Antike
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Disclaimer:
This is a work of fiction. Any resemblance of characters to actual persons, living or dead, is purely coincidental. The Author holds exclusive rights to this work. Unauthorized duplication is prohibited.
Antike
»Natürlich ... alles nach ihren Wünschen.« => Gesprochenes
/ dreh dich um und ich kill dich ../ => Gedachtes
( .. man kann nicht alles haben .. ^-^v) => dumme Bemerkung des Autors
// Warum ? // => Shains Telepathie
Soo, erstmal zu den Charakteren, damit ihr eine ungefähre Vorstellung habt.
Name: Marcus Magnus
Alter: 32 Jahre
Aussehen
Haare: schwarz (solang, dass sie ihm in die Stirn fallen)
Augen: grün
Größe/Gewicht: 1,86m/85kg
Sternzeichen: Widder
Charakter: Er ist ein Mensch mit sehr großem Selbstbewusstsein
und Selbstvertrauen. Seinen Befehlen ist stets Folge zu leisten,
denn er kann es nicht ausstehen, wenn sich ihm jemand wiedersetzt.
Er hat ein hitziges Temperament; Stimmungen schlagen bei ihm
sehr schnell um.
Nach außen hin scheint er arrogant und annahbar, doch lernt
man ihn erst einmal richtig kennen, merkt man, dass er sich
über viele Dinge Gedanken macht und auch sehr einfühlsam
sein kann.
Was er einmal besitzt, gibt er nicht so schnell wieder her.
Hat er etwas lieb gewonnen, verteidigt er es mit allen Mitteln.
Außerdem verabscheut er sinnloses Töten.
Sonstiges: Marcus kommt aus einer wohlhabenden und
angesehenen römischen Familie. Jedoch ruht er sich nicht
auf dem Vermögen seiner Eltern aus, sondern hat sich ein
eigenes Leben aufgebraut. Wie die meisten Römer begann
er eine Militärlaufbahn und war in einigen Schlachten sehr
erfolgreich, sodass er zum General aufstieg. Gleich danach
wurde er nach Britannia gesandt, um dort die aufständischen
Stämme zu besiegen und dem römischen Reich Untertan zu
machen.
* * * * *
Name: Shain
Alter: ?
Aussehen
Haare: feuerrot, hüftlang
Augen: dunkelbraun
Größe/Gewicht: 1,83m/77kg
Sternzeichen: Schütze
Besonderheit: Seine Augenfarbe wird schwarz, wenn er wütend oder
erregt ist. Hat auf dem Rücken zwei Striemen in Höhe der Schulterblätter.
Charakter: Aufgrund schlechter Erfahrungen ist Shain in
allem was er tut sehr vorsichtig. Den Menschen steht er mit
gewaltigem Misstrauen gegenüber. Wenn er überhaupt mit
jemandem spricht, dann nur herablassend, oder wenn es
unvermeidbar ist. Da er seine Vergangenheit hasst und am
liebsten vergessen würde, ist er nicht gut darauf zu sprechen.
Er baut nur sehr langsam Vertrauen auf; Sein Vertrauen
muss man sich erst verdienen. Enttäuschungen nimmt
er sich sehr zu Herzen und wenn ihn jemand verletzt,
begegnet er diesem mit Hass und bitterem Sarkasmus.
(wenn er denjenigen nicht vorher umbringt)
Außerdem hasst er es Befehle erteilt zu bekommen und diese
ausführen zu müssen. Obendrein gibt er sich sehr arrogant,
betrachtet andere als minderwertig, bis sie sich in seinen Augen
Respekt verdient haben. Er ist nur unterwürfig, wenn er keine
andere Wahl hat. Knackt man jedoch seine harte Schale, merkt
man, dass er hinter der Maske aus Eis sehr verletzlich ist.
Sonstiges: bleibt erstmal geheim. Kann euch ja nicht alles verraten,
dann ist die ganze Spannung dahin ...
Chapter 1 the strange thief
Britannia; Aquae Sulis (Heute als Bath bekannt)
Eine kleine Gestalt schlich sich an den Wachen auf der breiten Mauer ungesehen vorbei und landete mit einem leichten Sprung in dem schönsten Garten, den er je zu Gesicht bekommen hatte. Die verschiedensten Bäume standen an der Mauer entlang und die saftigen grünen Blätter glänzten durch den noch frischen Tau in der warmen Morgensonne.
Der Rasen war mit vielen bunten Blumen übersäht, mutete wie ein übersinnlicher Teppich an, auf dem man ewige Erholung finden konnte. Hie und da wuchsen ebenfalls kleine Bäume und Sträucher und gaben dem Ganzen etwas wildes, ungezügeltes.
Leisen Schrittes schlich er weiter, bewegte sich raubkatzenartig hinter den Büschen und entdeckte einen idylischen kleinen Teich, der mit vielen Verzierungen und Ornamenten, die aus Blumen bestanden, an die Marmorwand angepasst war. Doch die wirkte keineswegs unpassend, sondern unterstrich noch die Einzigartigkeit des Fleckchens.
Aus derselbigen ragten engelsähnliche Gestalten, die stetig Wasser in das wunderschöne Becken rieseln ließen.
Die Oberfläche kräuselte sich und winzige Wellen des tiefblauen Wassers, rauschten besonnen auf den Rand zu, der sie herrisch wieder zurückwarf.
Fasziniert beobachtete er das Geschehen eine Weile, ehe er sich seufzend an seine Aufgabe erinnerte. Schnellst möglich pflückte die kindliche Gestalt die Früchte von den Bäumen, stopfte sie in den dafür vorgesehenen Sack und wollte sich gerade umdrehen, um zu verschwinden, als ein drohenden Knurren hinter ihm erklang.
Ertappt schwang er herum und starrte direkt in ein paar goldener Augen, registrierte im gleichen Moment die gefletschten Reißzähne des riesigen schwarzen Ungeheuers und erstarrte.
Er wollte schreien, doch kein Laut kam über seine Lippen. Inzwischen umkreiste ihn die furchteinflößende Katze, schnitt somit sämtliche Fluchtwege ab.
Panisch suchten die Augen des kleinen Geschöpfes nach einen Ausweg, tasteten die Mauer mit hektischem Blick ab und entdeckten eine Möglichkeit zu entfliehen.
Aber noch ehe der Junge die Flucht ergreifen konnte, erschien ein großer Mann im Garten, der nur mit einer weißen, goldgeränderten Toga bekleidet war. Mit schnellen Schritten setzte er auf die zitternde Gestalt zu und packte sie unsanft an dem abgerissenen Hemd.
»Sieh mal einer an. Ein Dieb, der bei einem Raubzug in den Fängen meines Haustieres landet.«
Die Stimme klang freundlich, doch der gefährliche Unterton war nicht zu überhören.
Ängstlich weiteten sich die Augen des Jungen.
»Wie heißt du?«, kam es fordernd und der Dieb zuckte zusammen, traute sich nicht die Frage unbeantwortet zu lassen.
»Juzu«, flüsterte er leise, kaum hörbar, aber der andere verstand es.
»Sieh mich an!« Ungehend leistete Juzu dem Befehl Folge, wünschte wenig später er hätte es nicht getan. Stechend grüne Augen bohrten sich in seine, sahen bis auf den Grund seiner Seele, so hatte er das Gefühl. Grenzenlose Furcht stieg in ihm auf und er begann unkontrolliert zu zittern.
Plötzlich endete der Blickkontakt abrupt und der Schwarzhaarige, der ihn gerade noch gehalten hatte, taumelte ein Stück zurück, ließ ihn dadurch los.
Erschrocken wandte sich Juzu der Mauer zu, wo er seinen Gefährten sah.
»LAUF ENDLICH; VERDAMMT NOCH MAL!!!« Der gebrüllte Befehl verfehlte seine Wirkung nicht. Juzu schüttelte die Starre von sich ab und rannte so schnell er konnte auf seinen Freund zu. /Gleich hab ich es geschafft .../, dachte er noch.
Doch kurz bevor er die rettende Mauer erreichen konnte, wurde er von etwas zurück gerissen. Scharfe Krallen bohrten sich in seinen Rücken, rissen ihm brennend den letzten Rest Stoff vom Leib.
Verwirrt schlug er auf den Boden auf, ohne zu bemerken was wirklich passiert war. Wenig später spürte er, wie er hoch gehoben wurde und sich kaltes Metall an seine Kehle presste.
»Keine Bewegung, oder das letzte Stündlein des Burschen hat geschlagen!«, zischte der Hausbesitzer gefährlich. Juzu erkannte in seiner Benommenheit die eisige Stimme hinter sich, dann glitt er vollkommen weg.
»Für gewöhnlich wiederhole ich mich nicht! Waffe weg!«
Die katzenhafte Gestalt die mit einem Knie auf der Brüstung kniete, den anderen Fuß auf derselbigen lang ausgestreckt hatte und den Hausherrn mit temperamentvoll blitzenden Iriden wütend anstarrte, senkte ob dem Befehl langsam die ausgestreckte Hand mit dem Wurfmesser. Geschmeidig brachte sich der Dieb in eine bequemere Position, ließ den bedrohlichen Feind jedoch nicht aus den wachsamen Augen, verfolgte jede noch so kleine Bewegung aufmerksam. »Lasst den Jungen los! Er hat euch nichts getan ...«
Ein kaltes Lächeln erschien auf dem Gesicht der Hausbesitzers, obwohl er innerlich von dem Mut des Räuber fasziniert war.
»Nein, mir hat er nichts getan. Aber er hat gegen die Gesetze verstoßen, indem er in den Garten eines Fremden eindrang und Früchte stahl.«
Die kühle, sachliche Antwort ärgerte den Dieb sichtlich, was an dem auflodernden Feuer in seinen Augen zu erkennen war.
»Gesetze .. pah! Das Volk außerhalb dieser Mauern verhungert, während ihr hier alles in Hülle und Fülle besitzt. Aber das ist euch ja gleichgültig! Immerhin sind wir es, die für eure Speisen schuften müssen ... Da ist es doch nur gerecht, wenn wir auch einmal etwas davon haben!«
Die Argumentation führte zu weit.
»Trotzdem gibt es niemandem das Recht einen anderen zu bestehlen!« Damit schien die Diskussion für den Dunkelhaarigen abgehakt und er drehte sich weg, um mit dem Kleinen zu verschwinden, als ihn die scharfe Forderung des Diebes erreichte.
»WARTET!!!«
Gelangweilt drehte sich die große Person etwas nach hinten und konnte sehen, wie erneut eine Klinge auf ihn gerichtet war.
»Wenn ihr den Kleinen nicht sofort frei lasst .. «
»Was dann, hm? Willst du mich töten und damit eine ganze Legion an den Fersen haben?! Sicher nicht, also LASS ES!!« Der kalte funkelnde Blick sollte seinen Gegner einschüchtern, doch der senkte die Waffe, sprang leichtfüßig in seinen Garten, ohne die große Katze auch nur eines Blickes zu würdigen, geschweige denn Angst zu zeigen und kam ein Stück auf ihn zu. Zu seiner Überraschung war die Gestalt nur um wenige Zentimeter kleiner, als er selbst.
»Nun gut! Ich kann euch nicht mit Drohungen dazu bewegen den Jungen frei zu lassen ... deswegen werde ich euch darum bitten ...« Das stolze Kinn des Diebes war trotz der Bitte hochmütig erhoben und in den dunkelbraunen Augen loderte ein stetiges Feuer.
»Nun ... «, überdachte der Überlegene die Situation, » .. sollte ich den Kleinen frei geben, bin ich gezwungen mir einen Sklaven zu kaufen. Er kostet nichts, sondern ist mir geradewegs in die Arme gelaufen«, erklärte er sachlich, während sein Blick immer noch auf dem Größeren ruhte, ihn aufmerksam taxierte.
Es war nicht zu übersehen, wie es in dem wagemutigen Dieb arbeitete. Marcus war sehr überrascht, über den Mut des anderen sich ihm entgegen zu stellen. Er fragte sich, ob dieser nicht wusste, wen er vor sich hatte.
Unschlüssig, jedoch ohne etwas von dem Feuer in seinen Augen einbüßend, fixierte der Dieb ihn, warf einen kurzen Blick auf den bewusstlosen Jungen, bevor er ihn erneut anstarrte. Schließlich senkte der Dieb zähneknirschend den Kopf, ballte die Hände zu Fäusten. Marcus konnte ihm ansehen, dass der andere sehr mit sich rang.
»Dann nehmt mich an seiner Stelle«, lenkte er mit leiser Stimme ein.
Das Angebot schien dem Römer verlockend. War doch ein kräftiger Sklave mehr wert, als ein halb verhungertes Kind.
»Gut, ich, Marcus Magnus, akzeptiere den Handel«, nahm er ohne zu Zögern an.
Unumwunden übergab er den kleinen Jungen dem Dieb.
»Könnte ich einen Moment mit ihm allein sein?«, kam sofort die Bitte von diesem. Argwöhnisch runzelte Marcus die Stirn, woraufhin auf dem Gesicht des anderen ein wissendes Lächeln erschien.
»Ich verspreche, ich werde nicht versuchen zu fliehen. Ich möchte mich nur von ihm verabschieden.« Der Dieb nickte zu dem bewusstlosen Bündel in seinen Armen.
Immer noch misstrauisch entfernte sich Marcus ein Stück, während die andere Gestalt ihm den Rücken zuwendete.
»Hey, Juzu! Wach auf!« Die ersten zwei Versuche waren zwecklos, weswegen sich der Größere über den Körper seines Freundes beugte und ihm die Hand über die geschlossenen Augen legte. Für jeden Fremden nicht ersichtlich, erglomm ein helles Licht unter der Handfläche und kurz darauf schreckte der junge Dieb auf.
Panisch suchten die verwirrten Augen nach etwas Bekanntem und fanden es, in Form seines Freundes.
»Shain!«, hauchte er und schlang im gleichen Augenblick die Arme um den Größeren, während ihm unaufhörlich Tränen über die blassen Wangen rannen.
»Ich b-bin ja so f-froh ... das dir nichts p-passiert ist .. «, schluchzte er herzzerreißend und klammerte sich zitternd fester in die schutzbietende Umarmung.
»Ist ja gut .. Juzu .. hör mir zu!« Der sanfte Ton beruhigte den Jungen einigermaßen.
»Es kling jetzt schwer, aber du musst dich ohne mich durchschlagen ... « Abrupt löste sich der Kleine von seinem Freund, blickte ihn unsicher und fragend an. Die großen Augen spiegelten Unverständnis.
»Warum?« Es war kaum mehr als ein Flüstern.
»Weil ich nicht möchte, dass wir beide gefangen sind. Du bist um Ewigkeiten jünger als ich, hast noch dein ganzes Leben vor dir ... «
»Aber warum gefangen ...?« Irritiert blickte der Junge sich um, realisierte wenige Sekunden später, wo sie sich befanden und zuckte zusammen, als hätte man ihn geschlagen.
»Nein ..«, hauchte er mit schreckgeweiteten Augen, die ob diesem Anblick erneut in Tränen schwammen.
