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Dem Wahnsinn so nah

By: Elbenstein
folder German › Books
Rating: Adult ++
Chapters: 47
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Disclaimer: I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
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21. Kap. Versprechen werden eingel?st

21. Kapitel
Versprechen werden eingelöst

Nervös verlagerte Tebryn sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Der junge Soldat und Spion von Bregan D’aerthe war soeben aus dem Haus Do’Urden zusammen mit einer Nachricht des Waffenmeisters zum Anführer der Söldnertruppe gekommen.
Es waren nun schon einige Wochen vergangen, als Zaknafein Do’Urden sich mit seiner ungewöhnliche Bitte um Geld, im Austausch für Informationen, zu Jarlaxle begeben hatte. Die Gründe waren eigentlich bescheiden. Zum einen wollte der stolze Krieger für den jungen Halbdrow Shar etwas tun, einfach nur deshalb, weil ihn der Junge an seinen eigenen Sohn erinnerte und der ihm Leid tat und den er in der Zeit nicht vergessen hatte. Auf der anderen Seite konnte er die wertvolle Informationen des Jungen über Dantrag Baenre an den Söldnerführer verkaufen, um Shar zu helfen. Zaks Glück ging sogar soweit, dass Jarlaxle diesem Geschäft zum damaligen Zeitpunkt zügig zustimmte und dem Waffenmeister im Gegenzug die angeforderte Summe Gold für Zaknafeins weitere Pläne liefern würde. Der weitere Vorteil in dem Deal des Kriegers und dem Söldner lag darin, dass Zak sich gegenüber Jarlaxle zu dem prekären Thema über den Erhalt der Berichte über Dantrag nicht äußern musste, obwohl Zak sehr wohl wusste, dass sein alter Freund schier vor Neugier fast zu platzen drohte. Um auch in Zukunft nichts über Shar zu erwähnen, wählte Zaknafein Do’Urden seine Worte geschickt und hielt die Nachricht an den Söldnerführer von Bregan D’aerthe recht kurz, aber auf den Punkt genau.
Diese Botschaft öffnete soeben Jarlaxle in der Hand und las interessiert. Er fragte sich welche Informationen er über Dantrag Baenre erhalten würde.
„Mein alter Freund,
wie ich dir vor einiger Zeit angekündigte, erhältst du mit diesem Schreiben die von mir versprochenen Auskünfte Dantrag Baenre entsprechend. Am Ende meiner Mitteilung findest du diese aufgelistet.
Um dich bezüglich deiner Worte zu erinnern, erbitte ich einen vollen Beutel Goldstücke, den du Tebryn geben sollst. Eine Versicherung meinerseits ist, dass ich dir in näherer Zukunft wohl noch mehr detailreiche Informationen liefern werde, unter den gleichen Bedingungen, die diesem Schreiben unterliegen.
Zaknafein“
Jarlaxle las den letzten Satz und sein Blick wanderte so gleich nach unten zu der angegebenen Auflistung. Er staunte nicht schlecht, als er erfuhr, dass der Waffenmeister des Hauses Baenre ein regelmäßiger Gast bei einem Sklavenhändler namens Nhaundar Xarann sein sollte. Der Name sagte ihm nicht viel, außer, dass er von ihm wusste, doch er den Sklavenhändler niemals persönlich begegnet war, bis jetzt noch nicht. Als der Söldner die Information erhielt, dass Dantrag eine blasphemische und doch recht klug ausgedachte Handlung in der Hauskapelle des Baenreanwesens getätigt hatte, konnte sich Jarlaxle ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Ich habe dich wahrlich niemals so gerissen eingeschätzt, Dantrag, überlegte der Anführer von Bregan D’aerthe und fragte sich gleichzeitig, wie Zaknafein an solch ein heikles Wissen gelangte, da der Waffenmeister keine Wort von einem jungen Halbdrow geschrieben hatte. Doch die Nachrichten stimmten den hinterhältigen Drow freudig, vielleicht konnte er diese Informationen in näherer oder ferner Zukunft tatsächlich gegen den zweiten Sohn der Oberin Baenre verwenden. Ein Lächeln huschte ihm über das Gesicht und er legte das Schreiben zur Seite.
„Tebryn, überbringe dem Waffenmeister das Geld und einen Gruß. Außerdem möchte ich, dass du dem Krieger folgst. Heimlich und auf leisen Sohlen. Wir wollen doch nicht wieder eine Situation heraufbeschwören, in der die Ehre von Zaknafein Do’Urden dein Leben rettet, oder Tebryn?“, meinte Jarlaxle und erinnerte den jungen Soldaten augenblicklich an das damalige Treffen.
Tebryn, der wiederholt nervös von einem Fuß auf den anderen wippte ohne dass er es merkte, wurde plötzlich bei diese Aussage gewahr, wie recht der Anführer hatte. Wäre damals nicht der Waffenmeister gewesen, dann hätte er sein Leben verloren. Seither gab es zum Glück für ihn keinen weiteren Zwischenfall und da Tebryn so schnell wie möglich sich der Aufgabe im Haus Do’Urden widmen wollte, nickte er lediglich als Antwort.
„Hier hast du einen Beutel, übergib ihn dem Waffenmeister und beobachtete ihn. Danach erstatte mir Bericht.“ Dabei fischte der Söldnerführer einen Beutel wie aus dem Nichts an der Innenseite des Schreibtisches heraus und reichte ihn dem jungen Soldaten.
