er im Moment zur falschen Zeit am falschen Platz. Wie konnte der Halbdrow zu ihm nur sagen, dass es nicht in Ordnung war, was er tat. Niemals hatte sich jemand erdreistet, ihn, den schlausten Sklavenhändler der ganzen Stadt so zu demütigen.
All die Zeit und seine Investitionen, dass der Junge zu einem attraktiven Lustobjekt wurde und damit seinen Geldbeutel füllte, dachte Nhaundar, machte dieser eben zunichte. Er sprach von unerwünschten Worten des Widerwillens. Etwas das nicht in sein Bild passte und was nie wieder geschehen durfte. Die Wut kochte in dem älteren Drow und er musste sich stark zusammen reißen, dass er den Jungen nicht jetzt hier und auf der Stelle einen Dolch zwischen die Rippen stieß. So einfach wollte es er ihm nicht machen, schimpfte Nhaundar gedanklich mit sich selbst und raste wie ein aufgestacheltes Raubtier im Käfig weiter hin und her. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Shar auf dem Bett lag und am ganzen Körper zitterte. Ja, zittere nur und habe Angst, so viel Angst vor mir, das wird dir auch nicht mehr helfen, dachte Nhaundar und griff jetzt nach der Peitsche auf dem kleinen Tisch neben seinem Bett. Ohne an jedwede Folgen zu denken, begann der Sklavenhändler den jungen Halbdrow zu schlagen, denn der Ungehorsam musste aus ihm heraus geprügelt werden. In jenem Moment schienen die Methoden dafür dem älteren Dunkelelfen egal.
„Wer hat dir diesen Unsinn in den Kopf gesetzt?“, schrie nun Nhaundar und ließ dabei die Peitsche unheilsvoll auf dem Boden knallen.
Shar zuckte bei dem Geräusch zusammen und scholl sich stumm für seinen Fehler. Er wusste nun erst recht, dass er die Worte niemals hätte sagen dürfen. Die Strafe folgte auf dem Fuß. Das und noch viel mehr wurde Shar bewusst und die Angst nahm überhand von seinem Körper und er schauderte nur noch mehr.
„Die Angst wird dir jetzt auch nicht helfen, du stinkende, kleine Made eines Hurenbocks. Du bist doch genau wie dein Vater. Er hat den Arsch hingehalten um sein Leben zu retten. Aber ich warne dich, das werde ich dir nicht so einfach machen. Oh nein, dir nicht“, drohte Nhaundar und bei jedem Wort spie er die Wut und Verabscheuung hervor, die er gegenüber Handir immer noch empfand.
Immerhin war der Oberflächenelf derjenige gewesen, der ihm seine Haare abschnitt und nicht nur dadurch, sondern auch durch das aufmüpfige Verhalten gegenüber anderen ihn damals demütigte. Das war die größte Schmach, die er in all den Jahren erlitten hatte und die Wut darüber nahm erneut von dem Sklavenhändler besitz. Wenn er schon in diesem Moment nicht mehr Handir bestrafen konnte, dann würde er es jetzt an dessen Sohn tun und ohne sich weiter Gedanken zu machen, schritt er geradewegs auf das Bett zu. Nhaundar vergaß alles um ihn herum, jetzt zählte nur noch seiner Vergeltung freien Lauf zu lassen.
Bedrohlich schnell sprang die Peitsche herab und mit einem lauten Knall traf diese die Haut von Shar. Ein Schrei folgte dem Peitschenhieb und trieb den Sklavenhändler nur noch weiter an. Erneut traf Nhaundar den Jungen und er wiederholte es unzählige Male. Die Schreie hallten durch das Schlafgemach des Dunkelelfen. Nach einigen Minuten verebbten diese langsam und auch die anfängliche Entrüstung des Drow verblasste. Doch noch war dies nicht alles und so rief er nach Dipree.
Als der ältere Sklave augenblicklich das Schlafzimmer seines Herrn betrat, riss dieser vor Schreck und Bestürzung weit die Augen auf. Bereits draußen hatte er die Schreie beider vernommen und fragte sich schon, was geschehen sein könnte. Doch als er nun den Raum betrat, erblickte er etwas Grauenhaftes. Mit ganzer Kraft hatte Nhaundar mit der Peitsche auf den Lustsklaven eingeschlagen, der wie ein winselndes Etwas zusammen gekauert auf dem Bett lag und über und über am ganzen Leib Einschnitte hatte die bluteten. Die Striemen der Peitsche hatten sich tief ins Fleisch gefressen und es gab kaum eine Stelle, die unversehrt zu sein schien. Es sah fast schon so, als wäre Shar über das Stadium, Schmerzen zu empfinden, hinaus, denn er blieb starr liegen.
