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Imaginations from the other Side

By: Zakal
folder German › Books
Rating: Adult ++
Chapters: 13
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Reviews: 22
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Disclaimer: I do not own the Forgotten Realms books. I do not make any money from the writing of this story.
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Beim Blut des Clans

Kapitel 8
- Beim Blut der Clans -


Das Erwachen war sehr ungewöhnlich für mich. Ich spürte, dass es sehr warm war und ich zwischen zwei Personen fast schon eingeklemmt wurde. Jemand drückte sich an meinen Rücken und Dinin lag direkt vor mir. Ich konnte mit meiner Nasenspitze schon fast sein Gesicht berühren.
Halbarat war heute derjenige, der uns andere wecken musste und als er mich so sah, halbschlafend zwischen zwei Männern, da konnte er sich unmöglich seinen blöden Kommentar verkneifen.
„Aber Nerde, wie schläfst du denn? So was Ungewöhnliches... du und Männer, das sind wir ja gar nicht von dir gewöhnt. Auch noch gleich zwei .....“ Augenblicklich warf ich einen kleinen Stein nach ihm, der ihn verjagte. Durch die Bewegung weckte ich meine beiden aufdringlichen Bettnachbarn auf. Ehe Dinin reagieren konnte, hatte mich Zaknafein fest an sich gezogen.
„Ich hoffe Ihr habt gut geschlafen Nerdanel?“
„Ja .... aber warum hängt ihr beiden an mir wie Kletten?“
„Ihr habt in der Nacht ein wenig gefroren, ich wollte Euch lediglich ein wenig wärmen“, sagte er ganz unschuldig, „Dinin scheint Euch den Umhang geklaut zu haben.“
Und wirklich lag ein Großteil meines Umhangs auf ihm. Dinin schaute mich nur verzweifelt an.
„Tut mir leid Nerdanel .... ich ... ich weiß auch nicht.“
Ich winkte nur ab.....
„Schon gut, ist ja nicht schlimm, so kalt ist es hier unten ja nicht. Außerdem wart ihr beide so dicht an mir gelegen, dass es eigentlich schon fast zu warm war.“
Ich merkte wie das Lager erwachte und ich wollte ehrlich gesagt nicht mit den beiden so zusammen gesehen werden. Schnell schnappte ich mir meinen Umhang und meinen Rucksack.
„Entschuldigt mich, ich will mir eben ein paar frische Sachen anziehen.“
Und schon verschwand ich in einer dunklen Ecke, vor die ich dürftig meinen Umhang spannen konnte um mich umzuziehen.

Plötzlich wurde die morgendliche Stille von den Alarmrufen der Wachen unterbrochen. Zwei von ihnen kamen ins Lager gerannt und berichteten von einer Gruppe von ungefähr 35 Drow-Kriegern, die uns gefolgt sein mussten. Sie alle trugen das Hauszeichen Do’Urden. Die Blicke aller fielen unverzüglich auf die drei Mitreisenden.
Elfara kam zu ihnen, doch Zaknafein stand sofort auf.
„Wir tragen nichts bei uns Lord Elfara. Durchsucht uns ruhig. Eure Leute haben alle Spuren so gut es geht verwischt. Wir haben keinen magischen Gegenstand bei uns mit dem man uns finden könnte. Ich schwöre es!“, sagte Zaknafein mit aller gebotenen Ruhe.
Elfara ließ die beiden dennoch durchsuchen, doch Helion fand nichts. Die Blicke aller richteten sich auf Dinin. Er sah verstört aus, denn er war sich keiner Schuld bewusst. Helion sah ihn an und fischte sein Amulett mit dem Hauszeichen darauf unter der Rüstung hervor.
„Er ist der Verräter“, meinte Helion daraufhin schlicht.

Dinin zuckte zusammen. Ich bin kein Verräter, schoss es ihm durch den Kopf. Er hatte das doch nicht gewusst. Die Augen aller lagen auf ihm und er konnte spüren, dass ihre Blicke alles andere als freundlich waren. Angst kam in ihm hoch und er fürchtete nun ernsthaft um sein Leben. Verrätern drohte immer der Tod und er nahm nicht an, dass der Clan Numenor großartig nach seiner Unschuld fragen würde. Ängstlich sah er zu Nerdanel, die neben Elfara stand. Er versuchte einen Hauch Hoffnung in ihrem Blick zu sehen, doch da war nichts. Ihr Gesicht war ausdruckslos und verriet nicht was in ihren Gedanken vor sich ging. Dinin war verzweifelt, denn ihm war mit einem Mal klar, dass er wohl gleich sterben würde. Doch plötzlich durchdrang Elfaras Stimme seine Gedankengänge.
„Nun was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?“, fragte Elfara streng.
Was sollte er dazu sagen, fragte sich Dinin. Er entschied, dass es keinen Sinn hatte zu lügen und es wohl das Beste für ihn sein würde, die Wahrheit zu sagen.
„Ich ... ich wollte euch nicht verraten. Ich wusste nicht, dass man dieses Ding auf magische Art und Weise finden kann. Bitte .... Lord Elfara bitte glaubt mir.“
Er hatte Angst, denn alle hielten ihn für einen Verräter und das bedeutete seinen sicheren Tod.
„Priesterin ...“, befahl Elfara, „sagt er die Wahrheit?“