„Ich werde nicht versagen“, entgegnete Tebryn und nahm das Geld an sich. „Ihr werdet alles erfahren was ich sehe und höre.“
Daraufhin verbeugte sich der Soldat vor Jarlaxle, drehte sich um und verschwand augenblicklich durch die blau schimmernde Barriere, die die Tür zu Jarlaxles Büro darstellte.
Zurück blieb ein schmunzelnder Jarlaxle, der sich bequem in seinem Stuhl nach hinten lehnte und es kaum erwarten konnte, welche Erkenntnisse Tebryn bringen würde. Zaknafein, verzeih’ mir, aber du lässt mir keine andere Wahl, sinnierte der Anführer von Bregan D’aerthe nach und viele weitere Gedanken folgten.

Ein wenig später im Haus Do’Urden hielt Zaknafein den prall gefüllten Beutel Gold in der Hand und schien nun genauso nervös wie Tebryn kurze Zeit zuvor zu sein. Am Abend würde ein wichtiges Treffen stattfinden und ihm schien die ganze Sache nicht geheuer, je länger er darüber nachdachte. Zak fragte sich ständig, was er eigentlich da tat. Aber er musste irgendetwas tun, sonst würde er sich als Feigling fühlen. Vor einigen Wochen hatte er Shar kennen gelernt, ihm Hoffnung gemacht, um ihn anschließend seinem Elend wieder zu übergeben. Zaknafein wusste, es war einzig und alleine sein Fehler gewesen. Rizzen - der damals Shar seinem eigentlichen Herrn übergeben hatte - war es aber auch, der für Zak für den heutigen Abend ein Treffen mit Nhaundar Xarann arrangiert hatte. Der stolze Krieger konnte sich glücklich schätzen, dass er durch seinen geschickten Umgang mit Waffen eine Bedrohung für Rizzens Leben darstellte, so dass alles ohne Probleme und ohne das Wissen von Malice Do’Urden nach Plan verlief. Der Waffenmeister würde als potentieller Kunde zu einem Sklavenhändler gehen, sich einen Überblick über die Situation des Jungen verschaffen und wenn ihm das Glück hold blieb, anschließend den Halbdrow zu sich nach Hause holen. Nur leider nicht für längere Zeit, dafür reichte das Geld niemals aus, geschweige denn um Shar zu kaufen. Doch über eine Lösung für das Problem konnte er sich später immer noch Gedanken machen, wenn es soweit wäre.
Zuvor musste erstmal die Heimlichkeit gewahrt bleiben und er konnte Shar nur ein paar Tage Ruhe und Frieden von seinem eigentlichen Leben schenken, genau wie beim ersten Mal.
Bald war es soweit und Zaknafein verstand immer noch nicht so recht, wie er sich auf solch ein abenteuerliches, wie auch gefährliches Ereignis einlassen konnte. Alles nur wegen einem Sklaven, der vor einiger Zeit tief in ihm etwas auslöste, was er selbst nicht verstand. Er sagte sich, dass es an der einfachen Tatsache lag, da Shar ihn an seinen Sohn Drizzt erinnerte und er Ungerechtigkeit in Bezug auf unschuldige Kinder auf den Tod nicht ausstehen konnte. Wenn er diese Gedanken auch nur irgendjemandem mitgeteilt hätte, wäre er wohl mit schallendem Gelächter bedacht worden und jeder hätte ungläubig den Kopf geschüttelt. Er war immerhin ein großer Waffenmeister. Ein exzellenter Kämpfer, der sein Talent tagtäglich zur Schau stellte. Ein Drow, der es liebte Priesterinnen Lolths ihrem frühzeitigen Schicksal zuzuführen und er konnte nicht leugnen, dass er es mit einer absoluten Hingabe tat. Doch als er Shar begegnet war, wusste auch Zak wieder, dass er selbst nichts weiter war, als ein Sklave der adeligen Frauen. Vielleicht würde er mit seiner Tat endlich jemandem helfen können, der genauso hilflos wie jedes Kind in der Stadt war, während seine eigene Seele bereits jetzt schon verdammt zu sein schien, eines Tages in dem Abgrund zu fahren, um im ewigen Höllenfeuer zu brennen. Wenn er es bei dem jungen Halbdrow schaffen würde, dann stünde nichts mehr im Wege, dass er auch Drizzt auf den rechten Pfad leiten konnte. Vorausgesetzt, die Oberin Do’Urden würde es zulassen. Viele weitere Gedanken gingen Zaknafein durch den Kopf und am Abend stand er, geleitet von einem älteren Dunkelelfen vor einer Tür und wartete darauf, dass dieser sie öffnete.
Nervös, recht ungewöhnlich für den Waffenmeister, wartete er und hatte nicht einmal auf dem Weg hierher zu Nhaundar Xarann bemerkt, wie Tebryn ihm still und heimlich folgte. Draußen vor dem Tor verkroch sich der junge Soldat wie von Jarlaxle angewiesen und vertrieb sich die Zeit des Wartens mit eigenen Gedanken.
„Nhaundar ist soweit euch zu empfangen, mein Herr“, erklang von der Seite die dünne Stimme von Dipree an Zaknafeins Ohr. Sein Herz schlug plötzlich schneller und er schluckte. Bloß kein Fehler machen, sagte er sich und schickte sich dabei an, dem Drow zu folgen.
„Seit gegrüßt, Waffenmeister des Hauses Do’Urden. Der Patron hat mir euer Kommen mitgeteilt“, begrüßte Nhaundar den Krieger mit einer öligen Stimme und erhob sich dabei sogar von seinem Diwan. Blieb jedoch stehen und wartete darauf, dass der Besucher sich ihm näherte.