„Dipree, bring ihn zu den Soldaten. Sollen sie mit ihm machen was sie wollen. Nur nicht umbringen, das wäre für das Stück Dreck eine Wohltat. Der Halbdrow soll leiden“, schnauzte Nhaundar den verdutzten Sklaven an und wedelte wie wild mit der Hand. „Wenn du das gemacht hast, dann bring’ mir einen der anderen.“
Dipree schluckte einmal und empfand so etwas wie Mitleid für Shar. Der Junge hatte sich doch erst so gut in seine Rolle eingefügt und schien auch endlich verstanden zu haben, dass er ohne Widerwillen besser behandelt wurde. Was war nur geschehen? Fragte sich der Sklave, während er den leichten Körper von Shar auf seine Arme hob und versuchte, nicht in die bereits vorhandenen Wunden zu greifen und noch mehr Schmerzen dadurch zu verursachen. Mit einem Nicken bestätigte er lediglich dem Herrn, dass er die Anweisungen verstanden hatte und rauschte so schnell wie möglich davon. Als er vor den Gemächern von Nhaundar stand, hörte er das Winseln des jungen Halbdrow, doch er konnte nichts dagegen machen.
„Komm’ schon, hör’ auf zu Winseln oder Schlaf einfach ein. Das wird nicht angenehm für dich“, versuchte Dipree zu beruhigen.
Der ältere Sklave wusste sehr gut, zu was die Soldaten auf dem Anwesen in der Lage waren. Und wenn Yazston den Jungen sehen würde, dann hielt diesen wohl kaum etwas auf, nicht einmal der Befehl von Nhaundar persönlich. Doch Dipree wollte jetzt keinen weiteren Ärger herauf beschwören und sich gegen Nhaundars Anweisungen stellen, denn innerlich war Dipree ein Feigling wie viele andere, die auf die eigene Unversehrtheit Wert legten. Doch noch bevor er nach unten ging, machte er bei einem der jüngeren Lustsklaven halt, der den geprügelten und ausgepeitschten Sklaven auf den Armen des Drow misstrauisch betrachtete. Widerwillig folgte dieser dann den Anweisungen von Dipree und machte sich schweren Herzens zu dem Herrn des Hauses auf.
Derweilen kam der Sklave mit dem jungen Halbdrow in den Soldatenquartieren an. Die staunten nicht schlecht, als Dipree den Jungen ächzend auf dem Boden ablegte und ihnen von Nhaundar berichtete. Die Aufforderung, den Lustsklaven jedoch nicht zu töten, betonte er gleich mehrmals, wenn dieser nicht bereits auf Grund der schweren Verletzungen von alleine starb.
Yazston Gesichtsausdruck, der eben noch finster und undurchdringlich wirkte, strahlte plötzlich in aufbegehrender Freude vor dem neuen Gast. Er zögerte auch nicht lange und schritt durch die dichte Traube der Männer auf Shar zu, der auf dem Boden lag und sich noch immer nicht rührte.
„Wen haben wir denn da? Eine Überraschung zu so später Stunde“, lachte der Hauptmann der Soldaten und grinste schmierig in sich hinein. Aber der zugerichtete Körper, der blutete und viele geschundene Stellen aufwies, wirkte auch auf ihn im ersten Moment etwas abstoßend.
„Holt einen Eimer Wasser oder besser gleich zwei“, gab Yazston den Befehl an seine Männer und sogleich kam auch jemand mit dem gewünschten Wasser herbei geeilt.
„Gießt es darüber. Wir … eher ich will doch kein Blut an mir kleben haben. Die kleine Ratte bekommt jetzt ihre Lektion“, verkündete der Hauptmann und sein Lächeln wurde immer breiter. Die restlichen Dunkelelfen fielen in das Gelächter mit ein. Yazston trat einen Schritt zurück und beobachtete, wie der Soldat beide Wassereimer über den nackten Halbdrow ausschüttete, der kurzzeitig durch die Kälte zusammenzuckte. Dann gab Shar ein ächzendes Stöhnen von sich, machte aber keine weiteren Anstalten noch etwas anderes zu tun. Er blieb einfach liegen.