Ich hatte das ganze Geschehen im Stillen an Elfaras Seite verfolgt. Ich hatte Dinins ängstlichen Blick gesehen. Doch ich wusste wußte, dass ich jetzt keine Regung zeigen durfte und erinnerte mich daran, dass es immerhin Dinin gewesen war, der uns diesen ganzen Schlamassel überhaupt eingebrockt hatte. Also warum hätte ich auf einmal Mitleid mit ihm haben sollen, dachte ich mir nur.
Ich trat nur auf ihn zu. Er schaute mich mit ängstlichen Augen an, alles stand für ihn nun auf Messerschneide. Ich versuchte seine Gedanken zu lesen und es gelang mir. Alles lag vor mir wie ein offenes Buch in dem ich nur noch blättern musste. Vor mir ausgebreitet lagen die Erinnerungen eines ganzen Lebens, die Schönen wie die Schlechten. Alles was ihn zu dem gemacht hatte, was er nun war, aber ich sah, dass ein Dasein als Verräter des Clans Numenor nicht dazu gehört hatte.
„Er sagt die Wahrheit, mein Lord. Er wusste nichts von der Eigenschaft dieses Gegenstandes“, sagte ich, während ich weiterhin den Blickkontakt mit Dinin aufrecht erhielt.
Elfara nickte und schnell nahm ein Plan in seinem Kopf Gestalt an. Er sah kurz Zaknafein an.
„Schnell sucht alles zusammen. Versteckt euch und haltet die Waffen bereit.“ Dann lächelte Elfara nur hintergründig, „und fesselt Dinin um ihn als Köder auszulegen.“ Zaknafein nickte kaum merklich und sprach so dem jungen Anführer seine Zustimmung aus. Zaknafein wusste, dass sie diesem Kampf nicht aus dem Weg gehen konnten und so war es besser sich ihm auf einem selbstbestimmten Kampfplatz zu stellen und nicht von ihm in der Wildnis überrascht zu werden. Der Waffenmeister sah, wie die Gruppe schnell und ordentlich ihre Sachen zusammen suchte, was ihm aber einen noch größeren Genuss bereitete war die Tatsache, dass gerade drei starke Krieger damit beschäftigt waren Dinin zu fesseln und ihn anschließend auf dem Boden liegen ließen, wie den Köder für eine Falle.

Drizzt war überrascht. Sein Bruder Dinin sollte ein Verräter sein? Verwirrte beobachtete er das Geschehen und war erleichtert als Nerdanel sagte, das Dinin sie doch nicht verraten hätte. Dinin zählte zwar nicht zu Drizzts Freunden, aber dem jungen Drow widerstrebte der Gedanke, dass sie alle von seinem Bruder verraten worden sein sollten. Er schüttelte die Gedanken beiseite und half den anderen dabei sich zu verstecken.
Als er sich umsah stellte er erschreckt fest, dass man Dinin fesselte, um ihn als Köder zu missbrauchen. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter, als er zur Seite blickte, war da Despina.
„Keine Sorge, ihm passiert schon nichts“, flüsterte sie nur beruhigend in sein Ohr. Drizzt glaubte ihr und verbarg sich zusammen mit ihr zwischen den Felsen.

Noch bevor Dinin reagieren konnte hatten ihn drei starke Krieger gepackt und gefesselt. Unsanft knebelten sie ihn und hängte ihm das Amulett wieder um den Hals. Sie hatten aber keinerlei Hemmungen ihm ein paar schmerzhafte Stöße in die Rippen und den Magen zu versetzen, um ihm so zu verdeutlichen, was sie von seiner Unachtsamkeit bezüglich des Amuletts hielten. Schließlich machte Elfara ihrem Treiben ein jähes Ende als er zu Dinin kam.
„Das ist nichts Persönliches, aber wir brauchen einen Köder, einen glaubwürdigen Köder. Keine Sorge, Euch wird nichts geschehen“, sagte der Anführer ruhig, bevor sich ebenfalls zu seinen Soldaten in den Schatten gesellte.