Zak versuchte ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, ganz so, als würde er mit Freuden dieses Treffen und vor allem den Grund des Zusammenkommens, genießen. Doch innerlich war es überhaupt nicht der Fall. Er wollte wieder zurück in seine Privatgemächern und das am besten zusammen mit Shar, ohne großartig sich mit dessen eigentlichen Herrn zu unterhalten. Auf ungewöhnliche Weise fühlte sich der Krieger plötzlich wie ein Feigling. Doch Zaknafein musste das Unliebsame über sich ergehen lassen und schritt vorwärts. Er ließ beim Hineintreten seinen Blick durch den Raum schweifen. Er erkannte als erstes einen älteren Dunkelelfen und schätzte diesen auf ungefähr 600 Jahre. Womit er fast ins Schwarze traf. Dieser trug schwarze Lederkleidung, die durch eine rote Robe vervollständigt wurde. Sein Gegenüber besaß kurz geschnittenes Haar und funkelte ihn mit rot glühenden Augen neugierig an. Ein breites, selbstgefälliges Grinsen zierte dessen Gesicht. Als Zak sich weiter umschaute entdeckte er die Person, weswegen er überhaupt erst auf die Idee gekommen war, sich mit dem Sklavenhändler zu treffen, Shar. Der Junge saß auf dem Boden, direkt neben dem Diwan des Dunkelelfen und schaute ihn mit großen, tiefblauen Augen verwundert an. Man konnte ihm regelrecht die Überraschung vom Gesicht ablesen, jedoch eine positive Überraschung. Er trug die gleiche Kleidung, wie Zak ihn schon einmal gesehen hatte, nur dass sie diesmal schwarz war. Schwarzes Leder, das gerade mal das Nötigste der Intimitäten verdeckte und schwarzer Seidenstoff bedeckte die dünnen Beine. Goldketten an Hals, Arm und Handgelenken schmücken den Rest. Die langen, weißen Haare hingen wunderschön anzuschauen über die Schulter. Mit einer Eisenkette, die mit einem eisernen Halsband verbunden war, schien der Junge an einem Haken in der Wand angekettet zu sein. Leicht angeekelt durch diese ihm völlig ungewohnte Situation versuchte sich Zak zusammen zu reißen und ein freundliches Gesicht zu machen. Doch gleichzeitig fragte er sich plötzlich, ob es den Sklaven im Hausen Do’Urden genauso erging. Dann ließ er den Blick von dem Jungen auf den Sklavenhändler zurück gleiten.
„Seit ebenfalls gegrüßt …“, begann der Waffenmeister im ruhigen Ton und versuchte sich an den Namen des Sklavenhändlers zu erinnern. Doch dieser schien wie weggeblasen und er konnte sich nicht erinnern.
Nhaundar schien dies augenblicklich zu merken und half sogleich nach, „Nhaundar Xarann ist mein Name.“
„Selbstredend“, kam die knappe und sehr sarkastisch klingende Antwort von Zaknafein, der diesem Dunkelelf am liebsten auf der Stelle die Kehle durchgeschnitten hätte. Alleine schon wegen dieser schmierige Art und Weise, die er an den Tag legte. Dabei versuchte der stolze Krieger seine volle Aufmerksamkeit auf die schleimige Ratte eines Sklavenhändlers zu richten ohne selbst auf Shar zu achten, der vielleicht durch unbedarfte Gesten zu erkennen geben konnte, dass beide sich kannten und auch achteten, ein Blick könnte bereits mehr verraten als beabsichtigt. Immerhin wusste niemand, dass er und der Waffenmeister sich kannten und gegenseitig als Freunde schätzten. Des Weiteren ertrug Zaknafein den Anblick des Halbdrow kaum, der anscheinend wie ein Tier behandelt wurde, alleine schon durch das Anketten an der Wand.
Shar war sichtlich verblüfft und traute kaum seinen Augen. Er erinnerte sich an die Tage im Haus des Waffenmeisters und wie beide sich auf ungewöhnliche Weise anfreundeten. Dann kamen ihm die Erinnerungen an ihre Gespräche. Jetzt schien für den jungen Halbdrow der Zeitpunkt gekommen zu sein, dass der Waffenmeister seinen Worten Taten folgen lassen würde. Vergessen schien im gleichen Moment auch Sorn, den Shar über alles liebte, abgesehen von seinem toten Vater.
Im Gegenzug beobachtete auch Nhaundar den Neuankömmling und holte lautlos tief Luft. Das Auftreten war nicht ganz so wie das des Waffenmeisters Dantrag Baenre, erkannte Nhaundar, doch sie glichen sich auf eine andere Weise. Auch dieser Drow hier hatte zwei prachtvolle Schwerter links und rechts im Waffengürtel griffbereit und eine sehr gute Rüstung rundete das kraftvolle Äußere ab. Der muskulöse Körper versprach Stärke und strahlte einen ungeheuren Stolz auf die Stellung aus, die der Fremde innehatte. Seine Wesensart glich eher einem freundlicheren, aber durchaus tödlichen Drow, der in keiner Weise vor dem Gebrauch seiner Schwerter halt machen würde. Nhaundar kannte die Rivalität zwischen Dantrag Baenre und Zaknafein Do’Urden, wer in der Stadt kannte sie nicht, und insgeheim war er froh, dass der Waffenmeister des ersten Hauses nicht mit ihnen das Zimmer teilte. Aber ein Kampf von geschickten Stößen, flicken Schritten und gut ausgebildeter Schwertkunst reizte auch ihn. Was würde Nhaundar nicht alles tun, wenn die beiden Waffenmeister einen Kampf auf Leben und Tod, auf Ehre und Hass auf seinem Grundstück abhalten könnten. Nun ja, es gab ja genug Zeit und wenn er es jetzt geschickt anstellte, dann würde vielleicht der berühmte Waffenmeister bald zu seinen Kunden gehören. Der Rest käme nach und nach, genauso wie das Geld.