»A-aber .. aber es ist niemand hier!« Hoffnungsvoll krampfte er die Finger in den kräftigen Arm Shains. »Wir können fliehen!« Energisch sprang er auf, zerrte Shain an dessen Ärmel mit nach oben. Den ruhigen, traurigen Blick bemerkte er erst später ...
»Was ist los? Nun komm schon ...«
Erst als sein Freund langsam den Kopf schüttelte, ließ er Schlimmes ahnend von ihm ab.
»Ich kann nicht mit dir kommen«, erklärte Shain nochmals.
»Das Versprechen, das ich gab, kann ich nicht brechen .. du kennst unsere Gesetze.«
Entsetzten stand in Juzus Augen.
»Warum? Warum hast du dich einem Menschen versprochen???« Das Letzte war schon fast geschrieen, aber er konnte sich nicht zurück halten. »Warum nur? Du warst so froh, als du endlich frei warst .. und jetzt? Es ist alles nur meine Schuld!«
»Juzu, hör auf und verschwinde! Du kannst nichts mehr tun«, erwiderte der Größere in hartem Tonfall. Shain wusste, dass er dem Kleinen damit weh tat, aber er musste ihn dazu bewegen zu verschwinden.
»Geh, geh und komm nie wieder! Am besten vergisst du mich!« Zuletzt warf er dem zitternden Juzu noch einen abwertenden Blick zu, ehe er sich umdrehte und zu seinem neuen Herrn ging.
»Ja, genau das werde ich tun! Dich vergessen!!«, brüllte Juzu seinem angeblichen Freund hinterher, wohl wissend, dass er sich damit selbst mehr weh tat, als irgend jemand anderem.
»Du hast mich die ganze Zeit nur angelogen! Du verdienst es nicht anders!!« Bei den Anschuldigungen brannten ihm die Tränen in den Augen und er ballte die Hände zu Fäusten, das es schmerzte.
/Verdammter Lügner/, war das Einzige was noch in seinem Kopf herum schwirrte. Deswegen rannte er davon, so schnell er konnte. Ließ den Garten und die Mauer hinter sich, wollte nichts mehr sehen und hören. /Alles Verrat!/
Shain zuckte unter den harten Worten, die wie Peitschenhiebe auf ihn niederprasselten, zusammen. Aber genau das hatte er doch gewollt, oder? Er wollte, dass Juzu wütend auf ihn war, ihn hasste.
Im Endeffekt hatte er sich jedoch selbst belogen. Die Freundschaft des Kleinen war ihm wirklich wichtig gewesen. Das war auch der Grund, warum er ihn beschützen wollte.
Jetzt war es unmöglich geworden ...
»Hast du erreicht, was du wolltest?«, riss ihn eine spöttische Stimme aus seinen Gedanken.
Shain hielt jedoch weiterhin den Kopf gesenkt. Sollte sich der andere ruhig über ihn lustig machen. Vielleicht hatte er es ja verdient.
»Ja, Herr«, antwortete er kurz.
Den seltsamen Gesichtsausdruck seines Gegenübers bekam er nicht mit. Dann wurde er in das riesige Haus geführt, das fast nur aus Marmor bestand. Man konnte es regelrecht als Palast bezeichnen. An den Wänden hingen wertvolle Kunstgegenstände und die aufragenden Säulen, die vor allem einen Teil der Decke stützten, waren mit verspielten Ornamenten verziert.
Doch Shain bekam keine Zeit, die wertvolle Arbeit weiter zu begutachten, denn eine herrische Stimme verlangte nach seiner Aufmerksamkeit.
Ein älterer Mann von durchschnittlicher Größe und Statur, der in eine einfache Toga und einer Peitsche am Gürtel gekleidet war, unterhielt sich kurz mit dem Hausherren, der daraufhin verschwand. Der Alte wandte sich dann dem neuen Sklaven zu. Sein Blick, mit dem er Shain maß, glitt verächtlich über dessen Körper. Er machte keinen Hehl aus seinem Abscheu ihm gegenüber. Was angesichts der zerschlissenen Sachen kein Wunder war.
»Komm her!«, ertönte es auffordernd.
Shain trat zögernd auf ihn zu.
»Ich bin Seda, der Sklavenaufseher dieses Haushalts. Du hörst auf meine Befehle.«
Seine Augen waren von einem klaren Grau, so farblos wie der Himmel vor einem anstehenden Sturm.
Alles was Shain momentan seiner Miene entnehmen konnte, war ungeheurer Stolz. Auch die straffe Körperhaltung versprach ein starkes Durchsetzungsvermögen. Doch nicht zuletzt war dieser Mann auch nur ein Mensch. Ein Mensch, dem er nicht gehorchen musste, denn er hatte sein Versprechen nur einem gegeben.
»Folge mir!«, befahl er schließlich herrisch.
Diesmal fügte sich der Dieb noch, ging mit leisen, kaum hörbaren Schritten hinter dem grauhaarigen Sklavenaufseher her.
Shain wurde über einen langen gefliesten Korridor geführt und durch einen Torbogen, in einen Raum, der nur mit einigen Holbänken ausgestattet war. Allerdings bildeten die Fliesen in diesem Raum ein wunderschönes Mosaik. Fasziniert versank Shain in dem bunten Puzzle. Er liebte kunstvolle Gebilde schon immer, bewunderte Leute, die so etwas erschaffen konnten. Dann klatschte Seda in die Hände und sofort tauchten zwei Frauen auf, die einfache, lange Leinentogen trugen. Das braune Haar trugen sie zu Nackenzöpfen geflochten. Die beiden sahen tadellos sauber aus, aber sie wirkten unattraktiv, ja beinahe grob.
Seda sprach kurz mit ihnen, wobei seine Stimme genau den gleichen hochmütigen Tonfall hatte, wie zuvor bei Shain. Ohne zu Zögern beugten sie die Köpfe und gingen, um die Befehle auszuführen.
Daraufhin deutete Seda auf eine der Holzbänke, auf die Shain sich der Anweisung nach zögerlich fallen ließ. Er hatte ein ungutes Gefühl, würde am liebsten in der gemütlichen Höhle, die er mit Juzu zusammen bewohnte, an einem wärmespendenden prasselnden Feuer sitzen. Weswegen musste es nur so weit kommen? Warum hatte er nicht besser aufgepasst? Sonst war er auch nie so unachtsam gewesen! Doch es brachte nichts, sich jetzt nervlich fertig zu machen. Er brauchte jedes Quentchen Stärke, um seine neue Situation zu meistern.
Fast umgehend erschienen die Frauen wieder mit Speisen und Gestänken, die Shain zu seiner Verwunderung serviert bekam.
Mit einem skeptischen Blick musterte er das Essen, mehr aber auch nicht. Er rührte nicht einen Bissen an, obwohl die Artischockenherzen, Oliven und der weiche weiße Käse wirklich lecker aussahen. Der zweite Teller war überhäuft mit dünnen Scheiben kalten Bratens und knusprigen, warmen Weißbrot. Doch auch das reizte ihn wenig.
Selbst wenn man ihn zur Strafe für sein Desinteresse hungern lassen würde. Er war in seinem ganzen bisherigen Leben mit viel Schlimmerem als Nahrungsentzug bestraft worden. Außerdem konnte er mehrere Wochen ohne Nahrung auskommen.
Shain schrak zurück, als Marcus Magnus durch den Torbogen trat. Eine junge Frau erschien wie aus dem Nichts mit einem Arm voller Handtücher. Obwohl sie eine hochgewachsene, aufrechte Person war, wirkte sie neben Magnus regelrecht schmächtig. Als Seda auf ihn zutrat, wich sie ehrfürchtig zurück.
»Wollt ihr euch vor oder nach dem Bad mit dem Gefangenen befassen, General?«
Shain beobachtete die Veränderung seines Gesichtsausdrucks, der darauf schließen ließ, dass er vergessen worden war. Ohne lange Umstände wandte der General sich direkt in herrischem Ton an ihn. »Wer bist du?« Der bedrohliche Unterton erlaubte kein Zögern.
»Shain«, antwortete dieser augenblicklich.
Er stieß ein kurzes, herablassendes Lachen aus, das nicht die geringsten Anzeichen von Humor enthielt. »Shain. Ha! Hast du auch einen Nachnamen?«
»Nein.« Die Antwort kam kurz und knapp. Er hatte zwar einen, doch den verleumnete er. Deswegen brauchte dieser eingebildete Mensch ihn auch nicht erfahren.
Die Schweigsamkeit des Sklaven erzürnte Magnus. Shain brauchte ihn nicht an zu sehen, er konnte es in dessen Körperhaltung spüren.
»Hör mir gut zu! _Ich_ bin der Mann, der über dein Leben oder deinen Tod entscheidet. Du bist _mein_ Gefangener, _mein_ Eigentum. Dazu hast du dich selbst gemacht. Und jetzt will ich Antworten, und zwar _auf der Stelle_!«
Shain zuckte unter den donnernden Worten zusammen und schluckte hart.
»Es tut mir leid, wenn ich euch keinen Nachnamen nennen kann, Herr«, entschuldigte er sich.
»Welcher Nationalität gehörst du an?«, kam es ungehalten von dem Schwarzhaarigen.
Shain antwortete nicht. Er konnte es nicht. Dieser Mann würde es nicht verstehen, weil er seine Welt, sein Volk und alles was damit zusammen hing, nicht kannte. Eine Lüge war das Einzige, womit er sich retten konnte, wenn man ihn nicht durchschaute.
»Ich bin Brite.«
»Beim Jupiter! Das ist eine verdammte Lüge!«
Erschrocken sah Shain auf. Wieso erkannte Magnus das sofort?, fragte er sich ertappt.
»Die Britannier sind primitive Schlächter. Sie sind wild und unzivilisiert und schmieren sich immer noch blaue Tinte ins Gesicht, um ihre Feinde zu erschrecken.«
Shain war sprachlos. Von solchen Gepflogenheiten besaß er nicht den leisesten Schimmer. Wie auch, er kannte diese Welt nicht, bis auf einige wenige Anhaltspunkte.
»Woher kommst du?«, fragte der General nun mit bissigem Unterton.
Shain überlegte. Sollte er einfach die Hauptstadt nennen? Aber wie hieß die noch mal. Loren .. nein .. Londa ..
»London!«, sprach er hektisch, weil ihm nichts besseres einfiel. »Dort lebe ich .. «
Ganz so falsch schien es nicht gewesen zu sein, denn damit konnte Magnus wenigstens etwas anfangen.
»Du meinst Londinium? Sogar deine Sprechweise ist eigenartig. Und das ist auch nicht mehr als eine verteufelte Lüge; Londinium ist vor ein paar Monaten niedergebrannt.
Du bist ein britischer Spion, das wird es sein!«
»Ich bin kein Spion«, erreiferte sich Shain schnell. Denn was ein Spion war, wusste er nur zu gut. Und als einer geschimpft zu werden, bedeutete Ärger. Grenzenlosen Ärger. Den er sich im Moment so gut wie ersparen wollte.
»Was bist du dann, außer einem Bündel Fetzen?«
Shain fielen keine Argumente ein, wie er Magnus besänftigen sollte. Er konnte ihm schlecht seine wahre Identität enthüllen. Dann würde er schneller unter der Erde landen, als ihm lieb war. Er hatte es geschafft bis jetzt zu überleben; Hatte seine vernichtende Vergangenheit hinter sich gelassen, die sowieso schon viel zu viele Narben hinterlassen hatte - physisch als auch psychisch. Und nun musste er sich mit einem Kerl rumschlagen, der sich für die größte Herrlichkeit der Welt hielt. Der eine Wahrheit forderte, die ihn nicht im geringsten etwas anging. Gut, er war von jetzt an der Sklave dieses Mannes. Aber das hieß noch lange nicht, dass er ihm alles offenbaren musste. Was er eh niemals gedachte zu tun!
»Zieht ihm die häßlichen Fetzen aus!«, befahl der Römer den Frauen, die sich am Torbogen platziert hatten, um nicht im Weg zu stehen.
Nun versuchten sie Shain die engen Hosen und das lockere Hemd auszuziehen. Damit ganz und gar nicht einverstanden, setzte er sich zur Wehr. Schon allein weil es sich um Frauen handelte. Als die beiden ihre Unterlegenheit einsehen mussten, legte die große Frau ihre Handtücher ab und kam ihnen zu Hilfe. Shain floh über die Fliesen ans andere Ende des Raumes, weil er die Frauen nicht verletzen wollte. Schließlich führten sie auch nur Befehle aus und konnten nichts dafür. Doch sein Stolz sträubte sich erheblich dagegen von Frauen ausgezogen zu werden. Lieber tat er es allein.
Aus den Augenwinkeln beobachtete Shain, wie Seda die Peitsche aus seinem Gürtel nahm und entschlossen auf ihn zuging.
Shains Augen blitzten gefährlich auf. Das dunkle Braun wurde zu einem abgrundtiefen Schwarz in dem ein bedrohliches Feuer loderte. Doch nur für einen kurzen Augenblick, dann erinnerte er sich an sein Versprechen und seine Augen wurden wieder normal.
Im gleichen Moment sauste die Peitsche mit einem lauten Knall auf seinen Rücken. Die Wucht des Schlages zwang ihn in die Knie und die getroffene Stelle brannte wie flüssiges Feuer.
»Ist die Peitsche das einzige Mittel, mit dem ihr euch Menschen unterwürfig machen könnt?«, stieß er verächtlich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Dafür folgte ein zweiter Schlag, der ihn zwang die Zähne zusammen zu beißen, um nicht vor Schmerz zu Schreien.
Die Worte schienen Marcus Magnus zu amüsieren. Er grinste verhalten.
»Nein. Es ist nicht das einzige Mittel, nur das Wirksamste.«
Shains Entsetzen hielt sich in Grenzen. Konnte er sich doch noch genau an die glühenden Kristallketten erinnern, die ihn gefügig machen sollten. Da waren Peitschenhiebe noch das kleinere Übel, auch wenn sie fast genauso sehr weh taten.
Inzwischen hatten die Frauen ihn an die Wand gedrängt und begannen ihm die Kleider auszuziehen, was sich bei den enganliegenden Hosen als ziemlich schwierig erwies, denn damit kannten sie sich nicht aus. So stand er nur in denselbigen da und wurde angestarrt.
Magnus blickte Seda an und zuckte mit den Schultern. »Muss wohl eine neue Erfindung der Briten sein. Zieht es aus.«
Nach etlichem Gestoße und Geziehe ging Shain nun auch seiner Hosen verlustig. Ebenso wie dem schmutzigen dunklen Kopftuch, das sich durch die ruppigen Bewegungen der Skavinnen gelockert hatte.
Magnus wurde Zeuge einer Veränderung, die ihm glatt die Sprache verschlug.
Sowie die häßliche braune Kopfbedeckung verschwunden war, floss dem jungen Mann ein seidiger blutroter Wasserfall glatter Haare über den fein geschwungenen Rücken, der einem unheilverkündendem Inferno gleich kam. Die sonnengebräunte Haut schimmerte anmutend, während darunter durchtrainierte Muskeln zuckten.