Umso besser, dachte sich Yazston und kniete sich jetzt nieder. Dir werde ich deinen Platz schon noch zeigen. Nhaundar scheint wohl endlich klar denken zu können und dir deinen Stand in der Gesellschaft gezeigt zu haben, überlegte der Drowsoldat. Dann begann er langsam und vor allen Männern seine Hose zu öffnen und befahl zwei seiner Krieger den Jungen auszustrecken und dann festzuhalten. Gesagt getan und kaum eine Minute später verging sich Yazston auf brutale Weise an dem bereits schmerzen Körper des Jungen. Das einzige was Shar von sich gab waren ein paar Tränen und hin und wieder leid erfülltes Stöhnen bis ihn endlich die Bewusstlosigkeit einholte.

Zaknafein ahnte von alldem nichts und wenn er es gewusst hätte, dann würde er schwer an der Schuld zu tragen haben. Doch er machte sich noch immer Selbstvorwürfe, wie er dem Jungen solch einen Floh ins Ohr setzten konnte. Er war sich wohl bewusst, dass es sich bei dem Halbdrow um einen Sklaven, besser gesagt um einen Lustsklaven handelte, aber das junge Alter erinnerte den starken Waffenmeister doch stets an seinen Sohn Drizzt. Dabei überlegte Zak, wie es seinem Jungen erging, den er nur selten in den Fluren des Hauses Do’Urden erblickte. Wenn Nalfein nicht durch die Waffe Dinins den Tod gefunden hätte, dann wäre Drizzt augenblicklich nach seiner Geburt als Opfer der Spinnenhure getötet worden. Doch zum Glück für Vater und Sohn, dass dieser Fall niemals eingetreten war. Doch seine Gedanken wirbelte weiter durch Zaknafeins Kopf und erneut erblickte er vor seinem inneren Auge den jungen Halbdrow. Er begann ihn tatsächlich zu vermissen. In den letzten fünf Tagen bot der Junge ihm so etwas wie ein Ruhepol und durch dessen Verhalten fühlte sich der Waffenmeister gleich ein wenig besser. Seine eigenen Probleme vergaß er kurzzeitig und erfreute sich an der kindlichen Weise des Sklaven. In Ordnung, sagte er sich, der Junge war noch ein Kind. Allerdings eines, dass von Geburt an in Unwissenheit groß wurde und von dem eigentlichen Leben keine Ahnung besaß. Schrecklich, sagte sich Zaknafein und schien ein wenig erleichtert, dass Drizzt niemals solch eine Erfahrung machen musste. Obwohl das nicht hieß, dass ein Adliger selbst manchmal eine schwerere Bürde zu tragen hatte, verglichen mit dem Leben eines Sklaven. Die Unfreien wussten wenigstens von ihrem Schicksal und dass der Gehorsam ihr Leben bestimmte, ganz offen und für jeden sichtbar. Aber wussten diese auch, dass man als männlicher Adliger genauso ein Sklave seiner Familie darstellte? Vermutlich nicht und wenn sie es ahnten, dann würde wohl niemand mit ihnen tauschen wollen, nicht einmal mit Zaknafein Do’Urden. Mit diesen Gedanken dämmerte der Waffenmeister in den Schlaf und erwachte aus einer traumlosen Ruhe am nächsten Morgen. Augenblicklich stand er auf und zog sich an. Seine Rüstung und sein ganzer Stolz an eigenen Waffen befestigte er mit seinem Waffengürtel an der Taille und begab sich nach unten zu den Soldatenquartieren. Er musste Tebryn finden und ganz dringend mit ihm reden. Tebryn würde wahrscheinlich so tun, als wüsste er nicht wovon sein Vorgesetzter sprach, so wusste Zak gleichzeitig, dass er vorsichtig sein musste.