„Setzt euch doch, Waffenmeister. Wollt ihr etwas Wein zur Entspannung?“, fragte Nhaundar mit säuselnder Stimme und lud den Krieger mit einer einladenden Handbewegung dazu auf, sich in einem ihm gegenüberstehenden Sessel Platz zu nehmen. Dazu kam das stets hinterhältige und selbstgefällige Grinsen, dass er immer dann aufzusetzen pflegte, wenn er ein gutes Geschäft witterte.
Zaknafein war jedoch nicht dumm und konnte den Gesichtsausdruck deuten, war er von vorne rein gewarnt gewesen, um welch widerliche Kreatur es sich bei dem Sklavenhändler handelte. Doch er musste versuchen mitzuspielen, ansonsten könnte er es gleich sein lassen. Aus seiner neu empfundenen Freundschaft zu dem Jungen wollte er den Eindruck erwecken, er wäre wie all die anderen Männer, die in Shar nichts weiter sahen, als ein Objekt zu ihrer eigenen Befriedigung. Eine lebende Hülle die weder zu denken, zu sprechen noch eigenständig zu handeln hatte.
„Ich danke euch“, antwortete Zaknafein kurz und nahm die Einladung mit einem ebenso tückischen Lächeln an und setzte sich auf den ihm angewiesenen Sessel. Von der Seite huschte der ältere Drow herbei, der ihn schon unten im Hof nach oben und zu Nhaundars Privatgemächern geführt hatte und reichte dem Waffenmeister ein gefülltes Glas Rotwein. Er nahm es ohne weitere Reaktion entgegen und nippte aus Höflichkeit daran. Vergiftet konnte es nicht sein, dachte der Krieger sich, dass würde Nhaundars Geschäfte ruinieren, obwohl ihm kurz dieser Gedanke in den Sinn kam.
„Ein edler Tropfen, den ich regelmäßig von der Oberfläche beziehe“, meinte der Sklavenhändler lapidar und versuchte den Waffenmeister noch besser einzuschätzen, aber dessen Mienenspiel verriet nichts von dem, was sich im Kopf des Kriegers abspielte. So ergriff Nhaundar die Initiative und begann das Gespräch.
„Wie ich den Worten des Patron eures Hauses entnommen habe, habt ihr Interesse an meinen Sklaven“, fragte Nhaundar vorsichtig nach.
Zaknafein schien die Worte zu hören, aber er konnte nicht anderes und schaute just in diesem Moment zu dem auf dem Boden sitzenden Shar, der in mit unverhohlener Neugier anschaute und ihm ein liebevolles Lächeln schenkte. Der Waffenmeister musste all seine Geduld zusammen nehmen, um nicht Nhaundar die Wahrheit über sein widerliches Geschäft mit der käuflichen Liebe an den Kopf zu werfen, das Wohlbefinden des Jungen hatte Vorrang.
Doch der Sklavenhändler bemerkte diesen Blick sofort und auch wenn er nicht vorhatte den Halbdrow für diese Nacht an jemand anderen zu verleihen, lag darin wohl aber das Geschäft des Abends. Er dachte sich, wenn es ihm gelinge den Krieger auf den jungen Sklaven weiter aufmerksam zu machen, dann würde er ein gut verdientes Geschäft für diese Nacht abschließen. Ein anderer Sklave könnte für sein körperliches Wohl ebenso dienen wie sein selbst erwählter Schatz, der Gold, Edelsteine und wertvolles Geschmeide in einem darstellte. So hob Nhaundar wie beiläufig seine Hand und ließ diese über den Kopf von Shar streichen, ganz so, als würde er ein Tier kraulen.
Zaknafein sah diese Geste und empfand sie als abstoßend. Als er dazu jedoch keine Regung des Jungen beobachtete, sagte er zu sich selbst, er muss dies wohl tagtäglich über sich ergehen lassen und kennen – was tatsächlich der Fall war. Dann fiel ihm das Alter von Shar ein und ein Schauer jagte über seinen Rücken. Nicht viel Älter als mein eigener Sohn, dachte der Krieger. Ich werde ihn hier rausholen, auch wenn es nur für ein paar Tage sein sollte. Dann fühlte sich Zak das erste Mal bereit, auf Nhaundars Worte zu antworten.