Oh ja, ohne diese dreckigen Kleidungstücke wirkte der Sklave eher wie ein gebieterischer Herrscher. Der breite Oberkörper strotzte nur so vor Kraft, lief über einen Waschbrettbauch in einer schmalen Hüfte aus, die er wahrscheinlich ohne Mühe mit beiden Händen umschlingen konnte. Das wunderschöne, kräftige Hinterteil lief in ebenso muskulösen und doch schlanken Beinen aus, die enorme Sprungkraft versprachen.
Allerdings störten die zwei langen dunklen Striemen auf den Schulterblättern und vereinzelte Narben auf der goldschimmernden Haut, die von ziemlich tiefen Wunden stammen mussten das perfekte Bild.
Marcus wusste sofort, dass es sich bei diesem Sklaven, der sich ihm so bereitwillig übergeben hatte, um etwas Besonderes handelte. Er wirkte wie eine Erscheinung, die nicht wirklich existierte. Vor allem das dunkelrot schimmernde Haar war ein Wunder für sich. Er hatte noch nie einen Menschen mit solch einer Haarfarbe gesehen, geschweige denn mit solch dunklen Augen, die anscheinend je nach Gemütszustand ihre Farbe wechselten.
Magnus räusperte sich und warf einen letzten Blick auf den Rothaarigen.
»Badet ihn und bringt ihn in meine Gemächer. Ab heute dient er als mein persönlicher Sklave!«
Daraufhin verließ er mit großen Schritten die Marmorvilla, um sein Privatbecken im Garten auf zu suchen, wo er den Dieb erwischt hatte.
Shain starrte Seda verachtungsvoll an.
»Sei froh! Dem Herrn hat dein Körper gefallen. Das hat dir dein Leben gerettet ... vorläufig«, fauchte der Sklavenaufseher bissig. Eindeutig nicht zufrieden mit dem Befehl seines Herrn, denn der war ein Soldat mit wenig Interesse an übermäßigem Luxus.
Shain fühlte sich ohne die Kleider verletzlich. Obwohl sein letzter Peiniger ihn mit bestialischer Freude entwürdigt und gedemütigt hatte, war ihm die jetzige Blöße peinlich. Er ließ dies jedoch mit keinem Wort verlauten.
Dann sagte Seda zu einer der Frauen: »Geh und hol eine Badesklavin; oder besser gleich zwei! Dem Kerl ist nicht zu trauen.« Dabei musterte er Shain unaufhörlich mit wachsamen Blick.
Sekunden nachdem die Dienerinnen gegangen waren , betraten zwei gut durchtrainierte Mädchen den Raum.
Das Haar trugen sie kurz geschoren und sie waren in zwei kurze weiße Tuniken und einfache Sandalen gekleidet.
»Badet den Sklaven und bringt ihn anschließend zu mir«, orderte der Sklavenaufseher.
Shain sagte gar nichts, blitzte seinen Gegner nur mit undefinierbarem Ausdruck in den dunklen Augen an.
Seda seufzte, bevor er einen Schritt auf Shain zutrat und ruhig sagte: »Pass auf! Es ist einfacher, wenn wir beide zu einem Einvernehmen kommen. Rein Instinktiv würde ich dir zu Anfang ein paar Peitschenhiebe verpassen, damit du auch deine Stellung anerkennst und es später keine Probleme gibt. Meine Position in diesem Hause ist gesichert, mein Wort gilt als Gesetz und jeder unter mir wird diszipliniert. Der Haushalt läuft wie flüssiger Wachs, was heißt, dass das auch so bleiben soll, weil es der Wunsch des Generals ist.
Ergo solltest du dich mit deinem Schicksal abfinden.
Ich halte dich für eine Person mit scharfem Verstand, weshalb du meinen gut gemeinten Rat akzeptieren solltest. Ist das klar genug gewesen?«
Wieder bekam Seda keine Antwort, nur ein ruhiger, nichtssagender Blick streifte ihn.
Kopfschüttelnd trat er zurück, konnte nicht verstehen, wieso dieser rätselhafte Mann keinen Ton verlauten ließ, warum er sich so sehr verschloss, in sich selbst zurück zog und damit eine eisige Kälte ohnegleichen ausstrahlte.
Somit wertete er das als stilles Einverständnis und bedeutete den Badesklavinnen ihn fort zu führen.
Auf der anderen Seite kochte eine unbeschreibliche Wut in Shain. Als wenn es nicht schon erniedrigend genug gewesen wäre, von allen so angestarrt und von Frauen entkleidet zu werden, nein! Jetzt musste er sich auch noch von weiblichen Dienerinnen waschen lassen!
Doch er hatte sein glühendes Temperament hinter einer ausdruckslosen Maske gerade noch verbergen können. Den Skavenaufseher verstand er mehr als gut. Sklaverei konnte schreckliche Ausmaße annehmen. Kein Wunder weshalb Menschen sich untergaben, wenn sie einmal in den Geschmack kamen.
Unterdessen registrierte Shain unterbewusst, dass sie nicht in die Richtung gingen, in der der General verschwunden war. Natürlich! Shain wusste nur zu gut, wo er war. In dem idyllischen Becken, im Garten. Ein ausdrucksloses Lächeln spielte um seine Mundwinkel, als er durch einen weiteren hohen Torbogen, der durch eine Art Plane verhängt war, in einen nicht sonderlich großen, makellos Weiß ausgefließten Raum geführt wurde.
Zwischen dem dichten Dampf schimmerten ihm türkise Badebecken entgegen und Shain sog die angenehme feuchte Luft tief in seine Lungen. Irgendwie erinnerte ihn das an zu Hause, auch wenn es das nicht wirklich gewesen war. Trotzdem, in seiner Welt gab es keine trockene Luft.
Auf Shain wirkte das dampfende Wasser nach so langer Zeit sehr einladend.
»Ich bade selbst!«, sagte er schroff und abweisend, während er die Stufen zum Becken herabstieg.
Den skeptischen Blick der Badesklavinnen spürte er im Rücken, beachtete das jedoch nicht weiter. Erst als eine der Beiden etwas ins Wasser schüttete, fauchte er sie misstrauisch an.
»_Was_ war _das_?«
Seine dunklen Iriden durchbohrten die Frau regelrecht, weswegen diese erschrocken einen Schritt zurück trat und fast den kleinen blauschimmernden Glasflakon fallen ließ.
»Z-zedernholz Badeöl ..«
Der komische Geruch störte seinen empfindlichen Geruchssinn, weswegen er sich mit dem Waschen beeilte. Glücklicherweise hatten sich die Frauen nicht in das angenehme Nass getraut, sondern warteten mit einem enormen Handtuch am Beckenrand, mit dem sie ihm die tropfnassen Haare so lange rieben, bis es eine Masse feuchter Locken war.
Energeisch wehrte er sich dagegen, musste es sich letztendlich aber doch gefallen lassen.
Eilig wurde er in einen anderen Raum geführt. Selbst hier bestand der Boden aus einem kunstvollen, vielfarbigen Mosaik und die Wände waren aus Kontrastgründen cremefarben. Fakeln, die in Halterungen in den jeweiligen Ecken des Raumes steckten, tauchten die Umgebung in ein mattes Licht.
Dann wurde ihm bedeutet sich zu setzen. Selbst der Stuhl mutete wie ein Thron an. Shain musste einfach die wundervollen Verschnörkelungen bewundern. Dann fiel sein Blick auf den hochragenden Spiegel, der aus purem Silber bestand. In seiner Welt wäre so etwas unbezahlbar und wenn, dann besaßen es sowieso nur die Fürsten.
Nebenbei beschäftigten sich die Badesklavinnen mit dem langen rotglänzenden Haar, bürsteten und trockneten es mit heißen Zangen, sodass einige glatte Strähnen seidig das stolze Gesicht umrahmten. Der Rest fiel ihm glänzend über Schultern und Rücken, bis zur Taille.
Zu guter Letzt erschien Seda mit einer weißsilbrigen Toga, deren Stoffenden mit kunstvollen Stickereien besetzt waren.
Auf der Haut fühlte sich der Stoff angenehm kühl an und Shain schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dann bedeutete Seda ihm auch schon zu gehen.
Zielsicher wurde er eine breite Marmortreppe hinauf geführt, in den ersten Stock der Villa und in ein großes Gemach.
»Der General hat eine Besprechung mit seinem Bruder. Demzufolge wird er erst in einigen Stunden nach Hause kommen. Also ruh dich aus, solange du noch Zeit dazu hast.«
Shain dachte sich seinen Teil zu dem Ratschlag, der sicher nicht beruhigend wirken sollte.
1
Marcus Magnus war nicht wirklich begeistert davon, den Abend mit seinem Bruder zu verbringen. Er mochte ihn nicht besonders, hatte noch nie so richtige Sympathie für ihn aufbringen können. Doch nun, da die Legion des Jüngeren hierher abkommandiert worden war, um sich einem neuen Ausbildungstraining zu unterziehen, musste er sich wohl oder übel ein wenig mit diesem auseinander setzen, um nicht unhöflich zu erscheinen.
Pecius erwartete den General schon im Atrium und hieß ihn sofort herzlich willkommen. Marcus seinerseits war ebenfalls überrascht.
»Beim Jupiter, Pecius! Du hast dich ganz schön verändert. Nichts hat mehr Ähnlichkeit mit dem Siebzehnjährigen, den ich damals in Rom zurück ließ.«
Pecius hatte den gleichen Weg wie sein Bruder eingeschlagen. Er hatte zwar nicht die beeindruckende Größe und Muskelkraft, doch das machte er an Härte wett, was ihm bereits den Aufstieg zum Kohortenzenturio ermöglicht hatte.
Das Einzige was ihn störte, war sein hübsches Gesicht. Am liebsten hätte er mit dem seines Bruders getauscht, das finster und ausdrucksvoll anmutete.
Durch die leicht gekrümmte Nase und die markanten Gesichtszüge wirkte er hart, gefährlich und unbesiegbar, was die Narbe, die von der Schläfe bis zur Wange reichte noch unterstrich.
Und Pecius beneidete seinen Bruder um einfach alles! Genauso sah es mit der riesigen Villa aus, die fast ebenso groß und eindrucksvoll war wie die ihres Vaters in Rom.
Da es bereits Nacht war, funkelten durch die Kuppel des Atriums helle Sterne. Mittig stand ein verschnörkelter Brunnen, in dem sich Goldfische zwischen sattgrünen Wasserpflanzen tummelten.
Schließlich betraten sie einen Raum, der vollkommen in Weiß und Gold gehalten war. Aufragende Marmorsäulen säumten die Wände, während weiße Marmortische zwischen eleganten Eßliegen standen, auf denen wiederum weiße und goldene Kisschen ihren Platz fanden und die feine Eleganz noch unterstrichen.
»Großartig! Einfach klasse!«, staunte Pecius und konnte sich des Neides nicht erwehren, der plötzlich in ihm aufstieg, wollte sich dies jedoch nicht anmerken lassen.
Deswegen ließ er weitere Fragen beiseite. Aber eines interessierte ihn doch.
»Wieviele Sklaven besitzt du?«
»Ein paar schon«, erwiderte Marcus abwinkend, denn er wollte vor seinem Bruder nicht herumprahlen. Dieser ließ die Sache aber nicht auf sich beruhen.
»Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst. Ich besitze Hunderte. Größtenteils Gefangene aus verschiedenen Ländern. Schon allein der vierjährige Krieg hier in Britannia ergab im Laufe der Zeit eine Menge Sklaven. Außerdem können aus damaligen Gegnern Verbündete werden.«
»Gefangene, pah! Der Sinn einer Schlacht besteht darin, sein Schwert mit dem Blut des Feindes zu tränken. Feinde Roms sind es nicht wert weiter zu leben!«
»Nun, da bin ich anderer Meinung. Die Menschen lernen hier unter Anleitung wichtige Dinge, die ihnen im späteren Leben, wenn sie ihre Freiheit verdient haben, nützlich sind.«
»Freiheit??? Bruder, sag das ich mich verhört habe! Du schenkst diesen minderwertigen Kreaturen auch noch die Freiheit? Ich glaube es einfach nicht!«, empörte sich Pecius.
»Du solltest sie nach Rom schicken, wo sie in den Arenen gegen wilde Tiere kämpfen oder sich als Gladiatoren behaupten müssen! Na ja .. wenn sie dafür nicht zu gebrauchen sind, werden sie halt hingerichtet. Das ist schließlich auch eine große Attraktion, die ich sehr zu schätzen weiß.«
Angewidert wandte Marcus sich ab und wechselte nebenbei das Thema. Er wusste das Pecius blutrünstig war. Deswegen hatte er auch so eine steile Karriere beim Militär hingelegt.
Vielleicht war diese Einstellung bei ihm auch gar nicht so verkehrt. Schließlich würden in der nächsten Schlacht gegen die keltischen Stämme viel schlimmere und abschreckendere Bilder auf ihn zukommen, denn diese waren allesamt kalte Schlächter und sprangen nicht zimperlich mit ihren Feinden um.
»Wie geht es unserem Vater?«
»Gut. Wie soll es dem Alten schon gehen. Der hat seine riesige Villa und genauso wie du, Sklaven ohne Ende.«
Jetzt war der Neid deutlich aus Pecuis Tonfall heraus zu hören und Marcus beäugte ihn skeptisch.
Der Kleinere fing sich jedoch schnell wieder und unterhielt seinen Bruder mit den neuesten Nachrichten aus Rom. Wie sehr es sich verändert hatte und über die spektakulären Unterhaltungen, die aus Bärenjagden bestanden, die durch den glorreichen Nero in allen Stadtteilen ermöglicht wurden und nicht mehr nur in den Arenen stattfanden.
Die Vergötterung für diesen Mann triefte nur so in Pecius Worten und Marcus beherrschte sich einen Kommentars.
»Mich interessieren nur die Wagenrennen im Circus Maximus. Ja, ich würde sogar gerne einmal selbst daran teilnehmen«, antwortete er stattdessen.
Pecius konnte es nicht lassen und musste seinem Bruder Zucker um den Mund schmieren.
»Dann bräuchte kein anderer mitmachen. Du würdest sowieso gewinnen. Dein Können hast du schließlich heute unter Beweis gestellt.«
Das Kompliment kam für Marcus vollkommen unerwartet.
»Pecius, du weißt nicht, was du da redest! Die Briten sind viel bessere Wagenlenker. Mein ganzes Wissen beruht auf ihrer Technik.«
Damit gab sich der Braunhaarige nicht zufrieden.
»Mag schon sein. Aber es muss doch einen Grund geben, warum sie besser als die Römer sind.«
»Ja, den gibt es. Meines Erachtens liegt es daran, dass sie immer noch Streitwagen für die Kriegsführung benutzen. Für unsere Fußsoldaten sind sie zu schnell, was uns nur Verluste einbringt. Wir begingen einen Fehler, als wir es damals aufgaben. Aber das ist meine Meinung. Jeder Mensch denkt anders darüber.«
Inzwischen hatten sie sich auf den Liegen niedergelassen und das Essen war in vollem Gange. Die Unterhaltung drehte sich noch um einige Dinge über Britannien, dann wurde abgeräumt und der Wein serviert.
Währenddessen stiegt in Pecius wieder der altbekannte Neid hoch. Er konnte sich kaum wieder einkriegen, als er die edelsteinbesetzten Kelche erblickte. In den Rubinen brach sich funkelnd das Licht und das glänzende Gold reflektierte jeden einzelnen Lichtstrahl auf´s Genaueste.