Und es kam genauso, wie es sich der Waffenmeister des Hauses Do’Urden dachte. Tebryn bedachte ihn mit einer Unschuldsmiene, als hätte er den Namen Bregan D’aerthe niemals zuvor gehört. Erst durch den Einsatz eines von Zaknafeins Langschwerter an der Kehle des jungen Soldaten löste dessen Zunge. So verbrach der junge Dunkelelf den Waffenmeister ihn zu seinem Anführer zu geleiten. Doch so ganz wohl bei dem Gedanken fühlte sich Tebryn ganz und gar nicht. Er hatte die Wahl, sein eignes Leben zu behalten oder den Verrat an der Söldnertruppe zu wagen. Der junge Soldat entschied sich für das Erste und kämpfte nun mit der Angst, was Jarlaxle mit ihm machen würde. Womöglich konnte diese Untreue nur mit dem Tod enden, wobei ihm das Versprechen des älteren Kriegers, dass dieser ein gutes Wort für ihn einlegen wollte, Tebryn nicht wirklich beruhigten. Auch nicht, als der stolze Krieger ihm erklärte, dass eine lang bestehenden Freundschaft zwischen Zaknafein und Jarlaxle bestand. Am Ende schlichen jedoch beide wie zwei Raubtiere durch die Straßen der Stadt, immer auf der Hut, als hätten Jäger bereits ihre Spur gewittert, bis ihr Ziel abrupt am Klauenspalt endete. Tebryn riet dem älteren Krieger in der Zeichensprache, er solle hier auf ihn warten während er dem Anführer das Kommen des Waffenmeisters ankündigte, danach verschwand er spurlos vor den Augen des Dunkelelfen. Nur wenige Minuten später stand der junge Soldat erneut vor Zaknafein und bedeutete ihm zu folgen. Beide schlichen in den Schatten eines großen Felsens und erst dort entdeckte der Krieger eine Öffnung, die sich in den Klauenspalt erstreckte. Jetzt hieß es klettern, doch nicht weit. Einige Meter unter ihnen erschien eine weitere Öffnung und davor standen zwei Wachen. Misstrauisch beobachten sie den starken Krieger und Tebryn mit einem skeptischen Gesichtsausdruck. Doch der junge Krieger signalisierte ihnen, dass alles in Ordnung wäre und so folgte Zaknafein dem jüngeren Dunkelelfen durch viele, dunkle Gänge. Dann hielten sie vor einer sehr merkwürdigen, runden Türöffnung an. Sie wirkte in Zaks Augen blau und zähflüssig.
„Ihr müsst hier hindurch, Waffenmeister. Der Anführer von Bregan D’aerthe erwartet euch“, folgte die Anweisung von Tebryn und wies dem älteren Krieger den Weg, wobei in der Stimme die Angst heraus zu hören war.
Nun ebenfalls etwas misstrauisch beäugte der Waffenmeister die Barriere und meinte trocken. „Nach euch, Tebryn.“
Daraufhin weiteten sich die Augen des jungen Drow etwas, doch er nickte lediglich und schritt zielsicher durch die blau wirkenden Masse. So konnte sich auch Zaknafein sicher sein, dass er nicht in eine Falle gelockt wurde. Er seufzte auf, holte tief Luft und ging hinter Tebryn her. Er spürte die dicke Flüssigkeit, als wäre sie zähflüssiges Wasser und nur zwei Schritte weiter, fand sich der Waffenmeister in einem hell erleuchteten Raum wieder. Leicht irritiert schaute sich Zaknafein um und erkannte zu seiner Rechten den jungen Drow stehen und eine weitere Gestalt mit einem breitkrempigen Hut auf dem Kopf vor sich sitzend, hinter einem Schreibtisch aus massivem Stein versteckt, die Rückenlehne auf die beiden Ankömmlinge gerichtet.
„Welch ein unverhoffter Besuch hat sich denn in meinem bescheidenen Haus angekündigt“, ertönte eine für Zak wohl vertraute Stimme und gleich darauf drehte sich der Stuhl. Der Waffenmeister konnte das verschmitzte Lächeln seines alten Freundes Jarlaxle erkennen.
„Immer noch ganz der alte Schuft von damals“, erwiderte Zaknafein trocken und ein Lächeln huschte über seine sonst so stahlharten Züge.
Jarlaxle, der Anführer von Bregan D’aerthe erwiderte die Geste und tippte sich mit der Hand an den Hut. „Wie komme ich zu der Ehre, dass mein Spion auffliegt…“, dabei schaute der Söldnerführer mit glühenden Augen zu Tebryn hinüber und verzog über die unerwartete Offenbarung die Mundwinkel, anschließend richtete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Waffenmeister zu, „… und das mich Zaknafein Do’Urden in meinem Unterschlupf beehrt?“
Auf diese Erwiderung verzog nun der ältere Krieger ebenfalls die Mundwinkel um seinem Missmut über die Betonung seines Namens Ausdruck zu verleihen. Er mochte seinen Adelstitel nicht und er hatte ihn nur behalten, weil Oberin Malice es ihm gestattete, als sie sich einen Nachfolger als neuen Patron wählte.
„Es reicht wenn du mich Zaknafein nennst, Jarlaxle“, meinte der Drow und legte im Gegenzug auf den Namen des Söldners viel Wert.
Es entstand eine knisternde Stimmung, die selbst der junge Spion spüren konnte und sich immer noch die gleiche Frage stellte, was mit ihm geschehen würde.