„Das habt ihr richtig vernommen. Ich sah genau jenen Halbdrow, als der Patron ihn zu sich holte. Doch lasst uns gleich zum Wesentlichen kommen, ich schätze keine Verzögerungen.“
„Ganz wie ihr wünscht“, erwiderte der Sklavenhändler und konnte erneut beobachten, wie der Blick seines Gegenübers zu dem Sklaven neben ihm wanderte. So ergriff Nhaundar die Chance und redete mit ruhiger, gleichzeitig geschäftlicher Stimme weiter. „Ihr scheint nun selbst Interesse an dem Halbdrow zu besitzen, wie ich aus eurem Blick schließen kann. Mit der nötigen Bezahlung kann ich auch euch diesen Jungen anbieten. Doch wenn ihr eine andere Rasse oder Alter bevorzugt, seht darin kein Problem.“
Zaknafein hatte allerdings ein Problem. Es lag an den Worten des Sklavenhändlers und dessen schleimige Art zu handeln. Er sah in Shar nur das Geld, wovon der Junge nie etwas sehen würde. Von der Behandlung ganz abgesehen. Der Waffenmeister sagte zu sich selbst, „Lieber würde ich einer bedrohlichen Priesterin der Spinnenhure gegenüberstehen, als einem Sklavenhändler, der als seinen Gott den Profit ansieht.“ Dann zwang sich Zak zu einer Antwort. „Ihr habt eine gute Auffassungsgabe, Nhaundar Xarann.“
Nhaundar sah diese Worte als Kompliment an, obwohl sie eher sarkastisch gemeint gemeint waren. Es störte ihn aber nicht und meinte, „Ich überlasse ihn euch gerne. Rizzen Do’Urden zählt zu meinen Kunden. Ihr seid aus dem gleichen Adelshaus und ein großartiger Waffenmeister. Alleine auf Grund eures Rufes wäre es für mich eine Ehre, wenn auch ihr an meiner Ware gefallen findet.“
So hatte es sich Zaknafein überhaupt nicht vorgestellt, zumindest nicht soweit, dass Shar einfach so als Ware angepriesen wurde. Dann noch die Erwähnung des Patrons des Hauses. Dies alles entsprach nicht der Vorstellung des Waffenmeisters, aber seine Gedanken wurden durch Nhaundars Stimme unterbrochen. „Für einen Beutel voller Gold gehört er auch euch einige Tage. Wie es ausschaut hat Rizzen Do’Urden euch von den Qualitäten des Halbdrow überzeugt?“
Zak schluckte schwer und wieder wanderten seine Augen auf den sitzenden Jungen. Der strahlte immer noch über das ganze Gesicht und wenn er nicht bald damit aufhörte, dann würde es schwer werden, dass der Waffenmeister seine Maskerade aufrechterhielt. So holte der Krieger tief Luft und antwortete. „Genau wie ihr sagtet. Ich bin einverstanden. Fünf Tage und einen Beutel Gold.“ Daraufhin fischte Zaknafein den von Jarlaxle erhaltenen Beutel hervor und ließ ihn in seine Handfläche wandern.
Nhaundar staunte nicht schlecht und freute sich, dass der Waffenmeister so schnell in sein Angebot eingewilligt hatte. Wenn die Glückssträhne weiterhin anhielt, dann saß ein neuer Kunde ihm im selben Augenblick gegenüber. Bevor er eine Antwort gab schaute nun auch er zu Shar hinunter und entdeckte dort das Lächeln des Jungen. Stutzig über diese Reaktion runzelte Nhaundar plötzlich die Stirn. So etwas hat er niemals getan. Er schien regelrecht von dem Waffenmeister begeistert zu sein. Einen Atemzug später fragte sich der Sklavenhändler, ob etwas anderes hinter der seltsamen Gefühlsregung stecken könnte. Das war aber leicht heraus zu finden.
Nhaundar wäre nicht Nhaundar, wenn er nicht stets einen Plan im Hinterkopf haben würde. Seine Räume waren gut geeignet wartende Gäste zu belauschen, bevor er eintrat. Schon lange hatte er von den verborgenen Spionen keinen Gebrauch mehr gemacht, denn es gab keinen Anlass dazu. Aber nun wäre es wohl angebracht, er brauchte lediglich einen guten Grund um sich kurzzeitig zurück zu ziehen. Doch diesen hatte er bereits in den Augenwinkeln erspäht und richtete seine Aufmerksamkeit auf Dipree. Zak beobachtete im selben Moment Shar ohne etwas mitzubekommen. Mit schnellen Bewegungen in der komplizierten Fingersprache der Drow, wies er den Dunkelelf an, ihn gleich mit einer wichtigen Nachricht aus dem Zimmer zu lotsen.
Diprees Gesicht wirkte im ersten Moment überrascht, doch als guter Beobachter war auch ihm das seltsame Verhalten von Shar aufgefallen. Allerdings interessierte es ihn nicht im Geringsten. Nhaundar sah es anders. So nickte Dipree verstehend, wartete kurz und trat aus der Ecke hervor und verbeugte sich höflich und respektvoll vor seinem Herrn.
„Mein Herr, ich störe nur ungern“, und verbeugte sich auch leicht vor dem Waffenmeister als Entschuldigung. „Doch Yazston braucht dringend euren Rat.“
Nhaundar verzog angewidert das Gesicht und schüttelte ungläubig den Kopf. „Er weiß doch ganz genau, dass ich Kundschaft habe. Um was handelt es sich? Sag’ es eilig, ich möchte den Waffenmeister nicht warten lassen“, antwortete der Sklavenhändler in gespielter Aufgebrachtheit und bedachte Zaknafein mit einem Blick, der sagen sollte, dass er nur von Dilettanten umgeben war und wollte sich gleichzeitig damit für die Störung entschuldigen.
Zaknafein reagierte im ersten Moment nicht, doch plötzlich kam auch ihm die Erkenntnis, dass die Worte irgendwie nicht der Wahrheit entsprachen. Er wusste nicht wieso und weshalb, ein Gefühl des Unwohlseins stieg in ihm auf. Es konnte wohl nur an dem Verhalten des Jungen liegen und am liebsten wäre Zak aufgesprungen und hätte ausnahmsweise Shar zu Recht gewiesen. Es lag so viel an diesem Gespräch und an der Glaubhaftigkeit, denn Nhaundar musste überzeugt von seinen Absichten sein.
