Dem Wahnsinn so nah
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German › Books
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Disclaimer:
I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
24. Kap. Neue Erfahrungen
24. Kapitel
Neue Erfahrungen
Zaknafein Do’Urden drehte sich um und da, wo eigentlich Shar hätte stehen sollen, sah er nur leere Luft. Der Waffenmeister runzelte die Stirn und fragte leise. „Shar, wo bist du?“
„Hier“, piepste der junge Halbdrow und seufzte laut auf.
Die Stimme kam vom Fußboden. Er schaute nach unten und erkannte den Jungen auf dem Boden sitzen, ein schmerzverzerrtes Gesicht schaute ihn an und neben ihm lag das gezogene Schwert.
„Shar, was machst du auf dem Boden?“, fragte Zaknafein verdutzt, doch als er den süßen Schmollmund des Halbdrow erkannte, musste er sich zusammen reißen, um nicht laut los zulachen. Stattdessen hielt er seine Hand Shar entgegen und deutete dem Jungen mit dieser Geste an, ihm beim aufstehen zu helfen. Alleine schon die ganze Situation war in jenem Moment lustig anzuschauen.
Shar, der noch total überrascht auf dem Hosenboden saß, erkannte den leicht amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht des Kriegers und er merkte, wie auch seine Mundwinkel leicht zuckten. Doch der Schmerz vom harten Aufprall auf dem Steinboden spürte der Junge entsetzlich in seinem Hintern. Eben noch hatte er das Schwert in der Hand gehalten, dann taumelte er jedoch nach hinten und verlor durch das überraschend schwere Gewicht der Waffe das Gleichgewicht und fiel auf den Hosenboden, samt dem Langschwert. Dann ergriff Shar die helfende Hand des Kriegers und ließ sich beim Aufstehen helfen. Als er wieder auf beiden Beinen stand, musterte er das am Boden liegende Schwert argwöhnisch.
Wieso ist das nur so schwer?, fragte er sich. Alle anderen sehe ich sooft, wie sie eine Waffe in die Hand nehmen und dabei nicht das Gleichgewicht verlieren. Gedankenverloren rieb er sich das leicht schmerzende Hinterteil und beobachte, wie Zaknafein das Schwert ohne Probleme aufhob. Danach steckte er es in den Waffengürtel zurück und wand sich dem Jungen zu.
„Heute Abend werde ich dir zeigen wie das geht, wenn du mir versprichst leise zu sein und dich ruhig verhältst“, schmunzelte der Waffenmeister und musste immer noch versuchen nicht laut zu lachen. Es war ein fiel zu amüsantes Bild gewesen, wie der Halbdrow auf dem Boden saß und verdutzt drein schaute. Doch daraufhin bemerkte Zak, wie der Schmollmund auf Shars Gesicht zurückkehrte und er wollte eigentlich den Jungen nicht auslachen. Aber es war auch kein Wunder, dass Shar nicht in der Lage war, die Waffe zu heben, an ihm schien alles hauptsächlich Haut und Knochen zu sein, obwohl er nicht mehr so dürr wie einst war.
„Komm’ einmal zu mir herüber“, forderte Zaknafein den Jungen auf.
Shar tat, wie ihm geheißen und lief immer noch schmollend zu dem Krieger hinüber. Er wollte doch so gerne genauso wie Handir sein, ein Kämpfer mit dem Schwert in der Hand. Als er bei Zak stand, drehte dieser Shar zu dem Spiegel an der Wand um und stellte sich hinter ihn.
„Schau’ mal Shar …“, begann der Waffenmeister und nahm mit einer Hand den dünnen Oberarm des jungen Halbdrow und hob diesen etwas an, wobei sich beide im Spiegel anschauten, „… du hast hier Muskeln, genau wie jeder andere Elf. Du besitzt sie schon seit deiner Geburt, aber noch sind sie nicht so kräftig wie meine.“ Dabei zog Zaknafein seinen eigenen Oberarm etwas nach oben, so dass sein Bizeps hervor trat und musste dabei leicht Schmunzeln. Der Unterschied zwischen den beiden war in jenem Moment so deutlich zuerkennen, wie die der Gegensatz zwischen Tag und Nacht. Der muskulöse Oberarm von Zaknafein war nicht zu vergleichen mit dem dürren, schlaffen Oberarm des kleinen Halbdrow. Seine Augen glänzten und er erklärte weiter. „Ich werde mit dir üben und dann, irgendwann, hast du so kräftige Muskeln wie ich, siehst du das?“
Shar beobachte alles ganz genau im Spiegel und bei diesen Worten verschwand das schmollende Gesicht und wurde durch ein Grinsen ersetzt. Er musterte aufgeregt das Muskelspiel von Zaks Körper und freute sich, dass er diese eines Tages auch besitzen würde.
„Dann müssen wir heute Abend aber ganz viel üben“, schmunzelte der junge Halbdrow und mit einem Mal war die Niederlage vergessen.
„Das werden wir, aber erst einmal will ich mich ausruhen und du auch, die Nacht war lang.“
Shar nickte und drehte sich zu Zaknafein um. Er richtete seinen Kopf nach oben und beide Blicke trafen sich. Auf ihren Gesichtern huschte ein Lächeln und dann machten sich Dunkelelf und Halbdrow auf, in Richtung Bett zu gehen um sich auszuruhen.
Zaknafein Do’Urden hielt sein Versprechen, auch wenn es ziemliche Anfangsschwierigkeiten gab. Erst einmal musste eine Waffe gefunden werden, die der Junge auch halten konnte. Keine leichte Aufgabe bei dem Fliegengewicht von Shar. Doch nach dem zweiten Tag schaffte es auch der junge Halbdrow ein Schwert in der Hand zu halten und dieses sogar nach oben zu heben, auch wenn die Arme zitterten. Anschließend lernte er von Zaknafein wie man einem Schlag auswich, um kurz darauf in der Lage zu sein, dem Gegner die eigene Waffe entgegen zu halten. Auch wie man einen Dolch richtig hielt und führte, lernte Shar recht schnell. Zum Schluss konnte der junge Halbdrow sogar ein Wurfmesser so schleudern, dass es zumindest in der Nähe des eigentlichen Zieles traf.
Den Muskelkater, den Shar nach dem ersten Tag hatte, hinderte ihn jedoch nicht wirklich daran, wie besessen seinem Vater Handir und Zaknafein nachzueifern. Der Junge war so sehr von dem Gedanken beflügelt, endlich ein Krieger zu werden und daher kaum zu bändigen. Zaknafein war auch der beste Lehrer, den man sich vorstellen konnte.
Doch viel zu schnell vergingen die schönen Tage und wieder einmal mussten sich beide schweren Herzens von einander trennen. Zak versuchte Shar mit den Worten zu trösten, dass Sorn so bald als möglich zu Nhaundar kommen würde und er sich selbst anschickte, ihn bei der nächst besten Gelegenheit abermals zu sich zu holen. Der Waffenmeister versprach ebenfalls, dass er dann mit dem Kampfunterricht weiter machen würde und das ließ Shar am Ende doch noch strahlen.
Nur wenig später war der junge Halbdrow wieder alleine bei Nhaundar und dieser gab sich so wie immer. Launisch und gnadenlos und erfreute sich an den körperlichen Freuden seines liebsten Schatzes. Des Weiteren schloss der Sklavenhändler immer mehr gute Geschäfte ab und das Geld floss nur so in Strömen.
In den nächsten sechs darauf folgenden Jahren änderte sich nicht viel im Leben des jungen Halbdrow Shar. Die Jagd fand regelmäßig statt und anschließend graute es dem Jungen stets vor Dantrag Baenre, der danach seinen Spaß forderte. Meistens nahm er auch Shar, gegen prall gefüllte Beutel mit Gold als Bezahlung für Nhaundar selbstverständlich, mit zu sich nach Hause. Doch auch dort, im ersten Haus von Menzoberranzan, änderte sich kaum etwas an den Behandlungsmethoden. Dantrag liebte es sein Spielzeug zu quälen und sorgte schon im Vorfeld für Heiltränke. Er sperrte den Jungen tagsüber in den Käfig ein und genoss seine abscheulichen Zeitvertreibe mit Shar. Der Leidtragende dabei war stets der junge Halbdrow. In diesen Tagen sehnte sich der Junge mehr denn je nach seinem Herrn, nach Sorn und selbst nach Zaknafein. Trost fand er in den Selbstgesprächen mit dem eingebildeten Handir, der ihm immer in solch schweren Zeiten beistand. Und wieder interessierte es keinen Drow, dass Shar mit seinem Vater sprach, der schon seit vielen Jahren tot war. Für Shar lebte er unbeirrt weiter und immer wieder aufs Neue bekam der Halbdrow das Versprechen, „Wenn er brav und gehorsam sei, dann würde Handir zu ihm zurückkommen“.
Der Priester kam immer noch regelmäßig vorbei, der von den Selbstgesprächen nichts ahnte. Sorn erledigte seine Arbeit wie gewohnt und erhielt eine gute Bezahlung des Sklavenhändlers. Einige Münzen, die ihm privat zustanden und nicht in die gemeinsame Kasse der beiden Zwillingsbrüder flossen, zweigte er ab und sparte diese. Er hatte schon einiges zurückgelegt, aber es reichte immer noch nicht dafür, den Jungen freizukaufen. Doch der Kleriker gab die Hoffnung nicht auf und freute sich fortwährend aufs Neue, wenn er Shar zu Gesicht bekam und dieser keine Narben im vergangenen Monat von der schlechten Behandlung der Freier davon getragen hatte. Die beiden Liebenden bekamen auch stets die von Nhaundar versprochene gemeinsame Nacht, wobei der Sklavenhändler eher davon ausging, er würde nur Sorn ein Gefallen erweisen. Das Glück blieb dem Priester hold, genauso auch Shar. Aber der Kleriker bedauerte es zutiefst, dass er Zaknafein nicht mehr begegnet war. So blieb Sorn nur die Schwärmerei. Seine Gefühle galten dennoch nur dem jungen Halbdrow.
Zaknafein Do’Urden hielt ebenfalls seine Versprechen und während er immer mehr Informationen von dem Jungen über all die Geschäftspartner seines Herrn erfuhr, desto öfter konnte er auch den Kleinen zu sich nehmen. Die Abmachung mit Jarlaxle blieb weiterhin bestehen und dieser schien sich in keiner Weise in die Angelegenheiten des Kriegers einzumischen, zumindest nicht offenkundig. Doch hinter dem Rücken des stolzen Waffenmeisters versuchte der Anführer von Bregan D’aerthe seinen alten Freund zu schützen, stets heimlich und durch Spione wie Tebryn. Zum einen wegen einer so wunderbaren Informationsquelle, die Zak gefunden zu haben schien und zum anderen, weil er die Ehre des Kriegers nicht besudeln wollte.