Marcus Laune sank rapide, als er hörte, wo Pecius heute noch mit ihm hin wollte.
Nicht schon genug, dass er ein Theater mit seinem jüngeren Bruder besuchen musste, nein!
»Sag mal, gibt es auch ein Bordell, in dem man die Dienste eines Mädchens _und_ eines Jungen in Anspruch nehmen kann?«
Bei der Frage rollte Marcus mit den Augen. Sein Bruder war doch wirklich das Allerletzte.
Er wäre tausendmal lieber zu Hause geblieben.
Das war jedoch nicht mehr möglich und so zog er mit dem Branhaarigen von dannen.
2
Shain stand unschlüssig in dem großen Raum. So etwas enorm Riesiges hatte er bisher nur einmal gesehen. Das Zimmer musste den größten Teil des oberen Stockwerks einnehmen.
Die Fenster waren zu seiner Überraschung mit dunkelgrünen Seidenvorhängen umrahmt und sie bestanden aus Glas.
Eine äußerste Seltenheit in dieser Welt, wenn man die Entwicklung aus seiner Sicht betrachtete. An der Wand, rechts von der Tür befand sich ein Kamin aus schwarzem Marmor und dezenten Goldeinwirkungen, darüber befand sich ein langgestrecktes Fresko, das die gesamte Fläche beanspruchte.
Beim näher treten, erkannte Shain, dass die abgebildeten Körper allesamt nackt dargestellt waren, konnte aber sonst nichts weiter damit anfangen.
Für seinen Geschmack waren die Frauen alle zu übertrieben gezeigt. Sie waren grobschlächtig und überhaupt nicht zierlich. Brüste und Schenkel waren zu dick. Bei den Männern gab es nur wenige Unterschiede. Überbetonte Muskeln prangten an Armen und Beinen und ließen die Gestalten zu überladen aussehen, fast obzön.
Kopfschüttelnd wandte er sich von dem Bildnis ab.
Das Bett, in der Mitte des Raumes war massiv und man musste drei Stufen bewältigen, um hinein zu gelangen. An den vier Ecken ragten die typischen römischen Säulen bis zur Decke und liefen in elegant gewundenen Widderhörnern aus.
Durch die enorme Breite und Länge dominierte das Bett den Raum vollkommen.
Auch die vielen kleinen Kissen in dunkelrot, schwarz und gold konnten durch ihre Niedlichkeit die Übermacht nicht mindern. Zudem bedeckten weichschimmernde Tierfelle die Lagerstatt und Shain drehte dem Bild absichtlich den Rücken zu.
Stattdessen ging er zum Fenster und öffnete es weit, atmete tief die frische kühle Luft ein.
Da die Fensterbank fast einen Meter breit war, rollte er sich darauf zusammen und betrachtete die funkelnden Sterne, die den samtschwarzen Himmel wie glitzernde Perlen überzogen.
Ein wehmütiges Seufzen bahnte sich den Weg über seine Lippen. Wie gerne würde er jetzt auf den grünen Hügeln sitzen, das kühle Gras unter seinem Rücken spüren und den angenehmen Duft des Waldwindes riechen.
Er vermisste seine Freiheit schon nach diesem einen Tag, lechzte danach wie ein Verdurstender nach Wasser. Die einsame Träne auf seiner Wange bemerkte er erst, als der nächtliche Wind sanft über sein Gesicht strich und die Spur kühlte.
In jedem anderen Moment hätte er sich für solch eine Schwäche gehasst, aber diesmal ignorierte er es.
»Freiheit ... «, hauchte er in die Nacht hinaus und schlief mit dem Gedanken daran ein.
3
Marcus wusste selbst nicht wie er das abscheuliche Theaterstück überstanden hatte. Doch der schlimmste Teil des Abend sollte noch folgen. Einer seiner Zweispänner brachte sie gerade in die heruntergekommenste Gegend der Stadt.
Dann fing Pecius auch schon wieder an von Rom zu reden. Wie schön es doch dort war und das es um den Circus Maximus nur so von Freudenhäusern wimmelte.
Gähnend ließ Marcus den Vortrag über sich ergehen. Für ihn verlor das bezaubernde Flair Roms immer mehr an Glanz. Die ganze Stadt bestand, den Erzählungen nach, nur aus Spielen und Prostitution und er dankte den Göttern dafür, dass sie hier noch weitestgehend davon verschont geblieben waren.
Mit einem aufgesetzten Lächeln meinte er: »Gute Nacht, Bruder. Geh und amüsier dich. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste und der Morgen ist schon nah!«
Der Kleinere nahm das mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis und Marcus war froh, dass er sich keinen dummen Spruch anzuhören brauchte.
Ohne große Zurückhaltung betrat er sein Gemach. Seine mächtige Gestalt füllte den Türrahmen nahezu vollständig aus und sein überschatteter, dadurch finster wirkender Blick schaute sich suchend im Raum um.
Als er den neuen Sklaven nicht entdeckte, wollte er schon verärgert nach Seda brüllen. Da fiel ihm das offene Fenster auf. Die seidenen Vorhänge umspielten dasselbige in anmutigen Wellen, ließen sich von dem seichten Wind wie durch magische Hand führen.
Erstaunt durchschritt Marcus das Zimmer und sog überrascht die Luft ein, als er den rothaarigen Sklaven auf der schmalen Fensterbank liegen sah. Dieser hatte sich, nur mit der dünnen Toga bekleidet, darauf zusammengerollt, was ihn zugegebenermaßen erstaunte. Immerhin war der neue Sklave nicht unbedingt zierlich und nur ein wenig kleiner als er selbst. Zuerst spielte er mit dem Gedanken ihn aufzuwecken, aber da er kein Unmensch war, entschied er sich doch dagegen und trat einen Schritt näher an die Fensterbank, wo er das entspannt wirkende Gesicht einen Augenblick eingehender musterte, bevor er zurückhaltend über den entblößten Arm strich. Augenblicklich erschrak Marcus, als er die kalte Haut unter den Fingern spürte.
Der Kleine holte sich noch den Tod. Deswegen hob er ihn umsichtig auf die Arme und trug ihn zum Bett, wobei er sich ebenfalls über die Leichtigkeit des sehnigen Körpers wunderte. Das konnte doch nicht normal sein!
Vorsichtig bettete er den immer noch schlafenden jungen Mann auf die weichen Felle und zog ein Extradickes über ihn. Daraufhin entkam ein leises Seufzen den halb geöffneten Lippen und Marcus musste schmunzeln.
Danach entkleidete er sich schnell und schlüpfte gänzlich nackt unter die weichen Felle des großen Sockelbettes. Nachdenklich verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und sinnierte über den seltsamen Rothaarigen, den Blick gen Decke gerichtet, ohne wirklich etwas wahrzunehmen.
Einerseits machten die roten Haare den Dieb schon zu etwas Außergewöhnlichem. Aber andererseits waren seine Augen noch um einiges interessanter. Das kurze gefährliche Glühen am Morgen im Garten und danach, als Seda nach der Peitsche gegriffen hatte, waren ihm nicht entgangen. Diese Augen, die dort zum Vorschein gekommen waren, hatten viel Hass und gleichzeitig auch Leid gezeigt. Außerdem wirkten sie in dem Moment sehr alt ...
In Gedanken versunken holte ihn nun endlich der Schlaf ein.
4
Am nächsten Morgen erwachte Marcus, weil ihm unglaublich warm war. Mit geschlossenen Augen wollte er ungeduldig die heizenden Felle beiseite schieben, als seine Hand einen warmen Arm streifte, der auf keinen Fall ihm gehörte.
Alarmiert riss er die Augen auf und beruhigte sich sofort wieder, während er erleichtert den Kopf zurück in die Kissen fallen ließ. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Wer hätte das gedacht? Der neue Sklave lag halb auf ihm und hatte den Kopf in seine Halsbeuge gebettet. Marcus´ war jetzt klar, warum sein Körper _derartig_ reagierte. Er war erregt und das nicht wenig, denn bei dem engen Körperkontakt stellte das keine große Schwierigkeit dar.
Da er den einmahligen Augenblick nicht zerstören wollte, blieb er noch eine Weile so liegen und betrachtete ungeniert die feinen Gesichtzüge seiner süßen Last.
Wie schon am Vorabend bewunderte er die ebenmäßigen Züge, die nun entspannt und weich wirkten. Die sinnlichen Lippen waren einen winzigen Spalt geöffnet, was ihnen einen feinen Schwung verlieh. Selbst die hohen Wangenknochen und die stolze Nase taten dem anmutigen Bild keinen Abbruch. Für einen Mann jedoch gänzlich ungewöhnlich waren die langen, dichten Wimpern, die auf der sonnengebräunten Haut gar nicht so richtig auffielen.
Fasziniert strich Marcus eine rote Strähne bei Seite, die sich auf seinen Bauch verirrt hatte und wollte gerade mit der gleichen Hand über den kräftigen Arm des Kleineren streichen, als dieser plötzlich die Augen aufschlug.
Eine Sekunde lang schienen sie die Situation einzuordnen, bevor der Rothaarige sich abrupt aufsetzte und aus dem Bett sprang.
Mit einem giftigen Blick musterte er das Bett, in dem Marcus sich nach wie vor befand.
»Wie bin ich dort hin gekommen?«, forderte Shain zu wissen und zeigte gleichzeitig auf die Bettstatt. Marcus musste innerlich Grinsen, obwohl er den Tonfall eindeutig nicht guthieß, indem sein Sklave mit ihm redete.
Die dunklen Augen sprühten vor Temperament und das wollte er sich keinesfalls entgehen lassen. Behände sprang er ebenfalls aus den Fellen und baute sich nackt wie er war vor seinem Untergebenen auf.
Shain wich keinen Schritt von seinem Platz, doch er konnte nicht leugnen, dass er sich ein wenig fürchtete. Für seine Abstammung war er schon ziemlich groß, aber Magnus überragte ihn gnadenlos und starrte mit finsterem Blick auf ihn herab.
Shain starrte kampflustig zurück. Er würde sich nicht als Bettsklave misbrauchen lassen! Niemals! Ihm hatten die damaligen Vergewaltigungen gereicht. Nie im Leben würde er sich so etwas noch mal antun lassen. Denn jetzt war er körperlich in der Lage sich zu verteidigen.
Marcus bemerkte die schwankenden Emotionen und seine Miene wurde sanfter. An was auch immer der Rothaarige gerade dachte. Damit war nicht zu spaßen, denn seine dunklen Augen spiegelten unwiederruflichen Hass.
Beruhigend streckte er eine Hand aus, um den anderen zu beruhigen. Shain erschrak und interpretierte die gut gemeinte Geste als Bedrohung.
»Fasst mich nicht an!«, fauchte er unumwunden und schlug Marcus` Arm weg, während er unruhig zurückwich.
In Marcus stieg Zorn auf. Auch gut! Wenn dieser Sklave dachte etwas Besseres zu sein und seine Gutmütigkeit nicht annehmen wollte, sollte er doch. Es gab verschiedene Mittel sich einen Sklaven gefügig zu machen.
Außerdem musste es einen Grund für diese Überreaktion geben und Marcus war fest entschlossen eben diesen herauszufinden.
Shain registrierte den plötzlichen Zorn des Generals, kniete sich vor ihn, dessen Blöße missachted und drehte den Kopf zur Seite, um seiner Unterwürfigkeit Ausdruck zu verleihen. Diese Geste kostete ihn einiges an Stolz. Hart biss er sich auf die Zunge, um sich zum sitzen bleiben zu zwingen. Er wollte den General milde stimmen. Denn wer wusste schon, was dieser ihm antun würde, wenn Shain ihn richtig wütend machte.
»Verzeiht, Herr. Es tut mir leid«, brachte er mit leiser Stimme hervor.
Marcus war mehr als verwirrt.
»Steh auf!«, befahl er deswegen schroff.
Umgehend folgte Shain dem Befehl, hielt den Blick jedoch starr auf die breite Brust seines Gegenübers gerichtet, sodass ein paar Strähnen des roten Haares sein Gesicht verdeckten. Wie er Befehle hasste! Was kam wohl als nächstes? Ein Schlag ins Gesicht für seine Unverschämtheit? Oder doch lieber ein paar Peitschenhiebe, um ihn in seine Schranken zu weisen und ihm zu zeigen, dass er nichts wert war? Abschaum eben, der weder das Wort noch die Hand gegen einen so aufgeplusterten Kerl erheben durfte, ohne mit einer saftigen Strafe bedacht zu werden.
»Kleide mich an! Aber beeil dich!«, forderte der Schwarzhaarige ihn scharf auf.
Über diese Anweisung überrascht, sah Shain geradwegs hoch. Wie jetzt? Sollte er sich getäuscht haben? Ging sein neuer Herr etwa ehrenvoll mit Sklaven um, behandelte sie nicht wie den letzten Dreck? Oder hatte er momentan keine Zeit ihn zu bestrafen und würde es später nachholen? Diese und ähnliche Fragen schossen Shain durch den Kopf. Damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet.
»Wie ihr wünscht«, meinte er nach kurzem Zögern hastig, drehte sich schnell weg und suchte nach Kleidungsstücken. So richtig hatte er keine Ahnung von der Kleidungsordnung. Die Menschen trugen solche seltsamen, luftigen Leinenlaken, die sie Toga oder Tunika nannten. Hosen und Hemden waren ihnen jedenfalls vollkommen fremd.
Marcus erkannte die Ahnungslosigkeit seines neuen Sklaven und zog es letztendlich vor, sich selbst anzukleiden. Dabei beobachtete ihn Shain genaustens und kam nicht umhin den wohl proportionierten Körper zu bewundern. Anders als auf dem Fresko wirkten die Muskeln nicht übertrieben, sondern einfach nur beeindruckend.
/Beeindruckend? Sag mal Shain, jetzt spinnst du doch total/, schalt er sich selbst und blickte zu Boden. /Du siehst fast genauso aus! Und was soll daran bitte beeindruckend sein?/
»Ruf nach Seda! Er wird dir heute zeigen was du tun kannst, solange ich weg bin.«
Marcus legte sich gerade die Schienbeinschützer an und schlüpfte in die widerstandfähigen Sandalen. Dabei bemerkte er wohl den anerkennenden Blick des anderen.
Shain hingegen war dankbar für die Ablenkung und tat wie ihm geheißen. Keine Minute später tauchte der Sklavenaufseher vor ihm auf, musterte ihn mit prüfendem Blick.
Dann trat der General hinter Shain.
»Erklär ihm seine Aufgaben, die er zu erledigen hat solange ich nicht ihm Hause bin!«
Der Befehl fiel kurz und knapp aus und war das Letzte was Shain an diesem Morgen von seinem Herrn hörte.
Ende Teil 1
Tja ... so is das eben. Ich muss sagen, ich find den Cliffhanger eigentlich noch ziemlich human.
Ihr nicht??? *breit grins*
Natürlich nicht! Ich reg mich auch immer auf, wenn irgendwas zu Ende ist.
Aber keine Angst ... ich beeil mich ja mit weiter schreiben.
Bis dahin ... sagt mir, ob´s euch gefällt. Wenn nicht ... naja ..