„Ich habe einen Vorschlag zur Güte, lassen wir die Formalitäten und lass’ dich herzlich begrüßen“, posaunte Jarlaxle schmunzelnd, erhob sich dabei von seinem Stuhl, umrundete den Schreibtisch und öffnete die Arme zu einer Umarmung.
Im ersten Moment zögerte Zak, tat es jedoch seinem Freund gleich und beide umarmten sich herzlich und ohne jedweden Groll oder Ärger. Als sich die Freunde von einander lösten, war die Stimmung gelassener.
„Bevor wir uns unterhalten habe ich eine Bitte an dich, Jarlaxle. Tebryn hat mein Versprechen, dass er unter meinem Schutz steht. Eine Bestrafung ist somit hinfällig. Ich möchte, dass er draußen auf mich wartet und ich später mit ihm zusammen zum Haus Do’Urden zurückgehen kann“, meinte Zaknafein und in seiner Stimme schwang die Ernsthaftigkeit der Worte mit.
Jarlaxle runzelte kurz die Stirn, denn er war ganz und gar nicht davon angetan, als vor wenigen Minuten sein Spion hier her kam ihm erzählte, dass der Waffenmeister ihn als das entlarvt hatte, was er letztendlich darstellte. Nur die Tatsache, dass es sich bei dem Mitwissenden um seinen alten und wohlbekannten Freund und ehemaligen Schulkamerad handelte, rettete Tebryn vor einer Strafe. Als der Söldnerführer jetzt den Vorschlag von Zaknafein vernahm, wusste er wieder, wieso der Krieger zu seinen Freunden zählte. Er bürgte für den jungen Soldaten und das bedeutete sehr viel in Jarlaxles Augen. Also entschied sich der Söldner für das Wort des Waffenmeisters und nickte diesem zu.
Ein erleichtertes Ausatmen des jungen Soldaten Tebryn war zu hören und Zaknafein schien ebenfalls beruhigt. Mit einem Nicken bedachte dieser dann Jarlaxle und beide schickten den Soldaten mit der Anweisung zu warten nach draußen. Das ließ sich Tebryn nicht zweimal sagen und er hoffte, dass er nicht noch einmal in solch eine verzwickte Situation geraten würde, aus der er eben noch so glimpflich davon gekommen war.
„So, dann sind wir endlich alleine. Mich interessiert es mehr denn je, wieso du mich hier im Hauptquartier von Bregan D’aerthe aufsuchst? Gibt es eine Intrige oder eine Information, die ich noch nicht weiß?“, fragte Jarlaxle spitz und konnte sich ein süffisantes Lächeln nicht erwehren. „Aber setz’ dich doch erst mal, alter Freund.“
Zaknafein kam der Aufforderung nach und nahm gegenüber dem Söldnerführer Platz. „Es gibt vielleicht wirklich etwas, dass dir nicht bekannt sein dürfte, du alter Schurke“, meinte der Krieger und musste ebenfalls schmunzeln.
Dem Waffenmeister fiel auf, dass sich Jarlaxle kaum verändert hatte. Sie beide kannten sich schon fast vier Jahrhunderte, aber die Zeit schien an dem Drow vor ihm auf unerklärliche Weise spurlos vorbei gegangen zu sein. Er wirkte immer noch jünger als er selbst. Aber auch Dunkelelfen altern, wenn auch nur langsam. Des Weiteren fiel ihm auf, dass das Verhalten oder besser gesagt der Charakter sich im Gegensatz dazu nicht verändert hatte. Jarlaxle weckte in Zaks Augen immer noch den Eindruck wie der hinterhältige, gewitzte, talentierte, bösartige, intrigante und draufgängerische Drow zu sein, den er bereits in ihrer gemeinsamen Zeit in der Akademie gekannt hatte. Viele Jahre waren seither ins Land gegangen, als sich die beiden das letzte Mal gesehen hatten, aber dennoch war der Söldner der Gleiche geblieben.
Jarlaxle lächelte und lehnte sich gemütlich in seinem Stuhl zurück und schaute seinen alten Freund neugierig in die Augen. „Mein Freund, Informationen die ich nicht kenne, wo gibt es so etwas?“, fragte er und lachte dabei laut auf.