In den Tagen, in denen Shar bei dem Waffenmeister bleiben durfte, war das Glück selbst bei den paar Stunden Kampftraining ihnen wohl gesonnen und es klappte alles wie geschmiert. Irgendwann gestand sich Zaknafein ein, dass der Junge vielleicht jung und naiv war, aber nicht dumm. Alles was er ihm erklärte verstand er auch sofort und setzte es augenblicklich in die Tat um, so gut es auf Grund der körperlichen Konstitution ihm möglich war.
Wenn der Junge frei und wahrscheinlich ein gutes Zuhause bekommen würde, dann würde Shar eines Tages wahrlich ein guter und sogar sehr geschickter Kämpfer werden, sann der Waffenmeister über die Fortschritte nach. Und im Laufe der Zeit nahm ein neuer Plan in dessen Kopf Form an. Wenn es ihm gelingen würde, das benötigte Geld zusammen zu bekommen, dann könnte er Shar frei kaufen, ihn unter den Kriegern unterbringen und aus dem Jungen einen grandiosen Soldaten machen oder ihn vielleicht in Sorns Obhut übergeben. Doch gerade als alles reibungslos verlief, passierte etwas, womit niemand rechnete oder besser gesagt, das Zaknafein so nicht beabsichtig hatte. Ab diesem Zeitpunkt musste der Waffenmeister vorsichtiger werden und die Pläne wurden vorerst auf Eis gelegt.
Es war wieder einer dieser Tage, an dem Zaknafein Shar zu sich holte. Dieses Treffen war von einem weiteren Ereignis überschattet, dass dem Waffenmeister zusätzlich das Herz schwer machte. Drizzt, Sohn des stolzen Kriegers, kam bald zurück ins Haus Do’Urden, wo er an der Akademie große Taten vollbracht hatte und als Bester aus der Klasse hervorgegangen war. Zak war stolz auf Drizzt, aber gleichzeitig würde er in näherer Zukunft sich wieder um den eigenen Sohn kümmern und konnte danach nicht mehr seine Versprechen gegenüber dem Halbdrow so einhalten, wie es in den letzten sechs Jahren der Fall gewesen war. Er hatte es sich schon alles im Kopf zu Recht gelegt. Shar würde vorerst die letzten Übungsstunden von ihm erhalten, während Zaknafein gestehen musste, dass er danach nicht mehr so viel Zeit wie früher besaß. Doch dies musste der junge Halbdrow hinnehmen, ob er wollte oder nicht, sagte sich der Krieger, auch wenn er Shar wie seinen Sohn tief ins Herz geschlossen hatte. Zum Glück für beide gab es da aber noch Sorn und dieser kam laut Shars Aussage wirklich regelmäßig und hielt seine Versprechen. Das erleichterte zum einen Zaknafeins Gewissen und auf der anderen Seite würde es wohl auch den jungen Halbdrow beruhigen, der gar nicht so alleine war, wie man hätte meinen können.
Bereits heute Morgen wurde Shar gebadet, frisch frisiert und bekam neue Kleidung angezogen. Jetzt saß er wie üblich in einer Ecke des Empfangszimmers von Nhaundar und wartete gespannt auf seinen Freund Zaknafein. Sein Herr stattdessen lief etwas nervös hin und her und wirkte aufgekratzt und ignorierte den Halbdrow völlig. Plötzlich hörte man das Klopfen an der Tür und dies konnte nur Dipree in Begleitung des Waffenmeisters sein, dachte Shar. Die Tür öffnete sich und die Vermutungen des Jungen wurden augenblicklich bestätigt und Zaknafein trat ein. Er trug seinen schwarzen Piwafi, doch selbst dieses Kleidungsstück konnte seine imposante Größe und seinen gestählten Körper nur dürftig verbergen. Darunter lugten seine prachtvolle Rüstung und die beiden wunderschön anzuschauenden, aber genauso tödlichen Langschwerter hervor. Nhaundar hielt in seinem nervösen „Hin-und-Her-Gerenne“ inne und schaute den Waffenmeister an, ehe er ihn mit einer tiefen Verbeugung begrüßte.
"Seit gegrüßt Waffenmeister", schnurrte der Sklavenhändler und lief dabei direkt auf den muskulösen Drow zu. "Wir haben euch erwartet."
Zaknafein stattdessen sah sich in dessen Zimmer um, in dem er schon öfters zu Gast war und hielt Ausschau nach Shar. Dieser kniete auf dem Fußboden und fing sofort an zu strahlen, als sich ihre Blicke trafen.
Der Waffenmeister gab dem Halbdrow mit einem Fingerzeig zu verstehen, dass er sich bedeckt halten und sich nicht verräterisch benehmen sollte, wie schon einige Male zuvor.
"Kann ich ihn mitnehmen?", fragte Zaknafein tonlos und reichte Nhaundar einen Beutel mit Gold, den der Sklavenhändel sofort gierig annahm.
"Nehmt ihn nur mit .... Ihr kennt ja die Regeln, so wie er von mir ging, muss er auch wieder zurückkommen."
Der Waffenmeister musterte den widerlichen Drow kalt und nickte verstehend, bevor er Shars Kette nahm und ihm den Wollumhang überstreifte, den der Sklavenhändler bereits fröhlich grinsend unter Zaknafeins Nase hielt. Der Junge verschwand fast vollständig unter dem Stoff und im nächsten Moment zog der Krieger ihn hinter sich her. Im Hof tat der Waffenmeister nochmals einen prüfenden Blick zu seinem Schützling, lächelte kurz und beide liefen hinaus in die bereits angebrochene Nacht.
Kaum das sie durch das Tor schritten konnte Shar sich kaum noch zurückhalten und wäre seinem Freund vor Freude beinahe an den Hals gesprungen, doch als Zaknafein die Hand des Jungen auf seinem Arm fühlte, warf er ihm einen warnenden Blick zu. Seine rot glühenden Augen sagten dem jungen Halbdrow sofort, dass sie ihre Freundschaft auf der Straße nicht zeigen durften und so verzog sich Shar wieder unter seine Kapuze und lief hinterher. Bald, das wusste der Junge nur zu gut, durfte er sich freuen, sobald beide in den Privatgemächern des Kriegers verschwunden waren.
Aus einer dunklen Seitengasse heraus wurden beide jedoch beobachtet. Es war Dantrag Baenre, der gerade auf dem Weg zu Nhaundar Xarann gewesen war, als er seinen Erzrivalen Zaknafein erspäht hatte. Das war auch der Grund, wieso der Sklavenhändler den ganzen Tag so nervös wirkte. Nhaundar wusste, dass zum einen der Waffenmeisters des Hauses Do’Urden zu ihm kommen würde und zum anderen, dass sich der Waffenmeisters des ersten Hauses der Stadt angekündigt hatte. Zum Glück für Nhaundar ging es bei dem Treffen mit Dantrag diesmal nicht um Shar, sondern um eine Rücksprache für die neue Jagd, die in einigen Monaten stattfinden sollte.
Dantrag liebte es, die gefesselten und für Wut und Angst schreienden Priesterinnen zu foltern, solange, bis diese unter unsagbarer Todesqual unter seiner Hand starben. Viele Besucher würden wieder kommen und der Waffenmeister aus dem ersten Haus bezahlte gut, damit er derjenige sein durfte, der dieses Werk vollbrachte.
Dantrag Baenre lief gerade einige schnelle Schritte und er war gleich darauf in der dunklen Gasse verschwunden, in der eben noch Zaknafein gestanden hatte. Zorn brodelte in ihm, als er erkannte, wer da an der Seite seines Feindes ging. Shar war sein Spielzeug und nur seins, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn ihnen schon durch die Mutter Oberinnen der Stadt der Kampf verwehrt blieb, dann dufte Dantrag nicht zulassen, dass dieser Rivale ihm nicht nur den Titel des besten Waffenmeisters der Stadt streitig machte, sondern ihm auch noch sein liebstes Sexspielzeug wegnahm. Die Wut machte sich in dem Waffenmeister des Hauses Baenre breit und er musste sich zusammen reißen, dass er nicht auf der Stelle die nächst beste Person zu Kleinholz verarbeitete. Dabei wanderten seine Hände gefährlich nahe an die Schwertknäufe seiner beiden Waffen. Doch bevor er sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen ließ, kam Dantrag ein hervorragender Gedanke, wo er seinen Frust über dieses unerwartete Zusammentreffen ablassen konnte. Er lief zu dem Haus des Sklavenhändlers und wollte gerade hinein gehen, da stellte sich eine Wache vor ihn und bedeutete, dass er sich zu erkennen geben sollte. Jetzt wurde Dantrag von noch unbändigerem Zorn gepackt. Er riss seine Kapuze seines Piwafis zurück und starrte den Soldaten finster an.
"Was denkst du wohl wer ich bin, du unwürdiger kleiner Wurm. Dein Herr kennt mich gut und er täte auch besser daran, wenn er mich sofort vorließe. Jetzt geh’ mir aus dem Weg, denn ich bin Dantrag Baerne, Waffenmeister des ersten Hauses der Stadt und so eine bemitleidenswerte Kreatur wie du stirbt unter meinen Schwertern schneller als „ES“ den Angriff kommen sieht."
Noch bevor der verwirrte Drowsoldat irgendetwas antworten konnte, schoss die Faust des Waffenmeisters blitzschnell nach vorne und schlug ihn links und rechts ins Gesicht, bevor er sein Knie in dessen Unterleib stieß. Benommen fiel der Soldat zu Boden und nur eine Sekunde später fixierte Dantrag die andere Wache, die nach ihrem Schwert greifen wollte, sich aber bei dem finsteren Blick des Kriegers eines besseren besann. Kurz darauf schoss Dantrag durch die Tür zu Nhaundars Empfangsraum, der dort endlich in aller Seelenruhe, im Glück dem heiklen Treffen entgangen zu sein, sich gerade mit einem anderen Sklaven beschäftigte. Mit erschrockenem Blick schaute der ältere Dunkelelf auf und erkannte den Besucher. Überrascht stieß Nhaundar den Liebessklaven mit einem Ruck von sich weg, der daraufhin unachtsam auf dem Boden landete und der Sklavenhändler ihn absichtlich in eine Ecke trat.
"Waffenmeister ... was verschafft mir schon so früh am Abend die Ehre eures Besuches? Ich dachte, dass ihr erst zu später Stunde in mein bescheidenes Haus kommen wolltet?", schnurrte Nhaundar und versuchte Dantrag anzulächeln und sich nichts von dem vorhergehenden Besucher anmerken lassen wollte, der nur wenige Minuten zuvor sein Haus verlassen hatte.
Doch als Antwort traf ihn erstmals die Faust des Waffenmeisters in den Magen und der Sklavenhändler krümmte sich unter Schmerzen zusammen. Der Krieger griff sich die Haare Nhaundars, die nach der Schmach durch Handirs ungewollten Kurzhaarschnitt vor vielen Jahren wieder lang waren, und riss seinen Kopf nach oben, woraufhin Dantrag ein Knurren ausstieß.
"Wie könnt ihr es wagen meinen Sklaven an Zaknfein Do'Urden zu geben?", fauchte Dantrag böse.