Zur gleichen Zeit seufzte der Sklavenhändler und bedachte Shar und sein Gegenüber mit einem Schmollmund. Dabei erkannte er immer noch das Lächeln auf dem zarten Gesicht des jungen Halbdrow, während der Waffenmeister seine strenge Miene beibehielt. Aber er musste wissen, was sein liebstes Eigentum zu solch einem Verhalten führen ließ und richtete die nun folgenden Worte an Zaknafein Do’Urden.
„Bitte entschuldigt mich. Es ist besser wenn ich mich augenblicklich um diese Situation kümmere. Nehmt noch ein Glas des edlen Tropfens und bevor ihr denkt ich wäre fort, bin ich gleich wieder bei euch.“
Zak hätte beinahe bei dieser Aussage ein Lachanfall bekommen. Nhaundar schauspielerte schlecht und die Worte kamen gekünstelt aus seinem Mund. Doch der stolze Krieger versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
„Dann beeilt euch gefälligst …“, antwortete Zak stattdessen barsch ohne dass er irgendjemanden im Raum etwas vormachen musste. Er wollte dringend die Angelegenheit erledigt wissen und auf schnellstem Wege mit Shar in seinen eigenen Gemächern ankommen. „Ich werde warten, aber nicht lange, Nhaundar Xarann. Andere, wichtigere Dinge benötigen heute noch meine Aufmerksamkeit. Denn sonst könnte ich mich gezwungen sehen, dass ich das Treffen vorzeitig beenden muss.“
Shar hörte die Worte im gleichen Moment und sein Lächeln verschwand sofort. Auch wenn er eine wage Ahnung davon hatte, dass sein Freund Zaknafein hier ein Spiel spielte, glaubte er innerlich aber den Worten. Er konnte doch nicht einfach verschwinden und ihn hier alleine zurücklassen. Das durfte nicht sein. So zog er wie ein geschlagner Hund den Kopf ein, verkroch sich in der Ecke und wartete darauf, was sein Herr nun darauf antworten würde.
„Aber nicht doch, Waffenmeister. Gebt mir eine Minute, ihr werdet nicht bemerken, dass ich verschwunden bin“, versuchte Nhaundar die Situation zu retten und scholl sich innerlich selbst für den missglückten Plan. Aber nun gab es kein zurück und gleich wäre er auch wieder da und würde höchstwahrscheinlich ein gutes Geschäft beenden. Dann stand der ältere Dunkelelf auf, widerstand währenddessen der Versuchung nochmals zu dem jungen Halbdrow zu blicken, um sich selbst nicht zu verraten und ging in Begleitung von Dipree hinaus.
Zurück blieben Zaknafein mit einem Glas in der Hand und Shar auf dem Boden sitzend.
„Sei nicht traurig, mein Junge“, flüsterte der Krieger kurz, nachdem beide Drow aus dem Zimmer verschwunden waren. Das Gefühl, dass der Sklavenhändler etwas ganz anderes zu tun gedachte, nagte immer noch an ihm. Und falls der ältere Dunkelelf beabsichtigte, sie beide auszuspionieren, musste er den kurzen Augenblick nutzen, um schnell Shar einige Anweisungen zu geben, bevor Nhaundar sich ihnen widmen konnte.
Shar hörte die Worte und schaute jetzt wieder nach oben. Er beobachtete, wie die stahlharten Gesichtszüge verschwanden und Zaknafein bedachte ihn mit einem freundlichen Lächeln. „Du darfst nichts verraten und vor allem nicht lächeln. Sei so, wie du es immer bist und ich verspreche dir, wir werden gleich zusammen hier verschwinden.“
Mehr Zeit gab es nicht, schon vernahm der Waffenmeister mit seinem geschulten Gehör plötzlich ein verräterisches Klicken. Er wurde starr und nur noch seine Augen bewegten sich und suchten instinktiv den großen Raum ab. An der ihm gegenüberliegenden Wand, links und rechts, hangen eine Menge Bilder und alle darauf zu sehenden Personen schauten in den offenen Raum hinein. Dann, seinen Verdacht bestätigt, erkannte er auf einem der hinteren Gemälde, dessen Augen lebendig rot leuchteten. Er wusste sofort, dass es sich hierbei nur um Nhaundar Xarann handeln konnte und er verfluchte innerlich die schleimige Kröte eines Dunkelelfen. Zaknafeins Miene verfinsterte sich sofort wieder, er lehnte sich in dem Sessel zurück und nippte an dem Glas Rotwein. Den Jungen bedachte er nun nicht mehr und versuchte so zu tun, als würde er ungeduldig auf den Sklavenhändler warten.
Shar stattdessen beobachtete neugierig, wie sich sein Freund wieder veränderte. Aber diesmal wusste er wieso und tat es instinktiv dem Krieger gleich und saß ohne Regung auf dem Boden und wartete nun ebenfalls.

Nhaundar verschwand in dieser Zeit eilig in einem Nebenzimmer, das unmittelbar an das Empfangszimmer angrenzte. Er lief schnurstracks auf eine kleine, geheime Ecke zu, in dem er die Möglichkeit besaß, die Geschehnisse Nebenan zu verfolgen. Er wollte ganz sicher sein, dass hier alles mit rechten Dingen zuging.

Nach etlichen Minuten kam nun endlich wieder Nhaundar herein, der so tat, als wäre er immer noch über die unliebsame Störung ganz Fassungslos. Doch in Wahrheit war er eher enttäuscht gewesen. Irgendwie hatte er etwas anderes bei seiner Ausspähung erwartet, aber nicht ein Bild, das ihm überhaupt nichts Verräterisches zeigte.