Zaknafein fiel in das Gelächter mit ein und blickte nun jetzt ebenfalls verschmitzt zu dem Anführer von Bregan D’aerhte hinüber. „Das gibt es tatsächlich. Doch du wirst sie erst bekommen, wenn du mir ein Versprechen gibst und dich daran hältst.“
Der Köder verfehlte bei Jarlaxle in keiner Weise sein Ziel. Der kahlköpfige Dunkelelf richtete sich augenblicklich in seinem Stuhl auf und bedachte Zak mit geweiteten Augen. „Interessant … gib’ mir mehr und das Versprechen ist dein.“
„Nicht so schnell. Ich kenne deine Methoden und kann schweigen, alter Herzensbrecher.“
Jarlaxle versuchte enttäuscht auszusehen, doch dabei freute er sich viel zu sehr über die hinterhältige Art und Weise, wie Zaknafein ihn bei der Stange hielt. Doch Jarlaxle wäre nicht Jarlaxle und der Anführer einer Söldnertruppe, wenn er nicht wenigstens versuchen würde, seinem Ruf gerecht zu werden. Auf der anderen Seite wusste er aber auch, dass der Waffenmeister der einzige Dunkelelf war, den er durchschauen konnte, und gleichzeitig, dass dieser wirklich Informationen besaß und sich an die eben gesprochenen Worte halten würde. So versuchte es Jarlaxle ein letztes Mal, bevor er sein Versprechen gab.
„Jetzt bist du der alte Halunke, mein Freund. Mir so leichtfertig ein Versprechen entlocken, wenn ich nicht einmal einen Anhaltspunkt bekomme.“
Zak lächelte erneut und wusste genau, was Jarlaxle vorhatte, doch so schnell würde er nicht an sein Wissen gelangen. Dem Krieger schwebte etwas anderes vor und nur damit konnte er sich mit reinem Gewissen nach Hause begeben. Er hatte immerhin den Fehler bei dem Sklaven begangen und er würde sich erst wieder beruhigen können, wenn er dafür etwas in der Hand hielt, das diesen wieder gut machte.
Die Neugier von Jarlaxle schien größer und wenn da nicht ihre alte Freundschaft bestehen würde, dann hätte derjenige, der sich auf die gleiche Art und Weise vor dem Söldnerführer aufspielte, bereits den Weg zu Tür gezeigt bekommen oder vielleicht auch noch etwas anderes. Doch nicht so Zaknafein und der Söldner ließ es sich nicht nehmen das Versprechen abzugeben.
„Auf unsere Freundschaft, du hast mein Wort darauf. Aber sag’ mir, um was es sich handelt.“
„Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann …“, begann Zak und grinste zufrieden. „… Ich brauche von dir Geld und im Gegenzug kann ich dir Informationen über Dantrag Baenre liefern.“
Jarlaxles Gesicht wirkte überrascht und er riss vor Verwunderung die Augen weit auf. „Dantrag Baenre? Der Waffenmeister?“, wollte der Drow wissen, denn er dachte, er hätte sich verhört.
Zaknafein nickte zur Bestätigung.
„Sag’ mir jetzt bloß nicht, dass ihr beide den lang ersehnten Kampf ausgefochten habt und ich habe ihn verpasst. Das wäre eine Schande. Aber halt, das kann nicht sein, denn Dantrag lebt und du auch. Bei diesem Kampf hätte er von deinen Schwerter gekostet.“
Der Waffenmeister musste auf dieses Kompliment hin lächeln und nickte dem Söldner anerkennend zu.
„Spann’ mich nicht auf die Folter, mein alter Freund“, ergriff Jarlaxle erneut das Wort. „Was ist so interessant, dass du es verkaufst um an Geld zu kommen?“
„Alles zu seiner Zeit. Ich will dein Versprechen, dass ich das Geld von dir bekomme und ich dafür die wichtigen Informationen liefere. Sobald ich das Geld habe, werde ich es bis zur letzten Münze an dich zurückzahlen.“
Nun war es an Jarlaxle anerkennend zu lächeln. Jetzt wusste er wieder, was ihre Freundschaft wirklich zu dem machte, was sie all die Jahre war. Es lag an der Ehre von Zaknafein. Jarlaxle wusste nur zu gut, dass es sich wohl um einen verzweifelten Akt handelte, sich bei ihm Geld zu leihen. Gleich danach das Versprechen, es bis zur letzten Münze zurückzubezahlen, obwohl beide wussten, dass dies nie eintreten würde. Doch dem Söldner reichten die Worte seines Freundes aus und so zögerte er nicht.
„Ich habe dir das Versprechen gegeben und ich werde es halten. Sag’ mir wie viel du benötigst und es gehört dir.“
„Mein Freund, ich werde es dich wissen lassen, doch das wird nicht jetzt sein. Ich werde Tebryn zu dir schicken und ihm einen Brief mit den Angaben und den versprochenen Informationen mitgeben. Das muss für den Anfang reichen. Ich bedanke mich“, meinte Zaknafein und schmunzelte nun zufrieden Jarlaxle an.