"Entschuldigt ehrenwerter Waffenmeister ... aber Zaknafein Do'Urden hat gutes Gold für den Sklaven bezahlt. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr ihn heute mitnehmen wolltet, hätte ich natürlich euch den Vortritt gegeben", stammelte Nhaundar leise und war gerade im Begriff nach einem Dolch in seinem Stiefel zu greifen. Doch schnell ließ er von dem Vorhaben ab, als er sich erinnerte, wer hier vor ihm stand. Stattdessen versuchte er einen Plan zu schmieden, um seinen Kopf zu retten. Nhaundar sagte im besänftigten Tonfall. "Vielleicht möchtet ihr für heute Nacht einen der Kleinen ... sie sind nicht älter als zwanzig Jahre, noch neu und unverbraucht ... ich schenke sie euch auch."
Innständig hoffte er nun, damit den Waffenmeister ruhig zu stellen und seine Haut zu retten, auch wenn es ihm schwer fiel, diese Gelegenheit erst in Erwägung ziehen zu müssen, aber sein Leben war ihm doch mehr als lieb.
Plötzlich schnellte Dantrags Hand nach vor und schloss sich um die Kehle des Sklavenhändlers.
"Gut, ich werde mich mit den Kleinen zufrieden geben", knurrte er gefährlich und Nhaundar wurde bereits schwindlig durch die unzureichende Luftzufuhr, doch er wagte nicht sich zu regen, „Und ich werde den Halbdrow bei seiner Rückkehr für zwei Wochen bekommen, sobald er wieder da ist und zwar umsonst", fügte er noch hinzu und sein Blick sagte dem schmierigen Drow, dass er besser keine Widerworte geben sollte. Dann ließ Dantrag den Sklavenhändler auf den Boden fallen und schaute angewidert auf ihn herab.
"Ich muss noch etwas erledigen, dann komme ich wieder", sagte der Waffenmeister knapp, drehte sich auf dem Absatz herum und eilte hinaus.
Dantrag Baenre lief schnellen Schrittes über den Hof und stand kurz darauf vor dem Tor des Sklavenhändlers. Ein kurzer Blick und er überprüfte die Umgebung nach ungebetenen Zuschauern. Dann schritt er in die gleiche Richtung, in der vor wenigen Minuten zuvor sein größter Rivale mit seinem Sklaven verschwunden war.
Zaknafein wanderte derweilen durch die dunklen Straßen und Gassen von Menzoberranzan. Hinter ihm trottete der kleine Shar. Weit war es nicht mehr bis zum Anwesen des Hauses Do’Urden und beide freuten sich schon darauf alleine zu sein. Zak warf einen Seitenblick auf den Jungen und lächelte, als er die strahlenden Augen schaute, die unter der Kapuze hervorlugten und ihn bewunderten.
Gerade wollte Shar etwas zu seinem neuen Freund sagen, da hörte er hinter sich einen lauten Ruf und er kannte diese Stimme. "Zaknafein ... Waffenmeister des Hauses Do'Urden, so sieht man sich wieder."
Beide, der junge Halbdrow, sowie Zaknafein blieben auf der Stelle stehen und drehten sich um. Sie sahen einen Drow auf sich zu kommen. Breite, muskulöse Schultern, einen Waffengürteln mit Diamanten besetzt und dessen Haaren waren zu einem Pferdeschwanz hinter dem Kopf zusammen gebunden und seine bernsteinfarbenen Augen glühten in der Dunkelheit gefährlich auf.
Dantrag Baenre, schoss es Zaknafein und Shar durch den Kopf. Zak wendete sich augenblicklich von Shar ab und seine Hände wanderten zu seinen Waffen. Der junge Halbdrow drückte sich im gleichen Moment zitternd an eine Hauswand und die Angst vor dem Dunkelelfen mit dem bösartigen Wesen überkam ihn schlagartig.
Mit einem wilden Aufschrei zog Dantrag seine beiden Schwerter und stürzte sich auf Zaknafein. Ihre Waffen schlugen aufeinander und Funken sprühten. Shar schrie auf und verkroch sich noch tiefer in die nächste, schützende Ecke des Hauses, die er finden konnte und verbarg sich unter seinem Umhang. Zaknafein parierte die schnellen Schläge seines Gegners gekonnt, doch plötzlich stockte Dantrag und zog sich unerwartet zurück. Er sah auf seinen Arm und entdeckte dort einen kleinen Bolzen. Mit einem Mal spürte er, wie ihm die Sinne schwanden und seine Welt langsam dunkel wurde.
"Zaknafein, du verfluchter Feigling", versuchte der Waffenmeisters des ersten Hauses zu schreien, aber es war nicht mehr als ein heiseres Flüstern, während er zu Boden sank.
Zaknafein war im ersten Moment genauso verwirrt, als er sich den Bolzen in Dantrags Arm näher betrachtete. Doch seine Vermutung wurde sogleich bestätigt, es handelte sich eindeutig um einen Pfeil einer Armbrust, der, wie bei den Drow üblich, zuvor in Schlafgift getränkt worden war. Er beobachtete, wie sein Rivale auf der Straße lag und sichtlich Mühe hatte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Noch während er zusah, überkam Zaknafein ein ungutes Gefühl. Was würde passieren, wenn irgendjemand die beiden Kontrahenten kannte und nun aus diesem Zusammentreffen einen Vorteil ziehen wollte. Nervös blickte er um sich, als seine Mutmaßung bestätigt wurde.
Der Waffenmeister hörte nur das Klacken von Stiefeln auf dem Pflaster und aus der vollkommenen Finsternis näherte sich eine ihm wohlbekannte Gestalt.
"Ich grüße dich, mein Freund", sagte Jarlaxle elegant und gleichzeitig amüsiert und tippte sich grüßend an den Hut, während er mit der anderen Hand eine kleine Armbrust in seinem Umhang verstaute. Zaknafein nickte lediglich und beobachtete Jarlaxle wachsam.
"Also habe ich meine ungewöhnliche „Erlösung“ dir zu verdanken", antwortete Zaknafein plötzlich sarkastisch, wobei er das Wort Erlösung besonders betonte.
"Aber, aber ... begrüßt man denn so einen Freund?", antwortete der Söldnerführer von Bregan D'aerthe und ging noch einige Schritte auf den Waffenmeister zu.
Als sich beide gegenüber standen, umarmten sich die zwei Drow jedoch herzlich, ließen jedoch kurz danach wieder los und Zaknafein schaute sich um, auf der Hut, von niemand anderem gesehen zu werden. Die Erinnerungen an ihre Abmachung kamen im in den Sinn und er hoffte nicht, dass ausgerechnet jetzt Jarlaxle irgendein Vorhaben in die Tat umsetzen wollte, bei dem er eine Rolle spielte.
"Du musst dir keine Sorgen machen, einige meiner Männer halten Wache", sprach nun Jarlaxle ruhig. Ich habe unsere kleine Abmachung nicht vergessen und sie wird auch weiterhin bestand haben. Deine Informationen und vor allem die Quelle sind mehr Wert als ein Drachenschatz. Ich scheine nur zur richtigen Zeit am richtigen Platz zu sein.“
Zakanfein kam es so vor, als hätte er seine Gedanken gelesen und schien leicht überrascht über die Worte, wie auch über das Auftauchen des Söldnerführers. Es war Glück im Unglück.
Der Söldner warf einen Seitenblick auf den Waffenmeister des Hauses Baenre. "Da kam ich genau zur rechten Zeit, mein Freund", meinte dieser lapidar, doch Zaknafein zuckte nur mit den Schultern und stellte ein wissendes Lächeln zur Schau. Jarlaxle wusste doch sowieso alles, somit musste er sich auch nicht verstellen.
"Vielleicht hat er ja zuviel getrunken und er ist wie sooft mit sich unzufrieden", sagte Zaknafein schließlich im gleichen unwichtigen Tonfall, als würden sie sich über etwas ganz banales unterhalten.
"Natürlich ...", schnurrte Jarlaxle und man konnte bereits jetzt an seinem Grinsen und dem ironischen Unterton in seiner Stimme erahnen, dass er vielleicht mehr wusste als der Krieger. Aber nur eines zählte in jenem Moment, die Gefahr durch Dantrag Baenre war vorerst einmal gebannt.
Shar dagegen saß immer noch zusammen gekrümmt auf dem Boden an einer Felsenwand gelehnt und beobachtete aus der Kapuze heraus das seltsame Treiben. Zuerst sah er, wie Dantrag Baenre sich auf seinen Freund gestürzt hatte, danach kämpften beide und zum Schluss fiel der Waffenmeisters des Hauses Baenre um und lag keine zehn Schritte von ihm entfernt auf dem Boden und bewegte sich nicht mehr. Plötzlich überkam den Jungen eine wahnsinnige Angst und er wusste nicht, was er von all dem halten sollte. Der einzige Trost in diesem Moment war die Tatsache, dass Zaknafein in seiner Nähe war und somit ihn vor allem beschützen konnte. So kroch er die kurze Distanz zwischen ihm und seinem Freund hinüber und hielt neben dem Waffenmeister inne. Mit einer Hand berührte er sanft ein Bein und spürte die Stiefel von Zak, was ihn im gleichen Augenblick etwas beruhigte.
Jarlaxle warf einen mitleidigen Blick auf die kleine Gestalt des Jungen, doch bevor er etwas sagen konnte, gab ihm einer seiner Leute ein Zeichen, dass sie nicht mehr sehr lange allein sein würden. So wand sich Jarlaxle um und ging zu Dantrag hinüber.
"Tja, dann werd’ ich ihn mal ins Haus Baenre bringen, nicht das man ihn noch vermisst."
Er winkte sich mit einer Handbewegung zwei seiner Leute herbei, die den Bewusstlosen wegtrugen. Zum Abschied tippte er sich noch einmal gegen den Hut und lächelte Zaknafein zu, bevor er in den Schatten verschwand ohne eine weitere Erklärung seines Handels oder seiner Anwesenheit zu erklären.
Der Waffenmeister atmete einmal erleichtert auf und blickte seinem Freund kurz hinter her. Gleich danach schaute er nach unten und lächelte Shar an.
"Da haben wir zwei aber Glück gehabt ... komm’ lass uns schnell verschwinden, für eine Nacht gab es schon genug Ärger."
Dann griff er nach der Kette des Jungen und lief davon, Shar folgte ihm und beide verschwanden, wie Jarlaxle ebenfalls, in der Dunkelheit.
Nach einigen Stunden war auch dieses Erlebnis wieder vergessen und beide verbrachten noch eine schöne Zeit. Leider rückte aber der Abschied immer näher und Zaknafein versuchte so diplomatisch wie möglich Shar die Situation zu erklären. Zum Erstaunen des Waffenmeisters nahm der Junge die Nachricht gut auf. Shar tröstete sich tatsächlich mit dem Gedanken, es gab Sorn, sein ein und alles und sobald sein Freund Zak es wieder bewerkstelligen konnte, dann würde er ihn wieder sehen. Was sind schon ein oder zwei Jahre im Leben eines Elfen.