Is vielleicht nicht jeder(manns!) Geschmack.
Bye
/ dreh dich um und ich kill dich ../ => Gedachtes
( .. man kann nicht alles haben .. ^-^v) => dumme Bemerkung des Autors
// Warum ? // => Shains Telepathie
Soo, erstmal zu den Charakteren, damit ihr eine ungefähre Vorstellung habt.
Name: Marcus Magnus
Alter: 32 Jahre
Aussehen
Haare: schwarz (solang, dass sie ihm in die Stirn fallen)
Augen: grün
Größe/Gewicht: 1,86m/85kg
Sternzeichen: Widder
Charakter: Er ist ein Mensch mit sehr großem Selbstbewusstsein
und Selbstvertrauen. Seinen Befehlen ist stets Folge zu leisten,
denn er kann es nicht ausstehen, wenn sich ihm jemand wiedersetzt.
Er hat ein hitziges Temperament; Stimmungen schlagen bei ihm
sehr schnell um.
Nach außen hin scheint er arrogant und annahbar, doch lernt
man ihn erst einmal richtig kennen, merkt man, dass er sich
über viele Dinge Gedanken macht und auch sehr einfühlsam
sein kann.
Was er einmal besitzt, gibt er nicht so schnell wieder her.
Hat er etwas lieb gewonnen, verteidigt er es mit allen Mitteln.
Außerdem verabscheut er sinnloses Töten.
Sonstiges: Marcus kommt aus einer wohlhabenden und
angesehenen römischen Familie. Jedoch ruht er sich nicht
auf dem Vermögen seiner Eltern aus, sondern hat sich ein
eigenes Leben aufgebraut. Wie die meisten Römer begann
er eine Militärlaufbahn und war in einigen Schlachten sehr
erfolgreich, sodass er zum General aufstieg. Gleich danach
wurde er nach Britannia gesandt, um dort die aufständischen
Stämme zu besiegen und dem römischen Reich Untertan zu
machen.
* * * * *
Name: Shain
Alter: ?
Aussehen
Haare: feuerrot, hüftlang
Augen: dunkelbraun
Größe/Gewicht: 1,83m/77kg
Sternzeichen: Schütze
Besonderheit: Seine Augenfarbe wird schwarz, wenn er wütend oder
erregt ist. Hat auf dem Rücken zwei Striemen in Höhe der Schulterblätter.
Charakter: Aufgrund schlechter Erfahrungen ist Shain in
allem was er tut sehr vorsichtig. Den Menschen steht er mit
gewaltigem Misstrauen gegenüber. Wenn er überhaupt mit
jemandem spricht, dann nur herablassend, oder wenn es
unvermeidbar ist. Da er seine Vergangenheit hasst und am
liebsten vergessen würde, ist er nicht gut darauf zu sprechen.
Er baut nur sehr langsam Vertrauen auf; Sein Vertrauen
muss man sich erst verdienen. Enttäuschungen nimmt
er sich sehr zu Herzen und wenn ihn jemand verletzt,
begegnet er diesem mit Hass und bitterem Sarkasmus.
(wenn er denjenigen nicht vorher umbringt)
Außerdem hasst er es Befehle erteilt zu bekommen und diese
ausführen zu müssen. Obendrein gibt er sich sehr arrogant,
betrachtet andere als minderwertig, bis sie sich in seinen Augen
Respekt verdient haben. Er ist nur unterwürfig, wenn er keine
andere Wahl hat. Knackt man jedoch seine harte Schale, merkt
man, dass er hinter der Maske aus Eis sehr verletzlich ist.
Sonstiges: bleibt erstmal geheim. Kann euch ja nicht alles verraten,
dann ist die ganze Spannung dahin ...
Chapter 1 the strange thief
Britannia; Aquae Sulis (Heute als Bath bekannt)
Eine kleine Gestalt schlich sich an den Wachen auf der breiten Mauer ungesehen vorbei und landete mit einem leichten Sprung in dem schönsten Garten, den er je zu Gesicht bekommen hatte. Die verschiedensten Bäume standen an der Mauer entlang und die saftigen grünen Blätter glänzten durch den noch frischen Tau in der warmen Morgensonne.
Der Rasen war mit vielen bunten Blumen übersäht, mutete wie ein übersinnlicher Teppich an, auf dem man ewige Erholung finden konnte. Hie und da wuchsen ebenfalls kleine Bäume und Sträucher und gaben dem Ganzen etwas wildes, ungezügeltes.
Leisen Schrittes schlich er weiter, bewegte sich raubkatzenartig hinter den Büschen und entdeckte einen idylischen kleinen Teich, der mit vielen Verzierungen und Ornamenten, die aus Blumen bestanden, an die Marmorwand angepasst war. Doch die wirkte keineswegs unpassend, sondern unterstrich noch die Einzigartigkeit des Fleckchens.
Aus derselbigen ragten engelsähnliche Gestalten, die stetig Wasser in das wunderschöne Becken rieseln ließen.
Die Oberfläche kräuselte sich und winzige Wellen des tiefblauen Wassers, rauschten besonnen auf den Rand zu, der sie herrisch wieder zurückwarf.
Fasziniert beobachtete er das Geschehen eine Weile, ehe er sich seufzend an seine Aufgabe erinnerte. Schnellst möglich pflückte die kindliche Gestalt die Früchte von den Bäumen, stopfte sie in den dafür vorgesehenen Sack und wollte sich gerade umdrehen, um zu verschwinden, als ein drohenden Knurren hinter ihm erklang.
Ertappt schwang er herum und starrte direkt in ein paar goldener Augen, registrierte im gleichen Moment die gefletschten Reißzähne des riesigen schwarzen Ungeheuers und erstarrte.
Er wollte schreien, doch kein Laut kam über seine Lippen. Inzwischen umkreiste ihn die furchteinflößende Katze, schnitt somit sämtliche Fluchtwege ab.
Panisch suchten die Augen des kleinen Geschöpfes nach einen Ausweg, tasteten die Mauer mit hektischem Blick ab und entdeckten eine Möglichkeit zu entfliehen.
Aber noch ehe der Junge die Flucht ergreifen konnte, erschien ein großer Mann im Garten, der nur mit einer weißen, goldgeränderten Toga bekleidet war. Mit schnellen Schritten setzte er auf die zitternde Gestalt zu und packte sie unsanft an dem abgerissenen Hemd.
»Sieh mal einer an. Ein Dieb, der bei einem Raubzug in den Fängen meines Haustieres landet.«
Die Stimme klang freundlich, doch der gefährliche Unterton war nicht zu überhören.
Ängstlich weiteten sich die Augen des Jungen.
»Wie heißt du?«, kam es fordernd und der Dieb zuckte zusammen, traute sich nicht die Frage unbeantwortet zu lassen.
»Juzu«, flüsterte er leise, kaum hörbar, aber der andere verstand es.
»Sieh mich an!« Ungehend leistete Juzu dem Befehl Folge, wünschte wenig später er hätte es nicht getan. Stechend grüne Augen bohrten sich in seine, sahen bis auf den Grund seiner Seele, so hatte er das Gefühl. Grenzenlose Furcht stieg in ihm auf und er begann unkontrolliert zu zittern.
Plötzlich endete der Blickkontakt abrupt und der Schwarzhaarige, der ihn gerade noch gehalten hatte, taumelte ein Stück zurück, ließ ihn dadurch los.
Erschrocken wandte sich Juzu der Mauer zu, wo er seinen Gefährten sah.
»LAUF ENDLICH; VERDAMMT NOCH MAL!!!« Der gebrüllte Befehl verfehlte seine Wirkung nicht. Juzu schüttelte die Starre von sich ab und rannte so schnell er konnte auf seinen Freund zu. /Gleich hab ich es geschafft .../, dachte er noch.
Doch kurz bevor er die rettende Mauer erreichen konnte, wurde er von etwas zurück gerissen. Scharfe Krallen bohrten sich in seinen Rücken, rissen ihm brennend den letzten Rest Stoff vom Leib.
Verwirrt schlug er auf den Boden auf, ohne zu bemerken was wirklich passiert war. Wenig später spürte er, wie er hoch gehoben wurde und sich kaltes Metall an seine Kehle presste.
»Keine Bewegung, oder das letzte Stündlein des Burschen hat geschlagen!«, zischte der Hausbesitzer gefährlich. Juzu erkannte in seiner Benommenheit die eisige Stimme hinter sich, dann glitt er vollkommen weg.
»Für gewöhnlich wiederhole ich mich nicht! Waffe weg!«
Die katzenhafte Gestalt die mit einem Knie auf der Brüstung kniete, den anderen Fuß auf derselbigen lang ausgestreckt hatte und den Hausherrn mit temperamentvoll blitzenden Iriden wütend anstarrte, senkte ob dem Befehl langsam die ausgestreckte Hand mit dem Wurfmesser. Geschmeidig brachte sich der Dieb in eine bequemere Position, ließ den bedrohlichen Feind jedoch nicht aus den wachsamen Augen, verfolgte jede noch so kleine Bewegung aufmerksam. »Lasst den Jungen los! Er hat euch nichts getan ...«
Ein kaltes Lächeln erschien auf dem Gesicht der Hausbesitzers, obwohl er innerlich von dem Mut des Räuber fasziniert war.
»Nein, mir hat er nichts getan. Aber er hat gegen die Gesetze verstoßen, indem er in den Garten eines Fremden eindrang und Früchte stahl.«
Die kühle, sachliche Antwort ärgerte den Dieb sichtlich, was an dem auflodernden Feuer in seinen Augen zu erkennen war.
»Gesetze .. pah! Das Volk außerhalb dieser Mauern verhungert, während ihr hier alles in Hülle und Fülle besitzt. Aber das ist euch ja gleichgültig! Immerhin sind wir es, die für eure Speisen schuften müssen ... Da ist es doch nur gerecht, wenn wir auch einmal etwas davon haben!«
Die Argumentation führte zu weit.
»Trotzdem gibt es niemandem das Recht einen anderen zu bestehlen!« Damit schien die Diskussion für den Dunkelhaarigen abgehakt und er drehte sich weg, um mit dem Kleinen zu verschwinden, als ihn die scharfe Forderung des Diebes erreichte.
»WARTET!!!«
Gelangweilt drehte sich die große Person etwas nach hinten und konnte sehen, wie erneut eine Klinge auf ihn gerichtet war.
»Wenn ihr den Kleinen nicht sofort frei lasst .. «
»Was dann, hm? Willst du mich töten und damit eine ganze Legion an den Fersen haben?! Sicher nicht, also LASS ES!!« Der kalte funkelnde Blick sollte seinen Gegner einschüchtern, doch der senkte die Waffe, sprang leichtfüßig in seinen Garten, ohne die große Katze auch nur eines Blickes zu würdigen, geschweige denn Angst zu zeigen und kam ein Stück auf ihn zu. Zu seiner Überraschung war die Gestalt nur um wenige Zentimeter kleiner, als er selbst.
»Nun gut! Ich kann euch nicht mit Drohungen dazu bewegen den Jungen frei zu lassen ... deswegen werde ich euch darum bitten ...« Das stolze Kinn des Diebes war trotz der Bitte hochmütig erhoben und in den dunkelbraunen Augen loderte ein stetiges Feuer.
»Nun ... «, überdachte der Überlegene die Situation, » .. sollte ich den Kleinen frei geben, bin ich gezwungen mir einen Sklaven zu kaufen. Er kostet nichts, sondern ist mir geradewegs in die Arme gelaufen«, erklärte er sachlich, während sein Blick immer noch auf dem Größeren ruhte, ihn aufmerksam taxierte.
Es war nicht zu übersehen, wie es in dem wagemutigen Dieb arbeitete. Marcus war sehr überrascht, über den Mut des anderen sich ihm entgegen zu stellen. Er fragte sich, ob dieser nicht wusste, wen er vor sich hatte.
Unschlüssig, jedoch ohne etwas von dem Feuer in seinen Augen einbüßend, fixierte der Dieb ihn, warf einen kurzen Blick auf den bewusstlosen Jungen, bevor er ihn erneut anstarrte. Schließlich senkte der Dieb zähneknirschend den Kopf, ballte die Hände zu Fäusten. Marcus konnte ihm ansehen, dass der andere sehr mit sich rang.
»Dann nehmt mich an seiner Stelle«, lenkte er mit leiser Stimme ein.
Das Angebot schien dem Römer verlockend. War doch ein kräftiger Sklave mehr wert, als ein halb verhungertes Kind.
»Gut, ich, Marcus Magnus, akzeptiere den Handel«, nahm er ohne zu Zögern an.
Unumwunden übergab er den kleinen Jungen dem Dieb.
»Könnte ich einen Moment mit ihm allein sein?«, kam sofort die Bitte von diesem. Argwöhnisch runzelte Marcus die Stirn, woraufhin auf dem Gesicht des anderen ein wissendes Lächeln erschien.
»Ich verspreche, ich werde nicht versuchen zu fliehen. Ich möchte mich nur von ihm verabschieden.« Der Dieb nickte zu dem bewusstlosen Bündel in seinen Armen.
Immer noch misstrauisch entfernte sich Marcus ein Stück, während die andere Gestalt ihm den Rücken zuwendete.
»Hey, Juzu! Wach auf!« Die ersten zwei Versuche waren zwecklos, weswegen sich der Größere über den Körper seines Freundes beugte und ihm die Hand über die geschlossenen Augen legte. Für jeden Fremden nicht ersichtlich, erglomm ein helles Licht unter der Handfläche und kurz darauf schreckte der junge Dieb auf.
Panisch suchten die verwirrten Augen nach etwas Bekanntem und fanden es, in Form seines Freundes.
»Shain!«, hauchte er und schlang im gleichen Augenblick die Arme um den Größeren, während ihm unaufhörlich Tränen über die blassen Wangen rannen.
»Ich b-bin ja so f-froh ... das dir nichts p-passiert ist .. «, schluchzte er herzzerreißend und klammerte sich zitternd fester in die schutzbietende Umarmung.
»Ist ja gut .. Juzu .. hör mir zu!« Der sanfte Ton beruhigte den Jungen einigermaßen.
»Es kling jetzt schwer, aber du musst dich ohne mich durchschlagen ... « Abrupt löste sich der Kleine von seinem Freund, blickte ihn unsicher und fragend an. Die großen Augen spiegelten Unverständnis.
»Warum?« Es war kaum mehr als ein Flüstern.
»Weil ich nicht möchte, dass wir beide gefangen sind. Du bist um Ewigkeiten jünger als ich, hast noch dein ganzes Leben vor dir ... «
»Aber warum gefangen ...?« Irritiert blickte der Junge sich um, realisierte wenige Sekunden später, wo sie sich befanden und zuckte zusammen, als hätte man ihn geschlagen.
»Nein ..«, hauchte er mit schreckgeweiteten Augen, die ob diesem Anblick erneut in Tränen schwammen.
»A-aber .. aber es ist niemand hier!« Hoffnungsvoll krampfte er die Finger in den kräftigen Arm Shains. »Wir können fliehen!« Energisch sprang er auf, zerrte Shain an dessen Ärmel mit nach oben. Den ruhigen, traurigen Blick bemerkte er erst später ...