Dieser erwiderte das Lächeln und sprach amüsiert. „Der Dank gebührt nicht mir, sondern deiner Ehre.“
„Hör’ auf mir zu schmeicheln. Das steht dir nicht und auch nicht einem so hinterlistigen Drow den du darstellst.“
„Bleib’ noch ein wenig und lass’ uns über die alten Zeiten reden. Ich würde ja zu gerne wissen, wie es unserem Lieblingsmagier geht“, kam die Einladung von Jarlaxle, der sich jetzt mehr als jemals zuvor an die gemeinsame Schulzeit erinnerte. Darauf lehnte er sich gemütlich in seinem Stuhl zurück.
„Ein wenig kann ich bleiben, doch auf mich warten die Pflichten eines Waffenmeisters. Du spielst doch aber jetzt nicht auf Calaunim Zaurahel an, oder mein Freund? Wann wirst du es lernen, auch wenn es schon über drei Jahrhunderte her ist, dass der Magier eine Nummer zu hoch für dich ist? Erklär’ mir das doch mal, ich warte gespannt.“
Der Söldnerführer von Bregan D’aerthe schmunzelte wieder süffisant und konterte augenblicklich. „Eines Tages, das habe ich mir geschworen, werde ich Calaunim einmal schlagen …“
So unterhielten sich die beiden Freunde noch über eine halbe Stunde lang und erzählten sich alte Geschichte von früher. Dann musste sich Zaknafein sputen, denn seine Abwesenheit im Haus Do’Urden würde nicht ewig unentdeckt bleiben. So verabschiedeten sich die beiden Drow von einander und zusammen mit Tebryn machte sich Zak auf nach Hause. Der Krieger fühlte sich befreit, als habe er heute mehr geleistet, als jemals zuvor. Er hatte das Versprechen des Söldners höchstpersönlich, dass dieser ihm helfen würde. Die Zeit würde kommen, früher oder später und dann konnte Zaknafeins Plan in die Tat umgesetzt werden.

Zur gleichen Zeit erwachte Nhaundar in seinem Bett. Sein Kopf dröhnte und wenn er ehrlich zu sich selbst sein wollte, dann konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er in sein Bett gelangt war. Er öffnete die Augen und erblickte zwei leere Flaschen auf einem Tisch stehen. Dieser Anblick brachte ihm einen unliebsamen Gedanken zurück. Er hatte diese wohl bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken, was auch das Summen und Hämmern in seinem Schädel erklären würde. Als er seinen Kopf zur Seite wand, erkannte er einen jungen Sklaven neben sich, der noch zu schlafen schien. Allerdings handelte es sich dabei um einen Oberflächenelfen und nicht um seinen Schatz, den jungen Halbdrow. Krampfhaft versuchte Nhaundar sich den letzten Abend zurück ins Gedächtnis zu rufen, doch gelang ihm das bei diesen rasenden Kopfschmerzen nicht wirklich. So wartete er nicht lange und mit lauter und herrschender Stimme rief er nach Dipree. Doch er bereute es im gleichen Moment, als sein Kopf zu Platzen drohte.
Dipree trat auch nur wenige Augenblicke später ein und schaute zu einem ziemlich mitgenommen Sklavenhändler hinüber, der nackt vor ihm im Bett lag und sich mit beiden Händen die Schläfen rieb. Das geschieht dir recht, schmunzelte Dipree innerlich. Er erkannte auch, dass der junge Lustsklave von gestern Abend durch das laute Gebrüll des Herrn erwachte und so schnell es ihm möglich war, sich aus den Bettlaken wand und an Dipree vorbei aus dem Zimmer schlich. Nhaundar achtete nicht darauf, sondern hatte nur Augen für den älteren Drowsklaven.
„Wo ist der Halbdrow?“, kam die schlichte Frage des Sklavenhändlers, der sich versuchte dabei im Bett aufzusetzen.
Dipree schaute etwas ungläubig, aber er erinnerte sich noch gut an gestern Abend. Nachdem Nhaundar dem Jungen fast den ganzen Rücken blutig gepeitscht hatte und er selbst den Halbdrow laut dessen Befehl zu den Soldaten gebracht hatte, ließ es sich Nhaundar nicht nehmen eine ganze Flasche kostbaren Rotweins mit einem Zug zu leeren. Danach folgte Branntwein und der Rest entzog sich Diprees Wissen. Aber der Sklave wusste, er sollte möglichst zügig und der Wahrheit entsprechend Antworten, was er auch tat.