Nach der abgelaufenen Zeit kam Shar zurück zu Nhaundar. Hin und wieder erschienen die Geschäftspartner des Sklavenhändlers in dessen Haus und im Leben des jungen Halbdrow veränderte sich kaum etwas. Alles blieb beim Alten.
Doch an einem Tag, kurz vor dem 19. Eleint passierte etwas, dass womöglich das weitere Leben Shars für immer verändern würde. Zu diesem Zeitpunkt ahnte niemand etwas davon, weder Nhaundar Xarann, noch der Halbdrow. Es waren nur noch zwei Tage bis zu dem besagten Datum. In zwei Tagen wurde der Junge 49 Jahre alt, doch Shar verspürte keinerlei Freuden oder sonstige Gefühle, die vielleicht ein Menschenkind auf der Oberfläche empfinden würde, wenn der Geburtstag immer näher rückte. Ganz zu Schweigen davon, dass überhaupt niemand wusste, dass der junge Halbdrow am 19. Eleint im Jahr der Klinge zur Welt gekommen war. Für Shar war jeder Tag wie der andere. Hin und wieder kamen Männer die er auf seine ganz spezielle Art und Weise in seinen Bann zog und schenkte ihnen die körperliche Befriedung, nach denen sie gierten. Mittlerweile schien selbst Shar so abgestumpft, dass es ihm nichts mehr ausmachte. Es gehört zu seinem Leben, wie die Luft zum atmen, wie Wasser zum trinken oder Essen, um den Hunger zu stillen. Auch wenn letzteres bei Bestrafung öfters einmal zu kurz kam.
Gerade heute, am Abend des 17. Eleint des Jahres 1324 TZ in der Stadt der Spinnekönigin erhielt Nhaundar von einem Kurier eine Nachricht, die er mindestens drei Mal von neuem Lesen musste. Ein großes Geschäft winkte ihm und das mit einer Geschäftspartnerin, der er schon seit fast mehr als ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesehen hatte. Doch mit dieser Drow Geschäfte zu machen war stets lukrativ. Es handelte sich um niemand anderem als Iymril Myt’tarlyl, die Tante von Shar. Gleichzeitig die Schwester von Chalithra Myt’tarlyl und die Schwägerin von Handir Dyneren, Shars Vater.
Shar kannte, bis auf Handir natürlich, niemanden aus seiner Familie. Diese hatten sich in all den Jahren inzwischen zum ersten Haus der Stadt Eryndlyn erhoben.
Zum einen durch die geschickte Politik, die in dieser unterirdischen Stadt herrschte und durch die großartigen Taten, die der Vaterpatron Tarlyn Myt’tarlyl an den Tag gelegt hatte. Letzten Endes schaffte dieser Drow es bis an die Spitze der Mächtigsten. Da in Eryndlyn nicht der gleiche Hass und die unsägliche Rivalität zwischen Lolth- und Vhaeraunanhängern vorherrschte, war es ein ganz normaler politischer Aufstieg. Beide Parteien lebten einigermaßen friedlich nebeneinander und wurden nicht auf Grund ihres Glaubens verfolgt, ausgestoßen oder gar vernichtet. Jedoch blieb es eine Stadt bevölkert von Dunkelelfen, die nicht anders wie in Menzoberranzan ihrem mörderischen und manchmal auch überheblichen Gemüt den Vorzug gaben.
Nhaundar Xarann kannte diese Verhältnisse und schien stets auf dem neusten Stand der Informationen zu sein. Kein Wunder, hatte er doch selbst einige gute Geschäftsbeziehungen in andere Städte. Doch nur selten bekam er eigenhändig die Gelegenheit die Möglichkeiten auszuschöpfen und dort hin zu reisen, zumal Reisen im Unterreich nicht unbedingt ungefährlich waren. Jedoch in Karawanen oder gut bewachten Gruppen wurde die Lebensgefahr etwas gebannt.
Der Sklavenhändler las nun schon zum wiederholten Mal die Botschaft und allmählich huschte ein selbstzufriedenes und hinterhältiges Grinsen über sein Gesicht. Die Nachricht enthielt den sofortigen Befehl von Iymril Myt’tarlyl, dass Nhaundar so schnell wie möglich zu ihr zu kommen habe. Sie benötige gut ausgebildete und kräftige Sklaven, die unter Umständen bereits im Kampf ausgebildet waren. Dafür winkte eine Kiste voller Gold, aber nur unter der Bedingung, dass er persönlich sich auf den Weg machte und nicht irgendeinen Handlager schickte.
Das letzte Treffen lag nun schon ein halbes Jahrhundert zurück, überlegte der Sklavenhändler nach. Damals bekam er den stolzen Mondelfenkrieger Handir in seine Arme gespielt und kassierte nicht viel weniger, als das nun auf ihn wartende Gold. Seine Augen begannen zu glänzen und obwohl er Shar direkt neben sich auf dem Boden sitzen hatte und gerade gedankenverloren dessen Kopf wie ein Tier streichelte, entging ihm ganz und gar die einfache Tatsache, dass Shar der Sohn des damaligen Kriegers war. Viel zu sehr war er mit der Vorstellung seiner Bezahlung beschäftigt und diese Gelegenheit wollte er sich in keinem Fall selbst verbauen. Er rollte die Nachricht eilig zusammen und rief lauthals nach Dipree.
„Beeil’ dich, packe meine Sachen zusammen, ich werde verreisen. In der Zwischenzeit werde ich Yazston davon berichten, er muss fähige Krieger zusammentrommeln.“
Dipree nickte, dass er verstanden hatte und war gerade im Begriff in Nhaundars Schlafzimmer zu spurten, da hörte er hinter sich erneut seinen Herrn.
„Halt, warte …“, begann der Sklavenhändler und der Drowsklave blieb stehen, wand sich um und erkannte den Dunkelelfen, wie er Shar betrachtete. „… Packe auch seine Sachen ein, ich werde den Halbdrow mitnehmen.“
Shar und Dipree rissen im gleichen Moment die Augen vor Überraschung weit auf. Wer von den beiden verwirrter war, konnte niemand sagen. Doch Dipree handelte lediglich nach den Befehlen seines Herrn, nickte erneut und machte sich sogleich an seine Aufgabe.
Shar saß währenddessen auf dem Boden und blickte mit großen, tiefblauen Augen einfach nur geradeaus und verstand die Welt nicht mehr. Nhaundar hatte eben deutlich gesagt, dass er ihn mit auf Reisen nehmen wollte. Etwas, dass sein Herr noch niemals zuvor getan, noch in Erwägung gezogen hatte. Ein Gefühl aus Freude und auch Angst vor dem Unbekannten begann sich augenblicklich in seinem Körper auszubreiten. Shar war plötzlich nervös.
Nhaundar erkannte die Reaktion des Jungen und war innerlich mehr als zufrieden mit seiner Entscheidung. Er konnte den jungen Halbdrow nicht zurücklassen, wo bliebe denn sein eigener Spaß. Selbst der schmierige Dunkelelf hatte sich so sehr an die Anwesenheit des Jungen gewöhnt, dass dies ihm als die vernünftigste Entscheidung vorkam. Außerdem wusste man nie im Voraus, ob sich nicht doch noch ein anderes Geschäft in der Stadt Eryndlyn abschließen ließ und er hatte sogleich den eigenen Trumpf mit dabei. Erneut entging Nhaundar jedoch die Tatsache, dass er genau in das Haus bestellt wurde, in dem Shar vor fünfzig Jahren geboren wurde.
„Sklave, hör’ mir gut zu. Ich werde dich mit auf meine Reise nach Eryndlyn mitnehmen. Ich verlange von dir absoluten Gehorsam oder ich werde dich mitten im Unterreich zurücklassen, wenn du nicht folgst. Im finsteren Unterreich lauern gefährlichen Monster, die nichts lieber fressen als junge Halbdrow, hast du verstanden?“, fragte Nhaundar und hätte beinahe selbst über seine Drohung lachen müssen. Doch er wusste genau, dass der Junge keine Ahnung von dem Gesagten besaß und diesen Worten glauben schenken würde.
Genauso verhielt es sich auch. Shar lauschte seinem Herrn und die erste Euphorie über das Bevorstehende verflog so schnell, wie sie in erfasst hatte. So schluckte der Junge ängstlich und nickte brav und anständig, dann senkte er respektvoll den Kopf und gab so seinen Gehorsam zu verstehen. Währenddessen erkannte er in den Augenwinkeln, wie sich Nhaundar in Richtung Tür davon machte und gleich darauf wild hinausrauschte und bereits im Gang lauthals nach Yazston rief. Dann war Shar alleine und die Gedanken wirbelten wild durch seinen Kopf.
Er wusste sehr wohl von der Stadt Eryndlyn und er konnte beinahe Handir reden hören, wie er ihm von seiner Geburtstadt erzählte. Dort kam er auf die Welt und dann hatte Handir ihn mit nach Menzoberranzan genommen. Seither lebte sein Vater mit ihm zusammen bei Nhaundar Xarann. All diese Informationen kannte der Junge, nur die Umstände blieben ihm verschleiert. Weitere Worte von Handir schwirrten plötzlich in Shars Kopf, so auch der Name seiner Mutter, Chalithra. Er kannte seine Mutter nicht, nur noch der Namen war ihm geblieben, obwohl Handir mehr als einmal von ihr erzählt hatte. Zu viele Jahre lagen zwischen den damaligen Geschichten und dem heutigen Tag.
Dann folgte eine weitere Erinnerung und dem jungen Halbdrow fiel das Versprechen von Handir ein. Das Gelöbnis des Mondelfen hatte Shar niemals vergessen und fast schon zu lange versuchte er brav und gehorsam zu sein und wartete auf die Rückkehr des Elfen. Gleichzeitig sagte sich Shar gerade selbst, dass er diese Reise wohl nur seinem folgsamen Verhalten zuzuschreiben hatte, ansonsten wäre Nhaundar wohl niemals auf die Idee gekommen ihn mit zu nehmen. Bei diesem Gedanken musste der Junge lächeln und schon schien die Angst um die Monster des Unterreiches zu verblassen. Auf einmal zählte nur das Neue und höchstwahrscheinlich würde er eine Menge davon sehen. Schade fand er nur, dass er Sorn dies alles nicht erzählen konnte. Sein Liebster war erst vor einigen Tagen bei ihm gewesen und das nächste Mal lag noch viele Tage entfernt. Ein kleiner Seufzer entwich Shar, doch er richtete danach seinen Oberkörper auf und versprach sich selbst, dass er gehorsam sein würde. Seine erste Reise stand unmittelbar vor ihm. Insgeheim hatte der junge Halbdrow sogar das Gefühl, als würde auch ein Teil des Mondelfen mit auf die Reise gehen. Wenn das Glück ihm wohl gesonnen war, vielleicht würde Handir sogar sein Versprechen endlich einlösen und zu Shar zurückkommen.