Briza und ihre Leute betraten vorsichtig die Höhle in die sie das Amulett geführt hatte. Zu ihrer Überraschung lag dort Dinin am Boden. Gefesselt und geknebelt. Ein elendes Bild. Sie fing an zu lachen und hämisch zu kichern.
„Du bist so ein Versager Dinin, nicht mal als Verräter bist du gut.“
Sie war der festen Ansicht, dass sie ihn hier allein zum Sterben zurückgelassen hatten. Selbstsicher schritten sie und ihre Soldaten in die Kaverne. Die Wände und der Boden zeigten noch deutlich Spuren der Leute. Sie konnte die Höhle erst vor einigen Minuten verlassen haben, da ihre Körperwärme noch immer Spuren auf dem Boden hinterlassen hatte. Sie war so nah dran. Ihr missratenes Balg hatte dem Haus so viel Schaden zugefügt und sie freute sich darauf, der Kleinen das Herz bei lebendigem Leib rauszureißen. Briza war nicht daran interessiert Nerdanel als Opfer mit nach Hause zu bringen, so wie Oberin Malice das angeordnet hatte. Nein, sie würde sie eigenhändig und qualvoll umbringen. Ihren Kadaver sollten die Aasfresser hier draußen bekommen. Briza wollte gerade ihre Krieger ausschwärmen lassen.

Plötzlich kamen die Fremden überall aus den Schatten und viele von ihnen, die unsichtbar waren, wurden mit einem Mal sichtbar. Ohne zu Zögern feuerte der Clan auf die feindlichen Drow und streckte auch einen Großteil von ihnen nieder, ehe diese auch nur zu einer Gegenattacke ansetzen konnten. So einer Vielzahl ihrer Soldaten beraubt, hielten die anderen es für klüger sich zu ergeben.
„Ihr Feiglinge ... kämpft ihr wertloser Abschaum“, schrie Briza außer sich. Sie war es auch die augenblicklich auf Dinin losgehen wollte, doch dieser wurde plötzlich an einem Seil aus ihrer Reichweite gezerrte. Man konnte ihren grenzenlosen Zorn auf ihrem Gesicht erkennen.

Ich stand neben Elfara und wir alle sahen sie und ihre Leute an. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie die anderen Dinin wieder losbanden und ihm seine Waffen zurückgaben. Er wirkte sehr erleichtert.
Es herrschte eine grausame Stille in der kleinen Höhle.
Elfara nickte nur und die Bolzen sausten los. Der Rest von Brizas Soldaten ging einige Augenblicke später bewusstlos zu Boden. Elfara war kein Killer, er hatte nicht vor den Soldaten auch nur ein Haar zu krümmen, darum wurden sie fachgerecht ins Reich der Träume geschickt. Nur Briza stand noch da. Sie zitterte sichtlich vor Wut.
„Leistet keinen Widerstand Priesterin! Wir werden Euch nicht töten, es sei denn Ihr greift uns an. Geht zurück in Euer Haus und lasst uns in Ruhe.“
„Zur Hölle mit Euch“, keifte sie nur böse und sprang mit gezogener Peitsche auf ihn zu.