»Was ist los? Nun komm schon ...«
Erst als sein Freund langsam den Kopf schüttelte, ließ er Schlimmes ahnend von ihm ab.
»Ich kann nicht mit dir kommen«, erklärte Shain nochmals.
»Das Versprechen, das ich gab, kann ich nicht brechen .. du kennst unsere Gesetze.«
Entsetzten stand in Juzus Augen.
»Warum? Warum hast du dich einem Menschen versprochen???« Das Letzte war schon fast geschrieen, aber er konnte sich nicht zurück halten. »Warum nur? Du warst so froh, als du endlich frei warst .. und jetzt? Es ist alles nur meine Schuld!«
»Juzu, hör auf und verschwinde! Du kannst nichts mehr tun«, erwiderte der Größere in hartem Tonfall. Shain wusste, dass er dem Kleinen damit weh tat, aber er musste ihn dazu bewegen zu verschwinden.
»Geh, geh und komm nie wieder! Am besten vergisst du mich!« Zuletzt warf er dem zitternden Juzu noch einen abwertenden Blick zu, ehe er sich umdrehte und zu seinem neuen Herrn ging.
»Ja, genau das werde ich tun! Dich vergessen!!«, brüllte Juzu seinem angeblichen Freund hinterher, wohl wissend, dass er sich damit selbst mehr weh tat, als irgend jemand anderem.
»Du hast mich die ganze Zeit nur angelogen! Du verdienst es nicht anders!!« Bei den Anschuldigungen brannten ihm die Tränen in den Augen und er ballte die Hände zu Fäusten, das es schmerzte.
/Verdammter Lügner/, war das Einzige was noch in seinem Kopf herum schwirrte. Deswegen rannte er davon, so schnell er konnte. Ließ den Garten und die Mauer hinter sich, wollte nichts mehr sehen und hören. /Alles Verrat!/
Shain zuckte unter den harten Worten, die wie Peitschenhiebe auf ihn niederprasselten, zusammen. Aber genau das hatte er doch gewollt, oder? Er wollte, dass Juzu wütend auf ihn war, ihn hasste.
Im Endeffekt hatte er sich jedoch selbst belogen. Die Freundschaft des Kleinen war ihm wirklich wichtig gewesen. Das war auch der Grund, warum er ihn beschützen wollte.
Jetzt war es unmöglich geworden ...
»Hast du erreicht, was du wolltest?«, riss ihn eine spöttische Stimme aus seinen Gedanken.
Shain hielt jedoch weiterhin den Kopf gesenkt. Sollte sich der andere ruhig über ihn lustig machen. Vielleicht hatte er es ja verdient.
»Ja, Herr«, antwortete er kurz.
Den seltsamen Gesichtsausdruck seines Gegenübers bekam er nicht mit. Dann wurde er in das riesige Haus geführt, das fast nur aus Marmor bestand. Man konnte es regelrecht als Palast bezeichnen. An den Wänden hingen wertvolle Kunstgegenstände und die aufragenden Säulen, die vor allem einen Teil der Decke stützten, waren mit verspielten Ornamenten verziert.
Doch Shain bekam keine Zeit, die wertvolle Arbeit weiter zu begutachten, denn eine herrische Stimme verlangte nach seiner Aufmerksamkeit.
Ein älterer Mann von durchschnittlicher Größe und Statur, der in eine einfache Toga und einer Peitsche am Gürtel gekleidet war, unterhielt sich kurz mit dem Hausherren, der daraufhin verschwand. Der Alte wandte sich dann dem neuen Sklaven zu. Sein Blick, mit dem er Shain maß, glitt verächtlich über dessen Körper. Er machte keinen Hehl aus seinem Abscheu ihm gegenüber. Was angesichts der zerschlissenen Sachen kein Wunder war.
»Komm her!«, ertönte es auffordernd.
Shain trat zögernd auf ihn zu.
»Ich bin Seda, der Sklavenaufseher dieses Haushalts. Du hörst auf meine Befehle.«
Seine Augen waren von einem klaren Grau, so farblos wie der Himmel vor einem anstehenden Sturm.
Alles was Shain momentan seiner Miene entnehmen konnte, war ungeheurer Stolz. Auch die straffe Körperhaltung versprach ein starkes Durchsetzungsvermögen. Doch nicht zuletzt war dieser Mann auch nur ein Mensch. Ein Mensch, dem er nicht gehorchen musste, denn er hatte sein Versprechen nur einem gegeben.
»Folge mir!«, befahl er schließlich herrisch.
Diesmal fügte sich der Dieb noch, ging mit leisen, kaum hörbaren Schritten hinter dem grauhaarigen Sklavenaufseher her.
Shain wurde über einen langen gefliesten Korridor geführt und durch einen Torbogen, in einen Raum, der nur mit einigen Holbänken ausgestattet war. Allerdings bildeten die Fliesen in diesem Raum ein wunderschönes Mosaik. Fasziniert versank Shain in dem bunten Puzzle. Er liebte kunstvolle Gebilde schon immer, bewunderte Leute, die so etwas erschaffen konnten. Dann klatschte Seda in die Hände und sofort tauchten zwei Frauen auf, die einfache, lange Leinentogen trugen. Das braune Haar trugen sie zu Nackenzöpfen geflochten. Die beiden sahen tadellos sauber aus, aber sie wirkten unattraktiv, ja beinahe grob.
Seda sprach kurz mit ihnen, wobei seine Stimme genau den gleichen hochmütigen Tonfall hatte, wie zuvor bei Shain. Ohne zu Zögern beugten sie die Köpfe und gingen, um die Befehle auszuführen.
Daraufhin deutete Seda auf eine der Holzbänke, auf die Shain sich der Anweisung nach zögerlich fallen ließ. Er hatte ein ungutes Gefühl, würde am liebsten in der gemütlichen Höhle, die er mit Juzu zusammen bewohnte, an einem wärmespendenden prasselnden Feuer sitzen. Weswegen musste es nur so weit kommen? Warum hatte er nicht besser aufgepasst? Sonst war er auch nie so unachtsam gewesen! Doch es brachte nichts, sich jetzt nervlich fertig zu machen. Er brauchte jedes Quentchen Stärke, um seine neue Situation zu meistern.
Fast umgehend erschienen die Frauen wieder mit Speisen und Gestänken, die Shain zu seiner Verwunderung serviert bekam.
Mit einem skeptischen Blick musterte er das Essen, mehr aber auch nicht. Er rührte nicht einen Bissen an, obwohl die Artischockenherzen, Oliven und der weiche weiße Käse wirklich lecker aussahen. Der zweite Teller war überhäuft mit dünnen Scheiben kalten Bratens und knusprigen, warmen Weißbrot. Doch auch das reizte ihn wenig.
Selbst wenn man ihn zur Strafe für sein Desinteresse hungern lassen würde. Er war in seinem ganzen bisherigen Leben mit viel Schlimmerem als Nahrungsentzug bestraft worden. Außerdem konnte er mehrere Wochen ohne Nahrung auskommen.
Shain schrak zurück, als Marcus Magnus durch den Torbogen trat. Eine junge Frau erschien wie aus dem Nichts mit einem Arm voller Handtücher. Obwohl sie eine hochgewachsene, aufrechte Person war, wirkte sie neben Magnus regelrecht schmächtig. Als Seda auf ihn zutrat, wich sie ehrfürchtig zurück.
»Wollt ihr euch vor oder nach dem Bad mit dem Gefangenen befassen, General?«
Shain beobachtete die Veränderung seines Gesichtsausdrucks, der darauf schließen ließ, dass er vergessen worden war. Ohne lange Umstände wandte der General sich direkt in herrischem Ton an ihn. »Wer bist du?« Der bedrohliche Unterton erlaubte kein Zögern.
»Shain«, antwortete dieser augenblicklich.
Er stieß ein kurzes, herablassendes Lachen aus, das nicht die geringsten Anzeichen von Humor enthielt. »Shain. Ha! Hast du auch einen Nachnamen?«
»Nein.« Die Antwort kam kurz und knapp. Er hatte zwar einen, doch den verleumnete er. Deswegen brauchte dieser eingebildete Mensch ihn auch nicht erfahren.
Die Schweigsamkeit des Sklaven erzürnte Magnus. Shain brauchte ihn nicht an zu sehen, er konnte es in dessen Körperhaltung spüren.
»Hör mir gut zu! _Ich_ bin der Mann, der über dein Leben oder deinen Tod entscheidet. Du bist _mein_ Gefangener, _mein_ Eigentum. Dazu hast du dich selbst gemacht. Und jetzt will ich Antworten, und zwar _auf der Stelle_!«
Shain zuckte unter den donnernden Worten zusammen und schluckte hart.
»Es tut mir leid, wenn ich euch keinen Nachnamen nennen kann, Herr«, entschuldigte er sich.
»Welcher Nationalität gehörst du an?«, kam es ungehalten von dem Schwarzhaarigen.
Shain antwortete nicht. Er konnte es nicht. Dieser Mann würde es nicht verstehen, weil er seine Welt, sein Volk und alles was damit zusammen hing, nicht kannte. Eine Lüge war das Einzige, womit er sich retten konnte, wenn man ihn nicht durchschaute.
»Ich bin Brite.«
»Beim Jupiter! Das ist eine verdammte Lüge!«
Erschrocken sah Shain auf. Wieso erkannte Magnus das sofort?, fragte er sich ertappt.
»Die Britannier sind primitive Schlächter. Sie sind wild und unzivilisiert und schmieren sich immer noch blaue Tinte ins Gesicht, um ihre Feinde zu erschrecken.«
Shain war sprachlos. Von solchen Gepflogenheiten besaß er nicht den leisesten Schimmer. Wie auch, er kannte diese Welt nicht, bis auf einige wenige Anhaltspunkte.
»Woher kommst du?«, fragte der General nun mit bissigem Unterton.
Shain überlegte. Sollte er einfach die Hauptstadt nennen? Aber wie hieß die noch mal. Loren .. nein .. Londa ..
»London!«, sprach er hektisch, weil ihm nichts besseres einfiel. »Dort lebe ich .. «
Ganz so falsch schien es nicht gewesen zu sein, denn damit konnte Magnus wenigstens etwas anfangen.
»Du meinst Londinium? Sogar deine Sprechweise ist eigenartig. Und das ist auch nicht mehr als eine verteufelte Lüge; Londinium ist vor ein paar Monaten niedergebrannt.
Du bist ein britischer Spion, das wird es sein!«
»Ich bin kein Spion«, erreiferte sich Shain schnell. Denn was ein Spion war, wusste er nur zu gut. Und als einer geschimpft zu werden, bedeutete Ärger. Grenzenlosen Ärger. Den er sich im Moment so gut wie ersparen wollte.
»Was bist du dann, außer einem Bündel Fetzen?«
Shain fielen keine Argumente ein, wie er Magnus besänftigen sollte. Er konnte ihm schlecht seine wahre Identität enthüllen. Dann würde er schneller unter der Erde landen, als ihm lieb war. Er hatte es geschafft bis jetzt zu überleben; Hatte seine vernichtende Vergangenheit hinter sich gelassen, die sowieso schon viel zu viele Narben hinterlassen hatte - physisch als auch psychisch. Und nun musste er sich mit einem Kerl rumschlagen, der sich für die größte Herrlichkeit der Welt hielt. Der eine Wahrheit forderte, die ihn nicht im geringsten etwas anging. Gut, er war von jetzt an der Sklave dieses Mannes. Aber das hieß noch lange nicht, dass er ihm alles offenbaren musste. Was er eh niemals gedachte zu tun!
»Zieht ihm die häßlichen Fetzen aus!«, befahl der Römer den Frauen, die sich am Torbogen platziert hatten, um nicht im Weg zu stehen.
Nun versuchten sie Shain die engen Hosen und das lockere Hemd auszuziehen. Damit ganz und gar nicht einverstanden, setzte er sich zur Wehr. Schon allein weil es sich um Frauen handelte. Als die beiden ihre Unterlegenheit einsehen mussten, legte die große Frau ihre Handtücher ab und kam ihnen zu Hilfe. Shain floh über die Fliesen ans andere Ende des Raumes, weil er die Frauen nicht verletzen wollte. Schließlich führten sie auch nur Befehle aus und konnten nichts dafür. Doch sein Stolz sträubte sich erheblich dagegen von Frauen ausgezogen zu werden. Lieber tat er es allein.
Aus den Augenwinkeln beobachtete Shain, wie Seda die Peitsche aus seinem Gürtel nahm und entschlossen auf ihn zuging.
Shains Augen blitzten gefährlich auf. Das dunkle Braun wurde zu einem abgrundtiefen Schwarz in dem ein bedrohliches Feuer loderte. Doch nur für einen kurzen Augenblick, dann erinnerte er sich an sein Versprechen und seine Augen wurden wieder normal.
Im gleichen Moment sauste die Peitsche mit einem lauten Knall auf seinen Rücken. Die Wucht des Schlages zwang ihn in die Knie und die getroffene Stelle brannte wie flüssiges Feuer.
»Ist die Peitsche das einzige Mittel, mit dem ihr euch Menschen unterwürfig machen könnt?«, stieß er verächtlich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. Dafür folgte ein zweiter Schlag, der ihn zwang die Zähne zusammen zu beißen, um nicht vor Schmerz zu Schreien.
Die Worte schienen Marcus Magnus zu amüsieren. Er grinste verhalten.
»Nein. Es ist nicht das einzige Mittel, nur das Wirksamste.«
Shains Entsetzen hielt sich in Grenzen. Konnte er sich doch noch genau an die glühenden Kristallketten erinnern, die ihn gefügig machen sollten. Da waren Peitschenhiebe noch das kleinere Übel, auch wenn sie fast genauso sehr weh taten.
Inzwischen hatten die Frauen ihn an die Wand gedrängt und begannen ihm die Kleider auszuziehen, was sich bei den enganliegenden Hosen als ziemlich schwierig erwies, denn damit kannten sie sich nicht aus. So stand er nur in denselbigen da und wurde angestarrt.
Magnus blickte Seda an und zuckte mit den Schultern. »Muss wohl eine neue Erfindung der Briten sein. Zieht es aus.«
Nach etlichem Gestoße und Geziehe ging Shain nun auch seiner Hosen verlustig. Ebenso wie dem schmutzigen dunklen Kopftuch, das sich durch die ruppigen Bewegungen der Skavinnen gelockert hatte.
Magnus wurde Zeuge einer Veränderung, die ihm glatt die Sprache verschlug.
Sowie die häßliche braune Kopfbedeckung verschwunden war, floss dem jungen Mann ein seidiger blutroter Wasserfall glatter Haare über den fein geschwungenen Rücken, der einem unheilverkündendem Inferno gleich kam. Die sonnengebräunte Haut schimmerte anmutend, während darunter durchtrainierte Muskeln zuckten.
Oh ja, ohne diese dreckigen Kleidungstücke wirkte der Sklave eher wie ein gebieterischer Herrscher. Der breite Oberkörper strotzte nur so vor Kraft, lief über einen Waschbrettbauch in einer schmalen Hüfte aus, die er wahrscheinlich ohne Mühe mit beiden Händen umschlingen konnte. Das wunderschöne, kräftige Hinterteil lief in ebenso muskulösen und doch schlanken Beinen aus, die enorme Sprungkraft versprachen.