Neue Erfahrungen
Zaknafein Do’Urden drehte sich um und da, wo eigentlich Shar hätte stehen sollen, sah er nur leere Luft. Der Waffenmeister runzelte die Stirn und fragte leise. „Shar, wo bist du?“
„Hier“, piepste der junge Halbdrow und seufzte laut auf.
Die Stimme kam vom Fußboden. Er schaute nach unten und erkannte den Jungen auf dem Boden sitzen, ein schmerzverzerrtes Gesicht schaute ihn an und neben ihm lag das gezogene Schwert.
„Shar, was machst du auf dem Boden?“, fragte Zaknafein verdutzt, doch als er den süßen Schmollmund des Halbdrow erkannte, musste er sich zusammen reißen, um nicht laut los zulachen. Stattdessen hielt er seine Hand Shar entgegen und deutete dem Jungen mit dieser Geste an, ihm beim aufstehen zu helfen. Alleine schon die ganze Situation war in jenem Moment lustig anzuschauen.
Shar, der noch total überrascht auf dem Hosenboden saß, erkannte den leicht amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht des Kriegers und er merkte, wie auch seine Mundwinkel leicht zuckten. Doch der Schmerz vom harten Aufprall auf dem Steinboden spürte der Junge entsetzlich in seinem Hintern. Eben noch hatte er das Schwert in der Hand gehalten, dann taumelte er jedoch nach hinten und verlor durch das überraschend schwere Gewicht der Waffe das Gleichgewicht und fiel auf den Hosenboden, samt dem Langschwert. Dann ergriff Shar die helfende Hand des Kriegers und ließ sich beim Aufstehen helfen. Als er wieder auf beiden Beinen stand, musterte er das am Boden liegende Schwert argwöhnisch.
Wieso ist das nur so schwer?, fragte er sich. Alle anderen sehe ich sooft, wie sie eine Waffe in die Hand nehmen und dabei nicht das Gleichgewicht verlieren. Gedankenverloren rieb er sich das leicht schmerzende Hinterteil und beobachte, wie Zaknafein das Schwert ohne Probleme aufhob. Danach steckte er es in den Waffengürtel zurück und wand sich dem Jungen zu.
„Heute Abend werde ich dir zeigen wie das geht, wenn du mir versprichst leise zu sein und dich ruhig verhältst“, schmunzelte der Waffenmeister und musste immer noch versuchen nicht laut zu lachen. Es war ein fiel zu amüsantes Bild gewesen, wie der Halbdrow auf dem Boden saß und verdutzt drein schaute. Doch daraufhin bemerkte Zak, wie der Schmollmund auf Shars Gesicht zurückkehrte und er wollte eigentlich den Jungen nicht auslachen. Aber es war auch kein Wunder, dass Shar nicht in der Lage war, die Waffe zu heben, an ihm schien alles hauptsächlich Haut und Knochen zu sein, obwohl er nicht mehr so dürr wie einst war.
„Komm’ einmal zu mir herüber“, forderte Zaknafein den Jungen auf.
Shar tat, wie ihm geheißen und lief immer noch schmollend zu dem Krieger hinüber. Er wollte doch so gerne genauso wie Handir sein, ein Kämpfer mit dem Schwert in der Hand. Als er bei Zak stand, drehte dieser Shar zu dem Spiegel an der Wand um und stellte sich hinter ihn.
„Schau’ mal Shar …“, begann der Waffenmeister und nahm mit einer Hand den dünnen Oberarm des jungen Halbdrow und hob diesen etwas an, wobei sich beide im Spiegel anschauten, „… du hast hier Muskeln, genau wie jeder andere Elf. Du besitzt sie schon seit deiner Geburt, aber noch sind sie nicht so kräftig wie meine.“ Dabei zog Zaknafein seinen eigenen Oberarm etwas nach oben, so dass sein Bizeps hervor trat und musste dabei leicht Schmunzeln. Der Unterschied zwischen den beiden war in jenem Moment so deutlich zuerkennen, wie die der Gegensatz zwischen Tag und Nacht. Der muskulöse Oberarm von Zaknafein war nicht zu vergleichen mit dem dürren, schlaffen Oberarm des kleinen Halbdrow. Seine Augen glänzten und er erklärte weiter. „Ich werde mit dir üben und dann, irgendwann, hast du so kräftige Muskeln wie ich, siehst du das?“
Shar beobachte alles ganz genau im Spiegel und bei diesen Worten verschwand das schmollende Gesicht und wurde durch ein Grinsen ersetzt. Er musterte aufgeregt das Muskelspiel von Zaks Körper und freute sich, dass er diese eines Tages auch besitzen würde.
„Dann müssen wir heute Abend aber ganz viel üben“, schmunzelte der junge Halbdrow und mit einem Mal war die Niederlage vergessen.
„Das werden wir, aber erst einmal will ich mich ausruhen und du auch, die Nacht war lang.“
Shar nickte und drehte sich zu Zaknafein um. Er richtete seinen Kopf nach oben und beide Blicke trafen sich. Auf ihren Gesichtern huschte ein Lächeln und dann machten sich Dunkelelf und Halbdrow auf, in Richtung Bett zu gehen um sich auszuruhen.
Zaknafein Do’Urden hielt sein Versprechen, auch wenn es ziemliche Anfangsschwierigkeiten gab. Erst einmal musste eine Waffe gefunden werden, die der Junge auch halten konnte. Keine leichte Aufgabe bei dem Fliegengewicht von Shar. Doch nach dem zweiten Tag schaffte es auch der junge Halbdrow ein Schwert in der Hand zu halten und dieses sogar nach oben zu heben, auch wenn die Arme zitterten. Anschließend lernte er von Zaknafein wie man einem Schlag auswich, um kurz darauf in der Lage zu sein, dem Gegner die eigene Waffe entgegen zu halten. Auch wie man einen Dolch richtig hielt und führte, lernte Shar recht schnell. Zum Schluss konnte der junge Halbdrow sogar ein Wurfmesser so schleudern, dass es zumindest in der Nähe des eigentlichen Zieles traf.
Den Muskelkater, den Shar nach dem ersten Tag hatte, hinderte ihn jedoch nicht wirklich daran, wie besessen seinem Vater Handir und Zaknafein nachzueifern. Der Junge war so sehr von dem Gedanken beflügelt, endlich ein Krieger zu werden und daher kaum zu bändigen. Zaknafein war auch der beste Lehrer, den man sich vorstellen konnte.
Doch viel zu schnell vergingen die schönen Tage und wieder einmal mussten sich beide schweren Herzens von einander trennen. Zak versuchte Shar mit den Worten zu trösten, dass Sorn so bald als möglich zu Nhaundar kommen würde und er sich selbst anschickte, ihn bei der nächst besten Gelegenheit abermals zu sich zu holen. Der Waffenmeister versprach ebenfalls, dass er dann mit dem Kampfunterricht weiter machen würde und das ließ Shar am Ende doch noch strahlen.
Nur wenig später war der junge Halbdrow wieder alleine bei Nhaundar und dieser gab sich so wie immer. Launisch und gnadenlos und erfreute sich an den körperlichen Freuden seines liebsten Schatzes. Des Weiteren schloss der Sklavenhändler immer mehr gute Geschäfte ab und das Geld floss nur so in Strömen.
In den nächsten sechs darauf folgenden Jahren änderte sich nicht viel im Leben des jungen Halbdrow Shar. Die Jagd fand regelmäßig statt und anschließend graute es dem Jungen stets vor Dantrag Baenre, der danach seinen Spaß forderte. Meistens nahm er auch Shar, gegen prall gefüllte Beutel mit Gold als Bezahlung für Nhaundar selbstverständlich, mit zu sich nach Hause. Doch auch dort, im ersten Haus von Menzoberranzan, änderte sich kaum etwas an den Behandlungsmethoden. Dantrag liebte es sein Spielzeug zu quälen und sorgte schon im Vorfeld für Heiltränke. Er sperrte den Jungen tagsüber in den Käfig ein und genoss seine abscheulichen Zeitvertreibe mit Shar. Der Leidtragende dabei war stets der junge Halbdrow. In diesen Tagen sehnte sich der Junge mehr denn je nach seinem Herrn, nach Sorn und selbst nach Zaknafein. Trost fand er in den Selbstgesprächen mit dem eingebildeten Handir, der ihm immer in solch schweren Zeiten beistand. Und wieder interessierte es keinen Drow, dass Shar mit seinem Vater sprach, der schon seit vielen Jahren tot war. Für Shar lebte er unbeirrt weiter und immer wieder aufs Neue bekam der Halbdrow das Versprechen, „Wenn er brav und gehorsam sei, dann würde Handir zu ihm zurückkommen“.
Der Priester kam immer noch regelmäßig vorbei, der von den Selbstgesprächen nichts ahnte. Sorn erledigte seine Arbeit wie gewohnt und erhielt eine gute Bezahlung des Sklavenhändlers. Einige Münzen, die ihm privat zustanden und nicht in die gemeinsame Kasse der beiden Zwillingsbrüder flossen, zweigte er ab und sparte diese. Er hatte schon einiges zurückgelegt, aber es reichte immer noch nicht dafür, den Jungen freizukaufen. Doch der Kleriker gab die Hoffnung nicht auf und freute sich fortwährend aufs Neue, wenn er Shar zu Gesicht bekam und dieser keine Narben im vergangenen Monat von der schlechten Behandlung der Freier davon getragen hatte. Die beiden Liebenden bekamen auch stets die von Nhaundar versprochene gemeinsame Nacht, wobei der Sklavenhändler eher davon ausging, er würde nur Sorn ein Gefallen erweisen. Das Glück blieb dem Priester hold, genauso auch Shar. Aber der Kleriker bedauerte es zutiefst, dass er Zaknafein nicht mehr begegnet war. So blieb Sorn nur die Schwärmerei. Seine Gefühle galten dennoch nur dem jungen Halbdrow.
Zaknafein Do’Urden hielt ebenfalls seine Versprechen und während er immer mehr Informationen von dem Jungen über all die Geschäftspartner seines Herrn erfuhr, desto öfter konnte er auch den Kleinen zu sich nehmen. Die Abmachung mit Jarlaxle blieb weiterhin bestehen und dieser schien sich in keiner Weise in die Angelegenheiten des Kriegers einzumischen, zumindest nicht offenkundig. Doch hinter dem Rücken des stolzen Waffenmeisters versuchte der Anführer von Bregan D’aerthe seinen alten Freund zu schützen, stets heimlich und durch Spione wie Tebryn. Zum einen wegen einer so wunderbaren Informationsquelle, die Zak gefunden zu haben schien und zum anderen, weil er die Ehre des Kriegers nicht besudeln wollte.