Das weitere Gespräch verlief nun jetzt wieder wie am Anfang und am Ende einigten sich Nhaundar und Zaknafein darauf, dass er den jungen Halbdrow für fünf Tage zu sich nehmen konnte.

Der stolze Krieger hatte den schmierigen Sklavenhändler überzeugen können und das Geschäft abgeschlossen. Anschließend wurde Shar von dem Wandhacken losgemacht, von Dipree in einen Wollumhang gesteckt und Zak bekam die Kette in die Hand. Das Geld wechselte den Besitzer und der Waffenmeister verlies mit Shar das Anwesen.
Endlich waren beide alleine und Shar lächelte zufrieden und stolz zu seinem Freund hinauf, der sich ein Schmunzeln ebenfalls nicht verkneifen konnte.
„Dann werden wir mal nach Hause gehen, mein Junge“, versprach Zaknafein und der junge Halbdrow gehorchte ohne etwas zu antworten.
Zusammen liefen sie durch die nächtlichen Straßen der Stadt und gelangten am Ende ohne Zwischenfälle in Zaknafeins privaten Räumen an. Augenblicklich schloss der Krieger die Türe sorgfältig hinter sich ab. Von heute an durfte der Junge endlich ein ganz normaler Junge sein und Zak wollte diese Zeit sorgfältig nutzen. Der Waffenmeister hatte sich sehr wohl auf dem Weg nach Hause überlegt, was er Shar sagen und beibringen wollte. Zum einen gehörte dazu, dass er den Jungen wie beim letzten Mal als Freund ansehen wollte. Vielleicht könnte er ihm auch Verteidigungskampf lehren, damit dieser in Zukunft sich selbst wehren konnte. Diese und noch viele andere Gedanken wirbelten wild durch seinen Kopf und letzten Endes verging die Zeit wie im Flug.

Zur gleichen Zeit begab sich Tebryn zu seinem Anführer von Bregan D’aerthe und erstattete ausführlich Bericht. Jarlaxle staunte nicht schlecht, als er die Ereignisse vor und nach dem Besuch des Waffenmeisters bei Nhaundar Xarann berichtet bekam. Das sein alter Freund Zaknafein sich tatsächlich zu einem Sklavenhändler begeben hatte und das der gleiche Dunkelelf war, zu dem auch Dantrag Baenre ging, verwunderte den stets hinterlistigen Drow doch sehr. Er überlegte fieberhaft, welche Vorteile er aus diesem Wissen ziehen konnte und welche Informationen für die Zukunft nützlich zu sein schienen. Dabei versuchte er jedoch den Waffenmeister des Hauses Do’Urden in all seinen Gedankenspielen auszugrenzen. Er sollte der einzige in diesem ganzen Spiel bleiben, auf den niemals der Verdacht fallen durfte. Jarlaxle freute sich so sehr über die neuen Nachrichten, dass er gedankenverloren sogar dem jungen Soldaten Tebryn Geldstücke zusteckte. Das einzige was jetzt für ihn zählte war lediglich die Tatsache, die sich um den Waffenmeister Dantrag Baenre drehte. Was Zaknafein genau mit Nhaundar Xarann zu schaffen hatte, dass spielte vorerst einmal eine unwichtige Rolle, die erpresserischen Neuigkeiten aus dem Brief an ihn schienen das Wesentliche zu sein. Viele weitere Gedanken folgten und er spann seine kleinen Intrigen, während er breit und zufrieden grinsend sich auf dem Stuhl zurück lehnte.

Die Tage gingen ins Land und Zaknafein kümmerte sich fünf Tage freundschaftlich um einen Liebessklaven, der ihn immer wieder aufs Neue an seinen Sohn Drizzt erinnerte. Shar schien es bei dem Waffenmeister wirklich gut zu gehen. Denn innerlich fühlte sich der Junge, als wäre er mit Sorn zusammen. Der Unterschied zwischen dem jüngern und dem älteren Dunkelelfen bestand nur darin, dass Shar kein kribbeliges Gefühl bei Zak empfand. Für ihn war der Krieger lediglich ein Freund und einer von der Sorte, die ihn gerne viel zu Essen gaben und nichts von ihm forderten. Der junge Halbdrow freute es sogar sehr, dass der Waffenmeister ihn gerne erzählen hörte und so gab Shar unbewusst alle geheimen und unliebsamen Informationen preis, die sich rund um die Kundschaft von Nhaundar Xarann drehte. Natürlich hatte auch das geschickte Fragen von Zaknafein damit zu tun. Wenn dies jemals Nhaundar erfahren würde, dann wäre Shar vielleicht tot, der diese Nachrichten einfach so bereitwillig Zak erzählte. Doch Nhaundar selbst war niemals auf die Idee gekommen, dass er bei Geschäften, die sich innerhalb des Hauses abspielten oder bei Freiern, er den Sklaven bei sich hatte, der jedes Wort und jede Handlung mitbekam. Für ihn schien Shar lediglich ein Objekt der Begierde, etwas das ihm und anderen Freude bereitete Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass Shar jemals Informationen, die er zufällig mitbekommen hatte, weitererzählen würde. Zaknafein freute sich umso mehr darüber, auch wenn er einige der von dem Halbdrow genannten Personen nicht kannte, aber das machte nichts. Er konnte jede Information an Jarlaxle verkaufen und so Shar wieder zu sich holen, um ihm ein Freund zu sein. Wenn jemand den raffinierten Plan gewittert hätte, dann wäre Ärger vorprogrammiert gewesen, aber der Waffenmeister wusste bestens, dass der Anführer von Bregan D’aerthe niemals seine eigene Quelle verriet. Alles schien also sicher und das blieb auch so.