Jetzt war meine Zeit gekommen. Im Bruchteil einer Sekunde, ohne zu wissen was ich eigentlich tat, sprang ich vor Elfara. Meine Rüstung breitete sich auf mir aus. Jetzt war die Zeit zu Kämpfen, oft genug hatte ich nur stumm eingesteckt was sie ausgeteilt hatte. Diesmal nicht, dachte ich nur zornig. Diesmal würde ich kämpfen, gewinnen und sie töten. Ohne es zu merken steigerte sich meine Mordlust. Brizas Peitsche fuhr über meine Rüstung ohne Schaden zu verursachen. Als Briza dies bemerkte, riss sie vor Erstaunen weit die Augen auf.
An meinen Händen bildeten sich Klauen und ich packte mir eine ihrer Vipern. Ich hatte mehr Kraft als jemals zuvor und zerquetschte das Tier mit einer einzigen Bewegung meiner Hand. Sie riss die Peitsche zurück und löste ihren Streitkolben vom Gürtel, um damit erneut auf mich einzuschlagen. Ich spürte es nicht, die Rüstung der Göttin schützte mich. Ich fing nun auch an auf sie einzuschlagen. Allerdings war ihre Rüstung an einigen Stellen nicht ganz so widerstandsfähig wie an anderen. Sie wurde von meinen Krallen zerrissen als wäre sie aus Papier. Darunter war nur weiches Fleisch. Als ich sie zurückstieß hatte sie vier tiefe Kratzer quer über die Brust, die stark bluteten. Wir fingen an uns zu umkreisen. Elfara und die anderen dachten nicht im Traum dran sich einzumischen. Dinin allerdings schon, den hielten sie mit Gewalt zurück. Zaknafein hingegen beobachtete alle, vor allem aber Elfara. Und er begriff sehr schnell, dass das allein ein Kampf unter Priesterinnen war, in den sich diese Drow niemals einmischen würden. Das war Nerdanels Kampf. Dinin bangte und hoffte, war Briza doch fast einen Kopf größer als ihre Tochter und auch um einiges stärker.
Ich packte Brizas Arm als sie wieder zuschlagen wollte. Böse blickten wir uns an und aus einer Laune heraus drückte ich zu. Durch meine unnatürliche Stärke brachen ihre Armknochen ohne Widerstand. Sie schrie auf vor Schmerzen und riss sich los. Entsetzt hielt sie ihren verstümmelten Arm fest. Jetzt hatte sie Angst vor mir. Ich war aggressiv wie nie. Plötzlich wandte sich Briza um und rannte weg. Elfara gab seinen Leuten nur ein Zeichen sie laufen zu lassen. Briza verschwand blutend und verängstigt in der Dunkelheit. Ich wollte ihr nachsetzten, ich wollte sie jetzt töten. Es gierte in mir nach ihrem Blut. Es gab nur noch einen Gedanken in meinem Kopf und der lautete TÖTEN.
„HALT!“, donnerte Elfara nur. Doch ich war zu sehr in meiner Mordlust gefangen, als dass ich ihn wahrgenommen hätte und so zwang ich Elfara dazu etwas zu tun, das ihm nicht besonders gefiel. Der Anführer der Numenor zog sein Schwert und stieß es vor sich in den Boden. Beide Hände legte er um den Griff und während ich gerade die Höhle verlassen wollte, sprach er die magische Formel, welche als Einzige in der Lage war mich aufzuhalten.

Beim Blut der Clans befehl ich dir, beim Geist der Ahnen, gehorche mir.

Augenblicklich brannte heißer Schmerz durch meinen Kopf und ich gab einen markerschütternden nicht mehr sehr dunkelelfisch klingenden Schrei von mir. Elfara zwang mir seinen Willen auf und beruhigte meinen Geist. Mit leisen flüsternden Gedanken holte er mich zurück und ließ die Mordlust verschwinden. Ich hielt inne und wurde mir bewusst was ich gerade getan hatte. Etwas verwirrt wandte ich mich zu ihm um.
„Gut gemacht und jetzt beruhige dich. Alles ist wieder gut.“
Seine Worte beruhigten mich tatsächlich und mein Verstand wurde wieder klar. Als Elfara sah, dass ich wieder normal war, gab er seinen Leuten das Zeichen sich zu sammeln.

Zaknafein war beeindruckt, selten hatte er soviel Charisma bei einem so jungen Anführer gesehen. Er hatte seine Leute voll im Griff, sogar jemanden der im Blutrausch war, auch wenn es da wohl die eine oder andere Zauberformel gab, die er dafür benutzen musste. Er bewunderte den jungen Drow ein wenig. Dafür das er wohl nur halb so alt war wie der Waffenmeister selbst, war er schon ein sehr guter Anführer. Doch er bemerkte auch die Unsicherheit in seinen Augen. Manchmal war er sich noch nicht ganz so sicher. Zaknafein konnte ihm das verzeihen, er war noch jung, er würde es lernen.
Sein Blick wanderte weiter zu Nerdanel, die noch ein wenig verstört wirkte. Dem Waffenmeister war erst jetzt so richtig bewusste geworden, wie gefährlich die kleine Frau sein konnte. Es erschreckte ihn ein wenig, doch im Gegenzug musste er sich fragen, was wohl in der jungen Frau vorgegangen war, als sie sich entschied diese Waffe zu tragen. Er kam zu der Erkenntnis, dass sie wohl dennoch zu bewundern sei. Sie trug etwas, dass durchaus in der Lage zu sein schien, selbst die mächtigste Oberin in die Knie zu zwingen und dennoch war sie immer ihren Freunden treu. Er fand das dazu eine ganze Menge Selbstsicherheit und Verantwortungsbewusstsein gehörte einfach eine so verlockende Chance beiseite zu schieben. Die junge Priesterin hatte gerade enorm in seinen Augen an Ansehen gewonnen. Zaknafein sah ihr in die Augen als sie an ihm vorbei lief. Sie erwiderten diesen Blick und rang sich sogar ein müdes, wenn auch immer noch leicht benommenes Lächeln ab.