In den Tagen, in denen Shar bei dem Waffenmeister bleiben durfte, war das Glück selbst bei den paar Stunden Kampftraining ihnen wohl gesonnen und es klappte alles wie geschmiert. Irgendwann gestand sich Zaknafein ein, dass der Junge vielleicht jung und naiv war, aber nicht dumm. Alles was er ihm erklärte verstand er auch sofort und setzte es augenblicklich in die Tat um, so gut es auf Grund der körperlichen Konstitution ihm möglich war.
Wenn der Junge frei und wahrscheinlich ein gutes Zuhause bekommen würde, dann würde Shar eines Tages wahrlich ein guter und sogar sehr geschickter Kämpfer werden, sann der Waffenmeister über die Fortschritte nach. Und im Laufe der Zeit nahm ein neuer Plan in dessen Kopf Form an. Wenn es ihm gelingen würde, das benötigte Geld zusammen zu bekommen, dann könnte er Shar frei kaufen, ihn unter den Kriegern unterbringen und aus dem Jungen einen grandiosen Soldaten machen oder ihn vielleicht in Sorns Obhut übergeben. Doch gerade als alles reibungslos verlief, passierte etwas, womit niemand rechnete oder besser gesagt, das Zaknafein so nicht beabsichtig hatte. Ab diesem Zeitpunkt musste der Waffenmeister vorsichtiger werden und die Pläne wurden vorerst auf Eis gelegt.
Es war wieder einer dieser Tage, an dem Zaknafein Shar zu sich holte. Dieses Treffen war von einem weiteren Ereignis überschattet, dass dem Waffenmeister zusätzlich das Herz schwer machte. Drizzt, Sohn des stolzen Kriegers, kam bald zurück ins Haus Do’Urden, wo er an der Akademie große Taten vollbracht hatte und als Bester aus der Klasse hervorgegangen war. Zak war stolz auf Drizzt, aber gleichzeitig würde er in näherer Zukunft sich wieder um den eigenen Sohn kümmern und konnte danach nicht mehr seine Versprechen gegenüber dem Halbdrow so einhalten, wie es in den letzten sechs Jahren der Fall gewesen war. Er hatte es sich schon alles im Kopf zu Recht gelegt. Shar würde vorerst die letzten Übungsstunden von ihm erhalten, während Zaknafein gestehen musste, dass er danach nicht mehr so viel Zeit wie früher besaß. Doch dies musste der junge Halbdrow hinnehmen, ob er wollte oder nicht, sagte sich der Krieger, auch wenn er Shar wie seinen Sohn tief ins Herz geschlossen hatte. Zum Glück für beide gab es da aber noch Sorn und dieser kam laut Shars Aussage wirklich regelmäßig und hielt seine Versprechen. Das erleichterte zum einen Zaknafeins Gewissen und auf der anderen Seite würde es wohl auch den jungen Halbdrow beruhigen, der gar nicht so alleine war, wie man hätte meinen können.
Bereits heute Morgen wurde Shar gebadet, frisch frisiert und bekam neue Kleidung angezogen. Jetzt saß er wie üblich in einer Ecke des Empfangszimmers von Nhaundar und wartete gespannt auf seinen Freund Zaknafein. Sein Herr stattdessen lief etwas nervös hin und her und wirkte aufgekratzt und ignorierte den Halbdrow völlig. Plötzlich hörte man das Klopfen an der Tür und dies konnte nur Dipree in Begleitung des Waffenmeisters sein, dachte Shar. Die Tür öffnete sich und die Vermutungen des Jungen wurden augenblicklich bestätigt und Zaknafein trat ein. Er trug seinen schwarzen Piwafi, doch selbst dieses Kleidungsstück konnte seine imposante Größe und seinen gestählten Körper nur dürftig verbergen. Darunter lugten seine prachtvolle Rüstung und die beiden wunderschön anzuschauenden, aber genauso tödlichen Langschwerter hervor. Nhaundar hielt in seinem nervösen „Hin-und-Her-Gerenne“ inne und schaute den Waffenmeister an, ehe er ihn mit einer tiefen Verbeugung begrüßte.
"Seit gegrüßt Waffenmeister", schnurrte der Sklavenhändler und lief dabei direkt auf den muskulösen Drow zu. "Wir haben euch erwartet."
Zaknafein stattdessen sah sich in dessen Zimmer um, in dem er schon öfters zu Gast war und hielt Ausschau nach Shar. Dieser kniete auf dem Fußboden und fing sofort an zu strahlen, als sich ihre Blicke trafen.
Der Waffenmeister gab dem Halbdrow mit einem Fingerzeig zu verstehen, dass er sich bedeckt halten und sich nicht verräterisch benehmen sollte, wie schon einige Male zuvor.
"Kann ich ihn mitnehmen?", fragte Zaknafein tonlos und reichte Nhaundar einen Beutel mit Gold, den der Sklavenhändel sofort gierig annahm.
"Nehmt ihn nur mit .... Ihr kennt ja die Regeln, so wie er von mir ging, muss er auch wieder zurückkommen."
Der Waffenmeister musterte den widerlichen Drow kalt und nickte verstehend, bevor er Shars Kette nahm und ihm den Wollumhang überstreifte, den der Sklavenhändler bereits fröhlich grinsend unter Zaknafeins Nase hielt. Der Junge verschwand fast vollständig unter dem Stoff und im nächsten Moment zog der Krieger ihn hinter sich her. Im Hof tat der Waffenmeister nochmals einen prüfenden Blick zu seinem Schützling, lächelte kurz und beide liefen hinaus in die bereits angebrochene Nacht.
Kaum das sie durch das Tor schritten konnte Shar sich kaum noch zurückhalten und wäre seinem Freund vor Freude beinahe an den Hals gesprungen, doch als Zaknafein die Hand des Jungen auf seinem Arm fühlte, warf er ihm einen warnenden Blick zu. Seine rot glühenden Augen sagten dem jungen Halbdrow sofort, dass sie ihre Freundschaft auf der Straße nicht zeigen durften und so verzog sich Shar wieder unter seine Kapuze und lief hinterher. Bald, das wusste der Junge nur zu gut, durfte er sich freuen, sobald beide in den Privatgemächern des Kriegers verschwunden waren.
Aus einer dunklen Seitengasse heraus wurden beide jedoch beobachtet. Es war Dantrag Baenre, der gerade auf dem Weg zu Nhaundar Xarann gewesen war, als er seinen Erzrivalen Zaknafein erspäht hatte. Das war auch der Grund, wieso der Sklavenhändler den ganzen Tag so nervös wirkte. Nhaundar wusste, dass zum einen der Waffenmeisters des Hauses Do’Urden zu ihm kommen würde und zum anderen, dass sich der Waffenmeisters des ersten Hauses der Stadt angekündigt hatte. Zum Glück für Nhaundar ging es bei dem Treffen mit Dantrag diesmal nicht um Shar, sondern um eine Rücksprache für die neue Jagd, die in einigen Monaten stattfinden sollte.
Dantrag liebte es, die gefesselten und für Wut und Angst schreienden Priesterinnen zu foltern, solange, bis diese unter unsagbarer Todesqual unter seiner Hand starben. Viele Besucher würden wieder kommen und der Waffenmeister aus dem ersten Haus bezahlte gut, damit er derjenige sein durfte, der dieses Werk vollbrachte.
Dantrag Baenre lief gerade einige schnelle Schritte und er war gleich darauf in der dunklen Gasse verschwunden, in der eben noch Zaknafein gestanden hatte. Zorn brodelte in ihm, als er erkannte, wer da an der Seite seines Feindes ging. Shar war sein Spielzeug und nur seins, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn ihnen schon durch die Mutter Oberinnen der Stadt der Kampf verwehrt blieb, dann dufte Dantrag nicht zulassen, dass dieser Rivale ihm nicht nur den Titel des besten Waffenmeisters der Stadt streitig machte, sondern ihm auch noch sein liebstes Sexspielzeug wegnahm. Die Wut machte sich in dem Waffenmeister des Hauses Baenre breit und er musste sich zusammen reißen, dass er nicht auf der Stelle die nächst beste Person zu Kleinholz verarbeitete. Dabei wanderten seine Hände gefährlich nahe an die Schwertknäufe seiner beiden Waffen. Doch bevor er sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen ließ, kam Dantrag ein hervorragender Gedanke, wo er seinen Frust über dieses unerwartete Zusammentreffen ablassen konnte. Er lief zu dem Haus des Sklavenhändlers und wollte gerade hinein gehen, da stellte sich eine Wache vor ihn und bedeutete, dass er sich zu erkennen geben sollte. Jetzt wurde Dantrag von noch unbändigerem Zorn gepackt. Er riss seine Kapuze seines Piwafis zurück und starrte den Soldaten finster an.
"Was denkst du wohl wer ich bin, du unwürdiger kleiner Wurm. Dein Herr kennt mich gut und er täte auch besser daran, wenn er mich sofort vorließe. Jetzt geh’ mir aus dem Weg, denn ich bin Dantrag Baerne, Waffenmeister des ersten Hauses der Stadt und so eine bemitleidenswerte Kreatur wie du stirbt unter meinen Schwertern schneller als „ES“ den Angriff kommen sieht."
Noch bevor der verwirrte Drowsoldat irgendetwas antworten konnte, schoss die Faust des Waffenmeisters blitzschnell nach vorne und schlug ihn links und rechts ins Gesicht, bevor er sein Knie in dessen Unterleib stieß. Benommen fiel der Soldat zu Boden und nur eine Sekunde später fixierte Dantrag die andere Wache, die nach ihrem Schwert greifen wollte, sich aber bei dem finsteren Blick des Kriegers eines besseren besann. Kurz darauf schoss Dantrag durch die Tür zu Nhaundars Empfangsraum, der dort endlich in aller Seelenruhe, im Glück dem heiklen Treffen entgangen zu sein, sich gerade mit einem anderen Sklaven beschäftigte. Mit erschrockenem Blick schaute der ältere Dunkelelf auf und erkannte den Besucher. Überrascht stieß Nhaundar den Liebessklaven mit einem Ruck von sich weg, der daraufhin unachtsam auf dem Boden landete und der Sklavenhändler ihn absichtlich in eine Ecke trat.
"Waffenmeister ... was verschafft mir schon so früh am Abend die Ehre eures Besuches? Ich dachte, dass ihr erst zu später Stunde in mein bescheidenes Haus kommen wolltet?", schnurrte Nhaundar und versuchte Dantrag anzulächeln und sich nichts von dem vorhergehenden Besucher anmerken lassen wollte, der nur wenige Minuten zuvor sein Haus verlassen hatte.
Doch als Antwort traf ihn erstmals die Faust des Waffenmeisters in den Magen und der Sklavenhändler krümmte sich unter Schmerzen zusammen. Der Krieger griff sich die Haare Nhaundars, die nach der Schmach durch Handirs ungewollten Kurzhaarschnitt vor vielen Jahren wieder lang waren, und riss seinen Kopf nach oben, woraufhin Dantrag ein Knurren ausstieß.
"Wie könnt ihr es wagen meinen Sklaven an Zaknfein Do'Urden zu geben?", fauchte Dantrag böse.