Nach den bezahlten fünf Tagen brachte Zaknafein den Jungen schweren Herzens zurück zu seinem Herrn. Es blieb ihm keine andere Wahl und selbst Shar hatte diese Tatsache eingesehen, auch wenn er traurig wirkte. Zak versprach aber, dass er es bald wiederholen würde, sooft wie es ihm möglich war. Doch in nächster Zeit musste der stolze Krieger erst einmal selbst mit sich ins Reine kommen. Sein Sohn Drizzt brauchte ihn wohl auch sehr bald, wie er anhand der Gespräche mit der Oberin Malice Do’Urden entnehmen konnte und Shar musste die Zeit bei Nhaundar alleine durchstehen. Drizzt hatte Vortritt und es dauerte nur einige Monate und es trat das ein, was Zaknafein vorher gesehen hatte, sein Sohn wurde sein Schüler.
Doch Shar ging es in den nächsten Jahren nicht so schlecht, wie der Waffenmeister annahm. Sorn hielt ebenfalls seine Versprechen und die Geschäfte mit Nhaundar blühten. Der Priester kam einmal im Monat, hielt die Abmachung ein und kümmerte sich um das körperliche Wohl der Sklaven und verhalf somit Nhaundar zu noch mehr Geld. Wie der Sklavenhändler vorhersah, wurde er tatsächlich der angesehene Händler in der Stadt Menzoberranzan und verkaufte nur gute Sklaven im besten Zustand. Sorn erhielt dabei stets den angemessenen Anteil. Der Priester bekam auch stets wie versprochen Shar für eine Nacht und die beiden konnten es kaum abwarten, bis sie alleine waren. Und sie waren tatsächlich unbeobachtet. Denn Nhaundar hegte bei dem Vhaeraunpriester keinen Verdacht und so hatte er auch kein Bedürfnis danach sie auszuspionieren. Lieber vergnügte er sich selbst an irgendeinem der jungen Sklaven.
Sorn und Shar genossen das Alleinsein und liebten sich mit solch einer Intensität, dass für lange Zeit niemand mehr den Weg in Sorns Herz fand. Dass der Priester jedoch hin und wieder auch mal die körperlichen Freuden mit anderen teilte, erzählte er nicht dem jungen Halbdrow. Aber selbst wenn er es getan hätte, wäre Shar wohl kaum eifersüchtig gewesen. Er selbst hatte so viele Freier, dass diese Tatsache wohl nicht ins Gewicht fiel. Außerdem, wer in der Gesellschaft der Drow war in seinem Leben jemals treu geblieben?
Nach fast fünf Jahren war auch Zaknafein wieder in der Lage Shar zu sich zu nehmen. Er hatte einige Jahre mit Drizzt verbracht, ihn ausgebildet, ihm alles versucht beizubringen was er dem Jungen auf den weiteren Lebensweg mitgeben konnte. Doch sein Herz blutete nun. Er hatte Drizzt einer Welt übergeben müssen, die aus seinem unschuldigen Wesen einen mörderischen Dunkelelfen machen würde. Aber ihm blieb keine andere Wahl. Viele Monate schienen nun schon vergangen, dass Zak seinen Sohn das letzte Mal gesehen hatte. Erst jetzt erinnerte sich der Waffenmeister wieder an den jungen Sklaven, der mit kindlicher Naivität durchs Leben wandelte und dabei noch unfreier war als er und Drizzt. Um das eigene Gewissen zu beruhigen oder vielleicht auch aus anderen Gründen ging Zaknafein wieder ein Geschäft mit Jarlaxle ein und erhielt das benötigte Geld unverzüglich. Damit machte er sich zu Nhaundar auf und diesmal verlief alles ganz nach dem Geschmack des Kriegers.
Ein weiterer Aufenthalt stand vor der Tür und Shar, mittlerweile bereits 40 Jahre alt, während seit dem damaligen Kennen lernen der beiden sechs Jahre verstrichen waren. Shar freute sich wie ein Honigkuchenpferd, dass Zaknafein sein Freund ihn nach langer Zeit zu sich holen wollte. In einer Nachricht hatte dieser sein Kommen angekündigt und der Junge wusste, dass sein Herr Zak geantwortet hatte. Er selbst erinnerte sich an jeden einzelnen Tag mit dem Waffenmeister und wie er noch genau wusste, wollte Zak ihm diesmal auch Waffen zeigen. Etwas, wovon der Junge schon sooft träumte und immer in Gedanken an Handir versank. Heute Abend war es soweit und Shar musste sich zusammen reißen, dass er gegenüber Nhaundar und selbst Dipree nichts verriet. Besonders nicht Dipree, der ihn wie immer für solch ein Ereignis herausputzte. Danach blieb dem Jungen nur noch still zu sitzen und zu warten. Zum Glück kam der Zeitpunkt schnell. Zaknafein übergab Nhaundar die von ihm geforderte Summe, verhüllte den jungen Halbdrow unter einem Wollumhang, nahm die Kette in die Hand und verabschiedete sich. In einigen Tagen würde Shar erneut zurück sein, so wie beim letzten Mal vor fünf Jahren. Eilig huschten die beiden auf der Treppe hinunter, über den Hof und dann durch das große Eisentor von Nhaundars Anwesen.
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