Dinin hingegen war entsetzt. Niemals zuvor hatte er Nerdanel so gesehen. Sie war völlig verwandelt. Nichts war mehr von ihrer Sanftheit und ihrem freundlichen Wesen geblieben. Sie war zu etwas geworden vor dem er sich fürchtete. Sie hatte die stärkste Priesterin die Dinin, nach der Oberin, kannte, in einem Zweikampf mit Leichtigkeit besiegt. Er fragte sich, warum sie dies nicht schon früher getan hatte. Sie hätte Briza und wohl auch Malice mit Leichtigkeit besiegen können und wäre zur neuen Oberin Do’Urden aufgestiegen.
Er hörte immer noch in seinen Ohren Brizas Schreie als der Arm brach. Er sah immer noch den Blutrausch in Nerdanels Augen. Diese Augen, sie hatten ihn entsetzt. Sie waren schwarz gewesen und hatten auf einmal eine grell gelbe Iris mit einer senkrechten Linse. Das war nicht mehr Nerdanel gewesen, dass war etwas anderes, etwas Mächtiges und wohl auch etwas absolut Tödliches.
Jetzt glaubte er wirklich zu wissen welche Macht sich in diesem unscheinbaren zarten Wesen versteckte. Er fürchtete sie und doch konnte er ihr nicht entsagen.

Die Waffe hatte sich ebenso schnell zurückgezogen, wie sie gewachsen war. Jetzt hing sie wieder um meine Handgelenke, meinen Hals und meine Fußknöchel und tat so als sei sie Schmuck. Ich war wieder ruhig und still wie immer. Ich hatte noch immer mit den Nachwirkungen dieser Verwandlung zu kämpfen. Eigentlich, dachte ich mir, müsste ich mich jetzt vor mir selbst fürchten. Denn das war ich nicht gewesen, der da gekämpft hatte. Das war etwas anderes gewesen, das an meiner Stelle in den Kampf gegangen war. Doch ich fürchtete mich nicht. Ich fühlte eigentlich gar nichts. Ein Teil meines Verstandes nahm es so hin als wäre es die selbstverständlichste Sache auf der Welt gewesen. Ich hatte das Gefühl, dass langsam aber sicher, die Erinnerungen an mein Leben als Drow sich immer weiter in mir ausbreiteten und immer mehr mein Denken und Handeln übernahmen. Sollte ich Angst davor haben mich selbst zu verlieren oder sollte ich zulassen, dass ich immer mehr zu dem wurde was ich eigentlich nur gespielt hatte. Ich musste mich ernsthaft fragen, ob ich ein Mensch gewesen war, der einen Drow gespielt hatte oder ob ich ein Drow gewesen war, der geträumt hatte er würde das Leben eines Menschen spielen. Verwirrt schüttelte ich diese Gedanken ab. Das war alles viel zu hoch im Moment. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass wir uns alle dafür entschieden hatten hier zu bleiben, in dieser Welt. Wir waren uns zwar nicht wirklich über die Konsequenzen unseres Handelns bewusst, aber wenn es eine Folge war, dass sich unsere Erinnerungen anpassten um unser Überleben zu sicher, dann sollte es wohl so sein. Außerdem, dachte ich mir, was beschwerst du dich eigentlich, du hast es doch gut getroffen. Man hat dich in eine Stadt der Drow verschleppt, man hat dich verprügelt und versucht dich umzubringen. Du hast die Geschichte ein wenig verändert und du hast gelernt zu kämpfen. Alles in allem, hast du dich doch bis jetzt eigentlich ganz gut geschlagen, dachte ich mir.
Ich merkte, dass die anderen versuchten ihre Überraschung über das Geschehene zu verbergen. Sie versuchten mich zu behandeln wie immer. Ich holte meine Sachen und machte mich zum Abmarsch bereit.
„Lasst die Bewusstlosen hier liegen. Ohne ihre Priesterin werden sie uns nicht weiter verfolgen!“, befahl Elfara.
Wir liefen los und versuchten so schnell wie möglich voran zu kommen. Elfara hatte mir von seinem Zeitplan erzählt, den es galt einzuhalten. Wir hatten insgesamt zwei Monate Zeit für den Hin- und den Rückweg, davon war jetzt der erste Monat bereits verstrichen und vor uns lag noch ein weiter Weg. In diesen zwei Monaten würden die anderen, die sich ebenfalls dazu entschlossen hatten in dieser Welt zu bleiben auf einen Großteil unserer Ausrüstung aufpassen. Wenn wir es schaffen würden, dann hätten wir die Chance mit einer größeren Gruppe durch die Welt zu reisen. Einen weiteren Vorteil hatte es auch, denn die andere Gruppe bestand hauptsächlich aus Oberflächenbewohnern und würde uns so besser beschützen können, wenn wir einmal auf andere Bewohner dieser Welt treffen sollten.
Wir huschten wie Schatten durch die Tunnel. Dinin war heute nicht an meiner Seite. Er lief weiter hinten in der Gruppe. Ich konnte mir denken, dass er nun Angst vor mir hatte. Und insgeheim hoffte ich irgendwie, dass ihn das abschrecken würde und er mich endlich in Ruhe ließ. Während des Tages gesellte sich Zaknafein zu mir.
„Geht es Euch gut Nerdanel?“
Ich nickte und meinte schließlich, „Ich wurde nicht verletzt und ich spüre auch keine Schmerzen. Ich bin nur noch ein wenig durcheinander, das ist alles. Habt ihr Euch Sorgen gemacht?“
Er lächelte mich an und sprach, „Ja!“
Das überraschte mich, ich schwieg und schaute wieder geradeaus. Irgendwie war mir das jetzt peinlich, aber warum, schließlich war ich kein kleines Mädchen mehr und dennoch war mir plötzlich flau im Magen.