Allerdings störten die zwei langen dunklen Striemen auf den Schulterblättern und vereinzelte Narben auf der goldschimmernden Haut, die von ziemlich tiefen Wunden stammen mussten das perfekte Bild.
Marcus wusste sofort, dass es sich bei diesem Sklaven, der sich ihm so bereitwillig übergeben hatte, um etwas Besonderes handelte. Er wirkte wie eine Erscheinung, die nicht wirklich existierte. Vor allem das dunkelrot schimmernde Haar war ein Wunder für sich. Er hatte noch nie einen Menschen mit solch einer Haarfarbe gesehen, geschweige denn mit solch dunklen Augen, die anscheinend je nach Gemütszustand ihre Farbe wechselten.
Magnus räusperte sich und warf einen letzten Blick auf den Rothaarigen.
»Badet ihn und bringt ihn in meine Gemächer. Ab heute dient er als mein persönlicher Sklave!«
Daraufhin verließ er mit großen Schritten die Marmorvilla, um sein Privatbecken im Garten auf zu suchen, wo er den Dieb erwischt hatte.
Shain starrte Seda verachtungsvoll an.
»Sei froh! Dem Herrn hat dein Körper gefallen. Das hat dir dein Leben gerettet ... vorläufig«, fauchte der Sklavenaufseher bissig. Eindeutig nicht zufrieden mit dem Befehl seines Herrn, denn der war ein Soldat mit wenig Interesse an übermäßigem Luxus.
Shain fühlte sich ohne die Kleider verletzlich. Obwohl sein letzter Peiniger ihn mit bestialischer Freude entwürdigt und gedemütigt hatte, war ihm die jetzige Blöße peinlich. Er ließ dies jedoch mit keinem Wort verlauten.
Dann sagte Seda zu einer der Frauen: »Geh und hol eine Badesklavin; oder besser gleich zwei! Dem Kerl ist nicht zu trauen.« Dabei musterte er Shain unaufhörlich mit wachsamen Blick.
Sekunden nachdem die Dienerinnen gegangen waren , betraten zwei gut durchtrainierte Mädchen den Raum.
Das Haar trugen sie kurz geschoren und sie waren in zwei kurze weiße Tuniken und einfache Sandalen gekleidet.
»Badet den Sklaven und bringt ihn anschließend zu mir«, orderte der Sklavenaufseher.
Shain sagte gar nichts, blitzte seinen Gegner nur mit undefinierbarem Ausdruck in den dunklen Augen an.
Seda seufzte, bevor er einen Schritt auf Shain zutrat und ruhig sagte: »Pass auf! Es ist einfacher, wenn wir beide zu einem Einvernehmen kommen. Rein Instinktiv würde ich dir zu Anfang ein paar Peitschenhiebe verpassen, damit du auch deine Stellung anerkennst und es später keine Probleme gibt. Meine Position in diesem Hause ist gesichert, mein Wort gilt als Gesetz und jeder unter mir wird diszipliniert. Der Haushalt läuft wie flüssiger Wachs, was heißt, dass das auch so bleiben soll, weil es der Wunsch des Generals ist.
Ergo solltest du dich mit deinem Schicksal abfinden.
Ich halte dich für eine Person mit scharfem Verstand, weshalb du meinen gut gemeinten Rat akzeptieren solltest. Ist das klar genug gewesen?«
Wieder bekam Seda keine Antwort, nur ein ruhiger, nichtssagender Blick streifte ihn.
Kopfschüttelnd trat er zurück, konnte nicht verstehen, wieso dieser rätselhafte Mann keinen Ton verlauten ließ, warum er sich so sehr verschloss, in sich selbst zurück zog und damit eine eisige Kälte ohnegleichen ausstrahlte.
Somit wertete er das als stilles Einverständnis und bedeutete den Badesklavinnen ihn fort zu führen.
Auf der anderen Seite kochte eine unbeschreibliche Wut in Shain. Als wenn es nicht schon erniedrigend genug gewesen wäre, von allen so angestarrt und von Frauen entkleidet zu werden, nein! Jetzt musste er sich auch noch von weiblichen Dienerinnen waschen lassen!
Doch er hatte sein glühendes Temperament hinter einer ausdruckslosen Maske gerade noch verbergen können. Den Skavenaufseher verstand er mehr als gut. Sklaverei konnte schreckliche Ausmaße annehmen. Kein Wunder weshalb Menschen sich untergaben, wenn sie einmal in den Geschmack kamen.
Unterdessen registrierte Shain unterbewusst, dass sie nicht in die Richtung gingen, in der der General verschwunden war. Natürlich! Shain wusste nur zu gut, wo er war. In dem idyllischen Becken, im Garten. Ein ausdrucksloses Lächeln spielte um seine Mundwinkel, als er durch einen weiteren hohen Torbogen, der durch eine Art Plane verhängt war, in einen nicht sonderlich großen, makellos Weiß ausgefließten Raum geführt wurde.
Zwischen dem dichten Dampf schimmerten ihm türkise Badebecken entgegen und Shain sog die angenehme feuchte Luft tief in seine Lungen. Irgendwie erinnerte ihn das an zu Hause, auch wenn es das nicht wirklich gewesen war. Trotzdem, in seiner Welt gab es keine trockene Luft.
Auf Shain wirkte das dampfende Wasser nach so langer Zeit sehr einladend.
»Ich bade selbst!«, sagte er schroff und abweisend, während er die Stufen zum Becken herabstieg.
Den skeptischen Blick der Badesklavinnen spürte er im Rücken, beachtete das jedoch nicht weiter. Erst als eine der Beiden etwas ins Wasser schüttete, fauchte er sie misstrauisch an.
»_Was_ war _das_?«
Seine dunklen Iriden durchbohrten die Frau regelrecht, weswegen diese erschrocken einen Schritt zurück trat und fast den kleinen blauschimmernden Glasflakon fallen ließ.
»Z-zedernholz Badeöl ..«
Der komische Geruch störte seinen empfindlichen Geruchssinn, weswegen er sich mit dem Waschen beeilte. Glücklicherweise hatten sich die Frauen nicht in das angenehme Nass getraut, sondern warteten mit einem enormen Handtuch am Beckenrand, mit dem sie ihm die tropfnassen Haare so lange rieben, bis es eine Masse feuchter Locken war.
Energeisch wehrte er sich dagegen, musste es sich letztendlich aber doch gefallen lassen.
Eilig wurde er in einen anderen Raum geführt. Selbst hier bestand der Boden aus einem kunstvollen, vielfarbigen Mosaik und die Wände waren aus Kontrastgründen cremefarben. Fakeln, die in Halterungen in den jeweiligen Ecken des Raumes steckten, tauchten die Umgebung in ein mattes Licht.
Dann wurde ihm bedeutet sich zu setzen. Selbst der Stuhl mutete wie ein Thron an. Shain musste einfach die wundervollen Verschnörkelungen bewundern. Dann fiel sein Blick auf den hochragenden Spiegel, der aus purem Silber bestand. In seiner Welt wäre so etwas unbezahlbar und wenn, dann besaßen es sowieso nur die Fürsten.
Nebenbei beschäftigten sich die Badesklavinnen mit dem langen rotglänzenden Haar, bürsteten und trockneten es mit heißen Zangen, sodass einige glatte Strähnen seidig das stolze Gesicht umrahmten. Der Rest fiel ihm glänzend über Schultern und Rücken, bis zur Taille.
Zu guter Letzt erschien Seda mit einer weißsilbrigen Toga, deren Stoffenden mit kunstvollen Stickereien besetzt waren.
Auf der Haut fühlte sich der Stoff angenehm kühl an und Shain schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dann bedeutete Seda ihm auch schon zu gehen.
Zielsicher wurde er eine breite Marmortreppe hinauf geführt, in den ersten Stock der Villa und in ein großes Gemach.
»Der General hat eine Besprechung mit seinem Bruder. Demzufolge wird er erst in einigen Stunden nach Hause kommen. Also ruh dich aus, solange du noch Zeit dazu hast.«
Shain dachte sich seinen Teil zu dem Ratschlag, der sicher nicht beruhigend wirken sollte.
1
Marcus Magnus war nicht wirklich begeistert davon, den Abend mit seinem Bruder zu verbringen. Er mochte ihn nicht besonders, hatte noch nie so richtige Sympathie für ihn aufbringen können. Doch nun, da die Legion des Jüngeren hierher abkommandiert worden war, um sich einem neuen Ausbildungstraining zu unterziehen, musste er sich wohl oder übel ein wenig mit diesem auseinander setzen, um nicht unhöflich zu erscheinen.
Pecius erwartete den General schon im Atrium und hieß ihn sofort herzlich willkommen. Marcus seinerseits war ebenfalls überrascht.
»Beim Jupiter, Pecius! Du hast dich ganz schön verändert. Nichts hat mehr Ähnlichkeit mit dem Siebzehnjährigen, den ich damals in Rom zurück ließ.«
Pecius hatte den gleichen Weg wie sein Bruder eingeschlagen. Er hatte zwar nicht die beeindruckende Größe und Muskelkraft, doch das machte er an Härte wett, was ihm bereits den Aufstieg zum Kohortenzenturio ermöglicht hatte.
Das Einzige was ihn störte, war sein hübsches Gesicht. Am liebsten hätte er mit dem seines Bruders getauscht, das finster und ausdrucksvoll anmutete.
Durch die leicht gekrümmte Nase und die markanten Gesichtszüge wirkte er hart, gefährlich und unbesiegbar, was die Narbe, die von der Schläfe bis zur Wange reichte noch unterstrich.
Und Pecius beneidete seinen Bruder um einfach alles! Genauso sah es mit der riesigen Villa aus, die fast ebenso groß und eindrucksvoll war wie die ihres Vaters in Rom.
Da es bereits Nacht war, funkelten durch die Kuppel des Atriums helle Sterne. Mittig stand ein verschnörkelter Brunnen, in dem sich Goldfische zwischen sattgrünen Wasserpflanzen tummelten.
Schließlich betraten sie einen Raum, der vollkommen in Weiß und Gold gehalten war. Aufragende Marmorsäulen säumten die Wände, während weiße Marmortische zwischen eleganten Eßliegen standen, auf denen wiederum weiße und goldene Kisschen ihren Platz fanden und die feine Eleganz noch unterstrichen.
»Großartig! Einfach klasse!«, staunte Pecius und konnte sich des Neides nicht erwehren, der plötzlich in ihm aufstieg, wollte sich dies jedoch nicht anmerken lassen.
Deswegen ließ er weitere Fragen beiseite. Aber eines interessierte ihn doch.
»Wieviele Sklaven besitzt du?«
»Ein paar schon«, erwiderte Marcus abwinkend, denn er wollte vor seinem Bruder nicht herumprahlen. Dieser ließ die Sache aber nicht auf sich beruhen.
»Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst. Ich besitze Hunderte. Größtenteils Gefangene aus verschiedenen Ländern. Schon allein der vierjährige Krieg hier in Britannia ergab im Laufe der Zeit eine Menge Sklaven. Außerdem können aus damaligen Gegnern Verbündete werden.«
»Gefangene, pah! Der Sinn einer Schlacht besteht darin, sein Schwert mit dem Blut des Feindes zu tränken. Feinde Roms sind es nicht wert weiter zu leben!«
»Nun, da bin ich anderer Meinung. Die Menschen lernen hier unter Anleitung wichtige Dinge, die ihnen im späteren Leben, wenn sie ihre Freiheit verdient haben, nützlich sind.«
»Freiheit??? Bruder, sag das ich mich verhört habe! Du schenkst diesen minderwertigen Kreaturen auch noch die Freiheit? Ich glaube es einfach nicht!«, empörte sich Pecius.
»Du solltest sie nach Rom schicken, wo sie in den Arenen gegen wilde Tiere kämpfen oder sich als Gladiatoren behaupten müssen! Na ja .. wenn sie dafür nicht zu gebrauchen sind, werden sie halt hingerichtet. Das ist schließlich auch eine große Attraktion, die ich sehr zu schätzen weiß.«
Angewidert wandte Marcus sich ab und wechselte nebenbei das Thema. Er wusste das Pecius blutrünstig war. Deswegen hatte er auch so eine steile Karriere beim Militär hingelegt.
Vielleicht war diese Einstellung bei ihm auch gar nicht so verkehrt. Schließlich würden in der nächsten Schlacht gegen die keltischen Stämme viel schlimmere und abschreckendere Bilder auf ihn zukommen, denn diese waren allesamt kalte Schlächter und sprangen nicht zimperlich mit ihren Feinden um.
»Wie geht es unserem Vater?«
»Gut. Wie soll es dem Alten schon gehen. Der hat seine riesige Villa und genauso wie du, Sklaven ohne Ende.«
Jetzt war der Neid deutlich aus Pecuis Tonfall heraus zu hören und Marcus beäugte ihn skeptisch.
Der Kleinere fing sich jedoch schnell wieder und unterhielt seinen Bruder mit den neuesten Nachrichten aus Rom. Wie sehr es sich verändert hatte und über die spektakulären Unterhaltungen, die aus Bärenjagden bestanden, die durch den glorreichen Nero in allen Stadtteilen ermöglicht wurden und nicht mehr nur in den Arenen stattfanden.
Die Vergötterung für diesen Mann triefte nur so in Pecius Worten und Marcus beherrschte sich einen Kommentars.
»Mich interessieren nur die Wagenrennen im Circus Maximus. Ja, ich würde sogar gerne einmal selbst daran teilnehmen«, antwortete er stattdessen.
Pecius konnte es nicht lassen und musste seinem Bruder Zucker um den Mund schmieren.
»Dann bräuchte kein anderer mitmachen. Du würdest sowieso gewinnen. Dein Können hast du schließlich heute unter Beweis gestellt.«
Das Kompliment kam für Marcus vollkommen unerwartet.
»Pecius, du weißt nicht, was du da redest! Die Briten sind viel bessere Wagenlenker. Mein ganzes Wissen beruht auf ihrer Technik.«
Damit gab sich der Braunhaarige nicht zufrieden.
»Mag schon sein. Aber es muss doch einen Grund geben, warum sie besser als die Römer sind.«
»Ja, den gibt es. Meines Erachtens liegt es daran, dass sie immer noch Streitwagen für die Kriegsführung benutzen. Für unsere Fußsoldaten sind sie zu schnell, was uns nur Verluste einbringt. Wir begingen einen Fehler, als wir es damals aufgaben. Aber das ist meine Meinung. Jeder Mensch denkt anders darüber.«
Inzwischen hatten sie sich auf den Liegen niedergelassen und das Essen war in vollem Gange. Die Unterhaltung drehte sich noch um einige Dinge über Britannien, dann wurde abgeräumt und der Wein serviert.
Währenddessen stiegt in Pecius wieder der altbekannte Neid hoch. Er konnte sich kaum wieder einkriegen, als er die edelsteinbesetzten Kelche erblickte. In den Rubinen brach sich funkelnd das Licht und das glänzende Gold reflektierte jeden einzelnen Lichtstrahl auf´s Genaueste.
Marcus Laune sank rapide, als er hörte, wo Pecius heute noch mit ihm hin wollte.