"Entschuldigt ehrenwerter Waffenmeister ... aber Zaknafein Do'Urden hat gutes Gold für den Sklaven bezahlt. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr ihn heute mitnehmen wolltet, hätte ich natürlich euch den Vortritt gegeben", stammelte Nhaundar leise und war gerade im Begriff nach einem Dolch in seinem Stiefel zu greifen. Doch schnell ließ er von dem Vorhaben ab, als er sich erinnerte, wer hier vor ihm stand. Stattdessen versuchte er einen Plan zu schmieden, um seinen Kopf zu retten. Nhaundar sagte im besänftigten Tonfall. "Vielleicht möchtet ihr für heute Nacht einen der Kleinen ... sie sind nicht älter als zwanzig Jahre, noch neu und unverbraucht ... ich schenke sie euch auch."
Innständig hoffte er nun, damit den Waffenmeister ruhig zu stellen und seine Haut zu retten, auch wenn es ihm schwer fiel, diese Gelegenheit erst in Erwägung ziehen zu müssen, aber sein Leben war ihm doch mehr als lieb.
Plötzlich schnellte Dantrags Hand nach vor und schloss sich um die Kehle des Sklavenhändlers.
"Gut, ich werde mich mit den Kleinen zufrieden geben", knurrte er gefährlich und Nhaundar wurde bereits schwindlig durch die unzureichende Luftzufuhr, doch er wagte nicht sich zu regen, „Und ich werde den Halbdrow bei seiner Rückkehr für zwei Wochen bekommen, sobald er wieder da ist und zwar umsonst", fügte er noch hinzu und sein Blick sagte dem schmierigen Drow, dass er besser keine Widerworte geben sollte. Dann ließ Dantrag den Sklavenhändler auf den Boden fallen und schaute angewidert auf ihn herab.
"Ich muss noch etwas erledigen, dann komme ich wieder", sagte der Waffenmeister knapp, drehte sich auf dem Absatz herum und eilte hinaus.
Dantrag Baenre lief schnellen Schrittes über den Hof und stand kurz darauf vor dem Tor des Sklavenhändlers. Ein kurzer Blick und er überprüfte die Umgebung nach ungebetenen Zuschauern. Dann schritt er in die gleiche Richtung, in der vor wenigen Minuten zuvor sein größter Rivale mit seinem Sklaven verschwunden war.
Zaknafein wanderte derweilen durch die dunklen Straßen und Gassen von Menzoberranzan. Hinter ihm trottete der kleine Shar. Weit war es nicht mehr bis zum Anwesen des Hauses Do’Urden und beide freuten sich schon darauf alleine zu sein. Zak warf einen Seitenblick auf den Jungen und lächelte, als er die strahlenden Augen schaute, die unter der Kapuze hervorlugten und ihn bewunderten.
Gerade wollte Shar etwas zu seinem neuen Freund sagen, da hörte er hinter sich einen lauten Ruf und er kannte diese Stimme. "Zaknafein ... Waffenmeister des Hauses Do'Urden, so sieht man sich wieder."
Beide, der junge Halbdrow, sowie Zaknafein blieben auf der Stelle stehen und drehten sich um. Sie sahen einen Drow auf sich zu kommen. Breite, muskulöse Schultern, einen Waffengürteln mit Diamanten besetzt und dessen Haaren waren zu einem Pferdeschwanz hinter dem Kopf zusammen gebunden und seine bernsteinfarbenen Augen glühten in der Dunkelheit gefährlich auf.
Dantrag Baenre, schoss es Zaknafein und Shar durch den Kopf. Zak wendete sich augenblicklich von Shar ab und seine Hände wanderten zu seinen Waffen. Der junge Halbdrow drückte sich im gleichen Moment zitternd an eine Hauswand und die Angst vor dem Dunkelelfen mit dem bösartigen Wesen überkam ihn schlagartig.
Mit einem wilden Aufschrei zog Dantrag seine beiden Schwerter und stürzte sich auf Zaknafein. Ihre Waffen schlugen aufeinander und Funken sprühten. Shar schrie auf und verkroch sich noch tiefer in die nächste, schützende Ecke des Hauses, die er finden konnte und verbarg sich unter seinem Umhang. Zaknafein parierte die schnellen Schläge seines Gegners gekonnt, doch plötzlich stockte Dantrag und zog sich unerwartet zurück. Er sah auf seinen Arm und entdeckte dort einen kleinen Bolzen. Mit einem Mal spürte er, wie ihm die Sinne schwanden und seine Welt langsam dunkel wurde.
"Zaknafein, du verfluchter Feigling", versuchte der Waffenmeisters des ersten Hauses zu schreien, aber es war nicht mehr als ein heiseres Flüstern, während er zu Boden sank.
Zaknafein war im ersten Moment genauso verwirrt, als er sich den Bolzen in Dantrags Arm näher betrachtete. Doch seine Vermutung wurde sogleich bestätigt, es handelte sich eindeutig um einen Pfeil einer Armbrust, der, wie bei den Drow üblich, zuvor in Schlafgift getränkt worden war. Er beobachtete, wie sein Rivale auf der Straße lag und sichtlich Mühe hatte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Noch während er zusah, überkam Zaknafein ein ungutes Gefühl. Was würde passieren, wenn irgendjemand die beiden Kontrahenten kannte und nun aus diesem Zusammentreffen einen Vorteil ziehen wollte. Nervös blickte er um sich, als seine Mutmaßung bestätigt wurde.
Der Waffenmeister hörte nur das Klacken von Stiefeln auf dem Pflaster und aus der vollkommenen Finsternis näherte sich eine ihm wohlbekannte Gestalt.
"Ich grüße dich, mein Freund", sagte Jarlaxle elegant und gleichzeitig amüsiert und tippte sich grüßend an den Hut, während er mit der anderen Hand eine kleine Armbrust in seinem Umhang verstaute. Zaknafein nickte lediglich und beobachtete Jarlaxle wachsam.
"Also habe ich meine ungewöhnliche „Erlösung“ dir zu verdanken", antwortete Zaknafein plötzlich sarkastisch, wobei er das Wort Erlösung besonders betonte.
"Aber, aber ... begrüßt man denn so einen Freund?", antwortete der Söldnerführer von Bregan D'aerthe und ging noch einige Schritte auf den Waffenmeister zu.
Als sich beide gegenüber standen, umarmten sich die zwei Drow jedoch herzlich, ließen jedoch kurz danach wieder los und Zaknafein schaute sich um, auf der Hut, von niemand anderem gesehen zu werden. Die Erinnerungen an ihre Abmachung kamen im in den Sinn und er hoffte nicht, dass ausgerechnet jetzt Jarlaxle irgendein Vorhaben in die Tat umsetzen wollte, bei dem er eine Rolle spielte.
"Du musst dir keine Sorgen machen, einige meiner Männer halten Wache", sprach nun Jarlaxle ruhig. Ich habe unsere kleine Abmachung nicht vergessen und sie wird auch weiterhin bestand haben. Deine Informationen und vor allem die Quelle sind mehr Wert als ein Drachenschatz. Ich scheine nur zur richtigen Zeit am richtigen Platz zu sein.“
Zakanfein kam es so vor, als hätte er seine Gedanken gelesen und schien leicht überrascht über die Worte, wie auch über das Auftauchen des Söldnerführers. Es war Glück im Unglück.
Der Söldner warf einen Seitenblick auf den Waffenmeister des Hauses Baenre. "Da kam ich genau zur rechten Zeit, mein Freund", meinte dieser lapidar, doch Zaknafein zuckte nur mit den Schultern und stellte ein wissendes Lächeln zur Schau. Jarlaxle wusste doch sowieso alles, somit musste er sich auch nicht verstellen.
"Vielleicht hat er ja zuviel getrunken und er ist wie sooft mit sich unzufrieden", sagte Zaknafein schließlich im gleichen unwichtigen Tonfall, als würden sie sich über etwas ganz banales unterhalten.
"Natürlich ...", schnurrte Jarlaxle und man konnte bereits jetzt an seinem Grinsen und dem ironischen Unterton in seiner Stimme erahnen, dass er vielleicht mehr wusste als der Krieger. Aber nur eines zählte in jenem Moment, die Gefahr durch Dantrag Baenre war vorerst einmal gebannt.
Shar dagegen saß immer noch zusammen gekrümmt auf dem Boden an einer Felsenwand gelehnt und beobachtete aus der Kapuze heraus das seltsame Treiben. Zuerst sah er, wie Dantrag Baenre sich auf seinen Freund gestürzt hatte, danach kämpften beide und zum Schluss fiel der Waffenmeisters des Hauses Baenre um und lag keine zehn Schritte von ihm entfernt auf dem Boden und bewegte sich nicht mehr. Plötzlich überkam den Jungen eine wahnsinnige Angst und er wusste nicht, was er von all dem halten sollte. Der einzige Trost in diesem Moment war die Tatsache, dass Zaknafein in seiner Nähe war und somit ihn vor allem beschützen konnte. So kroch er die kurze Distanz zwischen ihm und seinem Freund hinüber und hielt neben dem Waffenmeister inne. Mit einer Hand berührte er sanft ein Bein und spürte die Stiefel von Zak, was ihn im gleichen Augenblick etwas beruhigte.
Jarlaxle warf einen mitleidigen Blick auf die kleine Gestalt des Jungen, doch bevor er etwas sagen konnte, gab ihm einer seiner Leute ein Zeichen, dass sie nicht mehr sehr lange allein sein würden. So wand sich Jarlaxle um und ging zu Dantrag hinüber.
"Tja, dann werd’ ich ihn mal ins Haus Baenre bringen, nicht das man ihn noch vermisst."
Er winkte sich mit einer Handbewegung zwei seiner Leute herbei, die den Bewusstlosen wegtrugen. Zum Abschied tippte er sich noch einmal gegen den Hut und lächelte Zaknafein zu, bevor er in den Schatten verschwand ohne eine weitere Erklärung seines Handels oder seiner Anwesenheit zu erklären.
Der Waffenmeister atmete einmal erleichtert auf und blickte seinem Freund kurz hinter her. Gleich danach schaute er nach unten und lächelte Shar an.
"Da haben wir zwei aber Glück gehabt ... komm’ lass uns schnell verschwinden, für eine Nacht gab es schon genug Ärger."
Dann griff er nach der Kette des Jungen und lief davon, Shar folgte ihm und beide verschwanden, wie Jarlaxle ebenfalls, in der Dunkelheit.
Nach einigen Stunden war auch dieses Erlebnis wieder vergessen und beide verbrachten noch eine schöne Zeit. Leider rückte aber der Abschied immer näher und Zaknafein versuchte so diplomatisch wie möglich Shar die Situation zu erklären. Zum Erstaunen des Waffenmeisters nahm der Junge die Nachricht gut auf. Shar tröstete sich tatsächlich mit dem Gedanken, es gab Sorn, sein ein und alles und sobald sein Freund Zak es wieder bewerkstelligen konnte, dann würde er ihn wieder sehen. Was sind schon ein oder zwei Jahre im Leben eines Elfen.