Drizzt hatte den Kampf gesehen und es war ihm doch recht mulmig geworden, als die beiden Priesterinnen wie die Furien aufeinander losgegangen waren. Despina bemerkte diese Unsicherheit und gesellte sich zu dem jungen Drow.
„Hey was ist denn los mit dir?“, fragte sie freundlich.
Erst sagte er nichts, denn er wusste nicht, wie er es der Kriegerin verdeutlichen sollte ohne dabei vielleicht jemanden zu beleidigen.
„Ich ... es ist wegen Nerdanel. Sie war auf einmal so anders... ist das bei allen Priesterinnen so, die bei euch leben?“, fragte er dann zaghaft.
Despina schüttelte nur ihren Kopf und ihre kurzen Haare wippten dabei hin und her.
„Nein, nicht bei allen. Nicht jeder unterzieht sich der letzten Prüfung, einige begnügen sich damit nur ihren Glauben zu leben, doch andere, so wie Nerdanel, wollen auch für ihren Glauben kämpfen. Daher unterziehen sie sich dem Test und wer ihn besteht, der wird so wie Nerdanel. Aber du brauchst keine Angst vor ihr zu haben. Sie ist wirklich harmlos. Niemals würde sie einen der unsren angreifen, geschweige denn als Seelenfutter verwenden.“ Mit diesen Worten versuchte Despina Drizzt zu beruhigen.
Der junge Krieger nickte verstehend, doch er fand, dass das immer noch alles sehr ungewöhnlich war. Es war alles so gar nicht wie in Menzoberranzan.
Während der nächsten zwei Wochen unserer Reise kehrte Briza nicht wider. Wir waren zu der Ansicht gekommen, dass sie es wohl aufgegeben hatte uns zu verfolgen. Besser für sie, dachte ich nur böse. Wir hatten auch so schon genug Probleme. Mehr als einmal mussten wir uns mit gefräßigen und aufdringlichen Kreaturen herumschlagen. Dieses Abenteuer schweißte unsere Gruppe allerdings dabei immer fester zusammen.