„Mein Herr, ihr habt mir den Befehl erteilt den Halbdrow zu den Soldaten zu bringen. Aber ihr habt mir auch befohlen ihnen auszurichten, dass sie ihm am leben lassen sollten.“
„Was?“, fragte Nhaundar böse. „Wieso weiß ich das nicht mehr?“
Ein Räuspern von Dipree folgte und er zeigte mit einem Finger auf die leeren Flaschen. Er musste sich zusammen reißen, dass er nicht laut lachte. Es war ein viel zu seltener Anblick, dass Nhaundar soviel trank, um sich nicht mehr erinnern zu können.
„Ich brauche niemand der mir erzählt, dass ich getrunken haben“, log der Sklavenhändler schnell, um seine Unwissenheit vor dem Sklaven zu verdecken. „Bring mir den Halbdrow!“
Dipree nickte kurz und verschwand im nächsten Atemzug aus dem Schlafzimmer seines Herrn. Er eilte hinunter zu den Soldatenquartieren. Er hoffte, dass die Männer den Jungen wirklich am Leben gelassen hatten, dachte der Sklave, während er die Treppe hinunter und dann über den Hof huschte. Eilig kam er bei den Drowsoldaten an und erkannte ein blutiges, ohnmächtiges Etwas, dass achtlos in einer Ecke lag. Ein seltsames Gefühl der Trauer machte sich einen kurzen Augenblick in ihm breit, dann verflog es rasch wieder.
„Ich soll den Halbdrow zu Nhaundar zurück bringen“, erhob Dipree plötzlich laut seine Stimme und machte so auf seine Anwesenheit aufmerksam.
Yazston reagierte als erster der Männer, stand von einem Tisch auf und trat vor den Sklaven. „Da hinten ist er“, dabei wedelte er mit der Hand in die besagte Richtung.
Dipree nickte zur Bestätigung und eilte hinüber. Tatsächlich, da lag der Junge, über und über mit Blut verschmiert. Viele Wunden erstreckten sich über den geschundenen Körper von den Peitschenhieben. Er selbst wollte gar nicht wissen, was die Soldaten des Hauses noch mit dem Jungen getan hatten. So schnappte er sich möglichst schnell eine Wolldecke, die in unmittelbarer Nähe lag, wickelte den jungen Halbdrow darin ein und hob ihn sich so auf die Arme. Er wog so gut wie gar nichts und nicht einmal ein Laut konnte Dipree vernehmen. Er hoffte sehr, dass er noch lebte. Doch es half alles nichts, er musste den Jungen zu Nhaundar bringen und zwar so schnell wie möglich.
Auf dem gleichen Weg machte sich der Drowsklave auf den Rückweg und stand einige Minuten später vor Nhaundar. Dieser hatte sich mittlerweile etwas übergezogen und nippte an einem Becher Wasser. Doch als der Sklavenhändler sah, was er da gebracht bekam, weiteten sich seine Augen vor Schreck.
„Mein Herr, hier ist der junge Halbdrow.“
Nhaundars Unterkiefer klappte nach unten und er musste zweimal hinschauen, um den Jungen unter dem verkrusteten Blut wieder zu erkennen.
„Dipree? Was ist passiert?“, brachte der Sklavenhändler kurz angebunden hervor und die Überraschung über diesen Anblick schwang in seiner Stimme mit.
„Mein Herr, ihr wart gestern wütend und habt den Jungen ausgepeitscht. Dann gabt ihr mir den Befehl ihn zu den Soldaten zu bringen. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen ihn am Leben lassen.“
Dass die Drowsoldaten den Jungen nicht umbringen sollten wollte Dipree nochmals extra betonen, falls Nhaundar seine Wut oder auch den Schrecken über sich selbst nicht bändigen konnte. Somit wäre wenigstens er aus der Sache heraus.
„Geh’ zu Ranaghar und sag’ ihm, er soll dringend den Priester finden“, brachte Nhaundar heraus und fragte sich wirklich, ob er das getan hatte. Der junge Halbdrow war sein Schatz, seine beste Einnahmequelle seit langem und jetzt sah er aus, als wäre er auf einem Schlachtfeld zu Tode getrampelt worden. Der Vhaeraunpriester musste dies wieder in Ordnung bringen, schimpfte sich Nhaundar selbst in Gedanken, ganz egal wo dieser sich gerade befand. Dafür müsste er allerdings wieder mehr Geld ausgeben, als ihm lieb war. Viele weitere Gedanken wirbelten durch den schmerzenden Kopf des Sklavenhändlers, während er ungeduldig auf den Kleriker wartete.
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