Nach der abgelaufenen Zeit kam Shar zurück zu Nhaundar. Hin und wieder erschienen die Geschäftspartner des Sklavenhändlers in dessen Haus und im Leben des jungen Halbdrow veränderte sich kaum etwas. Alles blieb beim Alten.
Doch an einem Tag, kurz vor dem 19. Eleint passierte etwas, dass womöglich das weitere Leben Shars für immer verändern würde. Zu diesem Zeitpunkt ahnte niemand etwas davon, weder Nhaundar Xarann, noch der Halbdrow. Es waren nur noch zwei Tage bis zu dem besagten Datum. In zwei Tagen wurde der Junge 49 Jahre alt, doch Shar verspürte keinerlei Freuden oder sonstige Gefühle, die vielleicht ein Menschenkind auf der Oberfläche empfinden würde, wenn der Geburtstag immer näher rückte. Ganz zu Schweigen davon, dass überhaupt niemand wusste, dass der junge Halbdrow am 19. Eleint im Jahr der Klinge zur Welt gekommen war. Für Shar war jeder Tag wie der andere. Hin und wieder kamen Männer die er auf seine ganz spezielle Art und Weise in seinen Bann zog und schenkte ihnen die körperliche Befriedung, nach denen sie gierten. Mittlerweile schien selbst Shar so abgestumpft, dass es ihm nichts mehr ausmachte. Es gehört zu seinem Leben, wie die Luft zum atmen, wie Wasser zum trinken oder Essen, um den Hunger zu stillen. Auch wenn letzteres bei Bestrafung öfters einmal zu kurz kam.
Gerade heute, am Abend des 17. Eleint des Jahres 1324 TZ in der Stadt der Spinnekönigin erhielt Nhaundar von einem Kurier eine Nachricht, die er mindestens drei Mal von neuem Lesen musste. Ein großes Geschäft winkte ihm und das mit einer Geschäftspartnerin, der er schon seit fast mehr als ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesehen hatte. Doch mit dieser Drow Geschäfte zu machen war stets lukrativ. Es handelte sich um niemand anderem als Iymril Myt’tarlyl, die Tante von Shar. Gleichzeitig die Schwester von Chalithra Myt’tarlyl und die Schwägerin von Handir Dyneren, Shars Vater.
Shar kannte, bis auf Handir natürlich, niemanden aus seiner Familie. Diese hatten sich in all den Jahren inzwischen zum ersten Haus der Stadt Eryndlyn erhoben.
Zum einen durch die geschickte Politik, die in dieser unterirdischen Stadt herrschte und durch die großartigen Taten, die der Vaterpatron Tarlyn Myt’tarlyl an den Tag gelegt hatte. Letzten Endes schaffte dieser Drow es bis an die Spitze der Mächtigsten. Da in Eryndlyn nicht der gleiche Hass und die unsägliche Rivalität zwischen Lolth- und Vhaeraunanhängern vorherrschte, war es ein ganz normaler politischer Aufstieg. Beide Parteien lebten einigermaßen friedlich nebeneinander und wurden nicht auf Grund ihres Glaubens verfolgt, ausgestoßen oder gar vernichtet. Jedoch blieb es eine Stadt bevölkert von Dunkelelfen, die nicht anders wie in Menzoberranzan ihrem mörderischen und manchmal auch überheblichen Gemüt den Vorzug gaben.
Nhaundar Xarann kannte diese Verhältnisse und schien stets auf dem neusten Stand der Informationen zu sein. Kein Wunder, hatte er doch selbst einige gute Geschäftsbeziehungen in andere Städte. Doch nur selten bekam er eigenhändig die Gelegenheit die Möglichkeiten auszuschöpfen und dort hin zu reisen, zumal Reisen im Unterreich nicht unbedingt ungefährlich waren. Jedoch in Karawanen oder gut bewachten Gruppen wurde die Lebensgefahr etwas gebannt.
Der Sklavenhändler las nun schon zum wiederholten Mal die Botschaft und allmählich huschte ein selbstzufriedenes und hinterhältiges Grinsen über sein Gesicht. Die Nachricht enthielt den sofortigen Befehl von Iymril Myt’tarlyl, dass Nhaundar so schnell wie möglich zu ihr zu kommen habe. Sie benötige gut ausgebildete und kräftige Sklaven, die unter Umständen bereits im Kampf ausgebildet waren. Dafür winkte eine Kiste voller Gold, aber nur unter der Bedingung, dass er persönlich sich auf den Weg machte und nicht irgendeinen Handlager schickte.
Das letzte Treffen lag nun schon ein halbes Jahrhundert zurück, überlegte der Sklavenhändler nach. Damals bekam er den stolzen Mondelfenkrieger Handir in seine Arme gespielt und kassierte nicht viel weniger, als das nun auf ihn wartende Gold. Seine Augen begannen zu glänzen und obwohl er Shar direkt neben sich auf dem Boden sitzen hatte und gerade gedankenverloren dessen Kopf wie ein Tier streichelte, entging ihm ganz und gar die einfache Tatsache, dass Shar der Sohn des damaligen Kriegers war. Viel zu sehr war er mit der Vorstellung seiner Bezahlung beschäftigt und diese Gelegenheit wollte er sich in keinem Fall selbst verbauen. Er rollte die Nachricht eilig zusammen und rief lauthals nach Dipree.
„Beeil’ dich, packe meine Sachen zusammen, ich werde verreisen. In der Zwischenzeit werde ich Yazston davon berichten, er muss fähige Krieger zusammentrommeln.“
Dipree nickte, dass er verstanden hatte und war gerade im Begriff in Nhaundars Schlafzimmer zu spurten, da hörte er hinter sich erneut seinen Herrn.
„Halt, warte …“, begann der Sklavenhändler und der Drowsklave blieb stehen, wand sich um und erkannte den Dunkelelfen, wie er Shar betrachtete. „… Packe auch seine Sachen ein, ich werde den Halbdrow mitnehmen.“
Shar und Dipree rissen im gleichen Moment die Augen vor Überraschung weit auf. Wer von den beiden verwirrter war, konnte niemand sagen. Doch Dipree handelte lediglich nach den Befehlen seines Herrn, nickte erneut und machte sich sogleich an seine Aufgabe.
Shar saß währenddessen auf dem Boden und blickte mit großen, tiefblauen Augen einfach nur geradeaus und verstand die Welt nicht mehr. Nhaundar hatte eben deutlich gesagt, dass er ihn mit auf Reisen nehmen wollte. Etwas, dass sein Herr noch niemals zuvor getan, noch in Erwägung gezogen hatte. Ein Gefühl aus Freude und auch Angst vor dem Unbekannten begann sich augenblicklich in seinem Körper auszubreiten. Shar war plötzlich nervös.
Nhaundar erkannte die Reaktion des Jungen und war innerlich mehr als zufrieden mit seiner Entscheidung. Er konnte den jungen Halbdrow nicht zurücklassen, wo bliebe denn sein eigener Spaß. Selbst der schmierige Dunkelelf hatte sich so sehr an die Anwesenheit des Jungen gewöhnt, dass dies ihm als die vernünftigste Entscheidung vorkam. Außerdem wusste man nie im Voraus, ob sich nicht doch noch ein anderes Geschäft in der Stadt Eryndlyn abschließen ließ und er hatte sogleich den eigenen Trumpf mit dabei. Erneut entging Nhaundar jedoch die Tatsache, dass er genau in das Haus bestellt wurde, in dem Shar vor fünfzig Jahren geboren wurde.
„Sklave, hör’ mir gut zu. Ich werde dich mit auf meine Reise nach Eryndlyn mitnehmen. Ich verlange von dir absoluten Gehorsam oder ich werde dich mitten im Unterreich zurücklassen, wenn du nicht folgst. Im finsteren Unterreich lauern gefährlichen Monster, die nichts lieber fressen als junge Halbdrow, hast du verstanden?“, fragte Nhaundar und hätte beinahe selbst über seine Drohung lachen müssen. Doch er wusste genau, dass der Junge keine Ahnung von dem Gesagten besaß und diesen Worten glauben schenken würde.
Genauso verhielt es sich auch. Shar lauschte seinem Herrn und die erste Euphorie über das Bevorstehende verflog so schnell, wie sie in erfasst hatte. So schluckte der Junge ängstlich und nickte brav und anständig, dann senkte er respektvoll den Kopf und gab so seinen Gehorsam zu verstehen. Währenddessen erkannte er in den Augenwinkeln, wie sich Nhaundar in Richtung Tür davon machte und gleich darauf wild hinausrauschte und bereits im Gang lauthals nach Yazston rief. Dann war Shar alleine und die Gedanken wirbelten wild durch seinen Kopf.
Er wusste sehr wohl von der Stadt Eryndlyn und er konnte beinahe Handir reden hören, wie er ihm von seiner Geburtstadt erzählte. Dort kam er auf die Welt und dann hatte Handir ihn mit nach Menzoberranzan genommen. Seither lebte sein Vater mit ihm zusammen bei Nhaundar Xarann. All diese Informationen kannte der Junge, nur die Umstände blieben ihm verschleiert. Weitere Worte von Handir schwirrten plötzlich in Shars Kopf, so auch der Name seiner Mutter, Chalithra. Er kannte seine Mutter nicht, nur noch der Namen war ihm geblieben, obwohl Handir mehr als einmal von ihr erzählt hatte. Zu viele Jahre lagen zwischen den damaligen Geschichten und dem heutigen Tag.
Dann folgte eine weitere Erinnerung und dem jungen Halbdrow fiel das Versprechen von Handir ein. Das Gelöbnis des Mondelfen hatte Shar niemals vergessen und fast schon zu lange versuchte er brav und gehorsam zu sein und wartete auf die Rückkehr des Elfen. Gleichzeitig sagte sich Shar gerade selbst, dass er diese Reise wohl nur seinem folgsamen Verhalten zuzuschreiben hatte, ansonsten wäre Nhaundar wohl niemals auf die Idee gekommen ihn mit zu nehmen. Bei diesem Gedanken musste der Junge lächeln und schon schien die Angst um die Monster des Unterreiches zu verblassen. Auf einmal zählte nur das Neue und höchstwahrscheinlich würde er eine Menge davon sehen. Schade fand er nur, dass er Sorn dies alles nicht erzählen konnte. Sein Liebster war erst vor einigen Tagen bei ihm gewesen und das nächste Mal lag noch viele Tage entfernt. Ein kleiner Seufzer entwich Shar, doch er richtete danach seinen Oberkörper auf und versprach sich selbst, dass er gehorsam sein würde. Seine erste Reise stand unmittelbar vor ihm. Insgeheim hatte der junge Halbdrow sogar das Gefühl, als würde auch ein Teil des Mondelfen mit auf die Reise gehen. Wenn das Glück ihm wohl gesonnen war, vielleicht würde Handir sogar sein Versprechen endlich einlösen und zu Shar zurückkommen.