Zaknafein und Drizzt bekamen während der Reise langsam ein Gefühl für die Drow und ihre vollkommen andere Lebensweise. Sie lernten, dass es in Ascaron keine Häuser gab, lediglich Clans. Jeder von ihnen hatte eine spezielle Aufgabe und die meisten verfügten auch über spezielle Fähigkeiten. In diesem Punkt war der Unterschied zu Menzoberranzan nicht groß. Jedoch erstaunte die beiden die Tatsache, dass in Ascaron nicht vererbt wurde. Es gab keine Adligen, nur die Mitglieder eines Clans und das bezog sich vom einfachsten Soldaten bis zur hohen Priesterin. Wenn um die Herrschaft gekämpft wurde, dann nicht auf blutige Art und Weise, sondern in einem fairen Wettkampf. Und auch die Priesterschaft hatte eine besondere Art aufzusteigen. Nicht ein feiger Mord an der Vorgängerin entschied über den Werdegang, sondern eine allein von einem Avatar bestimmte Rangfolge. Starb jemand aus dem Gefolge der Göttin und nahm dieser einen hohen Rang ein, so wurde einer der Avatare beschworen um die Nachfolge zu regeln. Bei niederen Rängen fiel die Bestimmung der Nachfolge auf den jeweils hohen Priester bzw. Priesterin des Tempels. Bei den Kriegern wurde die Nachfolge durch ein Duell in kämpferischem und staktischem Denken entschieden. Die Magier trugen ihre Nachfolgekämpfe in einem Wettbewerb des Geistes aus. Doch bei allen Nachfolgeritualen wurden sorgsam darauf geachtet niemanden zu töten. Denn in Ascaron wurde der Verlust eines Einzelnen, als Verlust wertvoller Fähigkeiten angesehen.
Was Zaknafein auch erstaunte war die Tatsache, dass ein Clan niemals allein von jemandem geführt wurde. Es gab keine Oberin, die mächtig über aller Schicksal thronte. Im Normalfall fiel ein Großteil der Verantwortung dem Kampflord zu. Dieser wurde lediglich von der ältesten Priesterin des Clans und dem amtierenden Clanmagier unterstützt und beraten, aber auch teilweise gemaßregelt. So wollte Ascaron sich davor schützen, dass es zwischen den Clans zu großen Reiberein kam und nicht das gleiche Chaos entstand wie in anderen Drow-Städten. Elfara berichtete auch von den Gilden der Stadt. Es waren freie Handelsgilden, die nicht den Machtbereichen der Clans unterstanden und nur in gewisser Weise von ihnen abhängig waren. Während in Menzoberranzan offiziell niemand sich dazu bekannte ein Meuchelmörder zu sein, so wurde dies in Ascaron anders gehandhabt. Es gab eine Gilde die dafür verantwortlich war unliebsame Leute, zumeist aus anderen Städten offiziell zu beseitigen. Die Dechtiiria waren das offizielle Killerkommando der Stadt und jeder Clan konnte gegen entsprechende Bezahlung frei über die Dienste der Gilde verfügen.
Es gab auch Akademien in der Stadt, aber hier wurden keinerlei Begrenzungen auferlegt. Jeder, der über die notwendigen Fähigkeiten verfügte konnte sich dort ausbilden lassen. Der einzige Preis, der zu entrichten war, derjenige der sich ausbilden ließ übernahm die Pflicht dem Clan zu dienen, der nach seinen Diensten verlangte.
Zaknafein dachte sehr lange über diese Stadt nach und kam zu dem Entschluss, dass diese Drow eine ganz und gar andere Art des Zusammenlebens und Überlebens entwickelt hatten als er sich je hatte träumen lassen. Was den Waffenmeister auch erfreute, war die Tatsache, dass man die mutigen und tapferen Leute der Vergangenheit nicht vergas. Die Ahnen wurden in Ehren gehalten und keine ihrer Geschichten vergessen. Sie gedachten ihrer in Liedern und Geschichten. Er wurde sich bewusst, dass hier selbst die Tat eines Einzelnen gewürdigt wurde und jeder als Teil des Ganzen für wichtig erachtet wurde.
Von Despina erfuhr Drizzt fiel über das Leben der Krieger. Sie erzählte ihm von den Kameradschaften, die sie im Laufe der Zeit aufgebaut hatte. Doch sie erzählte auch von den schmerzhaften Verlusten, die sie durch den Fall Ascarons erlitten hatte. Und obwohl Despina wusste, dass sie eigentlich mal ein Mensch gewesen war, tat der Gedanke an die Verstorbenen genauso weh, als wenn sie wirklich dabei gewesen wäre. Sie erzählte ihm von Freundschaften, die wirklich Freundschaften waren und nicht nur Bündnisse für eine gewisse Zeit. Drizzt gefiel, was er hörte und vor allem gefiel ihm, dass er es von Despina erzählt bekam.
Dem Waffenmeister war aber klar, dass es trotz all der guten Seite, es wohl auch Schattenseite in dieser Stadt geben musste, denn er wusste von Nerdanel, dass sie einer dunklen und somit wohl auch bösen Göttin diente. Die beiden saßen viele Stunden zusammen und redeten darüber. Er brachte in Erfahrung, dass die Drow Ascarons sich ebenso Sklaven hielten und auch, wenn sie nicht mehr nützlich waren, ebenso wenig auf deren Leben gaben und sie töteten. Auch gab es Blutopfer in den Tempeln, aber Nerdanel versicherte ihm, dass dort niemals die eigenen Leute ihr Leben lassen mussten, sondern immer nur Außenstehende und Verräter. Verrat, Betrug und Mord waren Dinge, die man in Ascaron gnadenlos verfolgte und ahndete. Auch erzählte ihm die junge Priesterin, dass es Außenstehenden erlaubt war offiziell in der Stadt zu leben und zu handeln, allerdings wurde es denjenigen nicht leicht gemacht. Ascaron hatte nur so lange Interesse und Verwendung für Fremde, solange sie nützlich für die Stadt waren und neue Errungenschaften und Vorteile brachten. Zaknafein überlegte sich, dass es trotz der aufgezeigten Schattenseiten, wohl kein schlechtes Leben gewesen sein konnte, das man in Ascaron hätte haben können. Doch trotz allem freute er sich auf die Oberfläche und die angeblich so wundervollen Sachen von denen ihm sein Sohn erzählt hatte.