Nicht schon genug, dass er ein Theater mit seinem jüngeren Bruder besuchen musste, nein!
»Sag mal, gibt es auch ein Bordell, in dem man die Dienste eines Mädchens _und_ eines Jungen in Anspruch nehmen kann?«
Bei der Frage rollte Marcus mit den Augen. Sein Bruder war doch wirklich das Allerletzte.
Er wäre tausendmal lieber zu Hause geblieben.
Das war jedoch nicht mehr möglich und so zog er mit dem Branhaarigen von dannen.
2
Shain stand unschlüssig in dem großen Raum. So etwas enorm Riesiges hatte er bisher nur einmal gesehen. Das Zimmer musste den größten Teil des oberen Stockwerks einnehmen.
Die Fenster waren zu seiner Überraschung mit dunkelgrünen Seidenvorhängen umrahmt und sie bestanden aus Glas.
Eine äußerste Seltenheit in dieser Welt, wenn man die Entwicklung aus seiner Sicht betrachtete. An der Wand, rechts von der Tür befand sich ein Kamin aus schwarzem Marmor und dezenten Goldeinwirkungen, darüber befand sich ein langgestrecktes Fresko, das die gesamte Fläche beanspruchte.
Beim näher treten, erkannte Shain, dass die abgebildeten Körper allesamt nackt dargestellt waren, konnte aber sonst nichts weiter damit anfangen.
Für seinen Geschmack waren die Frauen alle zu übertrieben gezeigt. Sie waren grobschlächtig und überhaupt nicht zierlich. Brüste und Schenkel waren zu dick. Bei den Männern gab es nur wenige Unterschiede. Überbetonte Muskeln prangten an Armen und Beinen und ließen die Gestalten zu überladen aussehen, fast obzön.
Kopfschüttelnd wandte er sich von dem Bildnis ab.
Das Bett, in der Mitte des Raumes war massiv und man musste drei Stufen bewältigen, um hinein zu gelangen. An den vier Ecken ragten die typischen römischen Säulen bis zur Decke und liefen in elegant gewundenen Widderhörnern aus.
Durch die enorme Breite und Länge dominierte das Bett den Raum vollkommen.
Auch die vielen kleinen Kissen in dunkelrot, schwarz und gold konnten durch ihre Niedlichkeit die Übermacht nicht mindern. Zudem bedeckten weichschimmernde Tierfelle die Lagerstatt und Shain drehte dem Bild absichtlich den Rücken zu.
Stattdessen ging er zum Fenster und öffnete es weit, atmete tief die frische kühle Luft ein.
Da die Fensterbank fast einen Meter breit war, rollte er sich darauf zusammen und betrachtete die funkelnden Sterne, die den samtschwarzen Himmel wie glitzernde Perlen überzogen.
Ein wehmütiges Seufzen bahnte sich den Weg über seine Lippen. Wie gerne würde er jetzt auf den grünen Hügeln sitzen, das kühle Gras unter seinem Rücken spüren und den angenehmen Duft des Waldwindes riechen.
Er vermisste seine Freiheit schon nach diesem einen Tag, lechzte danach wie ein Verdurstender nach Wasser. Die einsame Träne auf seiner Wange bemerkte er erst, als der nächtliche Wind sanft über sein Gesicht strich und die Spur kühlte.
In jedem anderen Moment hätte er sich für solch eine Schwäche gehasst, aber diesmal ignorierte er es.
»Freiheit ... «, hauchte er in die Nacht hinaus und schlief mit dem Gedanken daran ein.
3
Marcus wusste selbst nicht wie er das abscheuliche Theaterstück überstanden hatte. Doch der schlimmste Teil des Abend sollte noch folgen. Einer seiner Zweispänner brachte sie gerade in die heruntergekommenste Gegend der Stadt.
Dann fing Pecius auch schon wieder an von Rom zu reden. Wie schön es doch dort war und das es um den Circus Maximus nur so von Freudenhäusern wimmelte.
Gähnend ließ Marcus den Vortrag über sich ergehen. Für ihn verlor das bezaubernde Flair Roms immer mehr an Glanz. Die ganze Stadt bestand, den Erzählungen nach, nur aus Spielen und Prostitution und er dankte den Göttern dafür, dass sie hier noch weitestgehend davon verschont geblieben waren.
Mit einem aufgesetzten Lächeln meinte er: »Gute Nacht, Bruder. Geh und amüsier dich. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste und der Morgen ist schon nah!«
Der Kleinere nahm das mit einem breiten Grinsen zur Kenntnis und Marcus war froh, dass er sich keinen dummen Spruch anzuhören brauchte.
Ohne große Zurückhaltung betrat er sein Gemach. Seine mächtige Gestalt füllte den Türrahmen nahezu vollständig aus und sein überschatteter, dadurch finster wirkender Blick schaute sich suchend im Raum um.
Als er den neuen Sklaven nicht entdeckte, wollte er schon verärgert nach Seda brüllen. Da fiel ihm das offene Fenster auf. Die seidenen Vorhänge umspielten dasselbige in anmutigen Wellen, ließen sich von dem seichten Wind wie durch magische Hand führen.
Erstaunt durchschritt Marcus das Zimmer und sog überrascht die Luft ein, als er den rothaarigen Sklaven auf der schmalen Fensterbank liegen sah. Dieser hatte sich, nur mit der dünnen Toga bekleidet, darauf zusammengerollt, was ihn zugegebenermaßen erstaunte. Immerhin war der neue Sklave nicht unbedingt zierlich und nur ein wenig kleiner als er selbst. Zuerst spielte er mit dem Gedanken ihn aufzuwecken, aber da er kein Unmensch war, entschied er sich doch dagegen und trat einen Schritt näher an die Fensterbank, wo er das entspannt wirkende Gesicht einen Augenblick eingehender musterte, bevor er zurückhaltend über den entblößten Arm strich. Augenblicklich erschrak Marcus, als er die kalte Haut unter den Fingern spürte.
Der Kleine holte sich noch den Tod. Deswegen hob er ihn umsichtig auf die Arme und trug ihn zum Bett, wobei er sich ebenfalls über die Leichtigkeit des sehnigen Körpers wunderte. Das konnte doch nicht normal sein!
Vorsichtig bettete er den immer noch schlafenden jungen Mann auf die weichen Felle und zog ein Extradickes über ihn. Daraufhin entkam ein leises Seufzen den halb geöffneten Lippen und Marcus musste schmunzeln.
Danach entkleidete er sich schnell und schlüpfte gänzlich nackt unter die weichen Felle des großen Sockelbettes. Nachdenklich verschränkte er die Arme hinter dem Kopf und sinnierte über den seltsamen Rothaarigen, den Blick gen Decke gerichtet, ohne wirklich etwas wahrzunehmen.
Einerseits machten die roten Haare den Dieb schon zu etwas Außergewöhnlichem. Aber andererseits waren seine Augen noch um einiges interessanter. Das kurze gefährliche Glühen am Morgen im Garten und danach, als Seda nach der Peitsche gegriffen hatte, waren ihm nicht entgangen. Diese Augen, die dort zum Vorschein gekommen waren, hatten viel Hass und gleichzeitig auch Leid gezeigt. Außerdem wirkten sie in dem Moment sehr alt ...
In Gedanken versunken holte ihn nun endlich der Schlaf ein.
4
Am nächsten Morgen erwachte Marcus, weil ihm unglaublich warm war. Mit geschlossenen Augen wollte er ungeduldig die heizenden Felle beiseite schieben, als seine Hand einen warmen Arm streifte, der auf keinen Fall ihm gehörte.
Alarmiert riss er die Augen auf und beruhigte sich sofort wieder, während er erleichtert den Kopf zurück in die Kissen fallen ließ. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Wer hätte das gedacht? Der neue Sklave lag halb auf ihm und hatte den Kopf in seine Halsbeuge gebettet. Marcus´ war jetzt klar, warum sein Körper _derartig_ reagierte. Er war erregt und das nicht wenig, denn bei dem engen Körperkontakt stellte das keine große Schwierigkeit dar.
Da er den einmahligen Augenblick nicht zerstören wollte, blieb er noch eine Weile so liegen und betrachtete ungeniert die feinen Gesichtzüge seiner süßen Last.
Wie schon am Vorabend bewunderte er die ebenmäßigen Züge, die nun entspannt und weich wirkten. Die sinnlichen Lippen waren einen winzigen Spalt geöffnet, was ihnen einen feinen Schwung verlieh. Selbst die hohen Wangenknochen und die stolze Nase taten dem anmutigen Bild keinen Abbruch. Für einen Mann jedoch gänzlich ungewöhnlich waren die langen, dichten Wimpern, die auf der sonnengebräunten Haut gar nicht so richtig auffielen.
Fasziniert strich Marcus eine rote Strähne bei Seite, die sich auf seinen Bauch verirrt hatte und wollte gerade mit der gleichen Hand über den kräftigen Arm des Kleineren streichen, als dieser plötzlich die Augen aufschlug.
Eine Sekunde lang schienen sie die Situation einzuordnen, bevor der Rothaarige sich abrupt aufsetzte und aus dem Bett sprang.
Mit einem giftigen Blick musterte er das Bett, in dem Marcus sich nach wie vor befand.
»Wie bin ich dort hin gekommen?«, forderte Shain zu wissen und zeigte gleichzeitig auf die Bettstatt. Marcus musste innerlich Grinsen, obwohl er den Tonfall eindeutig nicht guthieß, indem sein Sklave mit ihm redete.
Die dunklen Augen sprühten vor Temperament und das wollte er sich keinesfalls entgehen lassen. Behände sprang er ebenfalls aus den Fellen und baute sich nackt wie er war vor seinem Untergebenen auf.
Shain wich keinen Schritt von seinem Platz, doch er konnte nicht leugnen, dass er sich ein wenig fürchtete. Für seine Abstammung war er schon ziemlich groß, aber Magnus überragte ihn gnadenlos und starrte mit finsterem Blick auf ihn herab.
Shain starrte kampflustig zurück. Er würde sich nicht als Bettsklave misbrauchen lassen! Niemals! Ihm hatten die damaligen Vergewaltigungen gereicht. Nie im Leben würde er sich so etwas noch mal antun lassen. Denn jetzt war er körperlich in der Lage sich zu verteidigen.
Marcus bemerkte die schwankenden Emotionen und seine Miene wurde sanfter. An was auch immer der Rothaarige gerade dachte. Damit war nicht zu spaßen, denn seine dunklen Augen spiegelten unwiederruflichen Hass.
Beruhigend streckte er eine Hand aus, um den anderen zu beruhigen. Shain erschrak und interpretierte die gut gemeinte Geste als Bedrohung.
»Fasst mich nicht an!«, fauchte er unumwunden und schlug Marcus` Arm weg, während er unruhig zurückwich.
In Marcus stieg Zorn auf. Auch gut! Wenn dieser Sklave dachte etwas Besseres zu sein und seine Gutmütigkeit nicht annehmen wollte, sollte er doch. Es gab verschiedene Mittel sich einen Sklaven gefügig zu machen.
Außerdem musste es einen Grund für diese Überreaktion geben und Marcus war fest entschlossen eben diesen herauszufinden.
Shain registrierte den plötzlichen Zorn des Generals, kniete sich vor ihn, dessen Blöße missachted und drehte den Kopf zur Seite, um seiner Unterwürfigkeit Ausdruck zu verleihen. Diese Geste kostete ihn einiges an Stolz. Hart biss er sich auf die Zunge, um sich zum sitzen bleiben zu zwingen. Er wollte den General milde stimmen. Denn wer wusste schon, was dieser ihm antun würde, wenn Shain ihn richtig wütend machte.
»Verzeiht, Herr. Es tut mir leid«, brachte er mit leiser Stimme hervor.
Marcus war mehr als verwirrt.
»Steh auf!«, befahl er deswegen schroff.
Umgehend folgte Shain dem Befehl, hielt den Blick jedoch starr auf die breite Brust seines Gegenübers gerichtet, sodass ein paar Strähnen des roten Haares sein Gesicht verdeckten. Wie er Befehle hasste! Was kam wohl als nächstes? Ein Schlag ins Gesicht für seine Unverschämtheit? Oder doch lieber ein paar Peitschenhiebe, um ihn in seine Schranken zu weisen und ihm zu zeigen, dass er nichts wert war? Abschaum eben, der weder das Wort noch die Hand gegen einen so aufgeplusterten Kerl erheben durfte, ohne mit einer saftigen Strafe bedacht zu werden.
»Kleide mich an! Aber beeil dich!«, forderte der Schwarzhaarige ihn scharf auf.
Über diese Anweisung überrascht, sah Shain geradwegs hoch. Wie jetzt? Sollte er sich getäuscht haben? Ging sein neuer Herr etwa ehrenvoll mit Sklaven um, behandelte sie nicht wie den letzten Dreck? Oder hatte er momentan keine Zeit ihn zu bestrafen und würde es später nachholen? Diese und ähnliche Fragen schossen Shain durch den Kopf. Damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet.
»Wie ihr wünscht«, meinte er nach kurzem Zögern hastig, drehte sich schnell weg und suchte nach Kleidungsstücken. So richtig hatte er keine Ahnung von der Kleidungsordnung. Die Menschen trugen solche seltsamen, luftigen Leinenlaken, die sie Toga oder Tunika nannten. Hosen und Hemden waren ihnen jedenfalls vollkommen fremd.
Marcus erkannte die Ahnungslosigkeit seines neuen Sklaven und zog es letztendlich vor, sich selbst anzukleiden. Dabei beobachtete ihn Shain genaustens und kam nicht umhin den wohl proportionierten Körper zu bewundern. Anders als auf dem Fresko wirkten die Muskeln nicht übertrieben, sondern einfach nur beeindruckend.
/Beeindruckend? Sag mal Shain, jetzt spinnst du doch total/, schalt er sich selbst und blickte zu Boden. /Du siehst fast genauso aus! Und was soll daran bitte beeindruckend sein?/
»Ruf nach Seda! Er wird dir heute zeigen was du tun kannst, solange ich weg bin.«
Marcus legte sich gerade die Schienbeinschützer an und schlüpfte in die widerstandfähigen Sandalen. Dabei bemerkte er wohl den anerkennenden Blick des anderen.
Shain hingegen war dankbar für die Ablenkung und tat wie ihm geheißen. Keine Minute später tauchte der Sklavenaufseher vor ihm auf, musterte ihn mit prüfendem Blick.
Dann trat der General hinter Shain.
»Erklär ihm seine Aufgaben, die er zu erledigen hat solange ich nicht ihm Hause bin!«
Der Befehl fiel kurz und knapp aus und war das Letzte was Shain an diesem Morgen von seinem Herrn hörte.
Ende Teil 1
Tja ... so is das eben. Ich muss sagen, ich find den Cliffhanger eigentlich noch ziemlich human.
Ihr nicht??? *breit grins*
Natürlich nicht! Ich reg mich auch immer auf, wenn irgendwas zu Ende ist.
Aber keine Angst ... ich beeil mich ja mit weiter schreiben.
Bis dahin ... sagt mir, ob´s euch gefällt. Wenn nicht ... naja ..
Is vielleicht nicht jeder(manns!) Geschmack.
Bye