Dinin kam in dieser Zeit nur noch zu mir, um meine Matte mit mir zu teilen und selbst dann blieb er auf Abstand. Er war unsicher, hatte Angst, wovor, das war ihm selbst nicht so ganz klar. Er beobachtete nur, wie Zaknafein immer mehr von ihrer Aufmerksamkeit für sich gewann und selbst sein Bruder Drizzt sich immer besser in die Gruppe einfügte. Er selbst hingegen fand nur schwer Anschluss. Ihm fehlte dieses freundliche naive Wesen seines Bruders und ihm fehlten die Fähigkeiten eines Waffenmeisters, als das er sich bei den wichtigsten Personen hätte interessant machen können. Auch die gewöhnlichen Krieger waren ihm gegenüber eher zurückhaltend, aber das beruhte auf Gegenseitigkeit, denn Dinin gefiel der Gedanke nicht, sich auf eine Stufe mit gemeinen Soldaten herab zu lassen. Außerdem wurde er von Alpträumen geplagt. Meist erwachte er dann schweißgebadet und konnte nur schwer wieder einschlafen. Er hatte schon viel Entsetzliches und Grausames gesehen, doch nie hatte er soviel Angst vor etwas gehabt. Er sah immer wieder Nerdanel in seinen Träumen, doch nicht so wie er sich das gern gewünscht hätte, nein er sah dieses teuflische Ding, das in ihr lebte. Das Biest, das die eigenen Mutter angefallen und mit Freunden fast zerfleischt hätte. Er wusste nicht was er darüber denken sollte, wie er damit umgehen sollte, wünschte er sich doch nichts sehnlicher als an Nerdanels Seite zu sein. An sich selbst zweifelnd, saß er eines Abends da. Helion ging zu ihm.
„Was hast du Dinin? Ich habe dich die ganze Zeit nicht mehr in Nerdanels Nähe gesehen?“
Er sah den Magier an, wusste nicht ob er ihm trauen sollte, doch am Ende merkte er bei dieser Überlegung, dass es nicht wirklich eine Rolle spielte.
„Ich habe Angst vor ihr. Sie ist nicht, wie sie sein sollte. Sie kommt mir vor wie eine Bestie. Und ich habe Angst davor von ihr verschlungen zu werden.“ erklärte ihm Dinin.
Helion sah ihn verstehend an und meinte schließlich.
„Bei uns sagt man, dass man nicht ewig vor seinen Ängsten weglaufen kann, sie holen einen immer ein, denn wir tragen sie im Herzen. Vielleicht solltest du dich deiner Angst stellen. Vielleicht musst du aber auch deinen Blickwinkel für einige Dinge ändern. Ich kann dir nur soviel sagen, Nerdanel würde niemals, egal wie mordlüstern sie ist, sie würde niemals die Waffe gegen einen von uns einsetzen. Auch nicht gegen dich, es sei denn du greifst sie an. Dinin hab’ Mut und stell dich deiner Angst. Tust du´s nicht, wirst du daran wohl zugrunde gehen.“
Der junge Drow begann im Stillen über die Worte nachzudenken. Er musste seinen Blickwinkel tatsächlich ändern, stellte er fest. Wieder rief er sich die Szenen ins Gedächtnis. Vor seinem inneren Auge sah er wie leicht Nerdanel mit ihrer Mutter fertig wurde. Wenn ihr das bei Briza so leicht fiel, was würde passieren wenn sie gegen Malice kämpfen würde, fragte er sich. Eigentlich müsste es Nerdanel doch leicht fallen Malice zu beseitigen und selbst Oberin zu werden, dachte er weiter. Aber sie diente einer anderen Gottheit, folgerte sein Verstand. Er musste schmunzeln, wenn es einem Pfau wie Jarlaxle möglich war in dieser Stadt voller Spinnenküsser zu überleben, dann würde da ein Haus, dass nicht Lloth diente, wohl auch seinen Platz behaupten können. Über den neuen Blickwinkel seiner Probleme nachsinierend, blieb sein Blick an Nerdanel hängen. Eigentlich war sie doch immer noch hübsch. Es würde ihm schon gelingen, sich an dieses Ding in ihr zu gewöhnen, wenn er dafür die Chance bekam wieder nach Menzoberranzan zurück zu kehren, mit ihr als Oberin Do’Urden.
Gerade als er zu Nerdanel gehen wollte, kamen die Späher gelaufen.
„Lord .. Lord wir haben es gefunden... wir haben es gefunden.“
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